Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. November 2008
Aktenzeichen: 15 W (pat) 333/05
(BPatG: Beschluss v. 13.11.2008, Az.: 15 W (pat) 333/05)
Tenor
Das Patent wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht erhalten: Patentansprüche 1 bis 13 gemäß Hauptantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung, angepasste Beschreibung der Patentschrift Absätze [0001] bis [0041], überreicht in der mündlichen Verhandlung.
Gründe
I.
Auf die am 29. Januar 2002 beim Deutschen Patentund Markenamt eingereichte Patentanmeldung 102 03 283.1 ist ein Patent mit der Bezeichnung "Verfahren zur Herstellung von gesinterten Bauteilen aus einem sinterfähigen Material" erteilt worden. Veröffentlichungstag der Patenterteilung in Form der DE 102 03 283 B4 ist der 27. Januar 2005.
Das Patent umfasst in seiner erteilten Fassung sechzehn Ansprüche, die folgenden Wortlaut haben:
"1. Verfahren zur Herstellung von gesinterten Bauteilen, auch Verbundteilen, aus einem sinterfähigen Material, wobei -in einem ersten Schritt das sinterfähige Material in eine erste Preßform eingegeben wird; -in einem zweiten Schritt das sinterfähige Material zu einem Grünling gepreßt wird;
-in einem dritten Schritt der Grünling mindestens teilweise in einer zweiten Preßform mittels Kaltpressen nachverdichtet wird; und -in einem vierten Schritt der nachverdichtete Grünling gesintert wird, wobei die mit der im dritten Schritt vorgenommenen Nachverdichtung erzielte Dichte des Grünlings etwa 2 bis 40 % über derjenigen vor der Nachverdichtung liegt.
2.
Verfahren gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß vor dem dritten Schritt der Grünling entwachst wird.
3.
Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß im dritten Schritt vor Einbringung des Grünlings in die zweite Preßform diese mit einem Gleitmittel besprüht wird.
4.
Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß der Sinterprozeß in einem vierten Schritt unter Stickstoff mit einem Taupunkt kleiner -40 ¡C durchgeführt wird.
5.
Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß als sinterfähiges Material eisenund/oder aluminiumhaltiges Pulver bzw. Pulvermischungen verwendet wird.
6.
Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß eine sinterfähige Pulvermischung eingesetzt wird, umfassend 60 bis 98,5 Gew%, bezogen auf die Gesamtmenge der Pulvermischung, eines Al-Basispulvers aus Metallen und/oder deren Legierungen, umfassend Al, 0,2 bis 30 Gew% Mg, 0,2 bis 40 Gew% Si, 0,2 bis 15 Gew% Cu, 0,2 bis 15 Gew% Zn, 0,2 bis 15 Gew% Ti, 0,2 bis 10 Gew% Sn, 0,5 bis 5 Gew% Mn, 0,2 bis 10 Gew% Ni und/oder weniger als 1 Gew% an As, Sb, Co, Be, Pb und/oder B, wobei die Gewichtsprozentanteile jeweils bezogen sind auf die Gesamtmenge an Al-Basispulver, und 0,8 bis 40 Gew%, bezogen auf die Gesamtmenge der Pulvermischung, eines Metallpulvers ausgewählt aus einer ersten Gruppe von Metallen und/oder deren Legierungen, bestehend aus Mo, Wo, Cr, V, Zr und/ oder Y.
7.
Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die Pulvermischung weiterhin eine zweite Gruppe von Metallen und/oder deren Legierungen, bestehend aus Cu, Sn, Zn, Li und/oder Mg umfaßt.
8.
Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß das Verhältnis der Menge der ersten Gruppe von Metallen und/oder deren Legierungen zu derjenigen der zweiten Gruppe in der Pulvermischung in einem Bereich von 1:8 bis 15:1 Gewichtsanteilen liegt.
9.
Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß das Al-Basispulver neben Al 0,2 bis 15 Gew% Mg, 0,2 bis 16 Gew% Si, 0,2 bis 10 Gew% Cu und/oder 0,2 bis 15 Gew% Zn, bezogen jeweils auf die Gesamtmenge des Al-Basispulvers, aufweist.
10.
Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die zweite Gruppe von Metallen und/oder deren Legierungen Cu, Zn und/oder Sn aufweist.
11.
Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die Pulvermischung Schmiermittel in einer Menge von 0,2 bis 5 Gew%, bezogen auf die Gesamtmenge der Pulvermischung, umfaßt.
12.
Gesintertes Bauteil, welches zumindest teilweise hergestellt ist gemäß dem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 11.
13.
Gesintertes Bauteil gemäß Anspruch 12, dadurch gekennzeichnet, daß es eine Zugfestigkeit von mindestens 140 N/mm2 aufweist.
14.
Gesintertes Bauteil gemäß Anspruch 12 oder 13, dadurch gekennzeichnet, daß es ein Elastizitätsmodul von mindestens 70 kN/mm2 aufweist.
15.
Gesintertes Bauteil gemäß einem der Ansprüche 12 bis 14, dadurch gekennzeichnet, daß es eine Härte (HB 2,5/62,5 kg) von mindestens 100 aufweist.
16.
Gesintertes Bauteil gemäß einem der Ansprüche 12 bis 15, dadurch gekennzeichnet, daß es als ein Zahnrad, Pumpen-, insbesondere Ölpumpenrad oder als Pleuel oder als Rotorsatz ausgebildet ist."
