Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. Mai 2011
Aktenzeichen: 7 W (pat) 303/09
(BPatG: Beschluss v. 13.05.2011, Az.: 7 W (pat) 303/09)
Tenor
Das Patent 103 25 105 wird widerrufen.
Gründe
I.
Das Patent 103 25 105 mit der Bezeichnung Betätigbarer Deckel im Innenraum eines Fahrzeugswurde durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B60N des Deutschen Patentund Markenamts vom 30. Juni 2004 erteilt. Anmeldetag der zugehörigen Patentanmeldung ist der 3. Juni 2003.
Im Prüfungsverfahren ist neben der von der Anmelderin selbst genannten Druckschrift D1 DE 101 00 310 A1 unter anderem die Druckschrift D2 US 5, 800,005 berücksichtigt worden.
Gegen die am 2. Dezember 2004 veröffentlichte Erteilung hat die Einsprechende am 22. Februar 2005 Einspruch mit dem Antrag erhoben, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen, da sein Gegenstand nicht patentfähig sei. Hierzu nennt sie als Stand der Technik die Druckschriften E1 DE3807880A1 und E2 DE 84 37 440 U1.
Des Weiteren macht sie eine offenkundige Vorbenutzung geltend, die sie auf Fotos eines Ablagefachs mit Deckel, welches seit 1995 in der E-Klasse der Fa. Mercedes Benz in Serie eingebaut gewesen sein soll (im Folgenden: E3) und die Zeugen B..., S..., beide zu laden über die Einsprechende sowie das "Zeugnis N.N. durch Mitarbeiter der Fa. M..." sowie wei terer Nachweise stützt.
Zu der im Einspruchsverfahren bzw. in der mündlichen Verhandlung vorgenommenen Änderung der jeweiligen Patentansprüche führt die Einsprechende unter zusätzlicher Nennung unter anderem der Druckschriften E4 DE 195 28 488 C1 und E5 DE 101 37 533 A1 sowie mit Verweis auf die im Prüfungsverfahren genannte Druckschrift D1 und D2 aus, dass auch diese Anspruchsfassungen nichts Patentfähiges enthalten. Zudem stellt sie die Ausführbarkeit der jeweiligen technischen Lehre sowie die ursprüngliche Offenbarung der vorgenommenen Änderungen in Frage.
Die Einsprechende stellt den Antrag, das Patent 103 25 105 zu widerrufen.
Die Patentinhaberin stellt den Antrag, das Patent 103 25 105 mit den folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht zu erhalten:
-Patentansprüche 1 bis 11 in der in der mündlichen Verhandlung vom 13. Mai 2011 überreichten, als "Hauptantrag" überschriebenen Fassung -Beschreibung und Zeichnungen laut Patentanschrift, jedoch mit der Maßgabe, dass in Absatz [0025] der Beschreibung auf Seite 4/11 re. Spalte Zeile 4 und 5 der Begriff "Relationsbewegung" durch "Rotationsbewegung" ersetzt wird.
Hilfsweise beantragt sie, 1. Hilfsantragdas Patent 103 25 105 mit den folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht zu erhalten:
-Patentansprüche 1 bis 11 in der in der mündlichen Verhandlung vom 13. Mai 2011 überreichten, als "Hilfsantrag I" überschriebenen Fassung -entsprechend anzupassender Beschreibung und Zeichnungen laut Patentanschrift, jedoch mit der Maßgabe, dass in Absatz [0025] der Beschreibung auf Seite 4/11 re. Spalte Zeile 4 und 5 der Begriff "Relationsbewegung" durch "Rotationsbewegung" ersetzt wird.
2. Hilfsantragdas Patent 103 25 105 mit den folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht zu erhalten:
-Patentansprüche 1 bis 9 in der in der mündlichen Verhandlung vom 13. Mai 2011 überreichten, als "Hilfsantrag II" überschriebenen Fassung -entsprechend anzupassender Beschreibung und Zeichnungen laut Patentanschrift, jedoch mit der Maßgabe, dass in Absatz [0025] der Beschreibung auf Seite 4/11 re. Spalte Zeile 4 und 5 der Begriff "Relationsbewegung" durch "Rotationsbewegung" ersetzt wird.
3. Hilfsantragdas Patent 103 25 105 mit den folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht zu erhalten:
-Patentansprüche 1 bis 11 in der in der mündlichen Verhandlung vom 13. Mai 2011 überreichten, als "Hilfsantrag III" überschriebenen Fassung -entsprechend anzupassender Beschreibung und Zeichnungen laut Patentanschrift, jedoch mit der Maßgabe, dass in Absatz [0025] der Beschreibung auf Seite 4/11 re. Spalte Zeile 4 und 5 der Begriff "Relationsbewegung" durch "Rotationsbewegung" ersetzt wird.
4. Hilfsantragdas Patent 103 25 105 mit den folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht zu erhalten:
-Patentansprüche 1 bis 9 in der in der mündlichen Verhandlung vom 13. Mai 2011 überreichten, als "Hilfsantrag IV" überschriebenen Fassung -entsprechend anzupassender Beschreibung und Zeichnungen laut Patentanschrift, jedoch mit der Maßgabe, dass in Absatz [0025] der Beschreibung auf Seite 4/11 re. Spalte Zeile 4 und 5 der Begriff "Relationsbewegung" durch "Rotationsbewegung" ersetzt wird.
