Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. Januar 2004
Aktenzeichen: 33 W (pat) 216/02

(BPatG: Beschluss v. 27.01.2004, Az.: 33 W (pat) 216/02)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 18 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Oktober 1999 und 22. April 2002 aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Marke 1 122 048 hinsichtlich der Waren "Bekleidungsstücke, insbesondere Sportkleidung, Schuhwaren, Kopfbedeckungen" zurückgewiesen worden ist.

2. Wegen des Widerspruchs aus der Marke 1 122 048 wird die teilweise Löschung der Marke 395 41 425 für folgende Waren angeordnet:

"Bekleidungsstücke, insbesondere Sportkleidung, Schuhwaren, Kopfbedeckungen".

3. Die weitergehende Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die Eintragung der Wort-/Bildmarke 395 41 425 siehe Abb. 1 am Endefür Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus (soweit in Klasse 18 enthalten); Häute und Felle; Reise- und Handkoffer sowie Rucksäcke und Sporttaschen; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren; Waren (soweit in Klasse 20 enthalten) aus Holz, Kork, Rohr, Binsen, Weide, Horn, Knochen, Elfenbein, Fischbein, Schildpatt, Bernstein, Perlmutter, Meerschaum oder aus Kunststoffen; Campingausrüstung (soweit in Klasse 20 enthalten), Schlafsäcke, Luftmatratzen; Bekleidungsstücke, insbesondere Sportkleidung, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Gürtel; Gürteltaschen; Mattenist Widerspruch eingelegt worden aus der seit dem 17. Mai 1988 für "Schuhe" eingetragenen Wort-/Bildmarke 1 122 048 siehe Abb. 2 am Ende Die Markeninhaberin hat die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Daraufhin hat die Widersprechende Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung ihrer Marke eingereicht.

Mit Beschlüssen vom 7. Oktober 1999 und 22. April 2002, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 18 den Widerspruch zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenstelle besteht zwischen den Marken trotz teilweise identischer Waren keine Verwechslungsgefahr, da sie sich neben dem Schriftbild vor Allem durch den Bestandteil "Indian" der angegriffenen Marke deutlich voneinander unterschieden. Der Gesamteindruck der jüngeren Marke werde auch nicht durch den Bestandteil "Greyhound" geprägt, da der weitere Bestandteil "Indian" nicht derart in den Hintergrund trete, dass er für den Gesamteindruck vernachlässigt werden könne. Vielmehr verbinde er sich mit "Greyhound" zu einem zusammengehörigen Gesamtbegriff im Sinne eines indischen bzw. indianischen Windhunds oder auch Langstreckenbusses. Da dieser Bedeutungsgehalt keinen Sachzusammenhang mit den Waren aufweise, handele es sich um einen zusammengehörigen phantasievollen Herkunftshinweis. Auch der Teil des Verkehrs, der den ersten Buchstaben der jüngeren Marke wegen der gothischen Schreibweise nicht lesen könne, habe keine Veranlassung, dem Bestandteil "Greyhound" eine prägende Bedeutung beizumessen. Es bestehe auch keine assoziative Verwechslungsgefahr. Angesichts der deutlichen grafischen Unterschiede liege bei den Bestandteilen "Greyhound" bzw. "GREYHOUND" keine Wesensgleichheit vor.

Die Erinnerung gegen den Beschluss des Erstprüfers ist unter der Angabe "Dieter F. Storch" als Widersprechender eingelegt worden, der seit dem 5. Oktober 1998 als Inhaber der Widerspruchsmarke eingetragen ist. In der Erinnerungsbegründung vom 24. Februar 2000 hat dieser sinngemäß beantragt, die angegriffene Marke teilweise zu löschen, nämlich für die Waren

"Bekleidungsstücke, insbesondere Sportkleidung, Schuhwaren, Kopfbedeckungen"

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat daraufhin unter Übernahme der Angabe "S..." als Widersprechender zur Sache erwidert.

