Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Juli 2001
Aktenzeichen: 26 W (pat) 57/99
(BPatG: Beschluss v. 09.07.2001, Az.: 26 W (pat) 57/99)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 34 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. November 1998 aufgehoben.
Gründe
I.
Die Markenstelle für Klasse 34 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die für die Waren
"Tabak, Tabakerzeugnisse, insbesondere Cigaretten; Raucherartikel soweit in Klasse 34 enthalten; Streichhölzer"
angemeldete Wortmarkerotwegen des Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, bei dem zur Eintragung als Marke angemeldeten Wort handele es sich um eine allgemein bekannte Farbangabe, die zum einen als Hinweis auf die Gestaltung von Warenverpackungen in Betracht komme und zum anderen unmittelbar die Beschaffenheit der beanspruchten Waren beschreibe. Die Farbe "rot" spiele bei Zigarettenpackungen und Tabaksdosen eine wichtige Rolle. Auch Tabak selbst könne eine rötliche Färbung aufweisen. Es liege für den Verkehr deshalb nahe, in dem Markenwort nur eine beschreibende Angabe zu sehen. Soweit sich die Anmelderin auf Voreintragungen von Farbbezeichnungen als Marke berufe, sei keine Vergleichbarkeit gegeben, weil sich die eingetragenen Marken von der hier beanspruchten dadurch unterschieden, daß sie neben der Farbbezeichnung noch weitere Bestandteile enthielten.
Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie ist der Auffassung, der Verkehr werde die angemeldete Farbbezeichnung bei markenmäßiger Verwendung als solche und nicht nur als Angabe über die Farbe der Ware oder der Verpackung verstehen. Es sei auf dem Gebiet der Tabakerzeugnisse und Raucherartikel nicht üblich, auf die farbliche Gestaltung der Ware oder ihrer Verpackung besonders hinzuweisen, da es sich um Massenartikel handele. Ein Hinweis auf die Verpackungsfarbe sei auch überflüssig, weil diese für den Verkehr keine wesentliche Eigenschaft der Ware sei. Die Farbe der Verpackung sei für den Käufer zudem offensichtlich. Soweit die Markenstelle sich zur Stützung ihrer Rechtsauffassung bezüglich Tabaken darauf bezogen habe, daß es unter diesen auch farbige gebe, habe sie unberücksichtigt gelassen, daß keine Farbmarke, sondern eine Wortmarke angemeldet sei. Die Zurückweisung einer Marke könnten nur solche Umstände begründen, die sich auf die Marke in ihrer konkret angemeldeten Form bezögen. Ein Indiz für die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke sei auch die Voreintragung der Bezeichnung "RED" für Waren, die den hier beanspruchten weitgehend entsprächen.
Die Anmelderin hat das Warenverzeichnis der Anmeldung beschränkt auf
"Zigaretten; Raucherartikel soweit in Klasse 34 enthalten; Streichhölzer"
und beantragt, den Beschluß der Markenstelle 34 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. November 1998 aufzuheben.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Eintragung der angemeldeten Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister stehen die Schutzhindernisse des § 8 MarkenG nicht entgegen.
Bei der angemeldeten Marke handelt es sich nicht um eine Angabe, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der Waren dienen kann (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Nach der genannten Bestimmung sind zwar auch solche Angaben vom Markenschutz ausgeschlossen, die noch nicht als beschreibende Angabe verwendet werden, sofern sie gegenwärtig für eine solche Verwendung geeignet erscheinen (EuGH GRUR 1999, 723, 726 - Chiemsee). Die Zurückweisung einer angemeldeten Wortmarke gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG setzt jedoch voraus, daß es sich bei dieser um eine konkret warenbezogene beschreibende Sachaussage handelt, die auf eine bestimmte für den Verkehr bedeutsame Eigenschaft der Ware selbst Bezug nimmt (BGH GRUR 1998, 465, 467 - BONUS). Voraussetzung für eine Schutzverweigerung ist ferner, daß der beschreibende Inhalt der als Wortmarke beanspruchten Bezeichnung eindeutig ist (BGH MarkenR 1999, 400 f. - FÜNFER).
Unter Zugrundelegung dieser rechtlichen Grundsätze kann nicht davon ausgegangen werden, daß die angemeldete Marke für die nach der Einschränkung des Warenverzeichnisses noch beanspruchten Waren zur Bezeichnung von deren Eigenschaften iSd. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dienen kann.