Gegen die Erteilung des Patents hat die S... GmbH mit Schriftsatz vom 27. April 2005 Einspruch eingelegt.
Die Einsprechende stützt sich auf folgenden, druckschriftlich belegten Stand der Technik:
E1 DE 24 38 315 A1 E2 EP 0 995 525 A1 E3 DE 690 30 366 T2 E4 US 2 287 251 E5 DE 100 06 269 A1.
Zur Erläuterung des technologischen Hintergrundes auf dem Gebiet der Pulvermetallurgie bzw. des Sinterns hat die Einsprechende noch auf folgende Druckschriften zurück gegriffen:
GERMAN, R. M.: "Powder Metallurgy Science", Metal Powder Industries Federation, Princeton, New Jersey, 1984, S. 146, 148, 176, 184 und 189 SCHATT, W.: "Sintervorgänge", VDI-Verlag, Düsseldorf, 1992, S. 90.
In der mündlichen Verhandlung legt die Patentinhaberin einen neuen Hauptantrag vor, der die Patentansprüche 1 bis 13 mit folgendem Wortlaut umfasst:
"1. Verfahren zur Herstellung von gesinterten Bauteilen, auch Verbundteilen, aus einem sinterfähigen Material unter Einsatz einer Pulvermischung, umfassend 60 bis 98,5 Gew.-%, bezogen auf die Gesamtmenge der Pulvermischung, eines Al-Basispulvers aus Metallen und/oder deren Legierungen, umfassend Al, 0,2 bis 30 Gew.-% Mg, 0,2 bis 40 Gew.-% Si, 0,2 bis 15 Gew.-% Cu, 0,2 bis 15 Gew.-% Zn, 0,2 bis 15 Gew.-% Ti, 0,2 bis 10 Gew.-% Sn, 0,5 bis 5 Gew.-% Mn, 0,2 bis 10 Gew.-% Ni und/oder weniger als 1 Gew.-% an As, Sb, Co, Be, Pb und/oder B, wobei die Gewichtsprozentanteile jeweils bezogen sind auf die Gesamtmenge an Al-Basispulver, und 0,8 bis 40 Gew.-%, bezogen auf die Gesamtmenge der Pulvermischung, eines Metallpulvers ausgewählt aus einer ersten Gruppe von Metallen und/oder deren Legierungen, bestehend aus Mo und/oder W, weiterhin umfassend eine zweite Gruppe von Metallen und/oder deren Legierungen, bestehend aus Cu, Sn, Zn, Li und/oder Mg, wobei -in einem ersten Schritt das sinterfähige Material in eine erste Pressform eingegeben wird;
-in einem zweiten Schritt das sinterfähige Material zu einem Grünling gepresst wird;
-in einem dritten Schritt der Grünling mindestens teilweise in einer zweiten Pressform mittels Kaltpressen nachverdichtet wird; und -in einem vierten Schritt der nachverdichtete Grünling gesintert wird, wobei die mit der im dritten Schritt vorgenommenen Nachverdichtung erzielte Dichte des Grünlings etwa 2 bis 40 % über derjenigen vor der Nachverdichtung liegt.
2.
Verfahren gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass vor dem dritten Schritt der Grünling entwachst wird.
3.
Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass im dritten Schritt vor Einbringung des Grünlings in die zweite Pressform diese mit einem Gleitmittel besprüht wird.
4.
Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass der Sinterprozess in einem vierten Schritt unter Stickstoff mit einem Taupunkt kleiner -40 ¡C durchgeführt wird.
5.
Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Verhältnis der Menge der ersten Gruppe von Metallen und/oder deren Legierungen zu derjenigen der zweiten Gruppe in der Pulvermischung in einem Bereich von 1:8 bis 15:1 Gewichtsanteilen liegt.
6.
Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Al-Basispulver neben Al 0,2 bis 15 Gew.-% Mg, 0,2 bis 16 Gew.-% Si, 0,2 bis 10 Gew.-% Cu und/oder 0,2 bis 15 Gew.-% Zn, bezogen jeweils auf die Gesamtmenge des Al-Basispulvers, aufweist.
7.
Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die zweite Gruppe von Metallen und/oder deren Legierungen Cu, Zn und/oder Sn aufweist.
8.
Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Pulvermischung Schmiermittel in einer Menge von 0,2 bis 5 Gew.-%, bezogen auf die Gesamtmenge der Pulvermischung, umfasst.
9.
Gesintertes Bauteil, welches zumindest teilweise hergestellt ist gemäß dem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8.
10.
Gesintertes Bauteil gemäß Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass es eine Zugfestigkeit von mindestens 140 N/mm2 aufweist.
11.
Gesintertes Bauteil gemäß Anspruch 9 oder 10, dadurch gekennzeichnet, dass es ein Elastizitätsmodul von mindestens 70 kN/mm2 aufweist.
12.
Gesintertes Bauteil gemäß einem der Ansprüche 9 bis 11, dadurch gekennzeichnet, dass es eine Härte (HB 2,5/62,5 kg) von mindestens 100 aufweist.
13.
Gesintertes Bauteil gemäß einem der Ansprüche 9 bis 12, dadurch gekennzeichnet, dass es als ein Zahnrad, Pumpen-, insbesondere Ölpumpenrad oder als Pleuel oder als Rotorsatz ausgebildet ist."
