Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 12. Januar 2001
Aktenzeichen: 6 U 114/00
(OLG Köln: Urteil v. 12.01.2001, Az.: 6 U 114/00)
Tenor
1.) Die Berufung der Beklagten gegen das am 30.5.2000 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 33 O 139/00 - wird zurückgewiesen.2.) Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann jedoch die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in nachbenannter Höhe ab-wenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit jeweils in derselben Höhe leistet. Es ist Sicherheit in folgender Höhe zu leisten bzw. sind folgende Beträge zu hinterlegen: Bei Vollstreckung des Anspruches aufa) Unterlassung 100.000,00 DM;b) Kostenerstattung 15.000,00 DM.4.) Die Beschwer der Beklagten wird auf 100.000,00 DM festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger ist ein seit dem Jahre 1913 in dem Vereinsregister eingetragener Verein, dessen Mitglieder Gewerbetreibende und Verbände von Gewerbetreibenden zur Bekämpfung von Verstößen u.a. gegen das UWG sind. Seine Prozessführungsbefugnis ist in der Vergangenheit, und zwar auch nach der Neufassung des § 13 Abs.2 Ziff.2 UWG im Jahre 1994, mehrfach höchstrichterlich bestätigt worden.
Die Beklagte betreibt in R. ein großes Einrichtungshaus. Im Herbst des Jahres 1999, in dem die Voraussetzungen des § 7 Abs.3 Ziff.2 UWG für einen Jubiläumsverkauf nicht vorlagen, warb sie zunächst u.a. mit den Aussagen "Über 30 Jahre Rabatte beim Größten" und "Das größte Geburtstagsfest Deutschlands vom 22.9. bis 6.10.1999", die Gegenstand eines vorangegangenen, nicht von dem Kläger betriebenen Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung waren.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, dem das Verfügungsverfahren 31 O 938/99 LG Köln vorangegangen ist, ist ein am 20. 9.1999 in diversen Anzeigenblättern verteilter mehrseitiger Farbprospekt, der sich im Original als Anlage 6 in den Akten des Parallelverfahrens 6 U 139/00 OLG Köln = 84 O 8/00 LG Köln befindet und in schwarz/weiß Kopie Bestandteil des Klageantrags im vorliegenden Verfahren ist.
Der Kläger ist der Auffassung, es handele sich bei der Prospektwerbung um die Ankündigung einer Sonderveranstaltung im Sinne des § 7 Abs.1 UWG und hat sinngemäß b e a n t r a g t,
die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zur Dauer von 6 Monaten zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken wie auf den nachfolgenden Seiten 4-11 dieses Urteils wiedergegeben anzukündigen:
"Die große Geburtstagsfeier in Deutschland
nur noch..."
in Verbindung mit dem Angebot von Artikeln unter Gegenüberstellung eines höheren, durchgestrichenen Preises mit einem niedrigeren Preis, der als "Sonderpreis nur gültig bis..." bezeichnet ist,
Die Beklagte hat b e a n t r a g t,
die Klage abzuweisen.
KANZLEI:
BITTE ABLICHTUNG VON BLATT 3-10 FERTIGEN, ALS SEITEN 4-11 BEZEICHNEN UND IN DEN AUSFERTIGUNGEN ANSTELLE DIESER SEITE HIER EINFÜGEN.
ACHTUNG: WENN DIE SEITEN NICHT LESBAR KOPIERT WERDEN KÖNNEN; BITTE AUS DER PARALLELSACHE 6 U 139/00 DIE DORT LOSE IN DER AKTE BEFINDLICHE ANLAGE 6 (NICHT K 3) ALS VORLAGE VERWENDEN.
Die Beklagte hat dem Kläger die Prozessführungsbefugnis abgesprochen und die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen einer unzulässigen Sonderveranstaltung lägen nicht vor.
Das L a n d g e r i c h t hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Dass der Kläger die Voraussetzungen des § 13 Abs.2 Ziff.2 UWG erfülle, sei gerichtsbekannt und die Werbung stelle sich aus der maßgeblichen Sicht des Verkehrs so dar, dass aus Anlass des Geburtstages bei einer Fülle von Artikeln zeitlich befristete Sonderpreise gelten würden, weswegen es sich um eine unzulässige Sonderveranstaltung handele.
Zur Begründung ihrer B e r u f u n g gegen dieses Urteil trägt die Beklagte vor:
Der Vortrag des Klägers zu den Voraussetzungen des § 13 Abs.2 Ziff.2 UWG reiche nicht aus, zumal Entscheidungen aus der Vergangenheit nicht belegen könnten, dass diese auch jetzt noch erfüllt seien.
In der Sache wiederholt und vertieft die Beklagte ihre Auffassung, eine Sonderveranstaltung im Sinne des § 7 Abs.1 UWG sei nicht beworben worden. Soweit Preise herabgesetzt worden seien, handele es sich um Sonderangebote. Die beworbenen Sonderangebote stellten angesichts einer Anzahl von 379 verschiedenen von ihr vertriebenen Waren einen ganz geringen Bruchteil des Sortiments dar.
