Bayerischer Verwaltungsgerichtshof:
Beschluss vom 2. April 2008
Aktenzeichen: 20 ZB 08.595
(Bayerischer VGH: Beschluss v. 02.04.2008, Az.: 20 ZB 08.595)
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 523,74 € festgesetzt.
Gründe
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 31. Januar 2008 ist zulässig (§ 124 a Abs. 4 VwGO), hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Gemäß § 124 Abs. 1 VwGO steht den Beteiligten die Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts nur zu, wenn sie vom Verwaltungsgericht oder vom Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Eine Zulassung durch das Verwaltungsgericht erfolgte nicht. Auch der Senat sieht hierfür keinen Anlass. Er hält den Antrag auf Zulassung der Berufung für unbegründet, weil Zulassungsgründe im Sinne des § 124 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
Die Klägerin hat keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils dargelegt (§ 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Nach der Rechtsprechung des Senats sind ernstliche Zweifel am Ergebnis der Entscheidung zu fordern (vgl. zuletzt BayVGH vom 6.2.2008 Az. 20 ZB 07.3082; vom 7.1.2008 Az. 20 ZB 07.1910; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., RdNr. 7 a zu § 124; Eyermann, VwGO, 12. Aufl., RdNrn. 54 ff. zu § 124). Ernstliche Zweifel an einer Gerichtsentscheidung bestehen dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (BVerwG vom 26.3.2007 BayVBl 2007, 624; vom 23.6.2000 DVBl 2000, 1458).
Davon ausgehend vermochte die Klägerin die vom Verwaltungsgericht ermittelten und festgestellten Tatsachen samt den daraus gezogenen Rechtsfolgen nicht durchgreifend in Frage zu stellen.
Nach Nr. 1002 des Vergütungsverzeichnisses (VV; Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG) entsteht eine Erledigungsgebühr, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Nr. 1002 VV dem früheren § 24 BRAGO entspricht, der bestimmte, dass bei Erledigung einer Rechtssache ganz oder teilweise nach Zurücknahme oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts der Rechtsanwalt, der bei der Erledigung mitgewirkt hat, eine Erledigungsgebühr erhält. Die annähernd wörtlich übernommene Formulierung in Nr. 1002 VV bringt mit sich, dass sich an der früheren Rechtslage für das Entstehen einer Erledigungsgebühr durch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nichts geändert hat (vgl. auch Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe, Kommentar zum RVG, 17. Aufl., RdNr. 1 zu VV 1002). Vor diesem Hintergrund hat die erste Instanz zutreffend ausgeführt, dass nach der jetzigen Rechtslage wie nach dem früheren § 24 BRAGO der Anfall einer Erledigungsgebühr voraussetze, dass sich der eingelegte Rechtsbehelf durch eineunstreitigeEntscheidung erledige und in diesem Zusammenhang auf die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. August 1981 Az. 4 C 60.79 und des Verwaltungsgerichtshofs vom 14. April 1996 Az. 26 B 91.1092 verwiesen. Ergänzend wurde auf die Kommentierung bei Gerold unter anderem a.a.O. RdNr. 9 zu VV 1002 Bezug genommen, deren einleitender Satz lautet: €Erledigung des Rechtsstreits ohne streitige Entscheidung€. Wenn die Klägerin diese Begründung des Verwaltungsgerichts samt Zitat als unverständlich bezeichnet, ist das für den Senat nicht nachvollziehbar. Dem von der Klägerin geltend gemachten Unverständnis kann kein Gewicht beigemessen werden. Ihr Vorbringen ist infolgedessen nicht geeignet, ernstliche Zweifel am Ergebnis der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung aufzuzeigen.
Mit der Behauptung, das angegriffene Urteil weiche von der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 19. Januar 2007 Az. 24 C 06.2426 ab, hat die Klägerin eine schlüssige Divergenzrüge in Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht erhoben. Denn es wird nicht substantiiert aufgezeigt, welchen konkreten Satz rechtlicher oder tatsächlicher Bedeutung das Verwaltungsgericht in seinem Urteil ausdrücklich oder konkludent aufgestellt und entscheidungserheblich angewandt hat, der im Gegensatz zu einem Rechtssatz in der genannten obergerichtlichen Entscheidung stünde. Die Klägerin zitiert aus dem Urteil des 24. Senats, welche Anforderungen an die anwaltliche Tätigkeit zu stellen seien, um eine anwaltliche Mitwirkung im Sinne der Nr. 1002 VV annehmen zu können. Damit hat sich das Verwaltungsgericht jedoch nicht auseinandergesetzt und demzufolge auch keinen davon abweichenden Rechtssatz aufgestellt, weil es, ohne auf den Begriff der Mitwirkung einzugehen, das Entstehen einer Erledigungsgebühr mit der allein tragenden, alternativen Begründung verneint hat, dass sich der Rechtsstreit nicht unstreitig auf sonstige Weise erledigt habe. Die Gegenüberstellung divergierender Rechtssätze wäre aber unter anderem Voraussetzung für eine erfolgreiche Divergenzrüge.
Da die Art der anwaltlichen Tätigkeit ohne Bedeutung blieb, bedürfen die entsprechenden Überlegungen der Klägerin in der Ergänzung des Zulassungsantrags vom 6. März 2008 keiner weiteren Erörterung.
Schließlich führt die Rüge, dass die Abhilfeentscheidung des Beklagten keine €streitige Entscheidung€ darstelle, nicht zur Zulassung der Berufung. Abgesehen davon, dass die Klägerin dieses Vorbringen nicht mit einem konkreten Zulassungsgrund verknüpft hat, erachtet der erkennende Senat die herangezogenen Urteile des Bundesverwaltungsgerichts und des 26. Senats des Verwaltungsgerichtshofs insoweit für aussagekräftig. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 21. August 1981 (a.a.O.) eine Abhilfeentscheidung der Ausgangsbehörde letztlich als streitige Entscheidung in einem Rechtsbehelfsverfahren beurteilt, weil der Betroffene mit überzeugenden Rechtsgründen ein Ergebnis zu seinen Gunsten herbeigeführt hat, das charakteristische Merkmal für eine streitige Erledigungsart. Dem Urteil des 26. Senats (a.a.O.) lag eine Abhilfeentscheidung der Ausgangsbehörde zugrunde, ohne dass die Rechtssache der Widerspruchsbehörde zur Entscheidung vorgelegt worden wäre. Den Gründen ist zu entnehmen, dass die Prüfung und Entscheidung, ob dem Widerspruch nach § 72 VwGO abzuhelfen ist oder nicht, einen Teil des Widerspruchsverfahrens bildet, mit der Abhilfeentscheidung in der Sache über den Widerspruch entschieden und damit nicht eine unstreitige Entscheidung außerhalb des Rechtsbehelfsverfahrens herbeigeführt worden ist. Dies trifft auch auf das anhängige Verfahren zu mit der Folge, dass die in Bezug genommene Rechtsprechung, der sich der erkennende Senat anschließt, keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils indiziert.
Nach alldem ist der Antrag auf Zulassung der Berufung mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3, § 47 Abs. 1 und 3 GKG.
Mit der Ablehnung des Antrags, die gemäß § 124 a Abs. 5 Satz 3 VwGO keiner weiteren Begründung bedarf, wird das Urteil 31. Januar 2008 rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Bayerischer VGH:
Beschluss v. 02.04.2008
Az: 20 ZB 08.595
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