Die Patentinhaberin führt aus, dass ihr Patent durch die kombinierten Maßnahmen Nachverdichten, Kaltpressen und Einsatz der Elemente Mo bzw. W bei Aluminiumlegierungen im Gegensatz zum Stand der Technik Produkte mit herausragenden Eigenschaften liefere. Dabei bewirke das Kaltpressen ein Aufbrechen von Oxidschichten. Gleichzeitig verbessere die Zugabe von Mo bzw. W die Kaltverschweißung. Insbesondere führten hohe Gewichtsanteile von Mo bzw. W zu hochfesten Aluminium-Bauteilen. Der Einfluss der Zugabe von Mo und der Durchführung einer Nachverdichtung, der eine deutliche Steigerung der Zugfestigkeit bewirke, werde aus der Tabelle 2 der Streitpatentschrift deutlich. Dagegen sei im Stand der Technik weder ein Hinweis auf die Wirkung der Nachverdichtung auf die Zugfestigkeit zu finden, noch gebe es dort einen Anstoß dahingehend, die Kaltverschweißung durch einen hohen Anteil an Mo bzw. W zu verbessern, zumal diese Elemente bekanntlich die nachteilige Oxidation von Aluminium förderten. Insbeson-+dere betreffe die E1 ein Warmfließverfahren und gehe damit in eine ganz andere Richtung als das Patent. In der E2 finde sich keinerlei Hinweis auf die Zugabe von Mo bzw. W in aluminiumhaltigen, sinterfähigen Materialien in den patentgemäßen Anteilen. Schließlich werde in der E3, die die einzige Entgegenhaltung sei, die Alhaltige Mischungen betreffe, weder eine Nachverdichtung noch eine Kaltpressung beschrieben. Ebenso werde dort Mo nicht erwähnt. Somit sei das beanspruchte Verfahren patentfähig.
Der Vertreter der Patentinhaberin stellt den Antrag, das Patent beschränkt aufrecht zu erhalten auf Grundlage der Patentansprüche 1 bis 13 gemäß Hauptantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung, angepasste Beschreibung der Patentschrift, überreicht in der mündlichen Verhandlung.
Die Vertreterin der Einsprechenden stellt den Antrag, das Patent vollumfänglich zu widerrufen.
Die Einsprechende führt aus, es sei nicht erkennbar, dass die Zugabe von Molybdän Produkte mit besonders hoher Güte entstehen lasse. Da der behauptete Vorteil von Molybdän nicht belegt sei, stehe der Zusatz dieses Elements im Hinblick auf eine Auswahlerfindung auch nicht zur Debatte und könne somit die Patentfähigkeit nicht begründen. Darüber hinaus sei eine vernünftige Ausführung der Erfindung mit den unüberschaubaren Mengenangaben nicht möglich.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
1.
Das Bundespatentgericht bleibt auch nach Wegfall des § 147 Abs. 3 PatG für die Entscheidung über die Einsprüche zuständig, die in der Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 30. Juni 2006 eingelegt worden sind (BGH, GRUR 2007, 859 -Informationsübermittlungsverfahren I und BGH, GRUR 2007, 862 -Informationsübermittlungsverfahren II).
2.
Der rechtzeitig und formgerecht eingelegte Einspruch ist zulässig, denn es sind im Hinblick auf den druckschriftlich belegten Stand der Technik innerhalb der Einspruchsfrist die den Widerrufsgrund der mangelnden Patentfähigkeit nach § 21 Abs. 1 PatG rechtfertigenden Tatsachen im Einzelnen dargelegt worden, so dass die Patentinhaberin und der Senat daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen der geltend gemachten Widerrufsgründe ohne eigene Ermittlungen ziehen können (§ 59 Abs. 1 PatG).
3.
Der Gegenstand des Patents geht nicht über den Inhalt der Anmeldung hinaus, in der sie beim Deutschen Patentund Markenamt ursprünglich eingereicht worden ist (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG).
4.
Der Antrag der Patentinhaberin auf beschränkte Aufrechterhaltung ihres Patents ist zulässig, denn die beschränkte Verteidigung erweitert den Schutzbereich des Patents nicht und geht auch nicht über die ursprünglich eingereichte Patentanmeldung hinaus. Insbesondere finden die Patentansprüche 1 und 9 nach Hauptantrag ihre Stütze sowohl in der Patentschrift, als auch in den am Anmeldetag eingereichten Unterlagen. So ergibt sich der Patentanspruch 1 aus den erteilten Ansprüchen 1, 6 und 7, die geltenden Ansprüche 2 bis 13 entsprechen -in gleicher Reihenfolge und mit angepassten Rückbezügen -den erteilten Ansprüchen 2 bis 4 und 8 bis 16. In den ursprünglichen Unterlagen finden die geltenden Patentansprüche ihre Grundlage folgendermaßen: Anspruch 1 in den ursprünglichen Ansprüchen 1, 6 und 7 i. V. m. der ursprünglichen Beschreibung S. 3 Zn. 18 bis 27, die übrigen Ansprüche in den ursprünglichen Ansprüchen 2 bis 4 und 8 bis 16. Insbesondere ist die Menge von 0,8 bis 40 Gew.-%, bezogen auf die Gesamtmenge der Pulvermischung, eines aus einer ersten Gruppe von Metallen und/oder deren Legierungen ausgewählten Metallpulvers i. V. m. Al-Legierungen gemäß dem erteilten bzw. ursprünglichen Anspruch 6 offenbart.
5.
