Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 29. Februar 1996
Aktenzeichen: 12 U 3/95
(OLG Köln: Urteil v. 29.02.1996, Az.: 12 U 3/95)
Ist aufgrund eines Beratervertrages mit einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft ein Verschmelzungsvertrag zweier GmbHs notariell beurkundet worden, und erweist sich dieser Rat als steuerlich ungünstig, so haftet die Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft nicht für den daraus resultierenden Schaden, wenn sie nicht eine Erfolgshaftung übernommen hat.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 24. November 1994 - 83 O 45/94 - wird zurückgewiesen. Die mit den Schriftsätzen vom 5. Juli und 25. September 1995 erhobenen weitergehenden Klageansprüche werden abgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 40.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung entsprechende Sicherheit erbringt. Als Sicherheitsleistung wird auch die unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Bank zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin und die Firma G. Unternehmensberatung GmbH
Gesellschaft für Beteiligungsverwaltung (künftig: G.) wurden im
Jahre 1982 gegründet, die Klägerin mit einem Stammkapital von
300.000,00 DM, die G. mit einem solchen von 100.000,00 DM. Die
Klägerin war auf dem Markt tätig, indem sie Kunden für
Kapitalanlagen warb. Nach der Werbung wurden die Kunden an die G.
"weitergeleitet", die die Kunden verwaltungstechnisch betreute und
Kommanditeinlagen für sie verwaltete. Die Beklagte, eine
Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, erstellte für
die Gesellschaften die Jahresabschlüsse und Steuererklärungen und
führte die Lohnabrechnungen durch. Im Jahre 1988 oder 1989 gelangte
der Geschäftsführer und alleinige Gesellschafter der Klägerin, der
zugleich Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter (mindestens 80
%) der G. war, zu der Erkenntnis, daß eine Fortführung der beiden
Gesellschaften nebeneinander aus betriebswirtschaftlichen und
steuerlichen Gründen nicht sinnvoll sei und stellte deshalb
Óberlegungen darüber an, wie die Gesellschaften zusammengeführt
werden könnten. Am 28.12.1989 schlossen die Klägerin und die G.
einen notariell beurkundeten Verschmelzungsvertrag, durch den die
G. ihr Vermögen als Ganzes mit allen Rechten und Pflichten unter
Ausschluß der Abwicklung gem. § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KapErhG mit
Wirkung zum 01.07.1989 auf die Klägerin übertrug. Die Klägerin
gewährte als Gegenleistungen für die Óbertragung des Vermögens der
G. ihrem Geschäftsführer einen Geschäftsanteil von 80.000,00 DM und
dem anderen Gesellschafter der G. einen solchen von 20.000,00 DM;
gleichzeitig wurde das Stammkapital der Klägerin von 300.000,00 DM
auf 400.000,00 DM erhöht. Nachdem vom Registergericht zuerst
erhobene Bedenken gegen die Verschmelzung von der Klägerin
ausgeräumt werden konnten, erfolgte am 4. Juni 1991 die Eintragung
der Verschmelzung der G. auf die Klägerin und die Erhöhung des
Stammkapitals der Klägerin. Grundlage der Verschmelzung war die von
der Beklagten mit Bestätigungsvermerk versehene Bilanz der G. zum
30.06.1989, die Verluste in Höhe von 816.935,73 DM auswies, wovon
716.935,73 DM nicht abgedeckt waren. Die zur selben Zeitpunkt
erstellte Bilanz der Klägerin wies Verluste in Höhe von 482.337,53
DM aus, von denen 182.537,53 DM nicht abgedeckt waren.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte habe den mit ihr
in Bezug auf die Verschmelzung geschlossenen Beratervertrag (dessen
genauer Inhalt streitig ist) schlecht erfüllt, wodurch ihr Schäden
entstanden seien. Der daraus abgeleitete Schadensersatzanspruch ist
Gegenstand dieses Rechtsstreits. Dabei besteht zwischen den
Parteien Einvernehmen darüber, daß eine Óbertragung der bei der G.
vorhanden gewesenen Verluste auf die Klägerin vom Finanzamt zu
Recht abgelehnt worden ist; die Verluste konnten nur insoweit
genutzt werden, als stille Reserven der G. aufgedeckt worden
sind.
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im
ersten Rechtszug und der dort gestellten Anträge wird auf den
Inhalt des angefochtenen Urteils Bezug genommen, durch das die
Klage abgewiesen worden ist. Gegen dieses ihr am 05.12.1994
zugestellte Urteil hat die Klägerin am 05.01.1995 Berufung
eingelegt; dieses Rechtsmittel hat sie - nach entsprechender
Fristverlängerung - am 23. März 1995 begründet.