Gegen den Erinnerungsbeschluss richtet sich die Beschwerde des neuen Inhabers der Widerspruchsmarke. Unter Vorlage weiterer Glaubhaftmachungsunterlagen führt er aus, dass bei Schuhwaren eine Warenidentität bestehe. Außerdem seien die für die Widerspruchsmarke eingetragenen Schuhe von der jüngeren Rechtsprechung z.T. als ähnlich mit Bekleidungsstücken erachtet worden. Beide Warenarten wiesen Übereinstimmungen nach Kriterien wie Verwendungszweck oder stofflicher Beschaffenheit auf. Auf dem Sektor hochwertiger Mode und Sportbekleidung sei bekannt, dass führende Unternehmen ihr Sortiment ausgeweitet hätten und Schuhe und Bekleidungsstücke in den gleichen Verkaufsgeschäften unter derselben Marke vertrieben. Der Verkehr werde daher von der Verantwortlichkeit desselben Unternehmens ausgehen, zumal es sich auch um einander ergänzende Waren handele. Außerdem seien Kopfbedeckungen ähnlich mit Bekleidungsstücken, so dass sie folglich auch mit Schuhen ähnlich seien. Im Übrigen sei die von der jüngeren Marke erfasste Sportbekleidung mit (Sport-) Schuhen der Widerspruchsmarke hochgradig ähnlich. Die Widerspruchsmarke verfüge über eine zumindest mittelgradige Kennzeichnungskraft. Es müssten daher strenge Anforderungen an den einzuhaltenden Zeichenabstand gestellt werden. Die Schriftarten der beiderseitigen Marken seien auffällig ähnlich, während die Ausgestaltung des Anfangsbuchstabens "G" der angegriffenen Marke allenfalls schmückendes Beiwerk darstelle. Der Gesamteindruck der Marken werde vom Bestandteil "Greyhound" geprägt. Das Wort "Indian" hingegen sei nur schwach kennzeichnend, da es sich um eine geografische Herkunftsangabe handele, die Assoziationen mit einem indischen oder indianischen Modestil, zumindest aber mit Eigenschaften wie "ursprünglich", "naturverbunden" oder "handgemacht" wecke. Hingegen sei das Wort "Greyhound" bereits wegen seines Charakters als Substantiv derjenige Markenbestandteil, an dem sich der Verkehr in erster Linie orientieren werde. Zudem werde es in der jüngeren Marke durch seine grafische Gestaltung, d.h. dem umrahmten "G" und der Positionierung an der linken Seite, hervorgehoben. Im Übrigen liege auch eine assoziative Verwechslungsgefahr vor. Angesichts der beträchtlichen Benutzung der Widerspruchsmarke und seiner produktidentifizierenden Wirkung sei "Greyhound" als Stammbestandteil geeignet. Demgegenüber werde das Wort "Indian", das dem Verkehr nur als Bezeichnung der Designer- bzw. Stilrichtung entgegentrete, lediglich als Abwandlung des Stammzeichens aufgefasst. Im Gegensatz zur Auffassung der Markenstelle seien die Stammbestandteile auch wesensgleich, da die Schreibweisen des Markenworts "Greyhound" in beiden Marken im Wesentlichen übereinstimmten.

Der Widersprechende beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Die Markeninhaberin hat im Beschwerdeverfahren von einer Stellungnahme abgesehen.

Nach dem Inhalt eines Handelsregisterauszuges, den die Markeninhaberin in Kopie zur Akte der angegriffenen Marke gereicht hat, ist die Markeninhaberin seit dem 9. Januar 2001 aufgelöst.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II 1. Die Beschwerde ist zulässig. Insbesondere ist Herr S... als Wider- sprechender beschwerdebefugt. Mit Einlegung der Erinnerung gegen den Beschluss des Erstprüfers ist er als bereits eingetragener und somit formell legitimierter Inhaber der Widerspruchsmarke in das Widerspruchsverfahren eingetreten. Die Markeninhaberin hat durch Übernahme der Angabe "S..." als Widersprechender hierauf rügelos zur Sache erwidert, so dass der Beteiligtenwechsel selbst unter Berücksichtigung der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH GRUR1998, 940 - Sanopharm) analog §§ 265, 267 ZPO wirksam vollzogen worden ist. Im Übrigen würde es nach heutiger Rechtslage (§ 28 Abs. 2 Satz 3 MarkenG) auf die Zustimmung des Verfahrensgegners zum Beteiligtenwechsel nicht mehr ankommen.