Die Widerrufsgründe betreffen nur einen Teil des Patents, denn das Verfahren zur Herstellung von gesinterten Bauteilen gemäß dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag, der gegenüber dem erteilten Patentanspruch zulässig eingeschränkt ist, erweist sich als patentfähig (PatG §§ 1 bis 5). Außerdem offenbart das Patent die Erfindung so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Das Patent war deshalb beschränkt aufrecht zu erhalten (PatG § 21 Abs. 2 und § 61Abs.1S. 1i. V.m. Abs.2 S. 3).
5a. Dem Patent liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Herstellung von gesinterten Bauteilen zur Verfügung zu stellen, welches die aus dem Stand der Technik bekannten Nachteile eines nachträglichen Kalibrierungsschrittes nicht aufweist (Abs. [0004] i. V. m. [0003] des Streitpatents). Insbesondere ist der für die Qualität des angestrebten gesinterten Bauteils maßgebliche Kalibrierungsschritt zeitund kostenaufwändig (Abs. [0002]), so dass, wie im Abs. [0003] dargestellt, ein Bedarf an einem Verfahren besteht, durch welches der Kalibrierungsschritt entweder wegfällt oder aber dermaßen vereinfacht wird, dass das Verfahren wirtschaftlicher wird. Gleichzeitig muss jedoch sichergestellt werden, dass die gesinterten Bauteile hohe Festigkeiten und/oder hohe Dichten und Härten aufweisen, die ausreichend für die entsprechenden Anwendungen sind.
5b. Als zuständiger Fachmann ist ein in der Entwicklung von Verfahren und Materialien zur Herstellung von gesinterten Bauteilen tätiger Fachhochschul-Ingenieur der Fachrichtung Metallurgie mit mehrjähriger Berufserfahrung anzusehen. Von daher verfügt dieser Fachmann über vertiefte Kenntnisse und breite Erfahrung auf dem Gebiet der Herstellung von sinterfähigen Materialien, insbesondere von Pulvermischungen aus Metallen und deren Legierungen unterschiedlichster Zusammensetzungen.
5c. Mit Gliederungspunkten versehen lautet der Patentanspruch 1 folgendermaßen:
M Verfahren zur Herstellung von gesinterten Bauteilen, auch Verbundteilen, aus einem sinterfähigen Material unter Einsatz einer Pulvermischung, M1 umfassend 60 bis 98,5 Gew.-%, bezogen auf die Gesamtmenge der Pulvermischung, eines Al-Basispulvers aus Metallen und/oder deren Legierungen, umfassend Al, 0,2 bis 30 Gew.-% Mg, 0,2 bis 40 Gew.-% Si, 0,2 bis 15 Gew.-% Cu, 0,2 bis 15 Gew.-% Zn, 0,2 bis 15 Gew.-% Ti, 0,2 bis 10 Gew.-% Sn, 0,5 bis 5 Gew.-% Mn, 0,2 bis 10 Gew.-% Ni und/oder weniger als 1 Gew.-% an As, Sb, Co, Be, Pb und/oder B, wobei die Gewichtsprozentanteile jeweils bezogen sind auf die Gesamtmenge an Al-Basispulver, M2 und 0,8 bis 40 Gew.-%, bezogen auf die Gesamtmenge der Pulvermischung, eines Metallpulvers ausgewählt aus einer ersten Gruppe von Metallen und/
oder deren Legierungen, bestehend aus Mo und/oder W, weiterhin umfassend eine zweite Gruppe von Metallen und/oder deren Legierungen, bestehend aus Cu, Sn, Zn, Li und/oder Mg, wobei M3 in einem ersten Schritt das sinterfähige Material in eine erste Pressform eingegeben wird;
M4 in einem zweiten Schritt das sinterfähige Material zu einem Grünling gepresst wird;
M5 in einem dritten Schritt der Grünling mindestens teilweise in einer zweiten Pressform mittels Kaltpressen nachverdichtet wird; und M6 in einem vierten Schritt der nachverdichtete Grünling gesintert wird, M7 wobei die mit der im dritten Schritt vorgenommenen Nachverdichtung erzielte Dichte des Grünlings etwa 2 bis 40 % über derjenigen vor der Nachverdichtung liegt.
5d. Das Patent beschreibt die Erfindung so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen kann.
Gemäß dem Patentanspruchs 1 (Gliederungspunkt M) betrifft das Streitpatent ein Verfahren zur Herstellung von gesinterten Bauteilen aus einem sinterfähigen Material, bei dem eine Pulvermischung eingesetzt wird. Derartige Verfahren zählen zum Arbeitsgebiet des Fachmanns, an den sich die in dem Streitpatent offenbarte Lehre richtet, wie beispielsweise anhand der für diesen fachlichen Ausgangspunkt in Frage kommenden, im vorliegenden Fall in Betracht gezogenen Entgegenhaltung E2 (Bezeichnung und Zusammenfassung sowie Figur 1 i. V. m. S. 2 Abs. [0001] und [0006] sowie S. 6 Abs. [0033] bis S. 9 Abs. [0075]) nachgewiesen ist. Demnach versteht der Fachmann unter einem solchen Verfahren eine Vorgehensweise, bei der -wie in der E2 im Einzelnen dargestellt ist - zunächst ein Metallpulver und ein Binder compoundiert werden ([0036]) und dieser Compound zu einem Grünling verarbeitet wird, beispielsweise durch Spritzgießen ([0033], [0044] und [0045]), so dass klar ist, was unter der Herstellung von gesinterten Bauteilen aus einem sinterfähigen Material unter Einsatz einer Pulvermischung gemäß dem Gliederungspunkt M gemeint ist.
