Bundespatentgericht:
Urteil vom 30. März 2004
Aktenzeichen: 1 Ni 28/02
(BPatG: Urteil v. 30.03.2004, Az.: 1 Ni 28/02)
Tenor
I. Das europäische Patent 0 334 266 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
III.Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 20. März 1989 unter Inanspruchnahme der Priorität vom 24. März 1988 der italienischen Voranmeldung IT 1993488 angemeldeten und am 30. September 1992 veröffentlichten, in englischer Sprache abgefassten europäischen Patents 0 334 266 (Streitpatent), das eine "Vorrichtung zum Verschließen von Behältern mittels einer versiegelbaren Folie" ("Apparatus for closing containers with a sealing lamina") betrifft. Das Streitpatent wird in Deutschland unter der Nummer 689 03 016 geführt.
Im europäischen Einspruchsverfahren ist das Streitpatent beschränkt aufrechterhalten worden. Das beschränkte Patent ist vom Europäischen Patentamt als B2-Schrift in korrigierter Form am 8. Januar 1997 veröffentlicht worden (Streitpatentschrift, Anlage K1). Es umfasst 16 Patentansprüche, die sämtlich mit der Nichtigkeitsklage angegriffen werden.
Patentanspruch 1 lautet in der geltenden englischsprachigen Fassung sowie in der Übersetzung ins Deutsche gemäß der Streitpatentschrift:
An automatic apparatus for closing containers (c) with a sealing lamina (50), the containers (c) being fed to the apparatus by a feeding conveyor (7), the apparatus comprising a framework (2) supporting a sealing unit (4, 5) including a heatwelding head (6) arranged above a resting table (4), a second conveyor belt (5) leading away from an outlet side of said sealing unit (4, 6) a pusher (8) defining a grip portion (9) which is engageable with a plurality of containers (c) to be transferred towards and away from said sealing unit (4, 6), first actuation means (18-20, 22, 25) acting on said pusher (8) to engage it with said plurality of containers (c) and disengage it therefrom and second actuation means (28-33) to move said pusher (8) longitudinally along its axis of rotation, arranged between said feeding conveyor belt (3) leading from said feeding conveyor belt (7) towards an inlet side of said sealing unit (4, 6), said sealing unit (4, 6) has an longitudinal size for sealing at least one container at a time, characterized in that -said first conveyor belt (3) is of the intermittent type and is operatively connected to said sealing unit (4, 6) to allow a number of containers to wait ahead of the sealing unit (4, 6) for the time required to transfer them onto said resting table (4) thereof,
-said pusher (8) moves from a first position in which said grip portion (9) is arranged to flank a leading portion of said first conveyor belt (3) and said resting table (4) to a second position in which said grip portion (9) is arranged to flank a trailing portion of said second conveyor bet (5) and said resting table (4),
-said grip portion (9) overlapping the conveyor belts (3) and (5) at the leading/trailing portion respectively for a lenght corresponding to the lenght of at least one container to be processed, -said second conveyor belt (5) being operatively connected to said sealing unit (4, 6).
Automatische Vorrichtung zum Verschließen von der Vorrichtung durch einen Zufuhrförderer (7) zugeführten Behältern (c), mit einem Gestell (2), einer von diesem getragenen, einen oberhalb eines Auflagetisches
(4) angeordneten Thermo-Schweißkopf (6) aufweisenden Verschließeinrichtung (4, 5), einem zweiten, von einer Auslaufseite der Verschließeinrichtung (4, 6) wegführenden Förderband (5), einem einen Griffabschnitt (9) bildenden Schieber (8) zum Erfassen mehrerer der Verschließeinrichtung (4, 6) zuzuführender und von ihr abzuführender Behälter (c), einem ersten Antrieb (18-20, 22, 25) zur Betätigung des Schiebers (8), so daß dieser die mehreren Behälter (c) erfassen bzw. sie wieder freigeben kann, mit einem Zweiten Antrieb (28-33) zur Längsverschiebung des Schiebers (8) entlang seiner Rotationsachse, und mit einem ersten, zwischen dem Zufuhrförderer (7) und der Verschließeinrichtung (4, 6) angeordneten Förderband (3), das vom Zufuhrförderer (7) zur Einlaufseite der Verschließeinrichtung (4, 6) führt, die Verschließeinrichtung (4, 6) ist von länglicher Form, um gleichzeitig zumindest einen Behälter zu verschließen; gekennzeichnet durch folgende Merkmale:
-das erste Förderband (3) ist von intermittierender Bauart und arbeitsmäßig mit der Verschließeinrichtung (4, 6) verbunden, um eine Anzahl von Behältern vor der Verschließeinrichtung (4, 6) für eine Zeitspanne warten zu lassen, die zu ihrem Vorschub auf den Auflagetisch (4) benötigt wird;
-der Schieber (8) bewegt sich aus einer ersten Position, in der der Griffabschnitt (9) einen Leitabschnitt des ersten Bandförderers
(3) sowie des Auflagetisches (4) flankiert, in eine zweite Position, in der der Griffabschnitt (9) einen Ablaufabschnitt des zweiten Bandförderers (5) sowie des Auflagetisches (4) flankiert;
-der Griffabschnitt (9) übergreift die Förderbänder (3) und (5) am Leitbzw. Ablaufabschnitt mit einer Länge, die der Länge von zumindest einem zu bearbeitenden Behälter entspricht, wobei der zweite Bandförderer (5) arbeitsmäßig mit der Verschließeinrichtung (4, 5) verbunden ist.