Des Weiteren richtet sich die Beschwerde gegen einen in zulässiger Weise zustande gekommenen Erinnerungsbeschluss der Markenstelle. Zwar geht aus der Akte der angegriffenen Marke hervor, dass die Markeninhaberin ausweislich eines Handelsregisterauszuges bereits seit dem 9 Januar 2001 aufgelöst ist. Die Auflösung hat jedoch nur die Wirkung, dass gemäß §§ 145 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB die Liquidation der Kommanditgesellschaft stattfindet. Sie bedeutet nicht das Ende der Gesellschaft sondern nur ihren Übergang aus der werbenden Tätigkeit in die Abwicklung. Bis zu ihrer Beendigung besteht sie weiter (vgl. Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 31. Aufl., § 131, Rdn. 2).

2. Die Beschwerde hat im Umfang der in Ziff. 2. des Entscheidungstenors angeordneten Teillöschung Erfolg.

a) Auf die zulässige Nichtbenutzungseinrede der Markeninhaberin hat der Widersprechende die rechtserhaltende Benutzung seiner Marke gemäß §§ 43 Abs. 1 Satz 1, Satz 2, 26 MarkenG hinreichend glaubhaft gemacht.

Glaubhaft zu machen ist die Verwendung der Marke grundsätzlich nach Art, Dauer, Ort und Umfang; diese Erfordernisse müssen insgesamt erfüllt sein (BPatGE 23, 158, 165 f. - Fludec; BPatGE GRUR 1994, 629, 630 - Duotherm). Hierbei kommen als Mittel zur Glaubhaftmachung alle präsenten Beweismittel einschließlich der eidesstattlichen Versicherung in Betracht; außerdem können auch sonstige Unterlagen, wie z.B. Preislisten, Prospekte, Etiketten, Rechnungskopien, zur Ergänzung und Verdeutlichung einer eidesstattlichen Versicherung dienen (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl, § 43 Rdn. 84).

In den eidesstattlichen Versicherungen vom 6. September 1997 und 23. Januar 2003 führen der frühere und der jetzige Inhaber der Widerspruchsmarke aus, dass die Marke seit 1993 bis einschließlich 2001 ohne Unterbrechung benutzt worden sei und jährliche Umsätze von mindestens ... Paar Schuhen erzielt worden sind. Sowohl nach der Dauer als auch nach den Umsätzen genügt dies den Anforderungen an eine ernsthafte Benutzung i.S.d. § 26 Abs. 1 MarkenG. Auf den ergänzend eingereichten Preislisten für die Jahre 1991 bis 2001 ist die Widerspruchsmarke jeweils mehrfach auf Textilschuhen aufgedruckt erkennbar, teilweise in Alleinstellung, teilweise neben einer grafisch einfach gehaltenen Darstellung von zwei Windhunden. Sie wird daher funktionsgemäß als Warenmarke verwendet, wobei die teilweise zusätzlich vorhandene Windhund-Darstellung als reine Motivwiedergabe des Begriffs "Greyhound" nicht den kennzeichnenden Charakter der Marke verändert (vgl. a. BGH GRUR 1999, 167 - Karolus Magnus, GRUR 2000, 1038 - Kornkammer).

Entgegen den im Erinnerungsverfahren vorgetragenen Bedenken der Markeninhaberin ist die Benutzung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auch im Inland erfolgt. Hierfür sprechen bei den älteren Benutzungsunterlagen die auf den Preislisten ersichtliche, auf einen Import nach Deutschland hindeutende Firma "Z... GmbH" und die am linken Rand der Preislisten quer angebrachten Hinweise auf die Einheitskonditionen der deutschen Schuhindustrie. Den neueren Unterlagen sind Rechnungen asiatischer Lieferanten an den Markeninhaber beigefügt, was ebenfalls auf einen Import nach Deutschland schließen lässt.