5. Hilfsantragdas Patent 103 25 105 mit den folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht zu erhalten:
-Patentansprüche 1 bis 11 in der in der mündlichen Verhandlung vom 13. Mai 2011 überreichten, als "Hilfsantrag V" überschriebenen Fassung -entsprechend anzupassender Beschreibung und Zeichnungen laut Patentanschrift, jedoch mit der Maßgabe, dass in Absatz [0025] der Beschreibung auf Seite 4/11 re. Spalte Zeile 4 und 5 der Begriff "Relationsbewegung" durch "Rotationsbewegung" ersetzt wird.
6. Hilfsantragdas Patent 103 25 105 mit den folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht zu erhalten:
-Patentansprüche 1 bis 11 in der in der mündlichen Verhandlung vom 13. Mai 2011 überreichten, als "Hilfsantrag VI" überschriebenen Fassung -entsprechend anzupassender Beschreibung und Zeichnungen laut Patentanschrift, jedoch mit der Maßgabe, dass in Absatz [0025] der Beschreibung auf Seite 4/11 re. Spalte Zeile 4 und 5 der Begriff "Relationsbewegung" durch "Rotationsbewegung" ersetzt wird.
Die Patentinhaberin tritt den Ausführungen der Einsprechenden im Einzelnen entgegen. Sie rügt eine mangelnde Substantiierung der offenkundigen Vorbenutzung. Im Übrigen verteidigt sie ihr Patent mit geänderten Anspruchsätzen gemäß Hauptantrag bzw. den Hilfsanträgen 1 bis 6, die jeweils ausführbar und gegenüber dem Stand der Technik neu und patentfähig seien.
In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten ihre jeweiligen Standpunkte aufrechterhalten und vertieft.
Der jeweilige Patentanspruch 1 nach Hauptantrag bzw. nach den Hilfsanträgen 1 bis 6 lautet (mit angefügter Merkmalsgliederung)
Hauptantrag M1 Durch einen Benutzer betätigbarer Deckel (14) im Innenraum eines Fahrzeugs zur Bedeckung eines Grundkörpers (12), insbesondere eines Aschers, Cupholders oder Ablagefachs, wobei M2 der Deckel (14) über in Führungen (18) laufende gekrümmte Schienen
(16)
in einer ersten Bewegungsrichtung sowie einer zweiten Bewegungsrichtung zwischen einer ersten, geschlossenen, den Grundkörper (12) bedeckenden Endposition und einer zweiten, geöffneten, den Grundkörper
(12)
freilegenden Endposition hinund herbewegbar ist;
M3 der Deckel (14) in der ersten Bewegungsrichtung zwischen der ersten und der zweiten Endposition vom Benutzer unter gleichzeitigem Verformen eines elastischen Elements (22) manuell bewegbar ist;
M4 der Deckel (14) in der zweiten Bewegungsrichtung selbsttätig durch das elastische Element (22) bewegbar ist; und M5 die Krümmung der Schienen (16) den Bewegungsablauf beim Öffnen und Schließen des Deckels bestimmt.
Hilfsantrag 1 M1' Durch einen Benutzer betätigbarer und als Armlehne geeigneter Deckel
(14) zum Verschließen eines Stauraums (12) in einer Mittelkonsole eines Fahrzeugs, wobei M2 der Deckel (14) über in Führungen (18) laufende gekrümmte Schienen
(16) in einer ersten Bewegungsrichtung sowie einer zweiten Bewegungsrichtung zwischen einer ersten, geschlossenen, den Stauraum (12) bedeckenden Endposition und einer zweiten, geöffneten, den Stauraum (12) freilegenden Endposition hinund herbewegbar ist;
M3 der Deckel (14) in der ersten Bewegungsrichtung zwischen der ersten und der zweiten Endposition vom Benutzer unter gleichzeitigem Verformen eines elastischen Elements (22) manuell bewegbar ist;
M4 der Deckel (14) in der zweiten Bewegungsrichtung selbsttätig durch das elastische Element (22) bewegbar ist; und M5 die Krümmung der Schienen (16) den Bewegungsablauf beim Öffnen und Schließen des Deckels bestimmt.
Hilfsantrag 2 M1 Durch einen Benutzer betätigbarer Deckel (14) im Innenraum eines Fahrzeugs, zur Bedeckung eines Grundkörpers (12), insbesondere eines Aschers, Cupholders oder Ablagefachs, wobei M2 der Deckel (14) über in Führungen (18) laufende gekrümmte Schienen
(16)
in einer ersten Bewegungsrichtung sowie einer zweiten Bewegungsrichtung zwischen einer ersten, geschlossenen, den Grundkörper (12) bedeckenden Endposition und einer zweiten, geöffneten, den Grundkörper
(12)
freilegenden Endposition hinund herbewegbar ist;
M3 der Deckel (14) in der ersten Bewegungsrichtung zwischen der ersten und der zweiten Endposition vom Benutzer unter gleichzeitigem Verformen eines elastischen Elements (22) manuell bewegbar ist;
M4 der Deckel (14) in der zweiten Bewegungsrichtung selbsttätig durch das elastische Element (22) bewegbar ist;
M5 die Krümmung der Schienen (16) den Bewegungsablauf beim Öffnen und Schließen des Deckels bestimmt;
M6 das elastische Element eine Zugfeder (22) ist, die in der zweiten Endposition gespannt ist; und M7 der Deckel (14) in der ersten Endposition ein Ablagefach (12) in der Mittelkonsole zwischen den Sitzen eines Kraftfahrzeugs bedeckt.