Die Klägerin macht geltend, eine eingehende Beratung durch die
Beklagte über die verschiedenen Möglichkeiten, wie eine
Zusammenführung der beiden Gesellschaften hätte bewerkstelligt
werden können, sei der Beurkundung des Verschmelzungsvertrages
nicht vorausgegangen. Ob die Beklagte sich überhaupt Gedanken
darüber gemacht habe, ob die Vermögensübertragung von der G. auf
die Klägerin die sinnvollste Lösung sei oder ob nicht die
Verschmelzung besser in umgekehrter Richtung hätte durchgeführt
werden sollen, sei ihr nicht bekannt. Eine Fortführung beider
Gesellschaften sei jedenfalls nicht ins Auge gefaßt gewesen. Ihr
Geschäftsführer habe aber verlangt, daß die vor der Verschmelzung
vorhandenen Verlustvorträge steuerlich genutzt werden könnten. Der
von der Beklagten diesbezüglich erteilte Rat sei falsch gewesen.
Die Beklagte hätte vielmehr vorschlagen müssen, die Verschmelzung
in umgekehrter Richtung vorzunehmen; einem dementsprechenden
Ratschlag wären die Gesellschaften gefolgt.
Nach einer im Berufungsverfahren erfolgten Klageerhöhung
beantragt die Klägerin nunmehr,
1. unter Abänderung der angegriffenen
Entscheidung die Beklagte zu verurteilen, an sie, die Klägerin,
1.389.640,00 DM nebst 5 % Zinsen aus 1.254.181,00 DM ab Zustellung
der Klageschrift und aus weiteren 135.449,00 DM ab Zustellung der
Klageerweiterung vom 05.07.1995, hilfsweise nebst bis zum
19.12.1994 ausgerechneter und bezahlter Zinsen in Höhe von
40.687,42 DM und 5 % Zinsen aus 1.254.181,00 DM ab dem 20.12.1994
sowie aus weiteren 135.459,00 DM ab Zustellung der Klageerweiterung
vom 05.07.1995 zu zahlen;
2. festzustellen, daß die Beklagte alle
weiteren Schäden, die ihr, der Klägerin im Zusammenhang mit der
fehlerhaften Beratung zur Umwandlung vom 28.12.1989 durch Aufnahme
der G. Unternehmensberatung GmbH Gesellschaft für
Beteiligungsverwaltung entstehen, zu tragen hat;
3. ihr zu gestatten, eine erforderliche
oder zusätzliche Sicherheitsleistung auch durch Bankbürgschaft zu
erbringen.
Die Beklagte, die um Zurückweisung der Berufung bittet, tritt
den Ausführungen der Klägerin zum Haftungsgrund und zur Höhe des
geltend gemachten Schadens im einzelnen entgegen. Sie macht
insbesondere geltend, der Geschäftsführer der Klägerin habe bei den
Gesprächen zur Vorbereitung der Verschmelzung die Vorgabe gemacht,
die Klägerin müsse bestehen bleiben. Steuerliche Bedenken gegen
diesen Plan seien von ihr nicht erhoben worden. Die Frage der
Erhaltung der Verluste der G. für die Klägerin sei nicht Gegenstand
der Gespräche gewesen. Die Verschmelzung sei vielmehr erforderlich
geworden, weil die G. anderenfalls hätte Konkurs anmelden müssen.
Der Klägerin sei ein Schaden auch nicht entstanden, weil dann, wenn
der von ihr jetzt für richtig gehaltene Ratschlag verwirklicht
worden wäre, sie selbst durch Verschmelzung auf die G.
untergegangen wäre. Ein eventuell der G. oder den Gesellschaftern
zustehender Schadensersatzanspruch könne von der Klägerin nicht
geltend gemacht werden.
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens im
Berufungsrechtszug wird auf den Inhalt der von den Parteien
eingereichten Schriftsätze nebst zugehörigen Anlagen Bezug
genommen.
Gründe
Die formell unbedenkliche Berufung der Klägerin ist zulässig,
jedoch nicht begründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte
Schadensersatzanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt
zu.
