Landgericht Hamburg:
Urteil vom 3. Mai 2005
Aktenzeichen: 312 O 1134/04

(LG Hamburg: Urteil v. 03.05.2005, Az.: 312 O 1134/04)

Tenor

1. Die einstweilige Verfügung vom 17.12.2004 wird hinsichtlich des Kostenausspruches bestätigt.

2. Die Antragsgegnerin trägt auch die weiteren Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Die Parteien streiten vorliegend noch über die Kosten des Rechtsstreits, nachdem die Antragsgegnerin die von der Antragstellerin gegen sie erwirkte einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12 (Az.: 312 O 1134/04) vom 17.12.2004 hinsichtlich des Ausspruches zu 1. anerkannt und einen auf die Kostenregelung beschränkten Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung eingelegt hat.

Die Antragstellerin verlegt seit 2004 die Zeitschrift "A.", eine Zeitschrift für Heimelektronik. Die Antragsgegnerin verlegt seit Ende 2004 die bundesweit erscheinende Zeitschrift "S." In der zweiten Ausgabe dieser Zeitschrift lobte die Antragsgegnerin fünf Handys vom Typ "Siemens S 700i" sowie fünf LCD-Fernseher aus. Um an der Verlosung dieser Preise teilnehmen zu können, sollten die Leser von S. Fotos einschicken, auf welchen ein Exemplar S. direkt neben A. in der Auslage eines Zeitungshändlers abgebildet sein sollte. Beispielhaft war in der Auslobung ein Foto abgebildet, auf welchem ein Exemplar der Zeitschrift der Antragstellerin von der Zeitschrift der Antragsgegnerin halb verdeckt, letztere hervorgehoben und unverdeckt abgebildet ist (Anlage ASt 1). Der ursprünglich vorgesehene Ersterscheinungstag der S.-Ausgabe war der 21.12.2004.

Davon, dass die Antragsgegnerin dieses Gewinnspiel veröffentlichen werde, erfuhr die Antragstellerin am 16.12.2004, einem Donnerstag. Unter Hinweis darauf, dass das fragliche Preisausschreiben unlauter nach §§ 3; 4 Ziffer 1, 7 und 10; 6 UWG sei, erwirkte die Antragstellerin mit Antrag vom 17.12.2004, eingegangen bei Gericht am selben Tag, die einstweilige Verfügung vom 17.12.2004. Mit der einstweiligen Verfügung wurde der Antragsgegnerin verboten, es bei Vermeidung der üblichen Ordnungsgelder zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes Gewinnspiele zu veranstalten, anzukündigen und/oder ankündigen zu lassen und/oder durchzuführen und/oder durchführen zu lassen, bei denen von den Gewinnspielteilnehmern ein Foto einer beim Händler neben oder über der Zeitschrift "A." platzierten Ausgabe der Zeitschrift "S." einzusenden ist, insbesondere wenn dies wie aus einer beigefügten Anlage ersichtlich geschieht. Der Antragsgegnerin wurden weiter die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Die Antragstellerin übergab die einstweilige Verfügung noch am 17.12.2004 zur Zustellung an die Antragsgegnerin an die Verteilungsstelle für Gerichtsvollzieheraufträge beim Amtsgericht Fürth (Anlage ASt 4).

Die Antragsgegnerin hat die einstweilige Verfügung hinsichtlich der Sachentscheidung anerkannt, jedoch gegen den Kostenausspruch Widerspruch eingelegt. Sie ist der Ansicht, sie müsse die Verfahrenskosten nicht tragen, da sie von der Antragstellerin nicht abgemahnt worden sei. Eine Abmahnung sei der Antragstellerin zuzumuten gewesen. Es sei damit ein Fall von § 93 ZPO gegeben.

Die Antragsgegnerin behauptet, als die Antragstellerin am 16.12.2004 Kenntnis von dem Preisausschreiben erlangt habe, seien die Exemplare der fraglichen S.-Ausgabe bereits beim Grossisten, somit nicht mehr im Einflussbereich der Antragsgegnerin gewesen. Am 17.12.2004 seien alle Hefte der fraglichen Ausgabe der S. am Kiosk gewesen. Sie ist der Ansicht, die Antragstellerin hätte sie entweder telefonisch oder per Fax unter Setzung einer kurzen Frist abmahnen können und müssen. Dass es der Antragstellerin nicht so eilig war, wie von ihr behauptet, folge daraus, dass sie der Antragsgegnerin - was zwischen den Parteien unstreitig ist - die einstweilige Verfügung nicht per Fax am 17.12.2004 zur Kenntnis gebracht habe, sie diese vielmehr durch Gerichtsvollzieher habe zustellen lassen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die einstweilige Verfügung im Kostenpunkt aufzuheben und den Kostenantrag zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

der Antragsgegnerin auch die weiteren Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, vorliegend sei eine Abmahnung aufgrund besonderer Dringlichkeit des Falles entbehrlich gewesen. Nachdem sie am 16.12.2004 Kenntnis vom Gewinnspiel erlangt habe, habe sie mit Antrag vom 17.12.2004 die einstweilige Verfügung vom 17.12.2004 erwirkt, um das Erscheinen der fraglichen S.-Ausgabe am Dienstag, den 21.12.2004, zu verhindern. Da die S.-Ausgabe am 16.12.2004 schon gedruckt gewesen sei, sei eine Unterlassungserklärung von der Antragsgegnerin nicht zu erwarten gewesen. Auch eine mit kürzester Fristsetzung verbundene Abmahnung hätte zu einer Verzögerung geführt, die es der Antragstellerin im Ergebnis unmöglich gemacht hätte, die Auslieferung der Zeitschrift zu verhindern. Dass sie die einstweilige Verfügung durch Gerichtsvollzieher hat zustellen lassen, lasse einen Schluss auf fehlende Dringlichkeit nicht zu. Denn das Faxen der einstweiligen Verfügung an die Antragsgegnerin selbst hätte eine förmliche Zustellung derselben nicht dargestellt. Und ein Prozessbevollmächtigter der Antragsgegnerin zur Zustellung von Anwalt zu Anwalt sei der Antragstellerin am 17.12.2004 nicht bekannt gewesen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

