Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 24. Februar 2011
Aktenzeichen: 2 Wx 43/11
(OLG Köln: Beschluss v. 24.02.2011, Az.: 2 Wx 43/11)
1) Zum Verfahrensablauf im Fall der Erinnerung nach § 14 Abs. 2 KostO.
2) Über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer solchen Erinnerung (§ 14 Abs. 8 Satz 2 KostO) hat der Richter - bzw., soweit es um die Kosten eines dem Rechtspfleger übertragenen Geschäfts geht, diese - nicht aber der Registraturbeamte des Gerichts zu befinden.
Tenor
Der Nichtabhilfe- und Vorlagebeschluß des Einzelrichters der 27. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 17. Februar 2011 - 227 O 300/10 - wird aufgehoben. Die Sache wird zur Entscheidung über die Erinnerung der Antragstellerin vom 11. Februar 2011 gegen den Kostenansatz der Kostenrechnung vom 27./28. Januar 2011 in eigener Zuständigkeit an das Landgericht Köln zurückgegeben.
Gründe
1. Mit Antragsschrift ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 3. November
2010 hat die Antragstellerin bei dem Landgericht Köln gemäß § 101 Abs. 9 UrhG beantragt, der dann an jenem Ausgangsverfahren beteiligten Fa. O. Gesellschaft für Telekommunikation mbH zu gestatten, ihr, der Antragstellerin, Auskunft über Namen und Anschrift derjenigen Anschlußinhaber zu erteilen, denen die in einer Anlage zu dieser Antragsschrift zu den darin genannten Zeiten die dort bezeichneten IP-Adressen zugewiesen waren. Mit demselben Schriftsatz hat die Antragstellerin ferner beantragt, der Fa. O. durch einstweilige Anordnung bis zum Abschluß des Verfahrens zu untersagen, jene IP-Adressen sowie diejenigen Daten zu löschen, aus denen sich ergibt, welchem Kunden mit welcher Anschrift die jeweilige IP-Adresse im maßgeblichen Zeitraum zugeordnet war. Dabei hat sich die Antragstellerin auf ein jeweils ihr zustehendes Urheberrecht an drei von ihr unter Angabe des jeweiligen Titels jeweils als Filmwerk bezeichneten Produkten berufen.
Durch Beschluß vom 4. November 2010 hat die Zivilkammer des Landgerichts die erstrebte einstweilige Anordnung erlassen. Durch weiteren Beschluß vom 17. November 2010 hat sie der Fa. O. die Erteilung der erstrebten Auskünfte gestattet. Mit Kostenrechnung vom 27. Januar 2011, welche der Antragstellerin von der Gerichtskasse Köln unter abweichendem Datum als Kostenrechnung vom 28. Januar 2011 übermittelt worden ist, hat die Kostenbeamtin des Landgerichts Kosten für die "Entscheidung über Antrag nach § 101 IX UrheberrechtsG (ab 01.09.2009)", gestützt auf § 128 e Abs. 1 Nr. 4 KostO Kosten in Höhe von EUR 600,-- zu Lasten der Antragstellerin angesetzt. Gegen diesen Ansatz richtet sich die mit Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin vom 11. Februar 2011 eingelegte Erinnerung, mit der geltend gemacht wird, der angefochtene Ansatz sei nicht nachvollziehbar; die Festgebühr nach § 128 e Abs. 1 KostO betrage EUR 200,-- und nicht EUR 600,--.
Durch Beschluß vom 17. Februar 2011 hat der Einzelrichter des Landgerichts der Erinnerung vom 11. Februar 2011 "gegen den Beschluss der 27. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 28.01.2011" (sic !) nicht abgeholfen und die Sache "dem Beschwerdegericht Oberlandesgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt".
2. Die Vorlage ist unzulässig. Der Einzelrichter des Landgerichts hat bei
seiner Entscheidung den gesetzlich bestimmten Gang des Rechtsbehelfsverfahrens verkannt. Über den Rechtsbehelf vom 11. Februar 2011 hat das Landgericht in eigener Zuständigkeit zu befinden. Die Sache muß deshalb unter Aufhebung des Beschlusses vom 11. Februar 2011 an das Landgericht zurückgegeben werden. Diese Entscheidung trifft nach § 14 Abs. 7 Satz 1, 2. Halbsatz KostO hier der Einzelrichter des Oberlandesgerichts, weil auch in der Vorinstanz im Verfahren der Kostenerinnerung ein Einzelrichter tätig geworden ist.
