Verwaltungsgericht Köln:
Beschluss vom 29. November 2007
Aktenzeichen: 11 L 1214/07
(VG Köln: Beschluss v. 29.11.2007, Az.: 11 L 1214/07)
Tenor
Der Antrag wird abgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 50.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Gründe I.
Der Antragstellerin sind seit 1999 in 36 Regionen Frequenzen für den ortsfesten Betrieb von Funkanlagen für Sprachtelefondienst mit ISDN-Merkmalen und Datenübertragung auf dem 2,6 GHz-Band (drahtlose Teilnehmeranschlüsse, wireless local loop - WLL -) zugeteilt worden. Die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post - RegTP - hatte als Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin der Antragstellerin mit Schreiben vom 20. Dezember 2002 den Einsatz von Rundstrahlantennen nach dem IP-Wireless-System gestattet, das eine Nutzung mit beweglichen Endgeräten zulässt. Die Antragstellerin bietet damit in Berlin, Bensberg bei Köln und Stuttgart Sprachtelefondienst und einen funkgestützten Internetzugang als Alternative zu leitungsgebundenen DSL (Digital Subscriber Line)-Anschlüssen an. In den übrigen Regionen werden die Frequenzen noch nicht genutzt. Diese Zuteilungen waren bis zum 31. Dezember 2007 befristet.
Am 29. Juli 2005 beantragte die Antragstellerin die Verlängerung der ihr zugeteilten Frequenzen im Umfang von 30 MHz bis zum 31. Dezember 2016 und erklärte sich mit der Verlagerung dieser Frequenzen auf den TDD-Teil des 2,6 GHz-Bandes einverstanden. Der Antragsgegnerin lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 4. November 2005 ab, weil im Nutzungsplan in diesem Bereich eine Frequenzzuteilung für festen Funkdienst nicht vorgesehen sei und die Verlängerung gegen die Vergabegrundsätze verstoße.
Im Verfahren 11 L 1880/06 verpflichtete sich die Antragsgegnerin durch Vergleich vom 2. März 2007, die Nutzung der streitigen Frequenzen über den 31. Dezember 2007 hinaus bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im jeweiligen Hauptsacheverfahren zu dulden, längstens bis zur Aufnahme der Nutzung durch einen anderen Zuteilungsinhaber. Durch die Urteile der Kammer vom 15. Juni 2007 - 11 K 572/07 und 11 K 573/07 - wurde die Antragsgegnerin verpflichtet, die streitigen Frequenzuteilungen um den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2016 zu verlängern. Das Oberverwaltungsgericht des Landes Norhrhein-Westfalen hat die Berufung der Antragsgegnerin gegen diese Urteile zugelassen.
Mit der Verfügung 33/2005 vom 4. Mai 2005, ABl. BNA 8/2005 S. 782, eröffnete die Antragsgegnerin das Anhörungsverfahren für die Vergabe der Frequenzen im 2,6 GHz-Band nach dem 1. Januar 2008. Nach der schriftliche Anhörung stellte die Antragsgegnerin mit der Mitteilung 248/2005, ABl. BNA 19/2005 S. 1697, fest, dass es bei alten und neuen Netzbetreibern ein großes Interesse für nomadische, portable und mobile Anwendungen bei gleichzeitig komplexer und äußerst divergierender Interessenlage am Markt gebe.
Mit der Mitteilung 308/2006 vom 13. September 2006, ABl. BNA 18/2006, S. 2972, erklärte die Antragsgegnerin, dass die bisherigen Vergabeszenarien überholt seien. Das 2,6 GHz-Band soll nach der Entscheidung der Radio Spectrum Policy Group der EU-Kommission vom 23. November 2005 nicht mehr den UMTS/IMT-2000-Mobilfunk vorbehalten sein, sondern technologie- und dienstneutral für den drahtlosen Zugang zu elektronischen Kommunikationssystemen (Wireless Access Policy Electronic Communication Services - WAPECS -) genutzt werden. Die Mitgliedstaaten hätten sich zur Umsetzung dieses Konzepts bekannt. Am 15. Dezember 2006 wurden Frequenzen für feste und portable Anwendung (funkgestützte Breitbandanschlüsse, Broad Wireless Access - BWA -) im 3,5 GHz-Band versteigert.