Auch die Bedenken der Markeninhaberin gegen die Wirksamkeit der Lizenzen für die beiden in der eidesstattlichen Versicherung genannten Unternehmen sprechen nicht gegen die Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung. Abgesehen davon, dass die Markeninhaberin ihre möglicherweise spekulativ wirkenden Bedenken nicht substantiiert hat, kommt es auf die Wirksamkeit der Lizenzverträge nicht entscheidend an. Denn selbst im Falle ihrer Unwirksamkeit bliebe, da die Marke nur von 1995 bis 1997 von Dritten, ansonsten aber von ihrem jeweiligen Inhaber selbst benutzt worden ist, für beide Nachweiszeiträume des § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 MarkenG immer noch jeweils ein für eine ernsthafte Benutzung ausreichender Zeitraum übrig. Damit ist die rechtserhaltende Benutzung nach §§ 43 Abs. 1, 26 MarkenG für Schuhe, jedenfalls für Textilschuhe, glaubhaft gemacht.

b) Zwischen den beiderseitigen Marken besteht eine Verwechslungsgefahr i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, wobei auf Seiten der angegriffenen Marke nur "Bekleidungsstücke, insbesondere Sportkleidung, Schuhwaren, Kopfbedeckungen" zu berücksichtigen sind, da im entsprechend gefassten Löschungsantrag des Widersprechenden (Schriftsatz vom 24. Februar 2000) eine Beschränkung des Widerspruchs auf diese Waren zu liegt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Frage einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen den Beurteilungsfaktoren der Warenidentität oder -ähnlichkeit, der Markenidentität oder -ähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder der Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2001, 544, 545 = WRP 2002, 537 - BANK 24, m.w.N.; GRUR 2002, 1067 - DKV/OKV).

aa) Die sich gegenüberstehenden Waren liegen teilweise im Identitätsbereich, im Übrigen im engeren Ähnlichkeitsbereich. Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere deren Art, Verwendungszweck und Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (EuGH GRUR Int. 1998, 875, 876 f. - Canon; GRUR Int. 1999, 734 - Lloyds/Loint«s; BGH GRUR 1999, 731 - Canon II; WRP 1998, 747, 749 - GARIBALDI; WRP 2000, 1152,1153 - PAPPAGALLO; WRP 2001, 694, 695 - EVIAN/REVIAN). Auch die maßgeblichen wirtschaftlichen Zusammenhänge, wie Herstellungsstätten und Vertriebswege, stoffliche Beschaffenheit und Zweckbestimmung oder Verwendungsweise sind relevante Gesichtspunkte.

Soweit für beide Marken die Ware "Schuhe" eingetragen ist, besteht eine Warenidentität, wobei dahinstehen kann, ob die auf Seiten der jüngeren Marke bestehende Eintragung von Schuhen als Unterbegriff von Bekleidungsstücken überhaupt zulässig ist (s.u.).