Des Weiteren entnimmt der Fachmann dem im Gliederungspunkt M1 angegebenen Merkmal, dass die Pulvermischung 60 bis 98,5 Gew.-%, bezogen auf die Gesamtmenge dieser Pulvermischung, eines Al-Basispulvers umfasst. Wie im Gliederungspunkt M1 weiter ausgeführt ist, umfasst dieses Al-Basispulver seinerseits neben Aluminium 0,2 bis 30 Gew.-% Mg, 0,2 bis 40 Gew.-% Si, 0,2 bis 15 Gew.-% Cu, 0,2 bis 15 Gew.-% Zn, 0,2 bis 15 Gew.-% Ti, 0,2 bis 10 Gew.-% Sn, 0,5 bis 5 Gew.-% Mn, 0,2 bis 10 Gew.-% Ni und/oder weniger als 1 Gew.-% As, Sb, Co, Be, Pb und/oder B als weitere Bestandteile, wobei die Gewichtsprozentanteile jeweils bezogen sind auf die Gesamtmenge an Al-Basispulver. Entgegen der Auffassung der Einsprechenden stellt die Vielfalt dieser Angaben den Fachmann keineswegs vor ein unlösbares Problem, das ihn an der zuverlässigen Ausführung der patentierten Erfindung hindern würde. Denn das Vergleichsbeispiel und das Ausführungsbeispiel, die im Streitpatent in den Abs. [0031] bis [0041] angegeben sind, geben ein konkretes Al-Basispulver an, das unter die Angaben im Gliederungspunkt M1 fällt. Dort ist nämlich beschrieben, dass ein Al-Basispulver der Zusammensetzung "Al4Cu1Mg0,5Si" - entsprechend der Bezeichnung "AC2014" einer konventionellen Aluminium-Legierung, die 4 Gew.-% Cu, 1 Gew.-% Mg, 0,5 Gew.-% Si und 94,5 Gew.-% Al aufweist - des handelsüblichen Produktes "ECKA Alumix 123" mit 1,5 Gew.-% eines Amidwachses als Bindemittel eingesetzt wird.
Schließlich besagt der Patentanspruch im Gliederungspunkt M2 unmissverständlich, dass die Pulvermischung des Weiteren 0,8 bis 40 Gew.-%, bezogen auf die Gesamtmenge der Pulvermischung, eines Metallpulvers umfasst, welches ausgewählt ist aus einer ersten Gruppe von Metallen und/oder deren Legierungen, und welches weiterhin eine zweite Gruppe von Metallen und/oder deren Legierungen umfasst. Dabei besteht die erste Gruppe aus Mo und/oder W, und die zweite Gruppe besteht aus Cu, Sn, Zn, Li und/oder Mg. Dass sich die Anteile an der Gesamtmenge der Pulvermischung zu 100 Gew.-% ergänzen müssen, ist dem Fachmann dabei klar, etwaige Fehlanteile wird er durch Zugabe von bekannten Zusätzen, wie etwa Graphit oder Gleitmittel (vgl. beispielsweise E1 S. 3 le. Abs.) auffüllen. Dabei hilft ihm auch der Abs. [0023] in der Streitpatentschrift, denn dort ist für das Mengenverhältnis der im Gliederungspunkt M2 aufgeführten ersten und zweiten Gruppe von Metallen bzw. deren Legierungen ein Bereich von 1:8 bis 15:1 Gewichtsanteile angegeben. Im Übrigen bietet auch hierzu das Ausführungsbeispiel passende Angaben: Gemäß der Tabelle 2 auf S. 7 der Streitpatentschrift umfasst der Werkstoff - also das sinterfähige Material - neben dem im Abs. [0032] angegebenen Al-Basispulver einen Materialanteil von 8 bis 14 Gew.-%, der sich seinerseits aus 80 Gew.-Mo und 20 Gew.-% Cu zusammensetzt. Da im Abs. [0037] im Einzelnen ausgeführt ist, dass die Beimischung eines Kupfer-Pulvers derart erfolgt, das zunächst das Molybdänbzw. Wolfram-Pulver mit dem Kupfer-Pulver vermischt und dieses anschließend zum dem Al-Basispulver zugemischt wird, und nirgends ein Hinweis auf Zugabe weiterer Additive zu finden ist, ergibt sich daraus für das Al-Basispulver auch ein im Bereich gemäß dem Gliederungspunkt M1 liegender Anteil von 92 bis 86 Gew.-%, bezogen auf die Gesamtmenge der Pulvermischung. Somit gibt allein schon das Ausführungsbeispiel dem Fachmann genügend Information, um eine Pulvermischung in die Hand zu bekommen, mit der er das patentgemäße Verfahren verwirklichen kann.
