Oberlandesgericht Düsseldorf:
Beschluss vom 8. Dezember 2004
Aktenzeichen: I-2 W 43/04
(OLG Düsseldorf: Beschluss v. 08.12.2004, Az.: I-2 W 43/04)
Tenor
b e s c h l o s s e n :
1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungs-beschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Düsseldorf vom 30. Au-gust 2004 dahin abgeändert, daß die Beklagten an die Klägerin nur 33.020,44 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basis-zinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 16. Juni 2004 zu erstatten haben.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Streitwert für das Beschwerdeverfahren: 9.021,35 EUR.
Gründe
Die sofortige Beschwerde, mit der die Beklagten sich dagegen wenden, daß die Rechtspflegerin des Landgerichts gegen sie u.a. eine zweite Gebühr in Höhe von 2.406,- EUR festgesetzt hat, die durch die Teilnahme des von der Klägerin beauftragten Patentanwalts F. an der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 13. August 2002 entstanden ist, sowie außerdem Übersetzungskosten in Höhe von 9.915,35 EUR, die die Beklagten für überhöht halten, ist begründet.
1.
Für die erste Instanz des vorliegenden Rechtsstreits haben die Beklagten der Klägerin an Patentanwaltskosten neben den notwendigen Auslagen des von dieser beauftragten Patentanwalts nur eine Gebühr in Höhe einer Rechtsanwaltsgebühr zu erstatten (§ 143 Abs. 5 PatG in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung).
Wie der Senat in seinem den Parteien bekannten Beschluss vom 18. Dezember 2002 (GRUR-RR 2003, 125 f. = Mitt. 2003, 339), auf den zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, im einzelnen dargelegt hat, sind Kosten, die auf der Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Patentstreitsache beruhen und über eine Gebühr in Höhe einer Rechtsanwaltsgebühr nebst Auslagen hinausgehen, nur dann zu erstatten, wenn die Instanz, in der diese Kosten entstanden sind, erst nach dem Inkrafttreten der Neufassung des § 143 Abs. 5 PatG, also nach dem 1. Januar 2002 begonnen hat. An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch nach erneuter Überprüfung fest.
Im vorliegenden Fall ist die Klage noch im Jahre 2001 bei Gericht eingegangen und den Beklagten zugestellt worden, so dass sich die Erstattung der Kosten für den ersten Rechtszug gemäß der genannten Rechtsprechung des Senats nach altem Recht richtet mit der Folge, dass die Klägerin die Erstattung einer zweiten Patentanwaltsgebühr nicht verlangen kann. Dass das Landgericht in der mündlichen Verhandlung vom 15. Januar 2002 beschlossen hat, u.a. über die auf das europäische Patent 0 605 388 (= das Klagepatent des vorliegenden Rechtsstreits) gestützten Klageansprüche in einem gesonderten Verfahren zu entscheiden, und dass aus diesem Grunde die vorliegende Sache daraufhin ein Aktenzeichen aus dem Jahre 2002 erhalten hat, ändert nichts daran, dass der Rechtsstreit, auch soweit er das hier maßgebliche Klagepatent betrifft, bereits im Jahre 2001 begonnen hat.
2.
Die Erstattung von Übersetzungskosten kann die Klägerin nur insoweit verlangen, als diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren (§ 91 ZPO), wobei es der Klägerin obliegt, die Notwendigkeit der geltend gemachten Kosten darzulegen (und ggf. mindestens glaubhaft zu machen).
Wie auch die Beklagten grundsätzlich nicht in Zweifel ziehen, war es für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung der nicht deutschsprachigen Klägerin notwendig, Schriftsätze und andere Dokumente aus dem vorliegenden Rechtsstreit für sie zu übersetzen. Dabei hat sich die Klägerin mit Übersetzungen in die englische Sprache begnügt, so dass sie Erstattung nur der Kosten für diese tatsächlich angefertigten Übersetzungen verlangen kann. Dass Übersetzungen in die japanische Sprache teurer gewesen wären, kann nichts daran ändern, dass es nur auf die tatsächlich entstandenen und nicht auf fiktive höhere Kosten ankommt.
Zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Klägerin war es allerdings nicht erforderlich, sämtliche im Rechtsstreit entstandenen schriftlichen Unterlagen zu übersetzen, auch z.B. solche über die bloße Verlängerung der Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungserwiderung oder des Protokolls über die mündliche Verhandlung vor dem Senat, aus welchem lediglich ersichtlich ist, wer erschienen war, dass die angekündigten Anträge gestellt worden waren und dass Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den 1. April 2004 bestimmt worden war. Hinsichtlich dieser Unterlagen wäre es völlig ausreichend gewesen, wenn die Prozessbevollmächtigten der Klägerin diese in allgemeiner Form über den Inhalt der genannten Schriftstücke unterrichtet hätten.
Für an sich notwendige Übersetzungen kann die Klägerin Erstattung in der Höhe verlangen, die sich aus der Bestimmung des § 17 Abs. 3 ZSEG ergibt, in welcher geregelt ist, wie gerichtlich beauftragte Übersetzer zu vergüten sind. Danach ist pro Zeile 1,- EUR zu zahlen. Ist die Übersetzung erschwert, insbesondere z.B. wegen der Verwendung von Fachausdrücken, so kann die Entschädigung auf bis zu 3,- EUR, in ganz besonders schwierigen Fällen sogar bis zu 4,30 EUR pro Zeile angehoben werden.
Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, dass der Schwierigkeitsgrad der anzufertigenden Übersetzungen höher als normal gewesen wäre. Das Klagepatent betrifft eine verhältnismäßig leicht zu verstehende Technik, und die zum Rechtsstreit gehörenden Schriftstücke haben nur wenige, noch dazu ziemlich leicht verständliche und daher auch leicht zu übersetzende Fachausdrücke aufgewiesen. Der Klägerin kann daher kein höherer Betrag als 1,- EUR pro Zeile zugebilligt werden. Der Umstand allein, dass, worauf die Klägerin hinweist, das Bundespatentgericht in einem Nichtigkeitsverfahren - über dessen technischen Gegenstand die Klägerin nichts vorträgt - einen Zeilensatz von 1,55 EUR für angemessen gehalten hat, nötigt nicht dazu, auch in einem hinsichtlich des Schwierigkeitsgrades der Übersetzungen eher einfach gelagerten Fall wie dem hier gegebenen über die normale Zeilenvergütung von einem Euro hinauszugehen.
Was die Anzahl der zu vergütenden Zeilen angeht, so bestimmt § 17 Abs. 4 ZSEG, als Zeile gelte eine solche mit durchschnittlich 50 Schriftzeichen, angefangene Zeilen seien dann als volle Zeilen zu vergüten, wenn sie mehr als 30 Schriftzeichen aufwiesen, und angefangene Zeilen von 30 oder weniger Schriftzeichen seien zu vollen Zeilen zusammenzuziehen.
Wieviele Zeilen die jeweiligen Übersetzungen aufgewiesen haben, um deren Bezahlung es hier geht, hat die Klägerin nicht im einzelnen dargelegt, auch nicht, nachdem die Beklagten das ausdrücklich beanstandet hatten. Schlüsselt man die von der Klägerin jeweils verlangten Beträge anhand des Zeilensatzes von 1,55 EUR auf, den die Klägerin vorliegend verlangt, so zeigt sich, dass jedenfalls in einer Mehrzahl von Fällen die sich dann ergebenden Zeilenzahlen eindeutig übersetzt sind: Die Beklagten haben insoweit beispielhaft die Übersetzung des Schriftsatzes ihrer damaligen Prozessbevollmächtigten vom 22. April 2002 (Bl. 92 bis 96 GA) angesprochen. Unter Zugrundelegung des in § 17 Abs. 4 ZSEG bestimmten Maßstabes hat dieser Schriftsatz etwa 70 Zeilen, während sich aus dem von der Klägerin für seine Übersetzung verlangten Betrag von 193,75 EUR (bei dem von der Klägerin geltend gemachten Zeilensatz von 1,55 EUR) eine Anzahl von 125 Zeilen ergibt. Auch in mindestens einem anderen Fall hat die Klägerin eine erheblich höhere Zeilenzahl geltend gemacht, als sie sich tatsächlich ergeben haben kann. So umfaßt die Klageschrift der Klägerin vom 20. November 2001 bei Anlegung des oben genannten Maßstabes etwas mehr als 1.200 Zeilen, während dem von der Klägerin für die Übersetzung dieser Klageschrift verlangten Betrag (3.541,75 EUR) eine Zahl von 2.285 Zeilen zugrundeliegt.
Angesichts aller oben dargelegten Umstände war daher der von der Klägerin verlangte Betrag für Übersetzungen erheblich zu kürzen, wobei der Senat die Gesamtzahl der Zeilen für als notwendig anzusehende Übersetzungen auf 3.300 schätzt, so dass die insoweit zu erstattende Summe 3.300,- EUR beträgt.
3.
Wie sich aus den Ausführungen unter 1. und 2. dieses Beschlusses ergibt, waren die von der Rechtspflegerin festgesetzten Kosten um 2.406,- EUR und 6.615,35 EUR zu kürzen, so dass die Beklagten der Klägerin insgesamt nur 33.020, 44 EUR nebst Zinsen in der festgesetzten Höhe zu erstatten haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Zu einer Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nrn. 1 und 2, Abs. 3 ZPO) bestand kein Anlass, weil es sich bei dem vorliegenden Beschluss, soweit es um die Höhe der Übersetzungskosten geht, um eine reine Einzelfallentscheidung handelt und weil die Frage der Erstattbarkeit einer zweiten Patentanwaltsgebühr einen bloßen Übergangsfall im Zusammenhang mit der Änderung des § 143 Abs. 5 PatG betrifft und daher die insoweit vom Senat entschiedene Rechtsfrage nur für solche Fälle Bedeutung hat, in denen eine Instanz eines Rechtsstreits vor dem 1. Januar 2002 begonnen hat, eine mündliche Verhandlung in dieser Instanz aber erst nach diesem Datum stattgefunden hat. Derartige Fälle sind jedoch in ihrer großen Mehrzahl bereits endgültig abgeschlossen, so dass sich das hier maßgebliche Rechtsproblem allenfalls noch in einer nicht ins Gewicht fallenden Zahl von Rechtsstreitigkeiten stellen kann. Damit aber fehlt es der erst jetzt getroffenen Entscheidung des Senats an rechtsgrundsätzlicher Bedeutung i.S. des § 574 ZPO, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern (jetzt noch) eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes als des in Betracht kommenden Rechtsbeschwerdegerichts.
OLG Düsseldorf:
Beschluss v. 08.12.2004
Az: I-2 W 43/04
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