Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. März 2001
Aktenzeichen: 34 W (pat) 34/00
(BPatG: Beschluss v. 01.03.2001, Az.: 34 W (pat) 34/00)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelder wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse E 21 F des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. Februar 1999 aufgehoben und das Patent erteilt.
Bezeichnung: Einrichtung zum Rücken eines Streckenförderers oder dgl. in untertägigen Strecken Anmeldetag: 8. August 1997 Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:
Patentansprüche 1 bis 10, eingegangen am 06. November 2000 Beschreibung Seiten 1 und 3, eingegangen am 16. Februar 2001, sowie Seiten 2, 4 bis 17, eingegangen am 06. November 2000 2 Blatt Zeichnungen (Fig. 1 und 2), eingegangen am 06. November 2000
Gründe
I Die Prüfungsstelle für Klasse E 21 F des Deutschen Patent- und Markenamts hatmit Beschluss vom 12. Februar 1999 die am 8. August 1997 eingereichte Patentanmeldung 197 34 439.9-24 mit der Bezeichnung
" Einrichtung zum Rücken eines Streckenförderers oder dgl.
in untertägigen Strecken"
gemäß § 48 PatG zurückgewiesen.
Dem Beschluss lagen der Anspruch 1 vom 13. Oktober 1998 sowie die Ansprüche 2 bis 12 vom Anmeldetag zugrunde.
Die Zurückweisung wurde mit fehlender Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 gegenüber der Entgegenhaltung
[1] DE 91 02 177 U1 begründet.
Gegen diesen Zurückweisungsbeschluss haben die Anmelder Beschwerde eingelegt und mit der Schriftsatz vom 02. November 2000 neue Patentansprüche 1 bis 10 eingereicht.
Der geltende Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
1. Einrichtung zum Rücken eines Streckenförderers oder einer sonstigen Arbeitsmaschine in untertägigen Streckenmit einer in der Strecke abspannbaren Abspannvorrichtung, die für zwei hydraulische mit Abstand hintereinander angeordnete Rückzylindereinheiten ein Widerlager bildet, undbei der durch wechselweises Aus- und Einfahren der Rückzylindereinheiten und Nachrücken der Abspannvorrichtung die Arbeitsmaschine vorzurücken ist, gekennzeichnet durch folgende Merkmale:
a) die Rückzylindereinheiten (I, II) sind kolbenstangenseitig über eine lösbare und umschaltbare Kupplungsvorrichtung (18, 18') mit einem Zugelement (3) zur Mitnahme des Streckenförderers gekuppelt und kolbenseitig an der Abspannvorrichtung (6) festgelegt, b) die Kolbenstangenseiten (13, 14) der Rückzylindereinheiten (I, II) sind über eine Hydraulikleitung (28) untereinander kommunizierend verbunden, hingegen sind die Kolbenseiten (13', 14') einer jeden Rückzylindereinheit (I, II) voneinander getrennt und nur unabhängig voneinander in Rückrichtung (A) beaufschlagbar, undc) die Länge des Zugelements (3) entspricht einem Mehr- oder Vielfachen der Länge der einzelnen Rückschritte.
Zum Wortlaut der hierauf rückbezogenen Ansprüche 2 bis 10 wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Zur Begründung ihrer Beschwerde haben die Anmelder im wesentlichen vorgebracht, dass der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 nun gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik patentfähig sei.
Sie beantragen sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent mit den im Beschlusstenor angegebenen Unterlagen zu erteilen.
Zum Stand der Technik ist in der Anmeldung weiterhin die Druckschrift
[2] DE 34 27 749 A1 genannt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II Die Beschwerde ist zulässig und hat auch Erfolg.
1. Zu formalen Bedenken gegen die geltenden Unterlagen besteht kein Anlass.
Der Wortlaut des geltenden Anspruchs 1 stützt sich in zulässiger Weise auf Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 1, 4 und 6 sowie auf die ursprünglich offenbarten Beschreibungsstellen S 11, Z 18 bis 29, S 7, Z 2 bis 30 (iVm Figur 1) und S 5, Z 19 bis 22.