1. Auf ein Schuldanerkenntnis der Beklagten vermag die Klägerin
entgegen der in der Berufungsbegründung vertretenen Auffassung ihr
Schadensersatzbegehren nicht zu stützen. Die Schreiben der
Beklagten an ihren Haftpflichtversicherer vom 13.10.1993 (GA 328)
sowie 5. und 27.1.1994 (GA 97 = 276 u. 18 = 279) erschöpfen sich
darin, daß die Beklagte der Versicherung zur Bearbeitung des
Regreßanspruchs erforderliche Unterlagen übersendet, ergänzende
Angaben zum zugrundeliegenden Sachverhalt macht und zum Ausdruck
bringt, daß sie der Auffassung ist, sie habe durch fehlerhafte
Beratung der Klägerin einen Schaden verursacht, für den der
Versicherer einstandspflichtig sei. Es handelt sich hierbei um
Mitteilungen der Beklagten in ihrer Eigenschaft als
Versicherungsnehmerin gegenüber ihrem Versicherer, die lediglich
das versicherungsrechtliche Vertragsverhältnis betreffen. Dafür,
daß die Beklagte mit diesen Schreiben unabhängig von dem Ergebnis
der Prüfung der Sach- und Rechtslage durch den
Haftpflichtversicherer im Verhältnis zur Klägerin ihre Haftung dem
Grunde nach rechtsverbindlich anerkennen wollte, fehlt jeglicher
objektive Anhaltspunkt. In dieser Richtung können die Schreiben bei
unvoreingenommener Würdigung nicht verstanden werden. Der Umstand,
daß dem Geschäftsführer der Klägerin jeweils Kopien dieser
Schreiben übersandt worden sind, gibt zu einer abweichenden
Auslegung keinen Anlaß. Es ist nicht ersichtlich, daß diese
Óbersendung zu einem anderen Zweck erfolgt ist als dem, die
Klägerin darüber zu unterrichten, daß die Beklagte ihren
Versicherer über das von der Klägerin geltend gemachte
Schadensersatzbegehren informiert hatte und bemüht war, eine
alsbaldige Entscheidung des Versicherers über die Frage seiner
Einstandspflicht herbeizuführen.
2. Die Klägerin berechnet den Schaden, den sie mit der erhobenen
Klage ersetzt verlangt, dergestalt, daß sie ermittelt, in welchem
Umfang sie Steuern erspart hätte, wenn die Verluste der G. nach der
Verschmelzung von ihr hätten vorgetragen werden können. Ein so
bemessener Schadensersatzanspruch könnte der Klägerin dann
zustehen, wenn die Beklagte eine entsprechende Erfolgshaftung
übernommen hätte, indem sie zusicherte, daß dieser steuersparende
Effekt mit der durchgeführten Verschmelzung eintreten werde und die
Klägerin im Vertrauen hierauf die Verschmelzung vorgenommen hätte.
Eine Zusage der Beklagten mit diesem Inhalt läßt sich dem
Vorbringen der Klägerin aber nicht entnehmen. Der Vortrag der
Klägerin dazu, wie die Gespräche zwischen ihr und der Beklagten zur
Vorbereitung der Verschmelzung im einzelnen abgelaufen sind, ist
recht unkonkret und läßt ausreichende Einzelheiten in dieser
Richtung nicht erkennen. Soweit sie in ihrer Berufungsbegründung
vorträgt, eine eingehende Beratung über die Lösungsmöglichkeiten
habe nicht stattgefunden, legt dies vielmehr den Schluß nahe, daß
über diesen Punkt nicht, jedenfalls nicht mit der für die Annahme
einer Zusicherung erforderlichen Deutlichkeit gesprochen worden
ist.
Auch der Gesamtzusammenhang des klägerischen Vorbringens spricht
nicht für die Annahme einer garantieähnlichen Zusage der Beklagten
betreffend die Óbertragbarkeit der Verluste der G. auf die
Klägerin. Die Klägerin leitet die Schadensersatzpflicht der
Beklagten nämlich daraus her, diese habe ihr seinerzeit den Rat
erteilen müssen, nicht das Vermögen der G. als Ganzes gem. § 19
Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KapErhG auf die Klägerin zu übertragen, vielmehr
die Verschmelzung der beiden GmbHs durch Aufnahme dadurch
herbeizuführen, daß umgekehrt das Vermögen der Klägerin als Ganzes
auf die G. übertragen wird; diesem Rat wären die beteiligten
Gesellschaften gefolgt.
3. Aber auch aus diesem Sachverhalt vermag die Klägerin keine
Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte herzuleiten.
Ein aus der (behaupteten) Fehlleistung der Beklagten eventuell
resultierender Vermögensschaden der Klägerin ist nach der sog.