Mit Entscheidung der Beschlusskammer vom 19. Juni 2007, Vfg. 34/2007, ABl. Nr. 14/2007 vom 18. Juli 2007, S. 3115 ff., ordnete die Antragsgegnerin die Vergabe von Frequenzen für den digitalen zellularen Mobilfunk in den 1,8-, 2,0- und 2,6 GHz-Bereichen im Wege der Versteigerung an. In der Begründung der Entscheidung wird ausgeführt, dass in Anbetracht eines zunehmenden Datenverkehrs und einer zunehmenden Nachfrage nach immer höheren Übertragungsraten von einem steigenden Bedarf an Frequenzen auszugehen sei. Die Knappheitsprognose wird dabei im wesentlichen auf die Ergebnisse der Anhörungen aus dem Jahr 2005 und das bei der Breitband-Versteigerung geäußerte Interesse gestützt. Die Vergabe regionaler Frequenzen soll ausgeschlossen sein, weil derartige Modelle wirtschaftlich nicht tragfähig seien. Eine Beschränkung auf mobile Anwendungen bestehe nicht; die Betreiber seien vielmehr in der Lage, alle Dienste nachfragegerecht anzubieten, die sich auf der Grundlage der eingesetzten Technologie realisieren ließen. Bei streibefangenen Frequenzen sollen Versteigerung und Zuteilung unter dem Vorbehalt des Widerrufs stehen.
Zuvor waren die betroffenen Kreise mit der Mitteilung 219/2007 vom 4. April 2007, ABL. BNA 7/2007 S. 1113, angehört worden. Im Entwurf war vorgesehen, dass der Antragstellerin und den mit ihr verbundenen Unternehmen untersagt werden solle, Frequenzblöcke zu ersteigern, die Gegenstand der anhängigen Klageverfahren sind.
Mit der Mitteilung 664/2007, ABL. BNA 19/2007 vom 26. September 2007, S. 3728 ff. wurden die betroffenen Kreise zur Festlegung der Vergabebedingungen, insbesondere über die von den Antragstellern zu erfüllenden Mindestvoraussetzungen für die Zulassung zum Vergabeverfahren, die Bestimmung des sachlich und räumlich relevanten Marktes und die Frequenznutzungsbestimmungen angehört.
Gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 19. Juni 2007 hat die Antragstellerin am 17. August 2007 Klage - 11 K 3363/07 - erhoben. Mit der Klage beantragt sie, die Teilentscheidungen BK 1-07/003-1 und BK 1-07/003-2 aufzuheben, soweit darin die Durchführung eines Vergabeverfahrens im Wege der Versteigerung der Frequenzen für den digitalen Mobilfunk im Bereich 2,6 GHz anordnet wird, hilfweise die oben genannte Entscheidung aufzuheben, soweit sie die Durchführung des Vergabeverfahrens für solche Frequenzen anordnet, die der Antragstellerin zugeteilt sind.
Außerdem hat die Antragstellerin am 20. August 2007 einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Sie behauptet, dass ihr durch das Vergabeverfahren schwere und nicht wieder gutzumachende Nachteile entstünden. Schon jetzt werde die Nutzung der Frequenzen dadurch eingeschränkt, dass angesichts der ungesicherten Rechtslage kein Investor bereit sei, den Ausbau des Funknetzes der Antragstellerin zu finanzieren. Diese Lage werde verschärft, wenn das Vergabeverfahren stattfinde. Der Prozessvergleich im Verfahren 11 L 1880/06 biete ihr keinen hinreichenden Schutz, weil die Aussetzung der Vollziehung - solange die Hauptsache noch nicht rechtskräftig entschieden sei - längstens bis zur Nutzungsaufnahme durch einen Dritten gelte.
Die Antragstellerin sei durch das Vergabeverfahren unmittelbar betroffen, weil die ihr zustehenden Frequenzen vergeben werden sollten. Durch die Ausgestaltung der Entscheidung als Verwaltungsakt bestehe für die Antragstellerin die Gefahr, dass sie bei einer Anfechtung der Zuteilungsentscheidung mit ihren Einwendungen gegen die Knappheitsprognose ausgeschlossen werde.