Entgegen der Darstellung im Beschluß des Einzelrichters des Landgerichts vom 17. Februar 2011 ist in der vorliegenden Sache kein "Beschluß der … Zivilkammer … vom 28. Januar 2011" ergangen. Vielmehr hat - wie oben unter Ziff. 1 angegeben ist - die Kostenbeamtin unter dem 27. Januar 2011 eine Kostenrechnung erstellt, welche der Antragstellerin dann von der Gerichtskasse Köln als (angebliche) Kostenrechnung vom 28. Januar 2011 übermittelt worden ist. Gegen den Kostenansatz dieser Kostenrechnung richtet sich die Erinnerung vom 11. Februar 2011. Über diese Erinnerung hat - was der Einzelrichter des Landgerichts bei Erlaß seines Beschlusses vom 17. Februar 2011 verkannt hat - nach § 14 Abs. 2 Satz 1 KostO "das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind", hier also das Landgericht, zu entscheiden. Eine Vorlage der Sache an das Oberlandesgericht kommt im derzeitigen Stadium des (Kosten-) Verfahrens deshalb nicht in Betracht. Das Oberlandesgericht könnte mit ihr erst befaßt werden, wenn der Richter des Landgerichts über die Erinnerung entschieden hat und diese Entscheidung des Richters dann mit einer Beschwerde angefochten worden ist.
3. Der Senat sieht es als sachdienlich an, für das weitere Verfahren des
Landgerichts - und für künftige Fälle - auf Folgendes hinzuweisen:
a) Im - hier gegebenen - Fall einer Erinnerung gegen einen Kostenansatz
hat zunächst der Kostenbeamte zu prüfen, ob er der Erinnerung abhelfen will, § 35 Abs. 2 KostVfg. Dies ist bisher - soweit aus den Akten ersichtlich - noch nicht geschehen. Will der Kostenbeamte einer Erinnerung des Kostenschuldners nicht oder nicht in vollem Umfang abhelfen, so hat er sie mit den Akten dem Prüfungsbeamten vorzulegen, § 35 Abs. 2 Satz 2 KostVfg. Auch dies ist bisher versäumt worden. Kostenprüfungsbeamter ist nach § 42 Nr. 1 KostVfg. der Bezirksrevisor. Er ist deshalb - in seiner Eigenschaft als Vertreter der Landeskasse - vor der Entscheidung des Richters des Landgerichts über die Erinnerung an dem Verfahren der Kostenerinnerung zu beteiligen. Vorsorglich wird weiter darauf hingewiesen, daß seine etwaige Stellungnahme der Antragstellerin vor der Entscheidung über die Erinnerung zur Kenntnis zu bringen sein wird, Art. 103 Abs. 1 GG.
b) Weder der angefochtenen Kostenentscheidung noch dem Beschluß des
Landgerichts vom 17. Februar 2011 kann mit der gebotenen Bestimmtheit entnommen werden, ob die in der Rechnung vom 27./ 28. Januar 2011 angeführte Gebühr für das Hauptsacheverfahren, für das Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung oder für beide Verfahren in Ansatz gebracht worden ist. Die im Kostenansatz der Geschäftsstelle des Landgerichts verwendete Formulierung "Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer Anordnung nach § 101 IX UrheberrechtsG …" ist nicht eindeutig, weil es sich auch bei der einstweiligen Anordnung um eine solche Anordnung im Verfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG handelt (vgl. Senat, Beschluß vom 19. Oktober 2010 - 2 Wx 157/10 -, juris, Rdn. 7; auszugsweise veröffentlicht auch in FGPrax 2011, 37 f.). Zwar hat der Senat in einem Beschluß vom 1. April 2009 (Senat, FGPrax 2009, 134 [135]) für das bis zum 31. August 2009 geltende Recht ausgesprochen, daß im Verfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG Gerichtsgebühren für den Erlaß einer einstweiligen Anordnung nicht zu erheben sind. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit am 1. September 2009 (Art. 112 Abs. 1 FGG-RG) hat sich indes auch das Verfahren der einstweiligen Anordnung in den Angelegenheiten nach § 101 Abs. 9 UrhG grundlegend gewandelt. Wie der Senat in seinem Beschluß vom 19. Oktober 2010 - 2 Wx 157/10 - (a.a.O.) und auch schon in einem, im Beschluß des Landgerichts vom 17. Februar 2011 erwähnten Beschluß vom 11. Oktober 2010 - 2 Wx 146/10 - (juris) ausgesprochen und näher erläutert hat, können seither auch beim Erlaß einer einstweiligen Anordnung im Verfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG Gebühren nach der Kostenordnung anfallen (vgl. Keidel/Giers, FamFG, 16. Aufl. 2009, § 51, Rdn. 26). Dies macht es erforderlich, beim Kostenansatz, jedenfalls aber vor der Entscheidung über einen gegen diesen Ansatz gerichteten Rechtsbehelf klarzustellen, für welches Verfahren die Kosten in Ansatz gebracht sind (vgl. auch Senat, Beschluß vom 24. Januar 2011 - 2 Wx 18/11 -). Aus der Angabe des Aktenzeichens des Landgerichts in der Kostenrechnung folgt diese Klarstellung nicht, nachdem in den Angelegenheiten nach § 101 Abs. 9 UrhG das Verfahren betreffend den Erlaß einer einstweiligen Anordnung und das Verfahren zur Hauptsache - ungeachtet ihrer rechtlichen Selbständigkeit (vgl. dazu Senat, jeweils a.a.O.; Bahrenfuss/Socha, FamFG, 2009, § 49, Rdn. 5 und § 51, Rdn. 21; Keidel/Giers, a.a.O., § 49, Rdn. 4 und 5) - bei dem Landgericht Köln jeweils unter demselben Aktenzeichen bearbeitet werden.
c) Daß der Einzelrichter des Landgerichts in seinem Beschluß vom 17.
Februar 2011 mehr als einmal von § 128 c KostO spricht, gibt zudem Anlaß zu dem Hinweis, daß § 128 c KostO - in der seit dem 1. September 2009 geltenden Fassung des Gesetzes - bestimmt, welche Gebühren in Freiheitsentziehungssachen nach § 415 FamFG erhoben werden. Darum geht es hier nicht. Welche Gebühr für die Entscheidung über den Antrag auf Erlaß einer Anordnung über die Verwendung von Verkehrsdaten, und damit insbesondere auch für die Entscheidung über den Antrag auf Erlaß einer Anordnung nach § 101 Abs. 9 UrhG erhoben wird, richtet sich seit dem 1. September 2009 nach § 128 e Abs. 1 KostO. Diese Bestimmung ist in der angefochtenen Kostenrechnung, nicht aber im Beschluß des Landgerichts vom 17. Februar 2011 angeführt.
d) Fehlerhaft ist auch das Verfahren der Geschäftsstelle des Landgerichts
nach Eingang der Erinnerung vom 11. Februar 2011, soweit sie - mit einem von einer Beamtin des mittleren Dienstes erlassenen - Schreiben vom 14. Februar 2011 die Gerichtskasse gebeten hat, "die Einziehung der Gerichtskosten vorerst auszusetzen, da eine Erinnerung gegen die Gerichtskostenrechnung vorliegt". Nach § 14 Abs. 8 Satz 1 KostO hat die Erinnerung gegen den Kostenansatz keine aufschiebende Wirkung. Allein der Umstand, daß eine solche Erinnerung eingelegt ist, gibt daher noch keinen Anlaß zu einer Mitteilung an die Gerichtskasse, die Einziehung der Kosten sei "vorerst auszusetzen". Zwar kann das Gericht nach § 14 Abs. 8 Satz 2 KostO die aufschiebende Wirkung einer Erinnerung von Amts wegen oder auf Antrag anordnen. Der Erlaß einer solchen Anordnung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts und kommt nur unter engen Voraussetzungen in Betracht (vgl. dazu Senat, Beschluß vom 2. Dezember 2010 - 2 Wx 194/10 -, juris). Hierfür zuständig ist "das Gericht" (vgl. auch § 14 Abs. 2 Satz 1 KostO), also - soweit es nicht um die Kosten eines dem Rechtspfleger übertragenen Geschäfts geht - der Richter. Der Registraturbeamtin, von der das Schreiben vom 14. Februar 2011 stammt, steht die Kompetenz zum Erlaß einer einstweiligen Anordnung dagegen nicht zu.
OLG Köln:
Beschluss v. 24.02.2011
Az: 2 Wx 43/11
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