Differenztheorie zu ermitteln. Dies geschieht in der Form, daß ein
Vergleich von zwei Vermögenslagen des Geschädigten durchgeführt
wird: Zum einen ist die Vermögenslage festzustellen, die nach dem
(angeblich) schädigenden Ereignis tatsächlich vorliegt, sodann ist
in einem weiteren Schritt die (hypothetische) Lage zu ermitteln,
wie sie bestehen würde, wenn der Schädiger die schädigende Handlung
nicht begangen bzw. die ihm rechtlich obliegende aber von ihm
unterlassene Handlung vorgenommen hätte. Die Differenz zwischen
diesen Vermögenslagen bildet den ersatzfähigen Schaden.
Die jetzige Vermögenslage der Klägerin wird in steuerlicher
Hinsicht dadurch geprägt, daß sie in den der Verschmelzung
nachfolgenden Veranlagungszeiträumen die Verluste vortragen konnte,
die bei ihr vor der Verschmelzung eingetreten waren und die sie
selbst nach der Verschmelzung ggfls. noch erwirtschaftet hat.
Diejenigen Verluste, die vor der Verschmelzung bei der G.
entstanden waren, können hingegen von der Klägerin nicht
steuermindernd geltend gemacht werden, da die Finanzverwaltung
unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BStBl
1991 II 899) eine Óbertragung dieser Verluste auf die Klägerin
nicht zuläßt.
Dieser tatsächlichen Vermögenslage ist vergleichend der Zustand
gegenüberzustellen, der bei Befolgung des Ratschlags bestehen
würde, den die Beklagte nach der Auffassung der Klägerin schuldhaft
nicht erteilt hat. Dieser Rat hätte zwar dazu geführt, daß die
hohen Verluste der G. erhalten geblieben wären, was jedoch nur um
den Preis geschehen konnte, daß die G. als übernehmende
Gesellschaft existent blieb, wohingegen die Klägerin als eigene
Rechtsperson unterging, indem ihr Vermögen als Ganzes auf die G.
übertragen wurde und sie so mit dieser verschmolz. Es fehlt damit
eine hypothetische Vermögenslage der Klägerin, die mit ihrer
jetzt gegebenen Vermögenslage zwecks Feststellung eines ihr
entstandenen Schadens verglichen werden könnte. Bei Befolgung des
Ratschlags, den die Beklagte nach Auffassung der Klägerin hätte
erteilen sollen, wäre die Klägerin rechtlich nicht mehr existent.
Ein Eintritt eines Schadens bei der Klägerin kann mangels
vergleichbarer Vermögenslagen nicht festgestellt werden.
4. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang vorbringt
(Schriftsätze vom 29.9.1994, GA 135 und 7.12.1995, GA 542), an
dieser Erwägung könne ihr Klagebegehren nicht scheitern, da ein
Fall der Gesamtrechtsnachfolge gegeben sei und sie deshalb einen
der G. entstandenen Schaden als Rechtsnachfolgerin geltend machen
könne, kann ihr nicht beigetreten werden.
a) Ein derartiger Rechtsübergang setzt voraus, daß in der Person
der G. bereits vor der Verschmelzung ein Schaden entstanden war,
der sodann mit der Verschmelzung auf die Klägerin überging. Diese
Konstellation ist vorliegend jedoch nicht gegeben. Die G. hatte
während der gesamten Dauer ihrer Existenz die Möglichkeit, Verluste
aus früheren Jahren im Rahmen der Steuergesetze gewinnmindernd und
damit steuersparend vorzutragen. Ein bereits vor der Verschmelzung
eingetretener Schaden, der auf die Klägerin im Wege der
Rechtsnachfolge hätte übergehen können, war damit nicht gegeben.
Bei dieser Beurteilung sieht sich der Senat in Óbereinstimmung mit
der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach auf den
Gesamtrechtsnachfolger nur diejenigen Ersatzansprüche gegen einen
Schädiger übergehen können, die auch sein Rechtsvorgänger schon zur
Zeit seiner Rechtszuständigkeit hätte geltend machen können (BGH
NJW 1962, 911 = VersR 1962, 337 = JZ 1962, 708; VersR 1968, 554 =
MDR 1968, 566 = BB 1968, 566 = LM § 823 [F] BGB Nr. 25; VersR 1972,
460 = LM § 249 [Hd] BGB Nr. 15; Staudinger-Medicus, BGB, 12. Aufl.,
§ 249 RN 187).