Wegen des Wortlauts der auf Anspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 16 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
Die Klägerin macht zwei offenkundige Vorbenutzungen geltend:
Zur ersten Vorbenutzung trägt sie vor, eine inzwischen nicht mehr existierende Firma A... GmbH u. Co. KG in R... habe vor dem Prioritäts tag des Streitpatents Maschinen des Typs A... 831-2 zum Verschließen von Be hältern mittels einer versiegelbaren Folie hergestellt und mehrfach ausgeliefert.
Die Klägerin legt verschiedene Unterlagen dazu vor, insbesondere eine Anlage K7 mit Fotografien einer von ihr erworbenen Maschine A... 831-2, und bietet Beweis durch Zeugen an, dass Maschinen des genannten Typs von der Firma A...
... GmbH u. Co. KG vor dem 24. März 1988 gefertigt und ausgeliefert worden seien.
Die Klägerin ist der Auffassung, der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents sei gegenüber der offenkundig vorbenutzten Maschine A... 831-2 nicht neu, zumindest beruhe er dieser gegenüber nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
Eine Vorläufermaschine der Maschine A... 831-2 sei außerdem in der Druck schrift DE 26 35 252 A1 (Anlage K6)
gezeigt.
Zur zweiten geltend gemachten Vorbenutzung trägt die Klägerin vor, dass die Patentinhaberin eine Maschine mit den Merkmalen des Streitpatents vor dem Prioritätsdatum auf der Messe Interpack 1987 in Düsseldorf ausgestellt und eine solche Maschine am Anfang des Jahres 1988 an eine Firma D... in A... geliefert habe. Auch hierzu bietet die Klägerin Beweis durch Zeugen an. Sie hält den Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents gegenüber dieser offenkundigen Vorbenutzung nicht für neu.
Die Klägerin ist der Meinung, die Merkmale der angegriffenen Unteransprüche 2 bis 16 seien durch den Stand der Technik vorweggenommen oder einfacher handwerklicher Art.
Die Klägerin beantragt, das europäische Patent 0 334 266 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält die Klage für unzulässig. Sie verweist auf einen gerichtlichen Vergleich, der in dem früheren, gegen dasselbe Patent gerichteten Nichtigkeitsverfahren 1 Ni 22/98 EU am 16. September 1999 vor dem Bundespatentgericht zustande gekommen war, und in dem sich die damalige Klägerin, die J... GmbH, verpflichtet hatte, die seinerzeitige Nichtigkeitsklage zurückzunehmen und keine neue Nichtigkeitsklage zu erheben. Diese Nichtangriffsabrede müsse sich auch die jetzige Klägerin entgegenhalten lassen. Bei ihr handele es sich um eine Firma, die von den Unternehmensverantwortlichen der J... GmbH am 4. November 2001 unter identischer Adresse und mit identischem Unternehmensgegenstand neu gegründet worden sei. Der Geschäftsführer der jetzigen Klägerin sei Prokurist der früheren Klägerin und zudem Bruder von deren Geschäftsführer. Für den Käufer eines Schalensiegelautomaten Typ S... sei es ohne Belang, mit welchem der Unternehmen ein Kaufvertrag geschlossen werde. Die verkauften Maschinen seien identisch und würden aus derselben, dem Käufer bekannten Produktionsstätte geliefert. Die angesprochenen Verkehrskreise gingen davon aus, dass es sich bei beiden Unternehmen um dieselbe Firma handele. Als Beleg hierfür zitiert die Gläubigerin die "Kulmbacher Notizen" (Heft März 2001), wo es heiße: "....J... GmbH, in der Branche als S... ein Begriff,....". Auch werde auf der Internetsite "www.onlineverpackung.com", wo auf die Schuldnerin hingewiesen werde, dieser Hinweis mit einem Link auf die Website der S... GmbH versehen. Unter "www.S... de" werde die Geschichte des erst im November 2001 gegründeten Unternehmens seit Ende der achtziger Jahre beschrieben. Der seit Anfang der neunziger Jahre etablierte Produktname S... sei zum Firmenschlagwort der neu gegründeten Gesellschaft gemacht worden. Die Markenrechte an dem von der Klägerin verwendeten Firmenschlagwort würden über eine zwischengeschaltete niederländische Firma, der S... B.V., von deren alleinigem Inhaber S... gehalten. Die Unternehmensverantwortlichen hätten mit der Firmengründung S... GmbH ausschließlich das Ziel verfolgt, den am 16. September 1999 geschlossenen Prozessvergleich in sittenwidriger Art und Weise zu umgehen.
In der Sache ist die Beklagte der Auffassung, der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 des Streitpatents sei nicht gegeben. Die Vorbenutzung der Maschine A... 831-2 an sich bestreitet sie nicht, es habe allerdings keine Offenkundigkeit vorgelegen. Es seien außerdem wesentliche Merkmale des Anspruchs 1 -das intermittierende Förderband, der Zufuhrförderer und der arbeitsmäßig mit der Verschließeinrichtung verbundene Bandförderer -bei dem Gegenstand der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung nicht verwirklicht gewesen. Die Maschine A... 831-2 habe insgesamt anders gearbeitet als die beanspruchte Vorrichtung nach Anspruch 1 des Streitpatents.