Die Antragsgegnerin halte an dem Ausschluss des festen Funkdienstes fest, obwohl künftige Frequenzinhaber mit der gleichen Technologie wie die Antragstellerin die selben Dienste anbieten könnten wie jetzt die Antragstellerin. Die Antragstellerin biete den Übergang von einer Funkzelle zur anderen nur wegen der Vorgaben der Antragsgegerin nicht an, mit der von ihr verwendeten Technik sei dies aber problemlos möglich. Auch Mobilfunkbetreiber böten jetzt Dienste an, die früher eindeutig dem festen Funkdienst zugeordnet gewesen seien. Durch den Ausschluss des festen Funkdienstes unterhalb des 3 GHz-Bereichs würden die drahtlosen Breitbanddienste benachteiligt. Das widerspreche den Forderungen der EU-Kommission in der Mitteilung vom 8. Februar 2007 (Zügiger Zugang zu Frequenzen für drahtlose elektronische Kommunikationsdienste durch mehr Flexibilität), die sich wegen der Konvergenz der Dienste von Rundfunk, Mobilfunk und drahtloser Breitbanddienste auch auf den drahtlosen Internetzugang beziehe. Der Ausschluss des festen Funkdienstes zementiere die historisch bedingte Fragmentierung der Frequenzbänder und widerspreche dem WAPECS-Konzept, das eine technologie- und dienstneutrale Frequenzvergabe vorsehe. Er sei auch nicht mit den Vorgaben der VO Funk zu vereinbaren, die das Band gleichberechtigt dem festen Funkdienst, dem Mobilfunkdienst und dem Rundfunk über Satelliten zuweise.
Die vorgesehene Versteigerung sei unnötig und damit rechtswidrig, weil keine aktuelle Frequenzknappheit bestehe. Die Mobilfunkbetreiber hätten noch im Februar 2007 bei der Ankündigung des Vergabeverfahrens erklärt, dass sie in den kommenden Jahren keinen Bedarf an zusätzlichen Frequenzen im 2,6 GHz-Bereich hätten. Ein nur vorsorglich angemeldetes Interesse stelle keinen konkreten Bedarf dar. Außerdem würden durch die Umstellung von analogem auf digitalen Rundfunk Frequenzen im Bereich 790-960 MHz frei.
Im übrigen würden die etablierten Netzbetreiber durch die Vergabebedingungen bevorzugt. Wegen der Nichtbegrenzung der Bietrechte sei ein bedarfsunabhängiger Frequenzerwerb möglich. Der Ausschluss regionaler Anbieter sei sachlich nicht gerechtfertigt und verhindere einen chancengleichen Wettbewerb. Für einen von der Antragsgegnerin zunächst allgemein und jetzt noch im Einzelfall angedrohten Ausschluss der Inhaber streitbefangener Frequenzen vom Vergabeverfahren bestehe keine Rechtsgrundlage.
Der Verlängerungsanspruch sei durch das erstinstanzliche Urteil bestätigt. Damit sei zumindest im summarischen Verfahren davon auszugehen, dass die Einbeziehung der streitbefangenen Frequenzen in die Versteigerung rechtswidrig sei. Diese erstinstanzliche Beurteilung sei bei der Interessenabwägung von wesentlicher Bedeutung. Eine Verschiebung der Versteigerung der streitbefangenen Frequenzen beeinträchtige die Interessen der Allgemeinheit nicht. Die Versteigerung sei nun erst für das Jahr 2009 geplant und ein möglicher Erwerber werde die Frequenzen wegen der Rechtsunsicherheit ohnehin erst später nutzen. Davon gehe auch die Antragsgegnerin aus und berücksichtige dies bei den Vergabebedingungen durch eine Verlängerung der Mindestversorgungspflicht.
Die Antragstellerin beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage 11 K 3363/07 insoweit anzuordnen, als Frequenzen betroffen sind, die der Antragstellerin zugeteilt sind.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, dass der Antrag bereits unzulässig sei. Denn die Antragstellerin sei von der Entscheidung nicht unmittelbar betroffen und damit nicht antragsbefugt. Denn sie habe wahrscheinlich nicht die Absicht, an dem Vergabeverfahren teilzunehmen. Die Rechte der Antragstellerin seien auf Grund des Vergleichs hinreichend geschützt, außerdem werde das Versteigerungsverfahren erst im Jahr 2009 stattfinden und eine Nutzungsaufnahme durch den Erwerber dauere dann noch einmal geraume Zeit. Es sei anzunehmen, dass bis dahin die Verfahren 11 K 572/07 und 11 K 573/07 rechtskräftig entschieden seien und zumindest das Hauptsacheverfahren 11 K 3336/07 in erster Instanz entschieden sein werde. Mit dem Antrag könne die Antragstellerin ihre Rechtsstellung deshalb nicht verbessern.