b) Aber auch dann, wenn abweichend von der unter a) dargelegten
Auffassung anzunehmen wäre, der G. hätte bereits im Zeitpunkt der
Verschmelzung ein durchsetzbarer Schadensersatzanspruch gegen die
Beklagte zugestanden, wäre die Klägerin nicht befugt, diesen
Anspruch geltend zu machen. § 28 Abs. 2 S. 1 KapErhG bestimmt
nämlich, daß für die sich aus Abs. 1 der Vorschrift ergebenden
Ansprüche (derartige Ansprüche sind nicht Gegenstand des
vorliegenden Rechtsstreits) sowie "weitere Ansprüche, die sich für
und gegen die übertragende Gesellschaft nach den allgemeinen
Vorschriften auf Grund der Verschmelzung ergeben", die übertragende
Gesellschaft als fortbestehend gilt. Zu diesen "weiteren
Ansprüchen" gehören auch die Schadensersatzansprüche, die der
übertragenden Gesellschaft gegen Dritte aus dem Gesichtspunkt der
unerlaubten Handlung (Rowedder/Zimmermann, GmbHG, 2. Aufl., § 77
Anh RN 452) sowie gegen Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte oder
sonstige Berater wegen falscher Raterteilung bei der Verschmelzung
zustehen (Hachenburg/Schilling/Zutt, GmbHG, 7. Aufl., § 77 Anh. II
§§ 28, 29 VerschmG RN 42; Fischer/Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 12.
Aufl., Anh. Verschmelzung, § 28 KapErhG RN 10; zu der
inhaltsgleichen Regelung im AktG vgl. Geßler/Hefermehl/Grunewald,
AktG, § 349 RN 21; Schilling in Großkommentar AktG, 3. Aufl., § 349
RN 18 a.E.; Kraft in Kölner Kommentar zum AktG, 2. Aufl., § 349 RN
21). Derartige Forderungen, zu denen auch ein
Schadensersatzanspruch der G. gegen die Beklagte gehören würde (der
dann in Betracht kommt, wenn der Vortrag der Klägerin zu dem
erteilten Beratungsauftrag in ihren Schriftsätzen vom 29.9.1994, GA
127, 23.3.1995, GA 209 u. 212, und 5.7.1995, GA 294 zutrifft) sind
aufgrund der Fiktion des Fortbestehens der übertragenden
Gesellschaft von der Gesamtrechtsnachfolge ausgenommen. Sie können
nur von dem gem. § 29 KapErhG zu bestellenden "besonderen
Vertreter" für die insoweit als fortbestehend fingierte
übertragende Gesellschaft geltend gemacht werden.
5. Der von der Klägerin in ihrer Berufungsbegründung (GA 212)
vertretenen Auffassung, da Schäden der vorliegenden Art letztlich
bei den Gesellschaftern entstünden, diese aber nicht
anspruchsberechtigt seien, weil der Beratervertrag nicht mit ihnen,
sondern mit den Gesellschaften bestanden habe, müsse sie selbst -
notfalls im Wege der Drittschadensliquidation - als
anspruchsberechtigt angesehen werden, kann nicht gefolgt
werden.
a) Dabei kann unterstellt werden, daß den Gesellschaftern der
Klägerin ein Schaden dadurch entstanden ist, daß infolge höherer
Steuerbelastung der Klägerin der zu ihren Gunsten
ausschüttungsfähige Gewinn geschmälert worden ist. Dieser von den
Gesellschaftern der Klägerin erlittene Schaden stimmt nämlich
betragsmäßig nicht mit dem Schaden überein, den die Klägerin
vorliegend geltend macht. Die Ermittlung des Schadens der
Gesellschafter müßte nach gänzlich anderen Regeln erfolgen als die
Schadensberechnung, die die Klägerin zur Begründung ihres
Klageantrags angestellt hat, so daß eine auf diesen Gesichtspunkt
gestützte Klage schon mangels schlüssiger Begründung der
Ersatzforderung abzuweisen ist.
b) Aber auch dann, wenn diese Bedenken gegen das
Schadensersatzbegehren nicht bestehen würden, hätte die Klage
keinen Erfolg. Die GmbH einerseits und ihre Gesellschafter
andererseits sind nämlich verschiedene Rechtssubjekte, die auch
schadensrechtlich getrennt voneinander zu beurteilen sind; dies
gilt auch für die Einmann-GmbH (BGH NJW-RR 1992, 290, 291 = LM §
249 [A] Nr. 93; MK-Grunsky, BGB, 3. Aufl., § 249 RN 115a). Es ist
nicht ersichtlich, weshalb die Klägerin befugt sein sollte, diesen
fremden Schaden einzuklagen.
c) Es ist auch kein Fall der Drittschadensliquidation
gegeben.