Auch hinsichtlich der für die jüngere Marke weiter eingetragenen "Bekleidungsstücke, insbesondere ... Sportkleidung und Kopfbedeckungen" besteht eine entfernte Ähnlichkeit zu den Schuhen des Widersprechenden. Zwar wird eine Ähnlichkeit zwischen Bekleidungsstücken und Kopfbedeckungen auf der einen und Schuhwaren auf der anderen Seite von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bezweifelt (BGH GRUR 1999, 164 - JOHN LOBB), jedoch darf nicht übersehen werden, dass die beiderseitigen Waren trotz gewichtiger Unterschiede bei den regelmäßigen Herstellungsbetrieben, der stofflichen Beschaffenheit und den Vertriebsstätten durchaus gewichtige wirtschaftliche Berührungspunkte aufweisen. So werden sie in beachtlichem Umfang auch im Rahmen eines Gesamtsortiments mit gleichen Kennzeichnungen, in gleichen Vertriebsstätten und an dieselben Abnehmerkreise verkauft. Dies ist nicht nur im Bereich hochpreisiger Designermode und/oder jugendlicher Bekleidung sondern teilweise auch in den unteren Preissegmenten im Massengeschäft zu beobachten (z.B. Bekleidung und Schuhe unter gemeinsamer Hausmarke von Kaufhäusern, z.B. bei C&A und Karstadt). Hier kommt hinzu, dass aus den vorgelegten Glaubhaftmachungsunterlagen vorwiegend eine Benutzung der Marke für preiswerte Textilschuhe hervorgeht, wie sie (farblich passend) zu Sommer- und Strandbekleidung getragen und häufig auch in einschlägigen Bekleidungsgeschäften mit verkauft werden. Damit tritt hier eine Überschneidung der beiderseitigen Waren in der stofflichen Beschaffenheit und bei den Vertriebswegen hinzu, so dass eine zwar entfernte, rechtlich aber dennoch beachtliche Ähnlichkeit der Waren festzustellen ist.

bb) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist normal. Für Schuhwaren ist ein beschreibender Anklang des eine Windhundrasse bezeichnenden Worts "Greyhound" nicht ersichtlich und der glaubhaft gemachte Benutzungsumfang gibt keinen Anlass, eine durch intensive Benutzung gesteigerte Kennzeichnungskraft in Betracht zu ziehen.

cc) Die angegriffene Marke hält den insoweit erforderlichen maßvollen (bei Schuhen: deutlichen) Abstand zur Widerspruchsmarke nicht ein.

Zwar ist von der registrierten Form der Marken auszugehen, wobei es grundsätzlich nicht zulässig ist, aus der angegriffenen Marke ein Element herauszugreifen und dessen Übereinstimmung mit der Widerspruchsmarke festzustellen. Dies zwingt indessen nicht dazu, die Marken stets in allen jeweiligen Merkmalen zu vergleichen. Vielmehr kann auch ein Markenbestandteil eine selbständig kollisionsbegründende Bedeutung haben, wenn er den Gesamteindruck der mehrgliedrigen Marke prägt, indem er eine so eigenständig kennzeichnende Funktion aufweist, dass die übrigen Markenbestandteile für den Gesamteindruck zurücktreten bzw. vernachlässigt werden können (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., Rdn. 374, 378 m.w.N.).

Für einen zumindest nicht unbeachtlichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise wird der Gesamteindruck der angegriffenen Marke vom Bestandteil "Greyhound" geprägt. Auch wenn er nach der Wortreihenfolge innerhalb der Gesamtkombination "Indian Greyhound" nur den zweiten Bestandteil darstellt, wird "Greyhound" durch den stark vergrößerten Anfangsbuchstaben "G" optisch herausgestellt, zumal dieser eine abweichende Schriftart aufweist und durch einen Kreis hervorgehoben ist. Außerdem stellt "Greyhound" mit dem Bedeutungsgehalt einer Windhundrasse den eigentlichen Kernbegriff der Gesamtmarke dar, während das Adjektiv "Indian" nur eine begrifflich konkretisierende bzw. eingrenzende Funktion hat. Dabei kommt hinzu, dass es eine mit "Indian Greyhound" bezeichnete Hunderasse nicht gibt, insbesondere sind weder Indien noch Indianer für die Züchtung von Windhunden bekannt.

