Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. Januar 2003
Aktenzeichen: 30 W (pat) 29/02

(BPatG: Beschluss v. 27.01.2003, Az.: 30 W (pat) 29/02)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. November 2001 aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren "Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Text, Audio, Bild, Video und anderen Daten in analoger und digitaler Repräsentation, sowie zur Bearbeitung und Weiterleitung, zum Sammeln und Suchen, zum Speichern und Sichern, zum Verarbeiten und Übersetzen dieser Daten; magnetische, optische und andere Aufzeichnungsträger ohne darauf aufgezeichnete Information" zurückgewiesen worden ist.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die BezeichnungmyWebAssistant.defür die Waren und Dienstleistungen

"Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Text, Audio, Bild, Video und anderen Daten in analoger und digitaler Repräsentation, sowie zur Bearbeitung und Weiterleitung, zum Sammeln und Suchen, zum Speichern und Sichern, zum Verarbeiten und Übersetzen dieser Daten;

magnetische, optische und andere Aufzeichnungsträger mit und ohne darauf aufgezeichneter Information;

Telekommunikation;

Aus- und Weiterbildung, Beratung und Kongresse auf den Gebieten der Softwaretechnik, der Informations- und Telekommunikationstechnologie;

Software und elektronische Inhalte zur Unterhaltung, Aus- und Weiterbildung;

Entwicklung, Erstellen und Lizenzierung von Software und elektronischen Inhalten;

Dienstleistungen eines Informatikers, Rechenzentrums und Datenbank-Anbieters, sowie die Vermittlung dieser Dienstleistungen;

Vermittlung und Vermietung von Zugriffszeiten zu Datenbanken und Netzen, insbesondere im Internet;

wissenschaftliche und industrielle Forschung auf den Gebieten der Softwaretechnik, der Informations- und Telekommunikationstechnologie."

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat durch Beschluß des Prüfers die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft insgesamt zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, die angemeldete Bezeichnung werde ohne Rücksicht auf die angefügte Angabe der Top-Level-Domain als "mein Web-Assistant" oder "mein Assistent für das Internet" und damit als Hinweis auf Art, Zwecke und Anwendungsgebiet der beanspruchten Waren und Dienstleistungen verstanden.

Der Anmelder hat Beschwerde eingelegt, diese jedoch nicht begründet und auch keinen Sachantrag gestellt.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg.

1. Die Markenstelle hat die Anmeldung für die softwarebezogenen Waren der Klasse 9, nämlich "magnetische, optische und andere Aufzeichnungsträger mit darauf aufgezeichneter Information; Software und elektronische Inhalte zur Unterhaltung, Aus- und Weiterbildung" sowie für sämtliche Dienstleistungen zu Recht zurückgewiesen.

In diesem Umfang liegt eine nach § 8 Absatz 2 Nr 2 Markengesetz freihaltungsbedürftige Sachangabe vor.

Die angemeldete Bezeichnung besteht in ihrem Kern aus der Wortverbindung "WebAssistant". Darunter ist auf dem Softwaresektor ein "Assistenzprogramm", also ein Hilfsprogramm für das World Wide Web zu verstehen, mithin ein Programm, das den Anwender bei der Nutzung des World Wide Web unterstützt. Wegen der einzelnen Nachweise wird auf die, gegen denselben Anmelder ergangene Entscheidung des 24. Senats vom 30. August 2002 - WebAssistant (PAVIS PROMA, Kliems, 24 W (pat) 210/01) Bezug genommen. Daneben wird "WebAssistant" auch als Berufsbezeichnung für Personen gebraucht, die insbesondere bei der Pflege und Entwicklung von Webseiten beraten (BPatG aaO).

In zumindest einer dieser vorgenannten Bedeutungen liegt für die vorgenannten Waren und Dienstleistungen eine beschreibende Sachangabe vor (BPatG aaO).

Für die angesprochenen, technisch interessierten und zumindest mit dem Grundwortschatz der englischen Sprache vertrauten Verkehrskreise ist die Bedeutung von "WebAssistant" auch ohne weiteres verständlich.

Die innerhalb dieses Begriffs gewählte Binnengroßschreibung, die sich weiterhin im Gesamtzeichen auch in dem Bestandteil "Web" findet, wirkt nicht schutzbegründend. Bei der Zusammenziehung von Einzelbegriffen, ggf unter Weglassung eines sonst üblichen Leerzeichens, und der Großschreibung des jeweiligen Anfangslauts handelt es sich um eine weit verbreitete, werbeübliche Gestaltung. Diese trägt zudem dazu bei, daß die jeweiligen Einzelbegriffe auch als solche erkannt und nicht als Teil einer Phantasiebezeichnung angesehen werden.

Auch das vorangestellte englische Possessivpronomen "my" führt nicht vom beschreibenden Aussageinhalt der Gesamtbezeichnung weg. Eine derartige Individualisierung ist weit verbreitet und im Internet durch eine Vielzahl von Fundstellen als werbeüblich zu belegen (Senat, PAVIS PROMA, Knoll, 30 W (pat) 138/01 - myMusicScore mwNachw).

Bei dem Zeichenbestandteil ".de" handelt es sich um einen überaus häufig anzutreffenden und als solchen auch erkennbaren Bestandteil von Internet-Adressen, dem keine eigenständige kennzeichnende Bedeutung zukommt (vgl BPatG BlPMZ 2000, 294 - http://www.cyberlaw.de; BPatG PAVIS PROMA, Knoll, 33 W (pat) 260/00 - eCollect.de; 33 W (pat) 29/02 - reise.de; 27 W (pat) 216/00 - 1stBavarianOnlineshop.com).

Der angemeldeten Bezeichnung fehlt darüber hinaus im dargestellten Umfang auch jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Absatz 2 Nr 1 Markengesetz. Wegen des beschreibenden Inhalts wird der Verkehr für die genannten Waren und Dienstleistungen eine Sachangabe, nicht jedoch einen Hinweis auf die Herkunft der damit gekennzeichneten Produkte aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb sehen.

2. Demgegenüber hat die Beschwerde für die im Tenor genannten Waren der Klasse 9 Erfolg.

In diesem Umfang kann das Vorliegen einer beschreibenden Sachangabe nicht festgestellt werden. Der Begriff "Assistant" ist in erster Linie ein softwarebezogener Fachbegriff (BPatG, PAVIS PROMA, Knoll, 24 W (pat) 253/96 - INFOASSISTANT). Zwar erscheint es nicht ausgeschlossen, daß auch Hilfsprogramme eine bestimmte Hardware-Umgebung voraussetzen und mithin im gegenständlichen Zeichen eine Bestimmungsangabe für eine entsprechende "hardwareseitige" Datentechnik gesehen werden könnte. Gleichwohl dürfte ein derartiges Verkehrsverständnis nicht im Vordergrund stehen. Dagegen spricht insbesondere, daß die derzeit zum Einsatz kommende Computer-Hardware überwiegend plattformbezogen auf bestimmte Industriestandards aufsetzt. Diesen Standards lassen sich üblicherweise bestimmte Betriebssystemtypen zuordnen, für die wiederum spezielle Anwenderprogramme erstellt werden. Derartige Programme lassen sich regelmäßig mit ihrem vollen Leistungsumfang auf jedem Rechner des jeweiligen Standards einsetzen, ohne daß für die spezielle "Assistenzfunktionen", die einen Teil oder das ganze Produkt ausmachen können, besondere Hardwareausstattungen erforderlich sind.

Dr. Buchetmann Winter Schramm Hu






BPatG:
Beschluss v. 27.01.2003
Az: 30 W (pat) 29/02


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