Die von der Markenstelle für die Zurückweisung der angemeldeten Marke u.a. angeführte Begründung, die Farbe "rot" spiele bei Zigarettenverpackungen eine bedeutende Rolle, vermag die getroffene Entscheidung schon deshalb nicht zu tragen, weil nach der o.a. Bestimmung des Markengesetzes nur solche Wörter von der Eintragung ausgeschlossen sind, die zur Bezeichnung von Eigenschaften der Ware selbst dienen können.
Die für Tabakerzeugnisse vom Senat ermittelten Bezeichnungen "Red Burley", "redflowering tobacco" und "red leaf" sind Gesamtbegriffe, die nur in den jeweiligen Wortverbindungen ihren besonderen Begriffsinhalt aufweisen und deshalb nicht geeignet sind, ein Freihaltungsbedürfnis an der deutschen Farbangabe "rot" in Alleinstellung zu begründen. Die von der Markenstelle zur Stützung der Zurückweisung zitierte Bezeichnung "red tobaccos" ist in der neueren Fachliteratur (Voges/Wöber, Tobacco Encyclopedia S. 262) nicht mehr aufgeführt und kann deshalb heute nicht mehr als Fachbegriff für Tabake gelten.
Zigaretten sind durchweg nicht von roter Farbe, sondern bestehen allgemein aus bräunlichen Tabaken, die von einem weißen Zigarettenpapier umhüllt sind. Auch die Zigarettenfilter sind regelmäßig nicht rot. Für die Annahme, daß Zigaretten oder einzelne ihrer Bestandteile künftig auch eine rote Farbe aufweisen könnten, fehlt es an hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten.
Der Farbbezeichnung "rot" in Alleinstellung fehlt es auch an der für eine Eignung als warenbeschreibende Angabe erforderlichen Konkretheit und Eindeutigkeit, weil der Verkehr ihr ohne die Hinzufügung von klarstellenden Substantiven wie z.B. "roter Tabak", "rotes Zigarettenpapier" nicht entnehmen kann, was an der Ware "Zigaretten" rot sein soll.
Das Gleiche gilt sinngemäß für die weiteren beanspruchten Waren "Raucherartikel soweit in Klasse 34 enthalten; Streichhölzer", bei denen die Eignung der Bezeichnung "rot" als hinreichend konkrete warenbeschreibende Sachangabe dadurch ausgeschlossen ist, daß sie für den Verkehr ohne Beifügung klarstellender zusätzlicher Angaben nicht eindeutig erkennen läßt, ob der Kopf oder das Holz der Streichhölzer rot ist bzw welche Bestandteile der angebotenen Raucherartikel eine rote Färbung aufweisen. Für Streichhölzer gilt zudem, daß deren Farbe regelmäßig keine für den Kaufentschluß wesentliche Eigenschaft der Ware darstellt.
Der angemeldeten Bezeichnung fehlt auch nicht jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hierbei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d.h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. die Begründung zum Entwurf des Markenrechtsreformgesetzes, BlPMZ 1994 Sonderheft S. 64). Kann einer Wortmarke kein für die in Frage stehenden Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer beschreibenden Verwendung in der Werbung (BGH WRP 1998, 495, 496 - Today) - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß einem als Marke verwendeten Wortzeichen jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH MarkenR 1999, 195, 197 - PREMIERE II).
Die angemeldete Wortmarke "rot" weist, wie zu § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorstehend dargelegt wurde, in Bezug auf die von der Anmelderin nach Einschränkung des Warenverzeichnisses noch beanspruchten Waren in Alleinstellung, dh ohne den Zusatz weiterer klarstellender Begriffe, keinen konkret beschreibenden Begriffsinhalt auf. Darüber hinaus fehlen auch sonstige tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme, daß das Wort "rot" bei einer markenmäßigen Verwendung nicht als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden werden könnte. Eine Verwendung in der Werbung oder durch Mitbewerber der Anmelderin hat für die beanspruchten Waren weder die Markenstelle festgestellt noch der Senat ermitteln können. In Ermangelung konkreter Tatsachen, die den Verkehr daran gewöhnt haben könnten, die in Alleinstellung nicht eindeutig warenbeschreibende Bezeichnung "rot" auch bei einer Verwendung nach Art einer Marke nur noch als bloße Sachangabe oder Warenanpreisung ohne Betriebs- bzw. Produktidentifizierungscharakter zu verstehen, kommt eine Zurückweisung der angemeldeten Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft auf der Grundlage der vom BGH (aaO) aufgestellten Rechtsgrundsätze nicht in Betracht.
Umstände, die eine Zurückweisung der angemeldeten Marke wegen weiterer Schutzhindernisse iSd § 8 MarkenG rechtfertigen könnten, liegen ersichtlich nicht vor.
Schülke Kraft Rekerprö
BPatG:
Beschluss v. 09.07.2001
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