Die Klägerin stellt die von der Beklagten behaupteten Verbindungen zwischen ihr und der früheren Nichtigkeitsklägerin, der J... GmbH, und die daraus folgende Unzulässigkeit der Klage in Abrede. Die J... GmbH, die keinen Einfluss auf den Geschäftsgegenstand der Klägerin (und umgekehrt) habe, produziere und vertreibe nach ihrer Kenntnis jedenfalls seit Mai 2001 keine Verpackungsmaschinen mehr. Es treffe daher nicht zu, dass beide Unternehmen identische, aus derselben Produktionsstätte stammende Maschinen des Typs "S..." verkauften. Beide Unternehmen seien nur aus ökonomischen Gründen auf demselben Gelände, einem ehemaligen Bundeswehrareal, das große Vorteile hinsichtlich der Mietkosten und der Verkehrsanbindung biete, untergebracht. Die beiderseitigen Produktionsstätten befänden sich jedoch in getrennten Räumlichkeiten.
S1... habe sich als Geschäftsführer der klägerischen Firma selbständig gemacht, weil er als Prokurist der J... GmbH keine wirtschaftliche Perspektive mehr gesehen habe und es auch zu Spannungen zwischen ihm und seinem Bruder S... gekommen sei. Am 18. Mai 2001 seien der Angestelltenvertrag und die Prokura aufgehoben worden; das Erlöschen der Prokura sei wohl versehentlich erst am 21. Januar 2003 dem Handelsregister mitgeteilt worden.
Die Klägerin habe von der J... GmbH weder CAD-Zeichnungen noch Werkzeugmaschinen oder Handwerkszeug übernommen. Den Mitarbeitern der J... GmbH, die dort mit der Herstellung der S...-Maschinen befassten gewesen seien, sei nach Aufgabe der Produktion seitens dieser Firma gekündigt worden. Mit einem Teil dieser Mitarbeiter habe die Klägerin neue Arbeitsverträge abgeschlossen. Von der Nichtangriffsabrede, die die J... GmbH in dem gerichtlichen Vergleich eingegangen war, habe S1... beim Ausscheiden aus dem Unternehmen seines Bruders nichts gewusst. Er habe sich gewundert, dass dieser die Produktion der S...-Maschinen nicht weiterbetreibe.
Auf die Notiz in den "Kulmbacher Nachrichten" habe die Klägerin keinen Einfluss gehabt, weil sie bei Erscheinen dieser Notiz noch gar nicht gegründet worden sei. Auch die Zusammenstellung auf der Internetsite "www.onlineverpackung.de", die von einem selbständigen Unternehmen auf Grund eigener Recherchen ins Netz gestellt werde, könne der Klägerin nicht zugerechnet werden. Sie selbst habe erst aus der Widerspruchsbegründung von dieser Internetdarstellung erfahren. Im übrigen handele es sich bei der im Internet dargestellten Firmengeschichte um die der Fa. S.... B.V., Niederlande, die nach ihrer Kenntnis den ent sprechenden Internetauftritt mittlerweile untersagt habe.
Die Klägerin bestreitet nicht, dass die Rechte an der international registrierten Wortmarke "S...", d.h. auch die Rechte am deutschen Teil dieser Marke, von S... B.V. (mit Herrn S... als Alleingesellschafter) gehalten werden. Dennoch bestünden keine wirtschaftlichen oder rechtlichen Verbindungen, nach denen das niederländische Unternehmen Einfluss auf das Unternehmen der Klägerin nehmen könne. Im übrigen werde die Bezeichnung S... durch die J... GmbH nicht mehr genutzt.
Weiter macht die Klägerin geltend, dass durch den Bestand des Schutzrechts ihre eigene wirtschaftliche Betätigung betroffen sei. Die Beklagte habe gegen sie eine einstweilige Verfügung gegen die Ausstellung einer Maschine des Typs S... 800 auf einer Messe erwirkt und außerdem eine Verletzungsklage gegen sie erhoben. Vom Ausgang des Verletzungsstreits hänge die Existenz von 50 Arbeitsplätzen in ihrem Betrieb ab.
Der Senat hat zu der von der Klägerin geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung betreffend die Maschine A... 831-2 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen K..., P... und K1.... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 30. März 2004 Bezug genommen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.
Gründe
I. Die Klage ist zulässig. Die Nichtangriffsverpflichtung, die die J... GmbH in dem Vergleich vom 16. September 1999 eingegangen ist, steht ihr nicht entgegen.
Zur Erhebung der Klage auf Nichtigerklärung eines Patents ist - außer im Fall der widerrechtlichen Entnahme (§ 81 Abs. 3 PatG) -grundsätzlich jedermann befugt. Ausnahmsweise ist die Klage unzulässig, wenn sich der Kläger vertraglich verpflichtet hat, das Patent nicht anzugreifen. Eine solche Nichtangriffsabrede ist zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits nicht getroffen worden.
Die Nichtangriffspflicht der J... GmbH müsste sich die Klägerin entgegenhalten lassen, wenn sie als deren "Strohmann" anzusehen wäre, d.h. wenn sie in deren Auftrag und Interesse handeln würde und kein eigenes Interesse an der Patentvernichtung hätte (vgl. BGH GRUR 1963, 253, 254 - Bürovorsteher; GRUR 1998, 904 - Bürstenstromabnehmer). Ein die Strohmanneigenschaft ausschließendes ins Gewicht fallendes Eigeninteresse des Nichtigkeitsklägers liegt jedoch vor, wenn dieser Erzeugnisse vertreibt, die nach der Behauptung des Patentinhabers patentverletzend sind (BGH GRUR 1987, 900, 903 -Entwässerungsanlage; BGH GRUR 1998, 904, 905 -Bürstenstromabnehmer). Nachdem die Beklagte gegen die Klägerin wegen Verletzung des Klagepatents gerichtlich vorgeht, kann demnach der Klägerin ein eigenes Interesse am Widerruf dieses Patents nicht abgesprochen werden.
