Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. Juli 2001
Aktenzeichen: 34 W (pat) 32/00

(BPatG: Beschluss v. 13.07.2001, Az.: 34 W (pat) 32/00)

Tenor

Auf die Beschwerde der Patentinhaberin wird der Beschluss der Patentabteilung 24 des Deutschen Patentamts vom 12. November 1998 aufgehoben.

Das Patent wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

Patentansprüche 1 bis 7, eingegangen am 05. Juli 2001, Beschreibung, Seiten 1 bis 10, eingegangen am 15. Juni 2001, sowie 3 Blatt Zeichnungen (Fig. 1 bis 3) gemäß Patentschrift.

Gründe

I.

1. Die Patentabteilung 24 des Deutschen Patentamts hat nach Prüfung eines Einspruchs durch Beschluss vom 12. November 1998 das am 3. Mai 1991 unter Inanspruchnahme einer inneren Priorität vom 15. März 1991 angemeldete Patent 41 14 593 mit der Bezeichnung

"Schlaggerät, insbesondere selbstgetriebenes Rammbohrgerät"

gemäß § 61 Abs 1 Satz 1 PatG mangels Neuheit seines Gegenstandes widerrufen.

2. Gegen diesen Beschluss hat die Patentinhaberin Beschwerde eingelegt und mit der am 05. Juli 2001 eingegangenen Eingabe vom 3. Juli 2001 sieben neue Ansprüche eingereicht.

Der geltende Anspruch 1 lautet:

" Schlaggerät, insbesondere selbstgetriebenes Rammbohrgerät, 1. mit einem im Gerätegehäuse (2) zwischen zwei Anschlägen (11, 13) axial hin- und herbeweglichen Schlagkolben (3), 1.1 der über einen am rückwärtigen Gehäuseende angeschlossenen Versorgungsschlauch (34) mit einem Druckmedium beaufschlagt wird, 2. mit einer mit dem Schlagkolben (3) fest verbundenen hohlen Kolbenstange (4), 2.1 die in einer in einer Endverschraubung (5) axial verstellbar angeordneten Steuerbüchse (22) geführt ist, und 3. mit einer Kolbenstangenquerbohrung (15), 3.1 in die ein durch den Schlagkolben (3) bis in die Kolbenstange (4) verlaufender Axialkanal (16) mündet und 3.2 die in der vorderen Endstellung des Schlagkolbens mit einer Druckmediumzufuhr (6) und in der hinteren Endstellung des Schlagkolbens mit einer Abströmöffnung (19) in der Steuerbüchse (22) kommuniziert."

An diesen Anspruch 1 schließen sich hierauf rückbezogene Ansprüche 2 bis 7 an, zu deren Wortlaut auf die Akte verwiesen wird.

Zur Begründung hat die Patentinhaberin im Wesentlichen ausgeführt, dass der nun vorliegende Anspruch 1 entsprechend den Anregungen des Beschwerdesenats alle zur Lösung der gestellten Aufgabe notwendigen Merkmale enthalte und sein Gegenstand im Übrigen patentfähig sei. Auch die neu eingereichten Unteransprüche seien nun zulässig.

Die Patentinhaberin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent mit den im Tenor angegebenen Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten.

Demgegenüber beantragt die Einsprechende, die Beschwerde zurückzuweisen.

Eine diesbezügliche Begründung hat die Einsprechende nicht vorgebracht. Auch hat sie sich zu den mit Schriftsatz vom 13. Juni 2001 eingereichten (der Einsprechenden am 21. Juni 2001 zugestellten) neuen Patentansprüchen 1 bis 7 (von denen sich die im Tenor angegebenen Ansprüche lediglich durch redaktionelle Änderungen im Anspruch 1 unterscheiden) nicht geäußert.

3. Neben der im angefochtenen Beschluss angeführten Patentschrift

[12] US 4 637 476 ist im Einspruchsverfahren vor dem Deutschen Patentamt noch folgender Stand der Technik entgegengehalten worden:

[1] DE-AS 2 340 751

[2] DE 40 03 189 A1 (nachveröffentlicht)

[3] US 4 070 948

[4] US 4 078 619

[5] US 4 840 237

[6] US 4 708 211

[7] US 1 665 046

[8] US 2 403 582

[9] US 2 110 331

[10] US 1 264 318

[11] US 4 921 055 Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat insoweit Erfolg, als das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten war.

1. Der geltende Anspruch 1 ist zulässig.

Er stützt sich auf die Merkmale der erteilten Ansprüche 1 und 10, iVm Patentbeschreibung Sp 4, Z 5 bis 10, 22 bis 29 und 62 bis 64; Sp 5, Z 7 bis 9; Sp 4, Z 30 bis 32 sowie Fig. 1 mit Beschreibung Sp 4, Z 51/52 und Sp 5, Z 38 bis 44.

Diese Merkmale sind auch in den ursprünglichen Unterlagen offenbart (vgl. Ansprüche 1, 3, 6 und 12 sowie die der Patentschrift entsprechenden Beschreibungsstellen).