Die Drittschadensliquidation, die regelmäßig nur bei
vertraglichen Ansprüchen in Betracht kommt, wird für die
Grundsituation zugelassen, daß der Schaden, der an sich bei dem
anspruchsberechtigten Vertragspartner eintreten müßte, aufgrund
besonderer vertraglicher oder gesetzlicher Regelungen auf einen
außerhalb des Vertragsverhältnisses stehenden Dritten verlagert
worden ist, der seinerseits gegenüber dem Schädiger keine
vertraglichen Ansprüche besitzt. Diese Schadensverlagerung auf den
Dritten soll dem Schädiger nicht zugute kommen; aus diesem Grund
wird sein Vertragspartner für befugt angesehen, den bei dem Dritten
eingetretenen Schaden ihm gegenüber zu liquidieren
(Palandt-Heinrichs, BGB, 55. Aufl., vor § 249 RN 112 ff). Anerkannt
wird die Drittschadensliquidation für bestimmte Fallgruppen, in
denen typischerweise eine derartige Schadensverlagerung eintritt,
so bei der mittelbaren Stellvertretung, bei Treuhandverhältnissen,
bei Obhutsverhältnissen und Fällen der obligatorischen
Gefahrentlastung (vgl. Palandt a.a.O. RN 115 ff und
Staudinger-Medicus a.a.O. RN 193 ff). Hier ist jedoch kein
vergleichbarer Fall einer Schadensverlagerung gegeben. Denn wenn
ein von einer GmbH (oder sonstigen juristischen Person)
beauftragter Steuerberater falsche Ratschläge erteilt, führt dies
regelmäßig zu einem Schaden bei der GmbH selbst; die Gesellschafter
können daneben auch noch geschädigt sein, dies aber nicht aufgrund
einer Risikoverlagerung von der Gesellschaft auf sie, sondern
deshalb, weil auch ihre Interessen mittelbar betroffen sein können.
Ist ein Schaden der GmbH aus den im Einzelfall vorliegend
besonderen Umständen heraus ausnahmsweise nicht gegeben, so ist
dies kein ausreichender Grund, ihr über das Rechtsinstitut der
Drittschadensliquidation die Möglichkeit zu eröffnen, den Schaden
ihrer Gesellschafter geltend zu machen. Eine sachgerechte Lösung
des Problems erscheint auf anderem Weg möglich. Denn wenn der
Beratervertrag nicht nur zwischen der Gesellschaft und dem
Steuerberater zustande gekommen ist, sondern auch die
Gesellschafter selbst als (Mit-) Auftraggeber anzusehen sind,
stehen ihnen bei nicht ordnungsgemäßer Erfüllung unmittelbar eigene
vertragliche Ansprüche zu und es ist nicht ersichtlich, weshalb sie
diese Ansprüche nicht auch selbst gerichtlich verfolgen sollten.
Sind die Gesellschafter nicht Vertragspartner, wäre zu prüfen, ob
der Beratervertrag nicht als Vertrag mit Schutzwirkung für die
Gesellschafter anzusehen ist (vgl. z.B. den Fall BGH WM 1985, 1485
= NJW 1986, 581, dem ein Beratervertrag zwischen den
Gründungsgesellschaftern einer GmbH und einem Rechtsanwalt
zugrundelag und von dem angenommen wurde, daß die GmbH in seinen
Schutzbereich einbezogen war, sowie Gräfe/Lenzen/Rainer,
Steuerberaterhaftung, 2. Aufl., RN 434 ff, 448). Weitere
Ausführungen zu dieser Frage erübrigen sich vorliegend, da die
Klägerin eine Abtretung von Schadensersatzansprüchen ihrer
Gesellschafter an sich nicht - auch nicht hilfsweise - vorträgt und
es zudem an einer schlüssigen Begründung zur Höhe eines solchen
Anspruchs fehlen würde (s. oben a)).
6. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs.
1, 91, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Beschwer der Klägerin und Berufungsstreitwert: bis 1,7 Mio DM
(vgl. Beschluß vom 28.9.1995, GA 465)
OLG Köln:
Urteil v. 29.02.1996
Az: 12 U 3/95
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/0b642e902c8f/OLG-Koeln_Urteil_vom_29-Februar-1996_Az_12-U-3-95