Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. Dezember 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 248/03
(BPatG: Beschluss v. 07.12.2005, Az.: 32 W (pat) 248/03)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Wortfolge 77-Cent-Partyist am 7. Oktober 2002 beim Deutschen Patent- und Markenamt zur Eintragung als Marke für die Dienstleistungen
"Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten, Beherbergung von Gästen"
angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung mit Beschluss vom 10. Juni 2003 teilweise nämlich für die Dienstleistungen
"Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten"
wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. In Anlehnung an die vor allem bei jungen Menschen bekannte Bezeichnung "99-Cent-Party" erschließe sich dem angesprochenen Verkehr ohne weiteres die Bedeutung, dass eine Partyveranstaltung stattfinde, bei der alle oder ein Teil der Getränke (und Speisen) für 77 Cent abgegeben werde. Ob darüber hinaus ein Freihaltebedürfnis der Mitbewerber bestehe, könne dahingestellt bleiben. Dem Beschluss beigefügt sind Internetausdrucke vom 10. Juni 2003, die eine entsprechende Verwendung im aufgezeigten Sinn für "99-Cent-Party, 50-Cent-Party, 49-Cent-Party" belegen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Der Marke fehle nicht jegliche Unterscheidungskraft. Niemand werde annehmen, dass es in einer Diskothek irgendetwas zu kaufen oder zu konsumieren gebe, was lediglich 77 Cent koste. Die angesprochenen Verkehrskreise würden die Marke nicht als beschreibenden Hinweis auf eine Veranstaltung werten, bei der - für was auch immer - nur 77 Cent gezahlt werden müssten. Im ürbrigen verweist der Anmelder auf die vom Amt eingetragene Marke "99-Cent-Party".
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet, weil einer Eintragung der Marke für die von der Markenstelle zurückgewiesenen Dienstleistungen das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG entgegensteht.
Die Bezeichnung "77-Cent-Party" entbehrt für die Dienstleistungen "Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten" jeglicher Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 1 Nr 1 MarkenG). Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren (und Dienstleistungen) eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten. Die Prüfung, ob das erforderliche, aber auch ausreichende Mindestmaß an Unterscheidungskraft vorliegt, muss - seitens der Markenstelle ebenso wie der in der Beschwerdeinstanz - streng, vollständig, eingehend und umfassend sein (vgl EuGH GRUR 2003, 604 - Libertel, Rdn 59; GRUR 2004, 674 KPN Postkantoor, Rdn 123). Kann einer Wortmarke ein für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und/oder handelt es sich um ein gebräuchliches Wort (bzw eine Wortkombination) der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so entbehrt diese jeglicher Unterscheidungseignung und damit jeglicher Unterscheidungskraft (st Rspr; vgl BGH BlPMZ 2004, 30 - Cityservice).
Die Bezeichnung "77-Cent-Party" stellt für die Dienstleistungen "Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten" ersichtlich eine im Vordergrund stehende Sachangabe dar. Der Begriff ergibt in Bezug auf diese Dienstleistungen für breite Abnehmerkreise, an die sich die Dienstleistungen richten, den naheliegenden und unmittelbar im Vordergrund des Verständnisses stehenden Sinngehalt, dass diese Dienstleistungen aus Anlass oder in Verbindung mit einer Partyveranstaltung erbracht werden. Die angesprochenen breiten Verkehrskreise werden der Bezeichnung "77-Cent-Party" in Bezug auf die Dienstleistungen "Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten" entweder den von der Markenstelle aufgezeigten Begriffsinhalt entnehmen, nämlich, dass es sich bei den so bezeichneten Dienstleistungen um eine Partyveranstaltung handelt, bei der Getränke bzw Speisen für 77 Cent angeboten werden. Denkbar ist auch ein Verständnis dahingehend, dass für den Eintritt zu der Party ein Entgelt in Höhe von 77 Cent zu entrichten ist.
Die Markenstelle hat durch die dem Beschluss beigefügten Internetausdrucke vom 10. Juni 2003 belegt, dass vergleichbare Begriffe wie "99-Cent-Party, 50-Cent-Party, 49-Cent-Party" im Inland für Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Diskothek oder einer Kneipe stehen, bereits Verwendung finden. Durch den dem Anmelder übermittelten Internetausdruck vom 9. August 2005 ist darüber hinaus sogar eine Verwendung der hier streitgegenständlichen Bezeichnung für eine Partyveranstaltung in Limburg nachgewiesen. Die Bezeichnung "77-Cent-Party" wird deshalb in dem aufgezeigten Sinn unmittelbar dienstleistungsbezogen verstanden. Der Bezeichnung fehlt daher die Eignung, als Hinweis auf die Herkunft der Dienstleistungen aus einem (einzigen) Betrieb aufgefasst zu werden.
Aus der Schutzgewährung der Marke "99-Cent-Party" vermag der Anmelder nichts zu seinen Gunsten abzuleiten. Inländische Voreintragungen - selbst identischer Marken - führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer anspruchsbegründenden Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben. Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar (vgl zB BGH GRUR 1989, 420 - KSÜD; BPatGE 32, 5, - CREATION GROSS).
Ob die Bezeichnung "77-Cent-Paty" für die besagten Dienstleistungen auch als merkmalsbeschreibend iSd § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG anzusehen ist, wofür nach den Ermittlungen der Markenstelle und des Senats manches spricht, kann als letztlich nicht entscheidungserheblich offen bleiben.
Prof. Dr. Hacker Viereck Kruppa Hu
BPatG:
Beschluss v. 07.12.2005
Az: 32 W (pat) 248/03
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