Die angegriffene Entscheidung sei auch nur eine vorbereitende Verfahrenshandlung, gegen die Rechtsschutz nicht möglich sei, selbst wenn sie als Verwaltungsakt ausgestaltet sei. Ein pauschaler Ausschluss der Inhaber streitbefangener Frequenzen vom Vergabeverfahren sei nicht mehr vorgesehen, im Einzelfall müsse aber geprüft werden, ob durch die Teilnahme ungerechtfertige Vorteile entstünden.
Im Übrigen wiederholt und vertieft die Antragsgegnerin ihre Ausführungen aus den Verfahren 11 K 572/07 und 573 /07.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Akten der Verfahren 11 K 336/07, 11 K 572/07, 11 K 573/07 und 11 L 1880/06 sowie der zu diesen Verfahren beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Das Gericht ordnet die gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 137 Abs. 1 des Telekommunikationsgesetzes vom 22. Juni 2004, BGBl. I, S. 1190 ff. - TKG - entfallende aufschiebende Wirkung des Widerspruchs an, wenn das Interesse der Antragstellerin am vorläufigen Aufschub der Vollziehung das öffentliche Interesse der Antragsgegnerin an der sofortigen Vollziehung des Bescheides überwiegt. Das ist der Fall, wenn die angefochtene Verfügung bei der im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung gegen öffentlichrechtliche Vorschriften verstößt, die auch dem Schutz der Antragstellerin dienen, oder wenn - bei offenen Erfolgsaussichten - eine Abwägung der beteiligten Interessen ergibt, dass das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin als schutzwürdiger einzustufen ist. Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist grundsätzlich statthaft, denn in der Hauptsache ist als zulässige Klageart die Anfechtungsklage gegen die Regulierungsverfügung eröffnet. Die Antragstellerin wird durch die Anordnung des Vergabeverfahrens auch in eigenen Rechten betroffen. Wegen des Benachteiligungsverbotes haben die §§ 55 Abs. 9 und § 61 TKG drittschützende Wirkung. Diese beschränkt sich zwar grundsätzlich auf diejenigen Bewerber, die am Vergabeverfahren teilnehmen wollen oder eine solche Teilnahme zumindest anstreben.
Vgl. VG Köln, Beschluss vom 3. September 2004 - 11 L 1280/04 -.
Die Klägerin gehört aber zu dem Kreis der potentiellen Interessenten, weil sie nach der von ihr geforderten Zulassung auch des festen Funkdienstes und regionaler Anbieter an einem Vergabeverfahren teilnehmen will.
Bedenken an der Zulässigkeit können sich weiterhin aus § 44a VwGO ergeben. Der Bescheid enthält in seinem Tenor unter Ziff. I. die Feststellung nach § 55 Abs. 9 TKG, dass ein Vergabeverfahren notwendig ist. Damit wird entschieden, dass Frequenzknappheit besteht, und es wird der Dienst bestimmt, für den die Frequenzen vergeben werden sollen. Unter Ziff. II. folgt die Anordnung, dass das Vergabeverfahren nach § 61 Abs 1 TKG als Versteigerung durchgeführt wird. Die Vergabe- und Versteigerungbedingungen nach § 61 Abs. 4 und 5 TKG werden ausdrücklich noch nicht festgelegt, sondern sie sind Gegenstand einer gesonderten Entscheidung, die mit der Anhörung (Mitteilung 664/2007) zur Zeit vorbereitet wird. Die angefochtene Verfügung ist damit nur ein Teil eines mehrstufigen Verfahrens.