Ungeachtet des Eigeninteresses der Klägerin an der Patentvernichtung müsste ihre Klage auch dann als unzulässig angesehen werden, wenn sie und die frühere Klägerin - trotz der vorhandenen rechtlichen Selbständigkeit beider juristischen Personen - bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Einheit darstellen sollten, so wie es in der Rechtsprechung beispielsweise für das Verhältnis einer GmbH zu ihrem Alleingesellschafter angenommen worden ist (vgl. BGH aaO - Entwässerungsanlage; Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., § 81 Rdn. 67). Von wirtschaftlicher Parteiidentität kann im vorliegenden Fall jedoch nicht gesprochen werden, weil die Klägerin und die J... GmbH nicht nur rechtlich, sondern auch wirt schaftlich unterschiedlichen Personen zuzuordnen sind.
Auch in anderen als den genannten Fällen kann eine Nichtigkeitsklage ausnahmsweise unzulässig sein, wenn sich ihre Erhebung etwa unter dem Gesichtspunkt eines arglistigen Verhaltens als Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt (vgl. Benkard/Rogge, PatG, 9. Aufl., § 22 Rdn. 28 ff. mwN). Angesichts des Charakters der Nichtigkeitsklage als einer Popularklage bedarf es dafür aber ganz besonderer Umstände (vgl. BGH GRUR 1958, 177, 178 - Aluminiumflachfolien). Im vorliegenden Fall könnte von arglistigem Verhalten uU dann gesprochen werden, wenn die Verantwortlichen der früheren und der jetzigen Nichtigkeitsklägerin zum Zweck der Umgehung der Nichtangriffsabrede in kollusiver Weise zusammengewirkt und die jetzige Klägerin eigens zu diesem Zweck gegründet hätten. Entsprechende Feststellungen konnten jedoch nicht getroffen werden, wobei verbliebene Zweifel zu Lasten der Beklagten gehen müssen.
Zwar sprechen einige der von der Beklagten unwidersprochen vorgetragenen Umstände für ein zwischen der früheren und der jetzigen Klägerin vorhandenes Einvernehmen. Dazu gehören insbesondere die Benutzung der Marke "S...", die wirtschaftlich S... zuzuordnen ist, durch die jetzige Klägerin, aber auch die Ansiedlung beider Firmen auf demselben Gelände und die mit erheblicher Verspätung im Handelsregister eingetragene Löschung der Prokura von S1... Der Verdacht, dass das S...-Geschäft gezielt auf ein neu gegründetes Unternehmen verlagert wurde, um auf diese Weise die Nichtangriffsabrede aus dem gerichtlichen Vergleich zu umgehen, mag angesichts der gesamten Umstände als nicht sehr fernliegend erscheinen.
Auf der anderen Seite ist nicht auszuschließen, dass für die Entstehung der klägerischen S... GmbH andere Gründe als der genannte Umgehungsgrund zu mindest mit ausschlaggebend waren. Mögliche andere Gründe werden insbesondere im Vortrag der Klägerin zum Ausdruck gebracht, wonach sich ihr Geschäftsführer S1... auch aus persönlichen Gründen mit der Gründung der neuen Firma und der Aufnahme der S...-Produktion habe selbständig machen wollen und die frühere Klägerin an dem Geschäft mit S... kein Interesse mehr gehabt habe. Unter diesen Umständen kann ein kollusives Zusammenwirken nicht sicher festgestellt werden, so dass die neuerliche Nichtigkeitsklage auch nicht als treuwidrig und damit unzulässig angesehen werden darf.
II. Die Klage ist auch begründet.
1. Für die Merkmalsgliederung des geltenden Anspruchs 1 des Streitpatents legt der Senat die deutsche Übersetzung gemäß dem Streitpatent (Anlage K1) zugrunde, jedoch mit folgenden Änderungen:
In der genannten Übersetzung des Anspruchs 1 fehlt im ersten Merkmal nach "Behältern (c)" die Wortfolge "mittels Verschlussfolie (50)" oder "mittels siegelbarer Folie (50)". Der Begriff "grip portion (9)" ist als "Greiferabschnitt (9)" und nicht als "Griffabschnitt (9)" zu übersetzen.