Die Beklage b e a n t r a g t sinngemäß,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln - 33 O 139/00 - vom 30.45.2000 die Klage abzuweisen.
Der Kläger b e a n t r a g t,
die Berufung zurückzuweisen.
Er benennt einzelne Mitglieder, und zwar u.a. Einzelhandelverbände und Einrichtungshäuser, namentlich. Wegen seines Vortrags hierzu im Einzelnen wird auf die Ausführungen auf den Seiten 2-4 der Berufungserwiderung Bezug genommen. In der Sache wiederholt der Kläger seinen erstinstanzlichen Vortrag, tritt dem landgerichtlichen Urteil bei und bestreitet die Behauptungen der Beklagten über die Anzahl der Waren in ihrem Sortiment.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Akten des Parallelverfahrens 6 U 139/00 OLG Köln = 84 O 8/00 LG Köln Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Gründe
Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg, weil das Landgericht die Beklagte zu Recht antragsgemäß verurteilt hat.
Die Klage ist zunächst zulässig. Insbesondere ist der Kläger gem. § 13 Abs.2 Ziff.2 UWG befugt, den vorliegenden Prozess zu führen. Der Kläger verfügt über eine hierfür ausreichende Zahl von Mitgliedern, die auf demselben Markt Waren gleicher oder verwandter Art vertreiben wie die Beklagte.
Bereits der BGH hat - und zwar gemessen an den im Jahre 1994 geänderten Anforderungen der Vorschrift - in den Entscheidungen WRP 96,1097 f - "Preistest" - WRP 98,301 f - "Geburtstags-Angebot" - festgestellt, dass der Kläger über eine hinreichende Anzahl an Mitgliedern verfüge. Das gilt auch für das vorliegende Verfahren. Aus der Entscheidung "Preistest" ergibt sich, dass die führenden Warenhausunternehmen zu den Mitgliedern des Klägers gehören. In der Entscheidung "Geburtstags-Angebot" ist ergänzend angeführt, dass neben acht rheinischen Einzelhandelsverbänden auch die IHK D. Mitglied des Klägers ist. Durch die Mitgliedschaft dieser Unternehmen bzw. Institutionen erfüllt der Kläger die für die Prozessführungsbefugnis in § 13 Abs.2 Ziff.2 UWG festgeschriebenen Anforderungen. Das gilt mit Blick auf die Breite des Angebotes in Warenhäusern und auf die umfassende Interessenvertretung der Industrie- und Handelskammer zunächst ohne weiteres hinsichtlich der erforderlichen Verwandtschaft der vertriebenen Waren. Ebenso sind die aufgeführten - zahlenmäßig ohne weiteres ausreichenden - Mitglieder auf demselben räumlichen Markt wie die Beklagte tätig. Dieser ist weit zu fassen, weil die Beklagte sich als "das größte Einrichtungshaus im Rheinland" bezeichnet.
Es bestehen auch keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass sich an diesem Mitgliederstand maßgebliches geändert hätte, zumal der Kläger beispielhaft die auf S.2 der Berufungserwiderung aufgeführten, teils namhaften Einrichtungs- und Warenhäuser und die a.a.O. auf S.3 aufgelisteten Einzelhandelsverbände sowie die Landesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels D. zu seinen Mitgliedern zählt.
Der Kläger ist auch nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung im Stande, die Verfolgung gewerblicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen. Dafür spricht angesichts der Breite und Vielschichtigkeit seiner Mitgliederstruktur zunächst eine Vermutung. Diese wird überdies dadurch bestätigt, dass der Kläger - wie er unwidersprochen vorträgt - in der Vergangenheit eine Vielzahl von Verfahren bis in die Revisionsinstanz betreiben konnte und betrieben hat. Die Beklagte hat zudem in der Berufungsverhandlung eingeräumt, dass der Kläger seine satzungsgemäßen Interessen bundesweit gerichtlich und außergerichtlich verfolge. Dies belegt indes, dass er zur Wahrnehmung dieser Interessen personell, sachlich und finanziell hinreichend ausgestattet ist.
Die mithin zulässige Klage ist auch begründet. Zu Recht hat das Landgericht die angegriffene Werbung als Verstoß gegen § 7 Abs.1 UWG untersagt.
Die zur Abgrenzung zwischen gem. § 7 Abs.2 UWG zulässigen Sonderangeboten einerseits und gem. § 7 Abs.1 UWG unzulässigen Sonderveranstaltungen andererseits maßgeblichen Kriterien hat die Kammer unter zutreffender Wiedergabe der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung speziell zur Geburtstagswerbung dargelegt. Ebenso zutreffend hat die Kammer ausgeführt, dass die streitgegenständliche Werbung nicht einzelne Sonderangebote, sondern einen Sonderverkauf bewirbt, der die Kriterien des § 7 Abs.1 UWG erfüllt. Die Begründung des Landgerichts, auf die gem. § 543 Abs.1 ZPO Bezug genommen wird, hält den Angriffen der Berufung stand.