Da Hunderennen in Deutschland ohnehin nicht populär sind, ist zu erwarten, dass ein beachtlicher Teil der von den Waren angesprochenen breiten Bevölkerungskreise den Namen "Greyhound" in erster Linie aus Reportagen, Spielfilmen oder Reisen in Zusammenhang mit den USA kennt. Insoweit ist Greyhound als Marke eines großen Busunternehmens bekannt, das in den USA eines der wichtigsten öffentlichen Personenbeförderungsmittel zu Lande darstellt. Auch der ebenfalls einen Bezug zu Amerika aufweisende Bedeutungsgehalt von "Indian" i.S.v. "indianisch" spricht zusammen mit der Englischsprachigkeit der angegriffenen Marke dafür, dass zahlreiche Verkehrsteilnehmer das Wort "Greyhound" unwillkürlich mit der o.g. Marke des US-Busunternehmens verbinden. Dieser Teil des Verkehrs wird sich, auch wenn ihm die angegriffene Marke in vollständiger Form als Kennzeichnung für Schuhe begegnet, ebenfalls vornehmlich am Kernwort "Greyhound" orientieren. Angesichts der Identität der Marken bzw. ihrer prägenden Bestandteile besteht für ihn, auch soweit eine nur geringe Warenähnlichkeit vorliegt, die Gefahr von Verwechslungen.

Es kann dahinstehen, ob der o.g. Teil des Verkehrs, für den "Greyhound" den prägenden Bestandteil darstellt, bereits für sich genommen ausreicht, um eine rechtlich beachtliche Verwechslungsgefahr i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG festzustellen. Hinzu kommt jedenfalls ein weiterer Teil des Verkehrs, für den der Bestandteil "Greyhound" zwar nicht die angegriffene Marke prägt, der jedoch aufgrund der Übereinstimmung der Marken in diesem Bestandteil einer assoziativen Verwechslungsgefahr unterliegt. Das Wort "Greyhound" ist als Stammbestandteil in beiden Marken wesensgleich vorhanden, wobei der Markenstelle nicht darin gefolgt werden kann, dass allein schon die schriftbildliche Ausgestaltung der Marken eine Wesensgleichheit ausschließt. Vielmehr findet sich das Wort in beiden Marken klanglich identisch und auch schriftbildlich weitgehend identisch wieder, während nur die Groß- bzw. Kleinschreibung und die grafische Ausgestaltung abweichen. Von mangelnder Wesensgleichheit kann daher, vor Allem in klanglicher Hinsicht, nicht gesprochen werden. Der Stammbestandteil weist auch den erforderlichen Hinweischarakter auf. Zwar verfügt der Widersprechende nicht über eine entsprechende Zeichenserie, für den Hinweischarakter des Bestandteils "Greyhound" spricht jedoch, dass er innerhalb der Gesamtkombination "Indian Greyhound" charakteristisch hervorsticht (s.o.). Wie ausgeführt, wird zudem der weitere Bestandteil "Indian" vom Verkehr entweder als in Bezug auf eine bestimmte Windhundrasse nichtssagend empfunden oder im Hinblick auf das bekannte US-Busunternehmen mit Amerika assoziiert. Damit muss davon ausgegangen werden, dass ein weiterer Teil des Verkehrs, der nicht schon unmittelbaren Verwechslungen unterliegt, die jüngere Marke zumindest als eine weitere "Greyhound"-Marke sieht und damit fälschlich auf die Herkunft der Waren aus dem Betrieb des Widersprechenden schließt. Insgesamt ist damit eine rechtlich beachtliche Gefahr von Verwechslungen festzustellen.

3. Soweit der Widersprechende weitergehend die Löschung der gesamten angegriffenen Marke beantragt, konnte die Beschwerde keinen Erfolg haben. Nachdem er den Widerspruch mit Schriftsatz vom 24. Februar 2000 auf die von Ziff. 2 des Entscheidungstenors erfassten Waren beschränkt hat (s.o.), war eine nachträgliche (Wieder-) Erweiterung des Widerspruchs nach Ablauf der Widerspruchsfrist unzulässig (vgl. Ströbele/Hacker, a.a.O., § 9, Rdn. 65 m.w.N.). Die Beschwerde musste daher mangels Rechtsgrundlage für eine weitergehende Löschung teilweise erfolglos bleiben.

Winkler Dr. Hock Kätker Cl Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/D56438.3.gif Abb. 2 http://agora/bpatgkollision/docs/D56439.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 27.01.2004
Az: 33 W (pat) 216/02


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