Hilfsantrag 3 M1' Durch einen Benutzer betätigbarer und als Armlehne geeigneter Deckel
(14) zum Verschließen eines Stauraums (12) in einer Mittelkonsole eines Fahrzeugs, wobei M2 der Deckel (14) über in Führungen (18) laufende gekrümmte Schienen
(16) in einer ersten Bewegungsrichtung sowie einer zweiten Bewegungsrichtung zwischen einer ersten, geschlossenen, den Stauraum (12) bedeckenden Endposition und einer zweiten, geöffneten, den Stauraum (12) freilegenden Endposition hinund herbewegbar ist;
M3 der Deckel (14) in der ersten Bewegungsrichtung zwischen der ersten und der zweiten Endposition vom Benutzer unter gleichzeitigem Verformen eines elastischen Elements (22) manuell bewegbar ist;
M4 der Deckel (14) in der zweiten Bewegungsrichtung selbsttätig durch das elastische Element (22) bewegbar ist;
M5 die Krümmung der Schienen (16) den Bewegungsablauf beim Öffnen und Schließen des Deckels bestimmt, und M8 die Führungen (18) in die Seitenwandungen des Stauraums (12) integriert sind oder getrennt vorgesehen sind und an den Seitenwandungen des Stauraums (12) befestigt sind.
Hilfsantrag 4 M1 Durch einen Benutzer betätigbarer Deckel (14) im Innenraum eines Fahrzeugs, zur Bedeckung eines Grundkörpers (12), insbesondere eines Aschers, Cupholders oder Ablagefachs, wobei M2 der Deckel (14) über in Führungen (18) laufende gekrümmte Schienen
(16)
in einer ersten Bewegungsrichtung sowie einer zweiten Bewegungsrichtung zwischen einer ersten, geschlossenen, den Grundkörper (12) bedeckenden Endposition und einer zweiten, geöffneten, den Grundkörper
(12)
freilegenden Endposition hinund herbewegbar ist;
M3 der Deckel (14) in der ersten Bewegungsrichtung zwischen der ersten und der zweiten Endposition vom Benutzer unter gleichzeitigem Verformen eines elastischen Elements (22) manuell bewegbar ist;
M4 der Deckel (14) in der zweiten Bewegungsrichtung selbsttätig durch das elastische Element (22) bewegbar ist;
M5 die Krümmung der Schienen (16) den Bewegungsablauf beim Öffnen und Schließen des Deckels bestimmt;
M6 das elastische Element eine Zugfeder (22) ist, die in der zweiten Endposition gespannt ist;
M7 der Deckel (14) in der ersten Endposition ein Ablagefach (12) in der Mittelkonsole zwischen den Sitzen eines Kraftfahrzeugs bedeckt; und M9 in der geschlossenen Position des Deckels (14) das stirnseitige Ende der Schiene (16) nicht bis an das Ende der Führung (18) heranreicht, so dass ein Aufnahmeraum (20) verbleibt, in dem sich die Zugfeder (22) befindet.
Hilfsantrag 5 M1 Durch einen Benutzer betätigbarer Deckel (14) im Innenraum eines Fahrzeugs, zur Bedeckung eines Grundkörpers (12), insbesondere eines Aschers, Cupholders oder Ablagefachs, wobei M2 der Deckel (14) über in Führungen (18) laufende gekrümmte Schienen
(16)
in einer ersten Bewegungsrichtung sowie einer zweiten Bewegungsrichtung zwischen einer ersten, geschlossenen, den Grundkörper (12) bedeckenden Endposition und einer zweiten, geöffneten, den Grundkörper
(12)
freilegenden Endposition hinund herbewegbar ist;
M3 der Deckel (14) in der ersten Bewegungsrichtung zwischen der ersten und der zweiten Endposition vom Benutzer unter gleichzeitigem Verformen eines elastischen Elements (22) manuell bewegbar ist;
M4 der Deckel (14) in der zweiten Bewegungsrichtung selbsttätig durch das elastische Element (22) bewegbar ist;
M5 die Krümmung der Schienen (16) den Bewegungsablauf beim Öffnen und Schließen des Deckels bestimmt; und M10 die Führungen (18) entsprechend den Schienen (16) gekrümmt sind.
Hilfsantrag 6 M1 Durch einen Benutzer betätigbarer Deckel (14) im Innenraum eines Fahrzeugs, zur Bedeckung eines Grundkörpers (12), insbesondere eines Aschers, Cupholders oder Ablagefachs, wobei M2 der Deckel (14) über in Führungen (18) laufende gekrümmte Schienen
(16)
in einer ersten Bewegungsrichtung sowie einer zweiten Bewegungsrichtung zwischen einer ersten, geschlossenen, den Grundkörper (12) bedeckenden Endposition und einer zweiten, geöffneten, den Grundkörper
(12)
freilegenden Endposition hinund herbewegbar ist;
M3 der Deckel (14) in der ersten Bewegungsrichtung zwischen der ersten und der zweiten Endposition vom Benutzer unter gleichzeitigem Verformen eines elastischen Elements (22) manuell bewegbar ist;
M4 der Deckel (14) in der zweiten Bewegungsrichtung selbsttätig durch das elastische Element (22) bewegbar ist;
M5' ausschließlich die Krümmung der Schienen (16) die Bewegungsrichtung beim Öffnen und Schließen des Deckels bestimmt; und M10 die Führungen (18) entsprechend den Schienen (16) gekrümmt sind.