An einer zuverlässigen Ausführung der im Streitpatent angegebenen technischen Lehre können ihn auch die übrigen Verfahrensschritte, wie sie in den Gliederungspunkten M3 bis M6 angegeben sind, nicht hindern. Denn es handelt sich dabei um Maßnahmen, die dem Fachmann geläufig sind. So ist es bei der Herstellung von gesinterten Bauteilen aus einem sinterfähigen Material unter Einsatz einer Pulvermischung üblich, das Ausgangspulvergemisch durch Druck zu verdichten, wie es in der E3 auf S. 14, Zn. 26 bis 28 beschrieben ist. Dabei bedeutet die Kompaktierung bzw. Verdichtung eines Pulvergemisches durch Druck nichts anderes, als dass das sinterfähige Material in eine Pressform eingegeben wird (M3) und dann zu einem Grünling verpresst wird (M4). Wie er im dritten Schritt (M5) beim Nachverdichten des Grünlings vorzugehen hat, erfährt der Fachmann im Abs. [0038] des Streitpatents. Denn dort ist beschrieben, dass für die Nachverdichtung der Grünling nach dem Pressen - im zweiten Schritt (M4) - unter einer Stickstoff-Atmosphäre 30 Minuten lang bei etwa 430 ¡C entwachst und anschließend in einer zu der ersten Form identischen Matrizenform, welche mit einem Gleitmittel besprüht worden ist, unter einem Druck von 760 N/mm2 für etwa 0,2 bis 0,5 Sekunden bei Raumtemperatur derart nachverdichtet wird, dass die Dichte um etwa 19 bis 23 % über derjenigen des nicht nachverdichteten Grünlings - also vor der Nachverdichtung - liegt. Damit liefert das Streitpatent eine klare Anweisung für die in den Gliederungspunkten M5 i. V. m. M7 beschriebenen Maßnahmen. Die Sinterung des Grünlings ist schließlich bekanntermaßen der wesentliche Schritt bei der Herstellung von gesinterten Bauteilen, so dass auch der im Gliederungspunkt M6 angegebene Verfahrensschritt im Bereich des Wissens und Könnens des Fachmanns liegt.
Damit ist der Fachmann insgesamt in der Lage, die im Patent beschriebene technische Lehre auszuführen.
5e. Das im Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag angegebene Verfahren ist patentfähig. Insbesondere ist dieses gewerblich anwendbare Herstellungsverfahren gegenüber dem gesamten, in Betracht gezogenen Stand der Technik neu und beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit.
Das beanspruchte Verfahren zur Herstellung von gesinterten Bauteilen ist neu, denn aus keiner der in Betracht zu ziehenden Entgegenhaltungen ist es bekannt, insbesondere zur Erzielung von Sinterbauteilen mit hoher Zugfestigkeit ein sinterfähiges Material unter Einsatz einer Pulvermischung, umfassend 60 bis 98,5 Gew.-% des im Gliederungspunkt M1 angegebenen Aluminium-Basispulvers und 0,8 bis 40 Gew.-% eines Metallpulvers ausgewählt aus einer ersten Gruppe von Metallen und/oder Legierungen, bestehend aus Mo und/oder W, und weiterhin umfassend eine zweite Gruppe von Metallen und/oder deren Legierungen, bestehend aus Cu, Sn, Zn, Li und/oder Mg einzusetzen (M2) und beim Herstellen des Sinterkörpers vor dem abschließenden Sintern ein Nachverdichten des Grünlings mittels Kaltpressen durchzuführen, so dass die bei der Nachverdichtung erzielte Dichte des Grünlings etwa 2 bis 40 % über derjenigen vor der Nachverdichtung liegt (M5 und M7).
Weitere Einzelheiten hierzu ergeben sich aus den nachfolgenden Ausführungen zur erfinderischen Tätigkeit.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht auf erfinderischer Tätigkeit.
Die Entgegenhaltung EP 0 995 525 A1 (E2), die dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 am Nächsten kommt, konnte dem zuständigen Fachmann für die Lösung der dem Patent zugrunde liegenden Aufgabe keine Anregung zu einer Lehre vermitteln, wie sie insgesamt im Patentanspruch 1 angegeben ist.
Aus der Entgegenhaltung E2 (Bezeichnung und Anspruch 1 sowie Figur 1 i. V. m.
S. 2 Abs. [0001] und [0006] sowie S. 6 Abs. [0033] bis S. 9 Abs. [0075]) ist ein Verfahren zur Herstellung von gesinterten Bauteilen bekannt (Bezeichnung: "Process for producing sintered product"). Die Herstellung von gesinterten Bauteilen erfolgt dabei, wie bereits zur Ausführbarkeit der streitpatentlichen technischen Lehre unter 5d. ausgeführt, dadurch, dass zunächst ein Metallpulver und ein Binder compoundiert werden ([0036]: "First, a metal powder and a binder ... are prepared, and then they are compounded ... to obtain a compound.") und dieser Compound zu einem Grünling verarbeitet wird, beispielsweise durch Spritzgießen ([0033]: "powder compacting process"; [0044] und [0045]: "... subjected to injection molding with an injection molding machine to produce a green body."). Dies bedeutet nichts anderes, als dass es in der E2 um die Herstellung von gesinterten Bauteilen aus einem sinterfähigen Material unter Einsatz einer Pulvermischung geht, wie es im Gliederungspunkt M des Patentanspruchs 1 gemeint ist.
Bei dem gemäß der E2 durchgeführten Spritzgießen wird das sinterfähige Material bekanntlich einer Spritzdüse der Spritzgussmaschine zugeführt und dort unter Druck zu einem Grünling gepresst. Somit erfolgt in einem ersten Schritt die Eingabe des sinterfähigen Materials in eine erste Pressform und in einem zweiten Schritt das Pressen dieses Materials zu einem Grünling, so dass auch die in den Gliederungspunkten M3 und M4 angegebenen Verfahrensschritte des streitigen Patentanspruchs 1 erfüllt sind.