Der so formulierte Anspruch 1 des Streitpatents lässt sich folgendermaßen in Merkmale gliedern:
1 Automatische Vorrichtung zum Verschließen von der Vorrichtung durch einen Zufuhrförderer (7) zugeführten Behältern (c) mittels Verschlußfolie, 2 mit einem Gestell (2), 3 einer von diesem getragenen, einen oberhalb eines Auflagetisches
(4) angeordneten Thermo-Schweißkopf (6) aufweisenden Verschließeinrichtung (4, 6), 4 einem zweiten, von einer Auslaufseite der Verschließeinrichtung (4, 6) wegführenden Förderband (5), 5 einem einen Greiferabschnitt (9) bildenden Schieber (8) zum Erfassen mehrerer der Verschließeinrichtung (4, 6) zuzuführender und von ihr abzuführender Behälter (c), 6 einem ersten Antrieb (18 -20, 22, 26) zur Betätigung des Schiebers (8), so daß dieser die mehreren Behälter (c) erfassen bzw. sie wieder freigeben kann, 7 mit einem zweiten Antrieb (28 -33) zur Längsverschiebung des Schiebers (8) entlang seiner Rotationsachse, 8 und mit einem ersten, zwischen dem Zufuhrförderer (7) und der Verschließeinrichtung (4, 6) angeordneten Förderband (3), das vom Zufuhrförderer (7) zur Einlaufseite der Verschließeinrichtung (4, 6) führt, 11 die Verschließeinrichtung (4, 6) ist von länglicher Form, um gleichzeitig zumindest einen Behälter zu verschließen;
-Oberbegriff 9 das erste Förderband (3) ist von intermittierender Bauart 10 und arbeitsmäßig mit der Verschließeinrichtung (4, 6) verbunden, um eine Anzahl von Behältern vor der Verschließeinrichtung (4, 6) für eine Zeitspanne warten zu lassen, die zu ihrem Vorschub auf den Auflagetisch (4) benötigt wird;
12 der Schieber (8) bewegt sich aus einer ersten Position, in der der Greiferabschnitt (9) einen Leitabschnitt des ersten Bandförderers
(3) sowie des Auflagetisches (4) flankiert, in eine zweite Position, in der der Greiferabschnitt (9) einen Ablaufabschnitt des zweiten Bandförderers (5) sowie des Auflagetisches (4) flankiert;
13 der Greiferabschnitt (9) übergreift die Förderbänder (3) und (5) am Leitbzw. Ablaufabschnitt mit einer Länge, die der Länge von zumindest einem zu bearbeitenden Behälter entspricht, wobei der zweite Bandförderer (5) arbeitsmässig mit der Verschließeinrichtung (4, 6) verbunden ist.
-Kennzeichen 2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist nicht patentfähig.
Die automatische Vorrichtung zum Verschließen von Behältern nach Anspruch 1 mag neu sein. Sie ergab sich jedoch für den Fachmann am Prioritätstag des Streitpatents in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik (Art II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchstabe a iVm Art. 52 Abs. 1, Art. 56 EPÜ).
Als hier zuständiger Fachmann ist ein Dipl.-Ing.(FH) der Fachrichtung Maschinenbau mit Erfahrungen in der Konstruktion und im Betrieb von Vorrichtungen bzw Maschinen zum Verschließen von Behältern mit Siegelfolien anzusehen.
2.1 Den nächstkommenden Stand der Technik bildet die durch offenkundige Vorbenutzung bekannt gewordene Maschine A... 831-2.
Auf Grund der Zeugenvernehmung ist der Senat davon überzeugt, dass die Firma A... GmbH u. Co. KG vor dem Prioritätstag des Streitpatents zu mindest eine Verpackungsmaschine des Typs A... 831-2 hergestellt und aus geliefert hat.
Der Zeuge P... hat Konstruktion und Arbeitsweise der besagten Verpackungsmaschine, an deren Konstruktion er mitgewirkt habe, detailliert beschrieben. Danach habe diese eine Entstapelungsvorrichtung besessen, von der schalenförmige Behältnisse mit Hilfe einer Vakuumpumpe angesaugt und durch einen Rutschvorgang auf ein Förderband gebracht worden seien. Dort seien sie befüllt und mit Hilfe von Mitnehmern zur Siegelvorrichtung transportiert worden. Die an vorderster Stelle eines Förderbands befindliche Schale sei von einem Mitnehmer auf eine feste Platte geschoben worden, wo sie zusammen mit der unmittelbar hinter ihr, noch auf dem ggfs stehenden Förderband befindlichen Schale von Zangen ergriffen und zur Siegelstation gebracht, dort versiegelt und anschließend - nachdem die Zangen wieder aufgegangen seien - zur Trennstation transportiert worden sei. Dort seien die überschüssigen Siegelfolien abgetrennt worden. Danach seien die Schalen weitergeschoben worden, zunächst auf eine Platte, dann auf eine Rollenbahn. Während des Versiegelungsvorgangs sei der Transport der nachfolgenden Schalen im Bedarfsfall bis zur Vollendung der Siegelung gestoppt worden. Die vordersten Schalen hätten dann gewartet, bis die vorhergehenden Schalen die Versiegelungsund Trennstation durchlaufen hätten und von der Zange abtransportiert worden seien. Von der Einstellung der Maschine (z.B. der Siegeltemperatur und dem Folientyp) sei abhängig gewesen, ob ein Stoppvorgang des ersten Förderbands notwendig gewesen sei. Praktisch seien die Schalen fast immer angehalten worden, weil die Versiegelung noch nicht vollendet war.
Der Senat hält diese Aussage für glaubwürdig, ungeachtet dessen, dass die vom Zeugen bekundeten Vorgänge bereits ca. 18 Jahre zurückliegen und der Zeuge eingeräumt hat, die Maschine vier Wochen vor dem Verhandlungstermin bei der Klägerin besichtigt und am Vorabend der Verhandlung mit Mitarbeitern der Klägerin zu Abend gegessen zu haben. Insbesondere der Umstand, dass der Zeuge nach seinem Bekunden im Dezember 1985 als Konstrukteur bei der Firma A... zu arbeiten begonnen und die Mitwirkung an der Fertigstellung der Ma schine zu seinen ersten Aufgaben gehört hat, macht es erklärbar, weshalb ihm die geschilderten Tatsachen so lange im Gedächtnis geblieben sind. Erfahrungsgemäß bleiben Arbeiten, mit denen man zu Beginn einer neuen beruflichen Tätigkeit befasst wird, tiefer und länger im Gedächtnis verhaftet als spätere, mit größerer Routine verrichtete Tätigkeiten im Alltag derselben Arbeitsstelle. Zur Glaubwürdigkeit des Zeugen trägt auch maßgeblich bei, dass er detailgenau berichtet und seinen Vortrag auf Nachfragen widerspruchsfrei ergänzt hat. So hat er etwa zu den Fotos der Anlage K7 bemerkt, dass diese die Maschine im Ganzen so wiedergäben, wie sie damals gebaut worden sei, jedoch mit späteren Änderungen am Unterbau des Entstaplers. Auch die Kontakte zu den Mitarbeitern der Klägerin hat er unumwunden eingeräumt.