Wegen den jeweils nebengeordneten, eine Mittelkonsole eines Kraftfahrzeugs betreffenden, Ansprüchen 9 (Hauptantrag, Hilfsantrag 1, 3, 5, 6) bzw. 7 (Hilfsantrag 2, 4) sowie wegen der weiteren abhängigen Ansprüche wird auf das Streitpatent bzw. den Akteninhalt verwiesen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. A. Der Senat ist für die Entscheidung im vorliegenden Einspruchsverfahren auch nach der -mit Wirkung vom 1. Juli 2006 erfolgten -Aufhebung der Übergangsvorschriften des § 147 Abs. 3 PatG auf Grund des Grundsatzes der "perpetuatio fori" gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO analog i. V. m. § 99 Abs. 1 PatG zuständig (vgl. BGH GRUR 2009, 184, 185 -Ventilsteuerung; GRUR 2007, 862 f. -Informationsübermittlungsverfahren II).
B. Der zulässige Einspruch hat in der Sache Erfolg. Das Patent 103 25 105 ist zu widerrufen, weil der jeweilige Gegenstand der geltenden Ansprüche 1 nach Hauptantrag bzw. nach den Hilfsanträgen 1 bis 6 nicht patentfähig ist.
1. Die Zulässigkeit des Einspruchs ist von der Patentinhaberin zwar nicht in Frage gestellt worden. Jedoch haben Patentamt und Gericht auch ohne Antrag der Patentinhaberin die Zulässigkeit des Einspruchs in jedem Verfahrensstadium von Amts wegen zu überprüfen (vgl. Schulte, PatG, 8. Auflage, § 59, Rdn. 160), da ein unzulässiger -einziger -Einspruch zur Beendigung des Einspruchsverfahrens ohne weitere Sachprüfung über die Rechtsbeständigkeit des Streitpatents führt (vgl. hierzu Schulte, PatG, 8. Auflage, § 61, Rdn. 23; BGH GRUR 1987, 513, II.1. -"Streichgarn"). Im vorliegenden Fall bestehen gegen die Zulässigkeit des Einspruchs keine Bedenken, da die Einsprechende innerhalb der Einspruchsfrist den Widerrufsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht und dazu die Tatsachen im einzelnenangegeben hat, aus denen sich ergeben soll, dass das Patent zu widerrufen ist (vgl. hierzu BGH BlPMZ 1988, 250, Leitsatz, 251, liSp, Abs. 1-"Epoxidation"; Schulte, PatG, 8. Auflage, § 59 Rdn. 106 bis 110).
2. Das Streitpatent betrifft einen durch einen Benutzer betätigbaren Deckel im Innenraum eines Fahrzeugs sowie eine Mittelkonsole eines Kraftfahrzeugs mit einem Ablagefach zwischen den Sitzen des Kraftfahrzeugs mit einem derartigen Deckel.
Solche Deckel sind dem Fachmann für die vorstehend genannten verschiedensten Anwendungen prinzipiell bekannt (vgl. Streitpatent, Abs. [0002] bis [0009]). Beispielsweise beschreibt die von der Anmelderin selbst als Stand der Technik genannte Druckschrift D1 einen als Armlehne dienenden Deckel für ein Ablagefach zwischen den Frontsitzen eines Fahrzeugs, der von einer ersten Stellung, in der er den Ablageraum schließt, in eine zweite Stellung bewegt werden kann, in der der Ablageraum geöffnet ist und der Deckel in dieser Stellung als Armauflage dient. Die Bewegung des Deckels erfolgt bei der D1 durch eine Parallelogrammführung. Der Deckel ist dabei manuell bedienbar, was bei der entsprechenden Bedienung zu einer Ablenkung des Fahrers führt (vgl. Streitpatent Abs. [0005] i. V. m. Abs. [0011] le Satz).
Ausgehend vom bekannten Stand der Technik liegt dem Streitpatent das technische Problem zugrunde, einen durch einen Benutzer betätigbaren Deckel [bzw. eine Mittelkonsole mit entsprechend ausgestaltetem Deckel] im Innenraum eines Fahrzeugs vorzuschlagen, der einen erhöhten Bedienkomfort bietet (vgl. Streitpatent Abs. [0009]).
Dieses technische Problem wird durch einen Deckel mit den Merkmalen der geltenden Ansprüche 1 nach Hauptantrag bzw. nach den Hilfsanträgen 1 bis 6 sowie durch eine Mittelkonsole mit den Merkmalen des Anspruchs 9 nach Hauptantrag bzw. der Hilfsanträge 1, 3, 5 und 6 bzw. durch eine Mittelkonsole mit den Merkmalen des Anspruchs 7 nach den Hilfsanträgen 2 und 4 gelöst.
