Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 9. September 1998
Aktenzeichen: 17 W 286 - 288/98
(OLG Köln: Beschluss v. 09.09.1998, Az.: 17 W 286 - 288/98)
Streitgenossen können unter Kostenerstattungsgesichtspunkten gehalten sein, einen gemeinsamen Prozeßbevollmächtigten zu bestellen, wenn ein interner Interessenwiderstreit zwischen den einzelnen Streitgenossen weder besteht noch zu besorgen ist und nach der rechtlichen oder tatsächlichen Ausgestaltung der Streitgenossenschaft kein sachliches Bedürfnis für die Zuziehung eines eigenen Anwalts erkennbar ist. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist zu machen, wenn es sich bei den Streitgenossen um Anwälte handelt, die sich - weil postulationsfähig - selbst vertreten können; ihnen kann die Bestellung eines gemeinsamen Prozeßbevollmächtigten nicht zugemutet werden, sofern sie keiner einheitlichen Sozietät angehören.
Tenor
I. Die als sofortige Beschwerde geltende Erinnerung des Klä-gers vom 10. September 1996 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß der Rechtspflegerin des Landgerichts Bonn vom 23. August 1996 - 7 O 288/93 - (über 4.232,35 DM als von dem Kläger an die Beklagten zu 1) und 2) zu erstattende erstinstanzliche Prozeßkosten), dem Senat vorgelegt aufgrund der Entschließung der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 11. August 1998, wird zurückgewiesen. Die Kosten des Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger. Streitwert: bis 4.000,00 DMII. Die als sofortige Beschwerde geltende Erinnerung des Klägers vom 10. September 1996 gegen des Kostenfestsetzungsbeschluß der Rechtspflegerin des Landgerichts Bonn vom 19. August 1996 - 7 O 288/93 - (über 4.270,75 DM als von dem Kläger an die Beklagten zu 4) und 5) zu erstattende erstinstanzliche Prozeßkosten), dem Senat vorgelegt aufgrund der Entschließung der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 11. August 1998, wird zurückgewiesen. Die Kosten des Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger. Streitwert: bis 4.000,00 DM
Gründe
Die Erinnerungen des Klägers gegen die
von den Beklagten zu 1) und 2) und von den Beklagten zu 4) und 5)
erwirkten Kostenfestsetzungsbeschlüsse vom 23. August 1996 und vom
19. August 1996 gelten aufgrund ihrer Vorlage an den Senat als
sofortige Beschwerden (§ 11 Abs. 2 RpflG); sie begegnen keinen
verfahrensrechtlichen Bedenken, haben aber in der Sache keinen
Erfolg.
Die Rechtspflegerin hat zutreffend die
erstinstanzlichen außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) bis
5) auch insoweit als erstattungsfähig anerkannt, als sie die Kosten
eines Anwalts übersteigen. Es ist unter Erstattungsgesichtspunkten
nicht zu beanstanden, daß sich die Beklagten zu 2) bis 4) als frei
praktizierende, nicht in einer Sozietät verbundene Rechtsanwälte in
erster Instanz des vorangegangenen Prozesses jeweils selbst
vertreten haben. Der Beschwerde ist allerdings zuzugeben, daß das
prozessuale Recht eines jeden Streitgenossen, einen eigenen Anwalt
zu beauftragen, im Verhältnis zu dem im Rechtsstreit unterlegenen
und in die Prozeßkosten verurteilten Gegner nicht ausnahmslos gilt.
Aus erstattungsrechtlicher Sicht erfährt es über das allgemeine
Mißbrauchsverbot hinaus in bestimmten Fällen eine Einschränkung
durch den allgemeinen Grundsatz des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, wonach
jede Partei die Kosten ihrer Prozeßführung, die sie im Falle des
Obsiegens vom Gegner erstattet verlangen will, im Rahmen des
Zumutbaren und Verständigen niedrig zu halten hat. So können
Streitgenossen unter Erstattungsgesichtspunkten gehalten sein,
einen gemeinsamen Prozeßbevollmächtigten zu bestellen, wenn ein
interner Interessenwiderstreit zwischen den einzelnen
Streitgenossen weder besteht noch zu besorgen ist und nach der
rechtlichen oder tatsächlichen Ausgestaltung der
Streitgenossenschaft kein sachliches Bedürfnis für die Zuziehung
eines eigenen Anwalts erkennbar ist (ständige Rechtsprechung des
Senats, vgl. JurBüro 1993, 352). Wenn interne Interessengegensätze
zwischen den Streitgenossen hiernach auch stets einen sachlichen
Grund für die Beauftragung jeweils eigener Rechtsanwälte
darstellen, so folgt daraus umgekehrt jedoch nicht, daß
Streitgenossen unter Kostengesichtspunkten zur Bestellung eines
gemeinsamen Prozeßbevollmächtigten schon dann verpflichtet sind,
wenn es - wie im gegebenen Fall - für eine mögliche
Interessenkollision im Verhältnis der Streitgenossen zueinander an
jeglichem Anhalt fehlt. Auch für solche Streitgenossen, die - wie
die Beklagten - im Rechtsstreit ausschließlich gleichgelagerte
Interessen verfolgen, besteht eine kostenrechtliche Verpflichtung,
die Prozeßführung einem gemeinsamen Anwalt zu übertragen, nur unter
der Voraussetzung, daß ihnen die Bestellung eines gemeinsamen
Prozeßbevollmächtigten zugemutet werden kann. Für die Beklagte zu
2), 3) und 4) ist dies zu verneinen.