Angesichts der damit getroffenen Regelungen und der von der Antragsgegnerin gewählten Form spricht viel dafür, dass es sich nicht um eine unselbständige Verfahrenshandlung handelt, sondern um einen selbständigen Verwaltungsakt. Ob in solchen Fällen ein unmittelbarer Rechtsschutz nach § § 44 a VwGO ausgeschlossen ist und unzulässige Verfahrensregelungen nur zur Rechtswidrigkeit der abschließenden Vergabeentscheidung führen,
so Göddel, in: Beck´scher TKG-Kommentar, 3. Auflage 2006, § 61 Rn. 20; Hahn, in: Scheurle/Mayen, Telekommunikationsgesetz, 2002, § 11 Rn. 1; Heine MMR 2001, 352.
oder ob diese Verfügung, wie auch die Rechtsmittelbelehrung suggeriert, selbständig angefochten werden kann, kann hier dahingestellt bleiben. Denn auch wenn das Rechtsschutzinteresse zu bejahen ist, ist der Antrag jedenfalls unbegründet.
Bei der im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung kann nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden dass die angefochtene Verfügung gegen öffentlichrechtliche Vorschriften verstößt.
Die Kammer berücksichtigt bei ihrer Prognose, dass § 137 Abs. 1 TKG - abweichend von § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO - regelmäßig von der sofortigen Vollziehung der Entscheidungen der Bundesnetzagentur ausgeht. Der dort angeordnete Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage hat nicht lediglich zur Folge, dass die Behörde von der ihr sonst nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO obliegenden Pflicht entbunden wird, das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO besonders zu begründen. Er enthält vielmehr auch die gesetzliche Wertung, dass das öffentliche Interesse am Sofortvollzug gerade bei offenem Prozessausgang regelmäßig erhebliches Gewicht hat
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. April 2005 - 4 VR 1005.04 -, BVerwGE 123, 241 (244 f.).
Die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verfügung ergibt sich zunächst nicht schon aus den stattgebenden Urteilen der Kammer vom 15. Juni 2007 in den Verfahren 11 K 572/07 und 11 K 573/07. Denn der Streitgegenstand dieser Verfahren ist ein anderer als der im Verfahren 11 K 3363/07. In den Verfahren 11 K 572/07 und 11 K 573/07 ging es um den Verlängerungsanspruch als solchen, der der Antragstellerin nach Ansicht der Kammer zusteht. Im hier maßgeblichen Hauptverfahren 11 K 3363/07 geht es dagegen um Vorentscheidungen für eine neues Vergabeverfahren. Dass das Ziel dieses neuen Vergabefahrens mit dem Verlängerungsanspruch der Antragstellerin kollidiert, beseitigt nicht die Tatsache, dass hier unterschiedliche Regelungsgegenstände vorliegen und dass sich auch die Begründung der verschiedenen Ansprüche nur teilweise überschneidet. Außerdem wurde die Berufung gegen die Urteile vom 15. Juni 2007 zugelassen, so dass sich auch deshalb ein Wahrscheinlichkeitsurteil über den Prozessausgang verbietet.
Auch inhaltlich kann im summarischen Verfahren nicht festgestellt werden, dass die Anordnung des Vergabeverfahrens und seine Durchführung als Versteigerung offensichtlich rechtswidrig sind.
Die effiziente und störungsfreie Nutzung von Frequenzen (§ 52 Abs. 1 TKG) ist nur bei einem kontrollierten Einsatz der Frequenzen möglich. Deshalb ist eine positive Frequenzordnung notwendig, die technische Koordination mit Elementen wirtschaftspolitischer Planung verbindet.
Vgl. schon BVerfG, Beschl. vom 28. 2. 1961 - 2 BvG 1,2/60 -, BVerfGE 12, S. 205 ff (207); Urteil vom 16. 6. 1981, - 1 BvL 89/78 -, NJW 1981, S. 1774ff.; Wissmann (Kreitlow), Telekommunikationsrecht, 2. Aufl. 2006, Kap. 7, Rdnr. 3.
Die Antragsgegnerin geht davon aus, dass schon jetzt ein Bedarf für eine Vergabe von Frequenzen im 2,6-GHz-Bereich besteht und dass in diesem Bereich nicht genügend Frequenzen für alle Interessenten vorhanden sind. Ob diese Einschätzung richtig ist und auf einer ausreichenden und sachgerechten Tatsachenermittlung beruht, ist im jetzigen Stadium des Verfahrens noch nicht absehbar. Im summarischen Verfahren kann auch nicht entschieden werden, ob das vorgesehene Vergabeverfahren den maßgeblichen Frequenzplänen und den europäischen und internationalen Vorgaben entspricht, ob die Abgrenzung zwischen Mobilfunk und festem Funkdienst im Bereich des drahtlosen Netzzugangs sachgerecht ist und ob der Ausschluss regionaler Geschäftsmodelle und die vorgesehene Versorgungsverpflichtung die Regulierungsziele und die Interessen kleiner und mittlerer Unternehmen hinreichend gemäß § 61 Abs. 5 TKG berücksichtigt. Deshalb ist eine vom Ausgang des Hauptsacheverfahrens unabhängige Interessenabwägung durchzuführen.