Der Erfindung liegt der Gedanke zugrunde, einen durch einen Benutzer betätigbaren Deckel im Innenraum eines Fahrzeugs so auszugestalten, dass der Deckel über in Führungen laufende Schienen in einer ersten Bewegungsrichtung sowie einer zweiten Bewegungsrichtung zwischen einer ersten, den Grundkörper abdeckenden Endposition und einer zweiten, den Grundkörper freilegenden Endposition hin und her bewegbar ist. Dabei ist der Deckel in der ersten Bewegungsrichtung zwischen der ersten und der zweiten Endposition vom Benutzer unter gleichzeitigem Verformen eines elastischen Elements manuell bewegbar und in der zweiten, entgegengesetzten Bewegungsrichtung selbsttätig durch das elastische Element bewegbar. Mit anderen Worten muss der Benutzer nur in einer Bewegungsrichtung zwischen den beiden Endpositionen den Deckel von Hand betätigen, während in der entgegengesetzten Bewegungsrichtung dies selbsttätig erfolgt. Der Benutzer muss somit beispielsweise den Deckel nur noch öffnen, während die gewünschte Schließbewegung selbsttätig erfolgt. Damit wird die Ablenkung des Fahrers während des Führens des Kraftfahrzeuges möglichst gering gehalten (vgl. Streitpatent, Abs. [0011]). Je nach Formulierung des jeweiligen Anspruchs 1 nach Hauptantrag bzw. nach einem der Hilfsanträge ist dabei der Deckel zur Bedeckung eines Grundkörpers, insbesondere eines Aschers, Cupholders oder eines Ablagefachs geeignet (Hauptantrag, Hilfsantrag 2, 4 bis 6) oder der Deckel ist als Armlehne geeignet und dient zum Verschließen eines Stauraums bzw. eines Ablagefachs 12 in einer Mittelkonsole eines Fahrzeugs (Hilfsantrag 1 und 3).
3. Der jeweilige Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag bzw. nach einem der Hilfsanträge 1 bis 6 ist unter Berücksichtigung der Druckschrift E5 bzw. einer Kombination der Druckschriften D1 und E5 nicht patentfähig. Die von der Einsprechenden vorgetragene offenkundige Vorbenutzung nach E3 kann daher ebenso dahinstehen wie die Fragen der Zulässigkeit der geänderten Unterlagen und der Ausführbarkeit der jeweiligen technischen Lehren (vgl. hierzu BGH GRUR 1991, 120, 121 li. Sp. Abs. 3 -"Elastische Bandage").
a) Hauptantrag Die Vorrichtung des Anspruchs 1 nach Hauptantrag ist neuheitschädlich durch die Druckschrift E5 vorweggenommen. Der Anspruch 1 nach Hauptantrag ist somit nicht patentfähig.
Denn Druckschrift E5 offenbart mit dem beispielsweise in Fig. 1 dargestellten Auszug 14 mit Blende 30 einen durch einen Benutzer betätigbaren Deckel im Innenraum eines Fahrzeugs zur Bedeckung eines Grundkörpers (Gehäuse 12, M1). Zwar ist der Patentinhaberin zuzustimmen, dass der entsprechende Auszug mit Blende keine bloße Abdeckung darstellt, sondern in Form einer Schublade ausgebildet ist, jedoch deckt bei eingefahrenem Auszug 14 die daran ausgebildete Blende 30 die Stirnseite des regelmäßig in eine Innenraumverkleidung eingebauten Gehäuses 12 an seiner gegen den Innenraum gerichtete Öffnung -in Übereinstimmung beispielsweise mit der Fig. 1 des Streitpatents (dortiger Deckel 14 i. V. m. Grundkörper 12) -ab. Damit besteht zwischen dem Deckel 14 des Streitpatents und dem Auszug 14 mit angebrachter Blende 30 nach der Druckschrift E5 kein Unterschied hinsichtlich deren Funktionalität zur Bedeckung eines Grundkörpers. Eine zusätzliche Funktionalität des Grundkörpers, beispielsweise die Eignung zur Aufnahme von Gegenständen als Stauraum, wie dies in der Beschreibung des Streitpatents als Ausführungsbeispiel offenbart ist, ist nicht Merkmalsbestandteil des Anspruchs 1 nach Hauptantrag und erlaubt daher keine einschränkende Auslegung des die Erfindung allgemein kennzeichnenden Patentanspruchs (vgl. BGH, GRUR 2004, 1023, 1. Leitsatz -"Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung").
Gemäß dem in Fig. 4 der Druckschrift E5 gezeigten Ausführungsbeispiel ist der dort offenbarte Deckel bzw. die Blende 30 über in am Auszug 14 angeordnete Führungen laufende gekrümmte Schienen in einer ersten Bewegungsrichtung sowie einer zweiten Bewegungsrichtung zwischen einer ersten, den Grundkörper bedeckenden Endposition und einer zweiten, den Grundkörper freilegenden Endposition hinund herbewegbar (vgl. E5, [0026], "Das Gehäuse weist seitliche kreisbogenförmig verlaufende Führungsnuten auf, in denen seitlich am Auszug angeordnete, kreisbogenförmige Führungsschienen verschiebbar einliegen.", M2). Der Deckel 30 ist dabei in der ersten Bewegungsrichtung zwischen der ersten und der zweiten Endposition vom Benutzer unter gleichzeitigem Verformen eines elastischen Elements (Rollfeder 20) manuell bewegbar (vgl. E5, Einfahrbewegung des Auszugs, M3). Weiter ist der Deckel in der zweiten Bewegungsrichtung selbsttätig durch das elastische Element bewegbar (vgl. E5, Abs. [0027] "Das Ausfahren des Auszugs erfolgt federbetätigt mittels einer Rollfeder.", M4). Darüber hinaus bestimmt die Krümmung der (Führungs-)Schienen zwangsläufig den Bewegungsablauf beim Öffnen und Schließen des Deckels, was dem Fachmann bereits durch den in der E5 verwendeten Fachbegriff "Führungsschienen" impliziert wird (M5).