Der Zeuge hat ferner ausgesagt, dass die von ihm beschriebene erste Maschine dieser Bauart etwa Ende Februar 1986 fertig gestellt worden und etwa im März 1986 an eine Firma T... in Dänemark ausgeliefert worden sei. Vom Verkauf an die Firma T... habe er damals gehört. Beispielsweise habe der Service der Firma A... zu dieser Firma fahren müssen.
Obwohl der Zeuge P... an der Auslieferung der von ihm mitkonstruierten Ma schine und an Servicearbeiten beim Abnehmer der Maschine selbst nicht beteiligt war, steht für den Senat auf Grund seiner Aussage, dass die Maschine ausgeliefert worden sei und dass Kollegen von ihm den Kunden zu Servicezwecken besucht hätten, fest, dass es tatsächlich zu einer Auslieferung an eine dritte Firma gekommen ist.
Die Aussage des Zeugen K... bleibt in ihrem Beweiswert hinter der des Zeu gen P... zurück. Der Zeuge K... hat angegeben, in den Jahren von 1969 bis 1994, in denen er als Monteur bei der Firma A... tätig war, einmal als Monteur an einer Maschine des Typs A... 831-2 gearbeitet zu haben. Jedoch kann er nur mit den Angaben auf dem Typenschild des Geräts, das sich jetzt im Besitz der Klägerin befindet, das Fertigstellungsdatum dieser Maschine (März 1986) rekonstruieren. Es erscheint auch nicht ganz zweifelsfrei, ob seine Angaben hinsichtlich der konstruktiven Details und Arbeitsweise der Maschine tatsächlich auf seinen persönlichen Erinnerungen aus der Herstellungszeit der Maschine beruhen oder nicht eher doch auf deren zweimaligen Besichtigung bei der Klägerin in den Wochen vor der mündlichen Verhandlung. Immerhin kann gesagt werden, dass diese Angaben in wesentlichen Punkten in Einklang mit denen des Zeugen P... stehen, ihnen jedenfalls nicht widersprechen.
Wesentliche Bestätigung findet die Aussage des Zeugen P... jedoch durch die Einlassungen des Zeugen K1... . Ihm zufolge ist die vollautomatische Verpackungsmaschine vom Typ A... 831-2 Ende der 1970er Jahre in seinem Unternehmen entwickelt worden. Von dem genannten Typ seien bis 1991, als er seine Firma verkauft habe, etwa 20 Geräte gebaut worden. An die spezielle, jetzt bei der Klägerin befindliche und in der Anlage K7 abgebildete Maschine hat sich der Zeuge jedoch nicht erinnern können. Nach seinen Angaben hat das Zuführband im Idealfall kontinuierlich laufen sollen, was dadurch erreicht worden sei, dass alle Teile der Maschine (d.h. Bandgeschwindigkeit, Zugriff der Zangen, Siegelstation und Trennstation) mit Hilfe einer elektronischen Steuerung aufeinander abgestimmt gewesen seien. Bei einer zu langen Siegelzeit seien jedoch das Band und der Entstapler durch die Elektronik angehalten worden, bis die nächsten Schalen hätten zugeliefert werden können, so dass sich in diesem Fall zwangsläufig ein taktweiser Betrieb ergeben habe. Eine Einstellung der Maschine in der Weise, dass sie auch bei langer Siegelzeit kontinuierlich laufe, sei nur in bestimmten Grenzen möglich gewesen.
Der Senat hat keinen Anlass, an den Aussagen des Zeugen zu zweifeln. Er hat sich nach seinen Angaben nicht nur unternehmerisch mit den fraglichen Verpackungsmaschinen befasst, sondern hat als Maschinenbauingenieur auch wesentliche Impulse zur Entwicklung dieser Geräte gegeben, worauf offensichtlich seine gute Erinnerung an deren Konstruktion und Arbeitsweise beruht. Sein Engagement auf diesem Gebiet zeigt sich auch in einer Patentanmeldung aus dem Jahr 1976 (Anlage K6), die den Vorläufertyp 831-1 betrifft. Die Glaubwürdigkeit des Zeugen wird dadurch unterstrichen, dass er bei Fragen, die er aus seiner Erinnerung nicht hat beantworten können (etwa zu dem konkreten, in Anlage K7 abgebildeten Gerät, zu den an den Maschinen angebrachten Typenschildern oder zum Erscheinungsdatum des Prospekts Anlage K4), dies auch unumwunden zum Ausdruck gebracht hat.
Somit steht für den Senat fest, dass von der Firma A... GmbH & Co. KG vor dem Prioritätszeitpunkt des Streitpatents eine Verpackungsmaschine vom Typ A... 831-2 hergestellt worden ist, deren Bauund Arbeitsweise von den Zeugen anhand der Fotografien Anlage K7 konkret beschrieben wurde.
Auch die Auslieferung einer solchen Maschine an eine dritte Firma wird durch die Aussage des Zeugen P... zweifelsfrei belegt. Zumindest in der belieferten Firma bestand somit für einen nicht beschränkten Personenkreis die Möglichkeit, die konstruktiven Details der A... 831-2 wahrzunehmen, wodurch die Offenkun digkeit der Vorbenutzung begründet wird.