Gründe

Der Widerspruch ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Die Kostenregelung beruht vorliegend auf § 91 ZPO. Die Antragsgegnerin hat die einstweilige Verfügung hinsichtlich ihres Sachausspruches anerkannt.

Von dieser Kostenfolge ist entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin nicht unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 93 ZPO abzuweichen. Die Antragsgegnerin hat durch ihr Verhalten Anlass zur Beantragung einer einstweiligen Verfügung gegeben. Eine Abmahnung der Antragsgegnerin war im vorliegenden Fall entbehrlich.

Die Antragstellerin trägt vor, sie habe verhindern wollen, dass die Ausgabe der Zeitschrift S., welche das streitgegenständliche Gewinnspiel enthält, an die Zeitschrifteneinzelhändler ausgeliefert würde. Sie sei im Zeitpunkt der Kenntniserlangung am 16.12.2004, einem Donnerstag, von einem Ersterscheinungstag am Dienstag, dem 21.12.2004, ausgegangen. Der Antragstellerin ist insoweit Recht zu geben, als eine Abmahnung der Antragsgegnerin die Erreichung des Ziels "Verhinderung der Auslieferung der S.-Ausgabe" mit überwiegender Wahrscheinlichkeit verhindert hätte. Denn es musste tatsächlich damit gerechnet werden, dass die Antragsgegnerin die Auslieferung der fraglichen, bereits gedruckten S.-Ausgabe unmittelbar nach Erhalt der Abmahnung veranlasst hätte. Selbst wenn sie dies nicht getan hätte, wären die Zustellung einer erwirkten einstweiligen Verfügung vor dem 21.12.2004 und damit die Erreichung des gewünschten Zieles kaum noch möglich gewesen, denn der 17.12.2004 war ein Freitag.

Soweit die Antragsgegnerin vorträgt, alle Hefte der fraglichen S.-Ausgabe seien am 17.12.2004 bereits in den Kiosken gewesen, ist dieser Vortrag - insbesondere nach dem substantiierten Bestreiten durch die Antragstellerin - nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Insbesondere lässt sich der Anlage B 2 diesbezüglich nichts entnehmen. Diese enthält gar keine Angaben zum genauen Zeitpunkt der Auslieferung. Etwas Entsprechendes ist auch der eidesstattlichen Versicherung von Ch. G. vom 14.03.2005 nicht zu entnehmen (Anlage B 1). Dieser versichert an Eides Statt lediglich, die Antragsgegnerin habe die Grossisten angewiesen, die Hefte sofort an die Kioske zu senden und nicht den 21.12.2004, der zunächst als Erstverkaufstag vorgesehen gewesen sei, abzuwarten. Dies hätten die Grossisten gemacht. Damit ist nicht gesagt, dass eine Auslieferung aller Hefte am 17.12.2004 tatsächlich bereits erfolgt war. Jedenfalls nachdem dies von der Antragstellerin substantiiert bestritten worden ist, hätte es der Antragsgegnerin oblegen, ihren diesbezüglichen Vortrag zu präzisieren bzw. weitergehend glaubhaft zu machen. Solange eine Auslieferung an die Zeitungseinzelhändler noch nicht, jedenfalls noch nicht vollständig erfolgt war, musste die Antragsgegnerin nach Erhalt der einstweiligen Verfügung die Grossisten anweisen, die fragliche S.-Ausgabe nicht bzw. nicht weiter auszuliefern.

Daraus, dass die Antragstellerin die einstweilige Verfügung nicht unmittelbar am 17.12.2004 an die Antragsgegnerin gefaxt hat, folgt nicht, dass eine besondere Dringlichkeit, wie von der Antragstellerin behauptet, doch nicht gegeben gewesen wäre. Denn eine Übermittlung per Fax direkt an die Antragsgegnerin hätte eine förmliche Zustellung der einstweiligen Verfügung nicht dargestellt. Gegen ein Nichtbefolgen der einstweiligen Verfügung durch die Antragsgegnerin hätte die Antragstellerin nichts unternehmen können. Als insoweit wirksame Zustellung kamen allein die Zustellung durch Gerichtsvollzieher (§ 192ff ZPO) oder eine solche von Anwalt zu Anwalt (§ 195 ZPO) in Betracht. Ein Prozessbevollmächtigter der Antragsgegnerin war der Antragstellerin bei Erlass der einstweiligen Verfügung nicht bekannt. Die Beauftragung des zuständigen Gerichtsvollziehers noch am Tag des Erhalts der einstweiligen Verfügung kann der Antragstellerin vorliegend mithin nicht zum Vorwurf gemacht werden.

Der Kostenausspruch hinsichtlich der Kosten des Widerspruches folgt ebenfalls aus § 91 ZPO.






LG Hamburg:
Urteil v. 03.05.2005
Az: 312 O 1134/04


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