Es trifft zu, dass nicht jede Geburtstagswerbung, die nicht durch die hier nicht einschlägige Bestimmung des § 7 Abs.3 Ziff.2 UWG privilegiert ist, eine unerlaubte Sonderveranstaltung darstellt. Insbesondere ist es dem Werbenden erlaubt, auch aus Anlass seines "Geburtstages" auf besonders günstige Preise hinzuweisen. Das setzt aber voraus, dass es sich um dauerhaft geforderte Preise handelt und nicht um solche, die gerade aus Anlass des Geburtstages herabgesetzt sind und in ihrer Gesamtheit den Eindruck eines Verkaufes weiter Teile des Sortiments zu Sonderpreisen erwecken, die gerade nur im Hinblick auf den Geburtstag zeitlich begrenzt gelten (vgl. BGH WRP 99,1159,1161 - "RUMMS!"; WRP 99,1163,1166 - "Wir dürfen nicht feiern"). Dieser Eindruck wird indes durch den angegriffenen Prospekt hervorgerufen.
Der gesamte Prospekt wird geprägt von dem Hinweis, dass die Beklagte Geburtstag feiere und aus diesem Grunde die Preise generell herabgesetzt seien. Schon auf der Titelseite findet sich die blickfangmäßige, diese zur Hälfte ausfüllende Aussage "GEBURTSTAG BEIM GRÖSSTEN" und ist für das einzige dort beworbene, ebenfalls hervorgehoben dargestellte Produkt, eine Polstergarnitur, unter Angabe eines durchgestrichenen Preises ein Sonderpreis ausgewiesen, von dem es ausdrücklich heißt, er gelte nur bis zum 6.10.99. Der bereits so hervorgerufene Eindruck eines Sonderverkaufes aus Anlass des Geburtstages wird auf der ersten Doppelseite durch die Werbeaussage bestätigt, die den Gegenstand des Verfahrens bildet. Bereits ungeachtet der noch anzusprechenden Preisherabsetzungen im Einzelnen versteht der Verkehr aufgrund dieser Aufmachung des Prospektes die Werbung dahin, dass die Beklagte nicht die Preise einzelner Produkte als Sonderangebote, sondern insgesamt die Preise zumindest wesentlicher Teile seines Sortiments zeitlich befristet herabgesetzt hat, und zwar nicht aus Gründen, die mit der einzelnen Ware zusammenhängen, sondern allein wegen des "Geburtstages". Dieser Eindruck wird durch die weiteren - ebenfalls von der streitgegenständlichen bzw. der von der Titelseite wiederholten Aussage beherrschten - Seiten des Prospektes bestätigt, auf denen ausschließlich Waren zu auf die beschriebene Weise auf den 6.10.1999 befristeten Sonderpreisen angeboten werden. Der Verkehr hat schon deswegen keinen Anlass anzunehmen, es handele sich lediglich um Sonderangebote, weil kein einziges Produkt zu regulären Preisen angeboten wird und der Prospekt auch nicht etwa nur einzelne Warengruppen erfasst, sondern mit Polstergarnituren, Schränken und sonstigen Möbeln sowie Lampen und Teppichen die für Einrichtungshäuser typischen Branchen erfasst. Vor diesem Hintergrund ändert auch der Umstand nichts an der Beurteilung, dass es sich bei den angebotenen Waren nur um einen Teil des Sortiments der Beklagten handelt. Das gilt insbesondere angesichts des Umstandes, dass der Prospekt mit etwa 80 auf die beschriebene Weise beworbenen Produkten keineswegs nur einen kleinen Bruchteil der Angebotspalette der Beklagten enthält. Überdies wird der Verkehr, soweit er angesichts der Werbung mit der Bezeichnung "Das größte Einrichtungshaus im Rheinland" tatsächlich eine weitaus größere Angebotspalette erwartet, als sie in dem streitgegenständlichen Prospekt aufgeführt ist, angesichts der beschriebenen Aufmachung - ohne dass es hierauf für die Beurteilung noch maßgeblich ankäme - die in dem Prospekt dargestellten Angebote als Beispiele auffassen und annehmen, dass auch weitere, aus Platzgründen in den Prospekt nicht aufgenommenen Waren aus Anlass des Geburtstagfestes zu Sonderpreisen abgegeben werden.
Der nach allem vorliegende Verstoß gegen § 7 Abs.1 UWG ist auch im Sinne des § 13 Abs.2 Ziff.2 UWG geeignet, den Wettbewerb wesentlich zu beeinträchtigen. Das bedarf angesichts der Größe der Beklagten keiner Begründung, zumal diese selbst das nicht in Abrede stellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.
Die gemäß § 546 Abs.2 ZPO festgesetzte Beschwer der Beklagten entspricht dem Wert ihres Unterliegens im Rechtsstreit.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 100.000 DM.
OLG Köln:
Urteil v. 12.01.2001
Az: 6 U 114/00
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