2.2 Im einzelnen hat der Senat nach der Vernehmung der Zeugen K..., P... und K1... die Überzeugung gewon nen, dass es sich bei der vor dem Prioritätszeitraum hergestellten und ausgelieferten Verpackungsmaschine A... 831-2 im Sinne des Merkmals 1 und 2 des An spruchs 1 des Streitpatents um eine automatische Vorrichtung zum Verschließen von der Vorrichtung durch einen Zufuhrförderer zugeführten Behältern mittels Verschlussfolie handelt, die ein Gestell aufweist, vgl die Darstellung in Bild 1 der Anlage K7.
Entgegen der Auffassung der Beklagten muss als Zufuhrförderer eine Rutsche am Ausgang der Entstapelungsvorrichtung der Verpackungsmaschine A. 831-2 an gesehen werden, von der die vereinzelten Behälter in einem Rutschvorgang, nämlich über die Rutsche (in Bild 3 der Anlage K7 mit dem Bezugszeichen 7 versehen) dem (ersten) Förderband zugeführt werden. Dass der Zufuhrförderer notwendigerweise ein Förderband sein muss, wie die Beklagte vorträgt, findet in der Streitpatentschrift keine Stütze:
Merkmal 1 des Anspruchs 1 enthält die Angabe, dass der Vorrichtung durch einen Zufuhrförderer (7) Behälter (c) zugeführt werden. Merkmal 8 besagt bezüglich des Zufuhrförderers (7), dass stromabwärts von diesem das Förderband (3) angeordnet ist, das zur Einlaufseite der Verschließeinrichtung (4, 6) führt. In der Beschreibung des Ausführungsbeispiels ist in Sp 2 Z 34 ff der Streitpatentschrift gesagt: "A continuous conveyor belt (not illustrated in figure 1) may be arranged ahead of said first conveyor belt 3; and its end portion 7 adjacent to the conveyor belt 3 has been schematically illustrated in figures 2 to 4" (Unterstreichung hinzugefügt). Weitere Angaben zu dem Zufuhrförderer finden sich in der Streitpatentschrift nicht.
Die Tatsache, dass der Zufuhrförderer in Anspruch 1 nicht näher spezifiziert ist sowie die Angabe "A continuous conveyor belt (not illustrated in figure 1) may be arranged ..." in der Beschreibung lassen erkennen, dass es nach der Lehre des Streitpatents auf die genaue Ausgestaltung des Zufuhrförderers nicht ankommt. Der fachmännische Leser entnimmt der Streitpatentschrift, dass der Zufuhrförderer dazu dient und dafür eingerichtet sein muss, der Vorrichtung bzw dem stromabwärts von dem Zufuhrförderer gelegenen ersten Förderband Behälter zuzuführen. Dabei kann der Zufuhrförderer eine Fördereinrichtung ganz beliebiger Bauart sein. Die mögliche Andeutung eines Förderbandes als Zufuhrförderer in dem Ausführungsbeispiel nach den Fig 2 bis 4 des Streitpatents bedeutet nicht, dass Anspruch 1 allein auf ein Förderband als Zufuhrförderer beschränkt ist.
Eine von dem Gestell getragene, einen oberhalb eines Auflagetisches angeordneten Thermo-Schweißkopf aufweisende Verschließeinrichtung nach Merkmal 3 ist bei der A... 831-2 realisiert, vgl Anlage K7, Bild Nr 4.
Eine von einer Auslaufseite der Verschließeinrichtung wegführende Fördereinrichtung ist in Form einer Rollenbahn ausgeführt, vgl Bilder Nr 1, 4 und 12 bis 14 der Anlage K7, so dass ein Förderband nach Merkmal 4 des Anspruchs nicht verwirklicht ist.
Ein einen Greiferabschnitt bildender Schieber nach Merkmal 5 zum Erfassen mehrerer der Verschließeinrichtung zuzuführender und von ihr abzuführender Behälter ist durch die von den Zeugen beschriebene Zange der A... 831-2 gegeben, vgl die Darstellung in Bildern 7, 8 der Anlage K7. Diese Zange erfasst und verschiebt nach der Aussage des Zeugen P... die Behälter. Die Zange besitzt dazu ge mäß Merkmalen 6 und 7 einen ersten Antrieb zu ihrer Öffnungsund Schließbetätigung, so dass die Zange die mehreren Behälter erfassen bzw. sie wieder freigeben kann, sowie einen zweiten Antrieb zur Längsverschiebung der Zange entlang ihrer Rotationsachse. Ein erstes, zwischen dem Zufuhrförderer und der Verschließeinrichtung angeordnetes Förderband gemäß Merkmal 8, vgl insbesondere die Darstellung in Bildern 3 und 8 der Anlage K7, das vom Zufuhrförderer zur Einlaufseite der Verschließeinrichtung führt, wurde von den Zeugen bestätigt, ebenso die Verschließeinrichtung von länglicher Form, um gleichzeitig zumindest einen Behälter zu verschließen, vgl Merkmal 11. Das gleichzeitige Verschließen von zumindest einem Behälter und die längliche Form der Verschließeinrichtung ergeben sich aus der Angabe des Zeugen P..., dass eine auf eine feste Platte geschobene Schale zusammen mit einer unmittelbar hinter ihr noch auf dem Förderband befindlichen Schale von den Zangen ergriffen und der Verschließeinrichtung zugeführt wird, vgl insbesondere Bilder 6 und 8 der Anlage K7.