Somit sind sämtliche Merkmale des Deckels nach Anspruch 1 gemäß Hauptantrag aus der Druckschrift E5 vorbekannt.
b) Hilfsantrag 1:
Der nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 auf einen als Armlehne geeigneten Deckel zum Verschließen eines Stauraums in einer Mittelkonsole eines Fahrzeugs beruht unter Berücksichtigung der Druckschriften D1 und E5 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns. Dieser ist beim vorliegenden Streitpatent als ein berufserfahrener, in der Entwicklung von Innenverkleidungsteilen vertrauter Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Fahrzeugtechnik zu definieren. Somit ist der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 nicht patentfähig.
Denn aus der Druckschrift D1 ist ein, durch einen Benutzer betätigbarer und als Armlehne geeigneter Deckel zum Verschließen eines Stauraums in einer Mittelkonsole eines Fahrzeugs bekannt (vgl. D1, bspw. Fig. 2 mit zugehöriger Beschreibung; Ablagefach 1 welches zwischen zwei Vordersitzen 2 eines Kraftfahrzeugs angeordnet ist; [0030], "...die Oberseite des Deckels 3 als Armlehne genutzt werden kann", M1'). Der Deckel ist manuell in einer ersten Bewegungsrichtung sowie einer zweiten Bewegungsrichtung zwischen einer ersten, den Stauraum bedeckenden Endposition (vgl. Fig. 1) und einer zweiten, den Stauraum freilegenden Endposition (vgl. Fig. 2) hinund herbewegbar (M2 teilweise), wobei dem Deckel durch eine parallelogrammartige Ausgestaltung des Beschlags eine bogenförmige Bewegung eingeprägt ist (vgl. D1, Abs. [0029], "Zu diesem Zweck ist der Deckel 3 an einen Beschlag 7 befestigt, der eine bogenförmige Bewegung des Deckels 3 nach oben und nach vorn ermöglicht."). Hierbei behält der Deckel seine grundsätzliche Ausrichtung bei, d. h. Oberseite bleibt Oberseite (vgl. D1, Abs. [0029]) wobei mit der Schwenkbewegung des Deckels in geöffneter Stellung eine gewisse nach vorne oder hinten ansteigende Neigung des Deckels gegenüber seiner Schließstellung bewirkt wird (vgl. D1, Abs. [0013]).
Der Fachmann erkennt bei der in D1 offenbarten Lehre, insbesondere aus der Darstellung der Parallelogrammführung in Fig. 2, als nachteilig, dass bei einer Klappbewegung des Deckels die Parallelogrammanordnung der Stege scherend wirkt, was offensichtlich zu einer erheblichen Unfallgefahr des Benutzers, beispielsweise durch das Einklemmen seiner Finger, führen kann. Daher erhält der Fachmann aus Sicherheitsaspekten heraus die Veranlassung, die vorstehend beschriebene Deckelbewegung durch einen anderen Führungsmechanismus zu realisieren, welcher vorstehend beschriebene Verletzungsgefahr nicht aufweist.
Aus der Druckschrift E5 kennt der zuständige Fachmann einen Deckel -hier den Auszug 14 mit hieran angebrachter Blende 30 -welcher geeignet ist, einen Grundkörper im Innenraum eines Fahrzeugs abzudecken (vgl. E5, Fig. 1 i. V. m. Abs. [0002], "In der eingeschobenen Nichtgebrauchsstellung ist der Auszug im Armaturenbrett des Kraftwagens versenkt, er schließt insbesondere mit einer Blende bündig mit dem Armaturenbrett ab.") und welcher den vorstehend beschriebenen Bewegungsablauf des Deckels aus Druckschrift D1 aufweist. Dabei weist die in Druckschrift E5 vorgeschlagene Lösung mittels in Führungen (Führungsnuten) verlaufender Schienen (Führungsschienen) keine unfallträchtigen scherenden Komponenten auf. Obschon die Vorrichtung der E5 einen Getränkehalter (Cupholder) betrifft, bei dem im konkreten Ausführungsbeispiel fraglich ist, ob der abgedeckte Grundkörper einen Stauraum betrifft oder nicht, ist der Fachmann aus den vorstehend ausgeführten Sicherheitsüberlegungen veranlasst, die allgemeine Lehre der E5, dass der Bewegungsablaufs des Deckels durch in Führungen laufende gekrümmte Schienen bestimmt ist, aufzugreifen und damit die als nachteilig erkannte Parallelogrammführung des Deckels nach Druckschrift D1 wirkungsgleich zu ersetzen (M2 Rest). Dabei wird er die in Druckschrift E5 unter Sicherheitsaspekten als vorteilhaft offenbarte Zugfeder selbstredend auch in der entsprechenden Vorrichtung nach Druckschrift D1 vorsehen und neben einer manuellen Deckelbewegung in einer ersten Bewegungsrichtung eine selbsttätige Bewegung des Deckels in einer zweiten Bewegungsrichtung realisieren (M3, M4). Mit Verweis auf die Ausführungen zum Anspruch 1 nach Hauptantrag bestimmt dabei die Krümmung der Schienen den Bewegungsablauf beim Öffnen und Schließen des Deckeln (M5).
Somit gelangt der Fachmann ausgehend von der Lehre der Druckschrift D1 unter Berücksichtigung der Lehre der Druckschrift E5 in nicht erfinderischer Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1.
c) Hilfsantrag 2:
Der Deckel gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 ist mangels erfinderischer Tätigkeit des Fachmanns nicht patentfähig.
Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 betrifft einen durch einen Benutzer betätigbaren Deckel eines Grundkörpers, welcher im angefügten letzten Merkmal M7 -entsprechend dem Merkmal M1' des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 -als Deckel für ein Ablagefach einer Mittelkonsole konkretisiert ist. Da das Streitpatent -wie durch die identische Verwendung des Bezugszeichens 12 ersichtlich -die Begriffe Stauraum und Ablagefach synonym verwendet, unterscheidet sich der Gegenstand des in Rede stehenden Anspruchs vom Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 lediglich durch die Merkmalsgruppe M6, wonach das elastische Element als Zugfeder ausgestaltet ist und die Festlegung, dass diese in der zweiten Endposition gespannt ist, was ein automatisches Schließen des Deckels zur Folge hat. Ob der Deckel dabei als Armlehne geeignet ist oder nicht ist nicht Bestandteil des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 und kann deshalb bei der Beurteilung der Patentfähigkeit dahinstehen.
Zu den aus Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 bekannten Merkmalen M1 bis M5 und M7 wird auf vorstehende Ausführungen verwiesen. Das jetzt hinzugenommene, zusätzliche Merkmal M6 ist ebenfalls nicht geeignet, die erfinderische Tätigkeit zu begründen, denn einerseits ist bereits in Druckschrift E5 die Verwendung einer Zugfeder offenbart (vgl. Sp. 5, Zeilen 10 und 11, "Die Rollfeder ist also als Zugfeder ausgestaltet.") und andererseits liegt die nunmehr im Vergleich zum Stand der Technik beanspruchte Verfahrensumkehr von "automatisch Öffnen" in "automatisch Schließen" bei Bedarf im Rahmen des fachmännischen Handelns, zumal auch im Streitpatent beide einzig möglichen Alternativen als völlig gleichwertig offenbart sind. (vgl. Streitpatent, Abs. [0030]).
Auch ergibt sich für den Fachmann aus der Zusammenschau des zusätzlichen Merkmals M6 mit den übrigen Merkmalen M1 bis M5 sowie M7 keine überraschende, unvorhersehbare Wirkung, so dass ihm der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 durch die Kombination der technischen Lehren der Druckschriften D1 und E5 nahegelegt wird.
d) Hilfsantrag 3:
Der Deckel des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 beruht ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns. Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 ist daher nicht patentfähig.
Anspruch 1 gem. Hilfsantrag 3 umfasst die Merkmale M1' bis M5 des Anspruchs 1 gem. Hilfsantrag 1 und das zusätzlich angefügte Merkmal M8, nämlich dass
"die Führungen (18) in die Seitenwandungen des Stauraums
(12) integriert sind oder getrennt vorgesehen sind und an den Seitenwandungen des Stauraums (12) befestigt sind."
Mit Verweis auf die entsprechenden Ausführungen zu den Merkmalen M1' bis M5 sind beide nunmehr einschränkend genannten - im Übrigen einzig möglichen -Alternativen der Anordnung der Führungen im Stauraum nicht geeignet, die erfinderische Tätigkeit zu begründen. Denn einerseits ist das Befestigen von Führungen an den Seitenwandungen des Stauraums bereits von der Parallelogrammführung der Druckschrift D1 bekannt, andererseits ist die Integration der Führungen in die Seitenwand aus der Vorrichtung der Druckschrift E5 bekannt (vgl. E5, Fig. 1 i. V .m. Spalte 4, Zeilen 58 und 59, "Das Gehäuse 12 weist seitliche, kreisbogenförmig verlaufende Führungsnuten 16 auf,...").
Somit sind beide mit dem Merkmal M8 beanspruchten einschränkenden Alternativen der nicht patentfähigen Vorrichtung mit den Merkmalen M1' bis M5 für den Fachmann naheliegend; der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns.
e) Hilfsantrag 4:
Der Deckel des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 4 beruht ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns. Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 4 ist daher nicht patentfähig.
Anspruch 1 gem. Hilfsantrag 4 umfasst die Merkmale M1 bis M7 des Anspruchs 1 gem. Hilfsantrag 2 und das zusätzlich angefügte Merkmal M9, dass
"in der geschlossenen Position des Deckels (14) das stirnseitige Ende der Schiene (16) nicht bis an das Ende der Führung (18) heranreicht, so dass ein Aufnahmeraum (20) verbleibt, in dem sich die Zugfeder (22) befindet."
Mit Verweis auf die entsprechenden Ausführungen zu den Merkmalen M1 bis M7 nach Hilfsantrag 2 ist das zusätzliche Merkmal M9 ebenfalls nicht geeignet, die erfinderische Tätigkeit des Fachmanns zu begründen. Denn auch bei der Anordnung der Zug-/Rollfeder nach Entgegenhaltung E5 ist ein Aufnahmeraum vorgesehen, in dem sich die Zugfeder in der geschlossenen Position des Deckels befindet (vgl. E5, Fig. 4). Bei einem vom Fachmann als Alternative in Betracht gezogenen, äquivalenten Austauschs einer Zug-/Rollfeder durch eine gleichwirkende Zug-/Spiralfeder stellt sich für ihn die konstruktive Aufgabe der Anordnung des für eine Zug-/Spiralfeder erforderlichen Aufnahmeraums. Unter Beibehaltung des aus der E5 bekannten Konstruktionsprinzips ergibt sich diese bei einer Zug-/Spiralfeder-Anordnung für den Fachmann in konstruktiv naheliegender Weise dadurch, dass bei geschlossener Position des Deckels das stirnseitige Ende der Schiene nicht bis an das Ende der Führung heranreicht und dadurch ein Volumen verbleibt, welches als Aufnahmeraum für die dann entspannte Feder dient. Die Anordnung des aus der E5 bekannten Aufnahmeraums in der nunmehr beanspruchten Ausführungsform ist somit durch eine rein konstruktive Tätigkeit des Fachmanns begründet und kann eine erfinderische Tätigkeit ebenfalls nicht begründen (vgl. Schulte, PatG, 8. Auflage, § 4, Rdn. 100).
f) Hilfsantrag 5:
Der Deckel gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag 5 ist nicht neu. Daher ist Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 nicht patentfähig.