Wie des Weiteren in der E2 im Absatz [0049] beschrieben ist, wird in dem auf die Herstellung des Grünlings (Schritt 1A in Figur 1) folgenden Schritt 2A auf den derart hergestellten Grünling Druck ausgeübt, um eine Verdichtung zu bewirken ("Pressure is applied to the green body ... to effect compaction thereof"), wobei zum Beispiel ein isostatisches Kaltpressen bei Raumtemperatur durchgeführt wird ([0051]: "... cold isostatic pressing ... at ambient temperature or temperature close to ambient temperature"). Somit erfolgt in einem dritten Schritt eine Nachverdichtung des Grünlings mittels Kaltpressen, wozu notwendigerweise eine zweite Pressform erforderlich ist. Der unter dem Gliederungspunkt M5 angegebene Verfahrensschritt ist also auch aus der E2 bekannt.
Nun ist zwar in der E2 nirgends ein Zahlenwert für die mit der Nachverdichtung erzielte Dichte des Grünlings gegenüber derjenigen Dichte vor der Nachverdichtung zu finden. Der Fachmann wird dies im Rahmen seines Wissens und Könnens jedoch in Abhängigkeit von den Anforderungen seines konkreten Anwendungsfalles ohne Weiteres in geeigneter Weise festlegen, zumal er in der E2 den Hinweis erhält, dass das Aufbringen eines zu niedrigen Drucks bei der Nachverdichtung keine ausreichende Wirkung, nämlich die Verringerung der Porosität bei der Verdichtung, bewirkt (S. 7 [0053]: "Excessively low pressure may not give adequate effect (that is, reduction in porosity through compaction") und ihm dabei klar ist, dass ein bestimmter Druck eine bestimmte Dichte des nachverdichteten Grünlings zur Folge hat. Somit ergibt sich das Merkmal M7 i. V. m. M5 in naheliegender Weise.
Außerdem gibt die in der Entgegenhaltung E2 (Figur 1) beschriebene technische Lehre die Anweisung, den Grünling nach der Nachverdichtung zu sintern (Schritt 4A in Figur 1 i. V. m. [0063]), so dass aus der E2 auch bereits der Schritt M6 bekannt ist.
Der Fachmann erfährt schließlich aus der E2 sogar noch, dass als Bestandteile des sinterbaren Pulvers zumindest eines der Metalle Fe, Ni, Co, Cr, Mn, Zn, Pt, Au, Ag, Cu, Pd, Al, W, Ti, V, Mo, Nb, Zr, Pr, Nd, Sm und dergleichen oder Legierungen, die zumindest eines dieser Elemente enthalten, verwendet werden können ([0037]). Eine Anregung in Richtung der im Streitpatent beschriebenen technischen Lehre erhält er damit jedoch nicht. Denn ein Hinweis dahingehend, aus diesen pauschalen Angaben eine Pulvermischung auszuwählen, die 60 bis 98,5 Gew.-%, bezogen auf die Gesamtmenge der Pulvermischung, eines Al-Basispulvers aus Metallen und/oder deren Legierungen, umfassend Al, 0,2 bis 30 Gew.-% Mg, 0,2 bis 40 Gew.-% Si, 0,2 bis 15 Gew.-% Cu, 0,2 bis 15 Gew.-% Zn, 0,2 bis 15 Gew.-% Ti, 0,2 bis 10 Gew.-% Sn, 0,5 bis 5 Gew.-% Mn, 0,2 bis 10 Gew.-% Ni und/oder weniger als 1 Gew.-% an As, Sb, Co, Be, Pb und/oder B, wobei die Gewichtsprozentanteile jeweils bezogen sind auf die Gesamtmenge an Al-Basispulver, und 0,8 bis 40 Gew.-%, bezogen auf die Gesamtmenge der Pulvermischung, eines Metallpulvers ausgewählt aus einer ersten Gruppe von Metallen und/oder deren Legierungen, bestehend aus Mo und/oder W, weiterhin umfassend eine zweite Gruppe von Metallen und/oder deren Legierungen, bestehend aus Cu, Sn, Zn, Li und/oder Mg, umfasst, wie es in den Merkmalen M1 und M2 angegeben ist, und einen daraus hergestellten Grünling mittels Kaltpressen (Merkmal M5) nachzuverdichten, um dadurch -ohne ein nachträgliches Kalibrieren -ein gesintertes Bauteil erhalten zu können, das -wie Tabelle 2 der Streitpatentschrift zeigt -eine unerwartet hohe Zugfestigkeit aufweist, findet sich in diesem Stand der Technik nirgends. Somit liegt -entgegen der Auffassung der Einsprechenden -in der streitpatentlichen Auswahl von Elementen und Mengenanteilen der Bestandteile der Pulvermischung (Gliederungspunkte M1 und M2) i. V. m. der Nachverdichtung mittels Kaltpressen (M5) eine erfinderische Leistung.
Auch die übrigen Entgegenhaltungen können keinen Anstoß in die Richtung der streitpatentgemäßen Lösung geben.
Die E1 betrifft ein Verfahren zum pulvermetallurgischen Herstellen von Genauteilen, bei dem ein Vorpresskörper mehrfach gepresst wird (S. 1 Abs. 1) (vgl. M). Dabei wird beispielsweise aus Eisenpulver in üblicher Weise ein Vorpresskörper -also ein Grünling -hergestellt (M2, M3), der dann erwärmt und in einem Temperaturbereich von 800 bis 1100 ¡C - also mittels Heißpressen -fertiggepresst wird (E1, Beispiel 1) (vgl. M4). Vom Einsatz einer Pulvermischung, die 60 bis 98,5 Gew.-% eines Aluminium-Basispulvers gemäß M1 und 0,8 bis 40 Gew.-% eines Metallpulvers gemäß M2 umfasst, ist dort genau so wenig die Rede wie vom Nachverdichten des Grünlings mittels Kaltpressen in einem dritten Schritt (M5).