Nach dem kennzeichnenden Merkmal 9 des Anspruchs 1 ist das erste Förderband
(3) von intermittierender Bauart. Unter einem Förderband von intermittierender Bauart (wie auch - nach wörtlicher Übersetzung -vom intermittierenden Typ) ist ein Förderband zu verstehen, welches im Betrieb der Vorrichtung zeitweise fördert und zeitweise seine Förderbewegung unterbricht. Dies ist im Einklang mit Patentanspruch 16 des Streitpatents.
Merkmal 9 ist nach übereinstimmender Aussage der Zeugen bei der Maschine A... 831-2 verwirklicht, da immer dann, wenn der Siegelvorgang verzögert ablief, das (erste) Förderband abgestoppt wurde. Die Steuerelektronik der A... 831-2 ar dafür speziell eingerichtet.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, ein wesentlicher Unterschied des Patentgegenstands zur Maschine A... 831-2 bestehe hinsichtlich des Merkmals 9 darin, dass das streitpatentgemäße Förderband (3) nach erfolgter Übernahme eines ersten Behälters die Förderbewegung unterbreche bis zur Ankunft eines zweiten Behälters, dann eine der Behälterlänge (eingeschlossen den Behälterabstand beim Siegelvorgang) entsprechende Förderbewegung zur Übernahme des zweiten Behälters auf das Band durchführe, ggfs die Förderbewegung wieder unterbreche bis zur Ankunft eines dritten Behälters usw.
Diese von der Beklagten geschilderte Funktion des ersten Förderbandes ergibt sich durch Anspruch 1 nicht und lässt sich auch unter Berücksichtigung der Beschreibung und der Zeichnungen dem Streitpatent insgesamt nicht entnehmen: Merkmal 9 enthält nur die Aussage, dass das erste Förderband (3) von intermittierender Bauart ist. Nach Merkmal 10 hat es die Funktion, eine Anzahl von Behältern vor der Verschließeinrichtung für eine Zeitspanne warten zu lassen, die zu ihrem Vorschub auf den Auflagetisch benötigt wird. Diese Angabe wird in der Beschreibung der Streitpatentschrift Sp 2 Z 31 ff wiederholt. Zur Steuerung dieser Funktion ist das erste Förderband nach Merkmal 10 arbeitsmäßig mit der Verschließeinrichtung verbunden.
Bei der Maschine A... 831-2 ist das erste Förderband arbeitsmäßig mit der Ver schließeinrichtung verbunden, um eine Anzahl von Behältern vor der Verschließeinrichtung für eine Zeitspanne warten zu lassen, die zu ihrem Vorschub auf den Auflagetisch benötigt wird, vgl Merkmal 10. Der Schieber bewegt sich dabei gemäß Merkmal 12 aus einer ersten Position, in der der Greiferabschnitt einen Leitabschnitt des ersten Bandförderers sowie des Auflagetisches flankiert, in eine zweite Position, in der der Greiferabschnitt einen Ablaufabschnitt des zweiten Bandförderers sowie des Auflagetisches flankiert. Dies ergibt sich aus der Schilderung der Arbeitsweise der Zangen durch den Zeugen P....
Der Greiferbzw Zangenabschnitt übergreift entsprechend Merkmal 13 das erste Förderband und die von der Verschließeinrichtung wegführende Fördereinrichtung am Leitbzw. Ablaufabschnitt mit einer Länge, die der Länge von zumindest einem zu bearbeitenden Behälter entspricht, was auch den Fotos 6 bis 8 iVm Foto 12 der Anlage K7 entnehmbar ist. Die von der Verschließeinrichtung wegführende Fördereinrichtung in Form einer Rollenbahn lässt die Behälter ablaufen, sobald sie durch die Zangen aufgeschoben sind, vgl die Darstellung in Bildern 12 und 13 der Anlage K7. Da die Bewegung der Zangen mit der Bewegung der Verschließeinrichtung synchronisiert ist, ist somit die von der Verschließeinrichtung wegführende Fördereinrichtung bzw Rollenbahn arbeitsmäßig mit der Verschließeinrichtung verbunden.
2.3 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass bei dem offenkundig vorbenutzten Gegenstand allein Merkmal 4 nicht verwirklicht ist, denn ein zweites, von einer Auslaufseite der Verschließeinrichtung wegführendes Förderband liegt bei der Maschine A... 831-2 nicht vor.
Dieser Unterschied vermag jedoch eine erfinderische Tätigkeit nicht zu begründen. Zum Grundwissen des hier angesprochenen Fachmanns gehört die Kenntnis verschiedener Standardfördereinrichtungen, zu denen zB Förderbänder, Rollenbahnen oder Rutschen zu rechnen sind. Die Auswahl eines Förderbandes aus mehreren solchen gängigen und fachüblichen Fördereinrichtungen für den Einsatz in einer Vorrichtung zum Verschließen von Behältern stellt nur eine Routinemaßnahme des Fachmanns dar.
III. Die auf Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 16 sind echte Unteransprüche ohne eigenen erfinderischen Gehalt. Die Beklagte hat hierzu in der mündlichen Verhandlung auch nichts vorgetragen.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG in Verbindung mit § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG in Verbindung mit § 709 Satz 1 ZPO.
Dr. Landfermann Dr. Barton Dr. Frowein Ihsen Rauch Pr
BPatG:
Urteil v. 30.03.2004
Az: 1 Ni 28/02
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