Diese Interessenabwägung fällt hier zum Nachteil der Antragstellerin aus. Denn die Folgen, die sich bei einem für sie ungünstigen Ausgang des Eilverfahrens und späterem Obsiegen im Verfahren der Hauptsache ergeben, wiegen weniger schwer als die Folgen, die einträten, wenn ihr vorläufiger Rechtsschutz gewährt würde.
Die Allgemeinheit hat ein erhebliches Interesse daran, dass Frequenzen effizient genutzt und deshalb - bei einem entsprechenden Bedarf - auch schnell zugeteilt werden. Das Vergabeverfahren nach § 61 TKG erfordert aber weitreichende Mitwirkungs- und Vorbereitungspflichten. Die einzelnen Verfahrensschritte sind zeitaufwändig, müssen aufeinander abgestimmt werden und verursachen einen beträchtlichen personellen Aufwand. Die Durchführung eines einheitlichen Vergabeverfahrens für mehrere Frequenzbereiche ist deshalb weniger aufwändig als die Durchführung mehrerer getrennter Verfahren. Sie ermöglicht außerdem den potentiellen Erwerbern der Frequenznutzungsrechte eine bessere Marktübersicht und Planung.
Die Interessen der Antragstellerin an der vorläufigen Weiternutzung der Frequenzen sind dagegen hinreichend gesichert. Denn bei einer Versteigerung und Zuteilung streitbefangener Frequenzen ist ein Widerrufsvorbehalt vorgesehen. Wenn das erstinstanzliche Urteil rechtskräftig bestätigt wird, bleiben die Rechte der Antragstellerin deshalb trotz der Vorbereitung und Durchführung eines Vergabeverfahrens gewahrt.
Bis zur rechtskräftigen Entscheidung in den Verfahren 11 K 572/07 und 11 K 573/07 ist eine Weiternutzung der Frequenz über den 31. Dezember 2007 hinaus durch den Vergleich im Verfahren 11 L 1880/06 möglich. Das Interesse der Antragstellerin an einer einstweiligen Regelung könnte wegen der Begrenzung des Vergleichs im Verfahren 11 L 1880/06 nur überwiegen, wenn die Nutzungsaufnahme durch einen Erwerber vor der rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens unmittelbar bevor stünde. In solch einem Fall müsste die Antragstellerin aber u. U. erneut um einstweiligen Rechtsschutz zur Sicherung ihrer Ansprüche aus den Verfahren 11 K 572/07 und 11 K 153/07 nachsuchen. Diese Ansprüche sind - wie oben dargelegt - nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Die Unsicherheit über Ausgang der Verfahrens 11 K 572/07 und 11 K 573/07 stellt zwar einen erheblichen Nachteil für die Antragstellerin dar. Denn es ist schwierig, bei einer unsicheren Rechtslage Investoren zu finden. Diese Unsicherheit besteht bei einer streitigen Auseinandersetzung aber zwangsläufig und würde auch durch eine weitere einstweilige Entscheidung der Kammer nicht verringert.
Einstweiliger Rechtsschutz ist auch nicht notwendig, um die Präklusion von Einwendungen gegen die Anordnung des Vergabeverfahrens zu verhindern. Denn durch das Einlegen des Widerspruchs und die Klageerhebung in der Hauptsache ist bereits sichergestellt, dass die Allgemeinverfügung 34/2007 materiell nicht bestandskräftig wird und dass Einwendungen gegen diese Verfügung bei einer abschließenden Zuteilungsentscheidung überprüft werden können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Bei der Streitwertfestsetzung berücksichtigt die Kammer die Tatsache, dass es sich nur um eine Teilentscheidung eines gestuften Verfahren handelt (§ 52 Abs. 1 und § 53 Abs. 3 GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 137 Abs. 3 TKG).
VG Köln:
Beschluss v. 29.11.2007
Az: 11 L 1214/07
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