Die E3 lehrt ein Verfahren zur Herstellung eines kompaktierten und gesinterten Aluminiumlegierungsproduktes (Anspruch 8) (vgl. M, teilweise M1). Wie aus dem Anspruch 8 i. V. m. S. 19 Zn. 9 bis 25 hervorgeht, wird das Ausgangspulvergemisch, das ein Aluminiumlegierungs-Hauptausgangspulver (S. 7 Z. 35 bis S. 9 Z. 4) bestehend aus Al, Cu und fakultativ aus mindestens einem der Elemente Mn, Ni, Fe, Cr, Zr, Ti, V, Pb, Bi und Sn, und ein Masterlegierungs-Ausgangspulver
(S. 9 Z. 8 bis S. 12 Z. 11) bestehend aus Al, Mg, Si und fakultativ aus Mn, Ni, Fe, Cr, Zr, Ti, V, Pb, Bi und Sn aufweist (Anspruch 1), in eine Form gegeben und unter Druck kompaktiert. Der so geformte Vorpressling -also Grünling -wird dann gesintert. Auch hier findet sich kein Hinweis auf ein aluminiumhaltiges Pulver, das insbesondere Mo und/oder W im beanspruchten Mengenbereich umfasst. Ebenso fehlt eine Anregung für einen Schritt, bei dem der Grünling mittels Kaltpressen nachverdichtet wird.
In der E4 geht es um ein Verfahren zum Herstellen eines nichtporösen Metallkörpers hoher Dichte, hoher Zugfestigkeit und hoher Dehnbarkeit aus Aluminiumlegierungs-Pulvern (Sp. 1 Zn. 1 bis 5 und Anspruch 2). Die eingesetzte Pulvermischung ("pulverulent mass") enthält dabei neben Aluminium einen kleinen Anteil an einem oder mehreren der Elemente Mangan, Magnesium, Antimon oder Titan sowie weitere geeignete Zusatzelemente wie Kupfer, Zink, Silizium usw. (S. 1 li. Sp. Zn. 6 bis 10 und 50 bis 53). Diese Pulvermischung wird, wie dort aus dem Anspruch 2 hervorgeht, mittels Kaltpressen zu einem Grünling gepresst, der dann bei einer Temperatur von etwa 400 bis 600 ¡C -also, anders als beim Streitpatent, mittels Heißpressen -nochmals gepresst wird, um den Grünling in einen nichtporösen Körper hoher Dichte und hoher Zugfestigkeit umzuwandeln.
Die E5 ist auf ein Verfahren zur Herstellung eines Metall-Bauteils gerichtet, wobei das Bauteil aus einer Aluminium-Silizium-Legierung bzw. eine Aluminium-SiliziumKupfer-Magnesium-Legierung hergestellt wird (Anspruch 1), beispielsweise mittels einer spanabhebenden Bearbeitung aus der AlSiCuMg-Legierung (Anspruch 3). Hinsichtlich einer Verdichtung ist dort lediglich ausgeführt, dass die Gleitfläche des Bauteils im festen Zustand mittels Kalibrieren verdichtet wird (Anspruch 1). Somit liegt die E5 noch weiter vom Patentgegenstand ab.
Schließlich geben die sonst noch von der Einsprechenden herangezogenen Druckschriften "GERMAN" und "SCHATT" nichts anderes als grundlegendes Fachwissen auf dem Gebiet des Sinterns metallischer Pulver wieder. Beispielsweise zeigt das Lehrbuch von GERMAN elektronenmikroskopische Aufnahmen gesinterter Metallpulver (S. 146), beschreibt die beim Sintern ablaufenden Vorgänge im Einzelnen (S. 148 und Tabelle 6.3 auf S. 176) und geht allgemein auf das Sintern von Metallpulvermischungen (S. 176), das Flüssigphasen-Sintern (S. 184) und Schutzgas-Atmosphären beim Sintern (S. 189) ein. In dem Auszug aus SCHATT geht es lediglich um die Defektanalyse beim Pressen von Pulverhaufwerken und beim Sintern.
Da in den im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen somit Angaben und Hinweise in Richtung der im Patentanspruch 1 angegebenen Gesamtheit von Merkmalen nicht nachgewiesen werden konnten, führt auch eine zusammenschauende Betrachtung des Standes der Technik zu keinem anderen Ergebnis.
5f. Bestand hat zusammen mit dem Patentanspruch 1 auch der nebengeordnete Anspruch 9, denn dieser betrifft ein gesintertes Bauteil, welches zumindest teilweise hergestellt ist gemäß dem patentfähigen Verfahren nach Anspruch 1.
5g. In Verbindung mit den Ansprüchen 1 und 9 haben darüber hinaus auch die auf diese Ansprüche rückbezogenen Ansprüche 2 bis 8 bzw. 10 bis 13, denn dort sind vorteilhafte und nicht selbstverständliche Ausführungsformen des Gegenstandes des Anspruchs 1 bzw. 9 angegeben.
Feuerlein Schwarz-Angele Maksymiw Zettler Ko
BPatG:
Beschluss v. 13.11.2008
Az: 15 W (pat) 333/05
Link zum Urteil:
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