Die geltenden Ansprüche 2 bis 10 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 3 und 5 bis 12, wobei die Wortwahl in Anspruch 5 durch die Beschreibungsstelle S 8, Z 2 und die in Anspruch 9 durch die Beschreibungsstelle S 4, Z 14 präzisiert wurde.
Die geltende Beschreibung würdigt den entgegengehaltenen Stand der Technik und befindet sich im übrigen im Rahmen der ursprünglichen Offenbarung.
2. Die Einrichtung zum Rücken eines Streckenförderers nach Anspruch 1 ist neu, da insbesondere ihr Merkmal b), wonachdie Kolbenstangenseiten der Rückzylindereinheiten über eine Hydraulikleitung untereinander kommunizierend verbunden, hingegen die Kolbenseiten einer jeden Rückzylindereinheit voneinander getrennt und nur unabhängig voneinander in Rückrichtung beaufschlagbar sind, aus keiner der im Verfahren befindlichen Druckschriften bekannt ist.
Der Gegenstand nach Anspruch 1 ist offensichtlich gewerblich anwendbar und beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit:
Die Anmeldung geht entsprechend ihrer Beschreibungseinleitung von einer Einrichtung zum Rücken eines Streckenförderers aus, wie er in der Druckschrift [1] beschrieben ist.
Diese Einrichtung mit den gattungsbildenden Merkmalen ist insbesondere mit dem Nachteil relativ langer Totzeiten der Rückung behaftet (s. Beschreibung S 2 Abs 3). Es liegt daher der Anmeldung die Aufgabe zugrunde, eine Einrichtung der vorstehend genannten Gattung zu schaffen, die sich durch einfache Mittel in einer erheblichen Verringerung der Totzeiten und einer entsprechenden Verbesserung der Rückgeschwindigkeit auszeichnet (s. Beschr. S 2, Abs 4).
Diese Aufgabe wird durch eine Einrichtung mit den Merkmalen des geltenden Anspruchs 1 gelöst.
Insbesondere das Merkmal b) des Anspruchs 1, das, wie oben ausgeführt, nicht aus dem entgegengehaltenen Stand der Technik zu entnehmen ist, trägt dazu bei, dass durch die kommunizierende Verbindung der jeweiligen Kolbenstangenseiten die gerade nicht mit Druckmittel in Rückrichtung beaufschlagten Rückzylindereinheiten bereits während eines Rückschrittes in ihre Ausgangsstellung gebracht werden (vgl. Beschr. S 15, Abs 2 bis S 16, Abs 1). Dieses Merkmal lag auch für einen Fachmann - einen diplomierten Bergbauingenieur, der sich gegebenenfalls bei einem Diplomingenieur des Maschinenbaus mit mehrjähriger Erfahrung in Konstruktion und Einsatz von Streckenförderern Rat holt - nicht nahe, da der Stand der Technik hierzu keine Anregung anbot.
Durch die in Verbindung mit dem Merkmal c) gewonnene Einsparung des jeweiligen Verspannens der Abspannvorrichtung nach jedem Rückschritt (vgl. insb. Beschr. S 5, Abs 4) wird zudem eine nicht unerhebliche Einsparung der Totzeiten und damit eine insgesamt schnellere Rückgeschwindigkeit im Sinne der gestellten Aufgabe erzielt. Auch in dieser Richtung sind keine Hinweise im Stand der Technik nach [1] oder [2] gegeben.
Der Anspruch 1 ist daher gewährbar.
3. Die auf den Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 10 beinhalten vorteilhafte Weiterbildungen der Rückeinrichtung und sind daher ebenfalls gewährbar.
Ulrich Hövelmann Dr. Frowein Dr. W. Maier Bb
BPatG:
Beschluss v. 01.03.2001
Az: 34 W (pat) 34/00
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