Als beim Landgericht Bonn
postulationsfähigen Rechtsanwälten mit jeweils eigener Praxis, die
ihren Beruf selbständig und unabhängig voneinander ausüben, war es
den Beklagten zu 2), 3) und 4) nicht zumutbar, sich von einem
anderen Anwalt vertreten zu lassen oder die Prozeßführung einem von
ihnen zu überlassen. Ein Rechtsanwalt, der selbst Prozeßpartei und
bei dem Prozeßgericht zugelassen ist und von dem
Selbstvertretungsrecht des § 78 Abs. 4 ZPO Gebrauch macht, muß
keine Anwaltskosten aufwenden; darüber hinaus hat er nach § 91 Abs.
2 S. 4 ZPO im Falle eines Prozeßerfolgs einen Erstattungsanspruch
in Höhe derjenigen Gebühren und Auslagen, die ihm erwachsen wären,
wenn er den Rechtsstreit als bevollmächtigter Rechtsanwalt geführt
hätte. Dem in eigener Sache klagenden oder mit einer Klage im
Anwaltszwang überzogenen Rechtsanwalt steht mithin, sofern er - wie
die Beklagten zu 2) bis 4) - bei dem hierfür örtlich und sachlich
zuständigen Gericht postulationsfähig ist, die anderen
Prozeßparteien verschlossene Möglichkeit offen, das Kostenrisiko
auf die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des
Prozeßgegners zu begrenzen. Das Selbstvertretungsrecht des § 78
Abs. 4 ZPO nicht in Anspruch zu nehmen, kann dem Rechtsanwalt
deshalb auch dann nicht zugemutet werden, wenn er als einer von
mehreren Streitgenossen in den Rechtsstreit einbezogen worden ist.
Das gilt unbeschadet der Tatsache, daß sich das Kostenrisiko der
Gegenseite nicht unerheblich erhöht, wenn der als Streitgenosse
klagende oder mitverklagte Rechtsanwalt sich ausschließlich selbst
vertritt, statt sich mit den anderen Streitgenossen auf einen
gemeinsamen Prozeßbevollmächtigten zu verständigen. Das Interesse
des als Streitgenosse auf Kläger- oder Beklagtenseite am Prozeß
beteiligten Rechtsanwalts, keine Kosten für einen
Prozeßbevollmächtigten aufwenden zu müssen, bei einem Prozeßerfolg
indessen gleichwohl so gestellt zu werden, als seien ihm im
Rechtsstreit Kosten in Höhe der Gebühren und Auslagen eines
bevollmächtigten Rechtsanwalts erwachsen, hat Vorrang vor dem
Interesse des Prozeßgegners, im Falle seines Unterliegens nicht mit
den Kosten mehrerer Rechtsanwälte belastet zu werden.
Aus alledem folgt, daß dem Anwalt, der
zusammen mit anderen Rechtsanwälten Klage erhoben hat oder verklagt
worden ist, ein berechtigtes Bedürfnis, sich selbst zu vertreten,
in aller Regel selbst dann nicht abgesprochen werden kann, wenn es
im Verhältnis der Streitgenossen zueinander zu keinen
Unstimmigkeiten gekommen und eine Störung des Innenverhältnisses
auch im weiteren Verlauf des Rechtsstreits nicht zu befürchten ist.
Das gilt jedenfalls dann wenn die Rechtsanwälte - wie im
vorliegenden Fall die Beklagten zu 2), 3) und 4) - keiner oder
nicht derselben Anwaltsgemeinschaft angehören.
Es ist daher erstattungsrechtlich
unbedenklich, daß die Beklagten zu 2) bis 4) sich in erster Instanz
des vorangegangenen Prozesses jeweils selbst vertreten und dadurch
die Kosten für eine anderweitige anwaltliche Vertretung erspart
haben.
Dafür, daß die Beklagten zu 1) und 5)
dem Gebot einer tunlichst kostensparenden Prozeßführung
zuwidergehandelt haben, sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich. Die
Beklagte zu 1) hat den Beklagten zu 2) und dessen Sozien zu
Prozeßbevollmächtigten bestellt, während der Beklagte zu 5) den
Beklagten zu 4) mit seiner Rechtsverteidigung in erster Instanz
beauftragt hat. Damit haben die Beklagten zu 1) und 5) den
kostengünstigsten Weg zur Abwehr des Klageanspruchs beschritten,
weil die Mitvertretung der Beklagten zu 1) und 5) durch die
Beklagten zu 2) und 4) lediglich eine Prozeßgebührenerhöhung nach
Maßgabe des § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO um 2 x 3/10 ausgelöst hat. Es
läßt mithin einen Fehler zum Nachteil des Klägers nicht erkennen,
daß die Rechtspflegerin als zu erstattende erstinstanzliche
Anwaltskosten sowohl der Beklagten zu 1) und 2) wie der Beklagten
zu 4) und 5) je eine 13/10 Prozeßgebühr sowie je eine 10/10
Verhandlungs- und Beweisgebühr nebst Zuschlägen gegen den Kläger
festgesetzt hat. Infolgedessen muß es bei den angefochtenen
Beschlüssen verbleiben.
Die Erinnerung des Klägers gegen den
Kostenfestsetzungsbeschluß vom 8. Juli 1996, der sich über die
außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 3) verhält, ist dem
Senat bisher nicht vorgelegt worden, so daß darüber derzeit nicht
entschieden werden kann. Dem Rechtsmittel wird indessen aus den
Gründen dieses Beschlusses kein Erfolg beschieden sein können. Der
Kläger sollte daher die kostensparende Rücknahme der Erinnerung
erwägen.
Die Kostenentscheidungen beruhen auf §
97 Abs. 1 ZPO.
OLG Köln:
Beschluss v. 09.09.1998
Az: 17 W 286 - 288/98
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