Anspruch 1 gem. Hilfsantrag 5 umfasst die Merkmale M1 bis M5 des Anspruchs 1 gem. Hauptantrag und das zusätzlich angefügte Merkmal M10, dass
"-die Führungen (18) entsprechend den Schienen (16) gekrümmt sind."
Nachdem, wie in den Ausführungen zum Hauptantrag dargelegt, die Merkmale M1 bis M5 des in Rede stehenden Anspruchs allesamt aus der Druckschrift E5 vorbekannt sind und auch das zusätzlich angefügte Merkmal M10 ebenfalls aus der Druckschrift E5 vorbekannt ist (vgl. E5, bspw. Fig. 1, Führungsnut 16 und Führungsschienen 18 i. V. m. Spalte 4, Zeilen 58 bis 61), ist auch der mit Anspruch 1 gem. Hilfsantrag 5 beanspruchte Deckel durch die Lehre der Druckschrift E5 neuheitsschädlich vorweggenommen.
g) Hilfsantrag 6:
Der Deckel gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag 6 ist nicht neu. Daher ist Anspruch 1 nach Hilfsantrag 6 nicht patentfähig.
Denn der Deckel nach Hilfsantrag 6 entspricht dem nach Hilfsantrag 5 (M1 bis M4, M10), wobei das vorletzte Merkmal M5' dahingehend konkretisiert ist, dass die Bewegungsrichtung, welche gemäß den Ausführungen der Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung als räumliche Bewegung des Deckels beim Ausund Einfahren definiert ist, ausschließlich durch die Krümmung der Schienen bestimmt ist.
Das Merkmal M5' ist ebenfalls aus der E5 vorbekannt, denn diese offenbart kreisbogenförmige Führungsschienen, welche am Auszug mit Blende 30, d. h. in Worten des Streitpatents (mittelbar) am Deckel, angeordnet sind und in am Gehäuse angeordneten kreisbogenförmigen Führungsschienen verlaufen.
Dem Einwand der Patentinhaberin, wonach beim Stand der Technik nach E5 der Auszug mit Blende, also der Deckel, schubladenartig ausgeführt ist, mithin die Führung des Deckels keiner in Führungen verlaufender Schienen bedarf, da diese bereits durch die Form des Deckels und des komplementär ausgestalteten Grundkörpers gegeben sei, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Denn das von der Patentinhaberin vorgetragene Argument bezieht sich lediglich auf ein Ausführungsbeispiel der Druckschrift E5 (vgl. E5, Abs. [0010], "Die Bogenführung des Auszugs ist nicht zwingend kreisbogenförmig, eine bevorzugte Ausführungsform sieht allerdings eine Kreisbogenführung als Schiebeführung für den Auszug vor. Eine Kreisbogenführung ermöglicht eine Schiebeführung des insbesondere ebenfalls kreisbogenförmig ausgebildeten Auszugs in einem kreisbogenförmigen Gehäuse."). Gemäß allgemeiner Lehre der E5, beispielsweise gemäß Anspruch 1, ist eine Bogenführung offenbart, welche neben einer komplementären Ausgestaltung von Deckel und Grundkörper auch die ausschließliche Führung des Deckels, und damit seinen Bewegungsablauf, durch eine entsprechend ausgestaltete Schienen-/Führungsanordnung umfasst (vgl. E5, Abs. [0026]). Diese besteht aus kreisförmig ausgebildeten Führungsschienen 18, welche in einer ebenfalls kreisförmig ausgebildeten Führungsnut verschiebbar einliegen.
Mithin bestimmt bei diesem Ausführungsbeispiel der E5 ausschließlich die Krümmung der Schienen die entsprechende Krümmung der Führung und damit den Bewegungsablauf des Deckels.
Somit entspricht der Deckel nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6 einer in E5 offenbarten Ausführungsform; der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 6 ist somit wegen einer fehlender Neuheit nicht patentfähig.
4) Mit den jeweiligen Ansprüchen 1 nach Hauptantrag bzw. nach den Hilfsanträgen 1 bis 6 fallen auch die auf eine Mittelkonsole abgestellten nebengeordneten Ansprüche 9 nach Hauptantrag bzw. den Hilfsanträgen 1, 3, 5 und 6 bzw. die nebengeordneten Ansprüche 7 gemäß den Hilfsanträgen 2 und 4 sowie die jeweiligen abhängigen Ansprüche, da auf diese kein eigenständiges Patentbegehren gerichtet ist (vgl. BGH GRUR 2007, 862 Leitsatz -"Informationsübermittlungsverfahren II m. w. N.").
5) Bei vorliegender Sachlage war das Patent zu widerrufen.
Höppler Dr. Hartung Schwarz Maile Hu
BPatG:
Beschluss v. 13.05.2011
Az: 7 W (pat) 303/09
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/0ba11f05d5e4/BPatG_Beschluss_vom_13-Mai-2011_Az_7-W-pat-303-09