Die geltenden Ansprüche 2 bis 7 entsprechen mit redaktionellen Änderungen den erteilten Ansprüchen 3 bis 7 und 11 (ursprüngliche Ansprüche 4, 5, 7 bis 9 und 13) und sind daher ebenfalls zulässig.

2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist neu.

In keiner der Entgegenhaltungen sind sämtliche Merkmale des angefochtenen Anspruchs 1 offenbart.

So betrifft der Gegenstand der nachveröffentlichten Druckschrift [2] zwar eine Rammvorrichtung mit den Merkmalen 1 bis 2 und 3 bis 3.1 des nun geltenden Anspruchs 1, jedoch weist dort die Endverschraubung (Endstück 14) keine axial verstellbare Steuerbüchse auf (Teilmerkmal von 2.1), weswegen die Kolbenstangenquerbohrung (Steuerkanäle 26) auch nicht mit einer Abströmöffnung in einer Steuerbüchse kommunizieren kann (Teilmerkmal von 3.2).

Auch gegenüber dem Schlaggerät nach [12], das im angefochtenen Beschluss den Widerruf begründet hat, ist der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 neu, denn patentgemäß ist die hohle Kolbenstange mit dem Schlagkolben fest verbunden (Merkmal 2), während in [12] die als hohle Kolbenstange wirkende Hülse als rohrförmiges Schleppventil (tubular control valve 18) ausgeführt ist, das im Schlagkolben axial beweglich geführt ist und entsprechend der jeweiligen Bewegungsrichtung des Schlagkolbens einen Schlepphub l1 ausführt.

Weiterhin ist der Gegenstand nach Anspruch 1 auch gegenüber dem weiterhin in der Patentbeschreibung einleitend genannten Stand der Technik gemäß [1] und [3] neu.

So weist das nach [3] bekannte Rammbohrgerät zwar die patentgemäßen Merkmale 1, 1.2 und 2 auf, jedoch weicht der dort offenbarte weitere Aufbau des Schlaggeräts von dem patentgemäßen wesentlich ab. So ist dort keine Steuerbüchse vorhanden, die im patentgemäßen Sinne von einer Vorwärts- in eine Rückwärtsschlagrichtung umstellt, und zu diesem Zweck in einer Endverschraubung axial verstellbar angeordnet ist (Merkmal 2.1), sondern es handelt sich insbesondere bei der in dortiger Figur 5 beschriebenen Ausführung um eine in einer Endverschraubung (nut 3) angeordnete Schlepphülse (bushing 32), die bei jedem Hub des Schlagkolbens (ram 2) von der mit dem Schlagkolben fest verbundenen Kolbenstange periodisch mitgeführt wird (vgl. dort insb. Sp 6, Z 1 bis 50). Weiterhin ist auch dort keine Kolbenstangenquerbohrung offenbart (patentgemäßes Merkmal 3), sondern es befindet sich allenfalls eine Querbohrung im Schlagkolben selbst. In diese mündet zwar (entsprechend dem Wortlaut des patentgemäßen Merkmals 3.1) ein durch den Schlagkolben bis in die Kolbenstange verlaufender Axialkanal; diese Querbohrung kommuniziert aber in der hinteren Endstellung des Schlagkolbens nicht mit einer Abströmöffnung in der Steuerbüchse (vgl. Merkmal 3.2 teilweise), sondern ist insbesondere bei den Ausführungen nach den Figuren 3 bis 6 allenfalls über den Druckraum selbst (working chamber 9), die Ausnehmung (recess 20) im Gehäuse, weitere Bohrungen (channels 11) im Steuerkolben und einem hinteren Freiraum (space 26 bzw. 30) -sowie bei der Ausführung nach Figur 5 über einen weiteren in der Hülse (bushing 32) eingebrachten Ringraum (recess 34) - mit in der Endverschraubung angeordneten Abströmöffnungen 16 verbunden.

Die Patentschrift [1] betrifft eine Steuervorrichtung für den Vor- und Rücklauf von Rammbohrgeräten. Bei einem solchen Rammbohrgerät sind zwar die streitpatentgemäßen Merkmale 1 und 1.1 offenbart, jedoch folgt auch hier der weitere Aufbau des Schlaggeräts einem anderen Prinzip, wonach der den Schlagkolben nach hinten verlängernde Mantel 38 zusammen mit einem darin befindlichen Steuerkolben 46 eine Zylinderbüchse mit einem (für die jeweilige Schlagstellung gegenüber dem Gehäuse feststehenden) Tauchkolben darstellt. Diese Büchse (Schlagkolbenmantel 38) ist zum einen keine axial verstellbare Steuerbüchse im patentgemäßen Sinn für die Steuerung einer Vorwärts- in eine Rückwärtsbewegung des gesamten Schlaggeräts (vgl. Merkmal 2.1 teilweise), sondern in ihrer axialen Beweglichkeit nur für den periodischen Antrieb des Schlaggeräts verantwortlich. Zum anderen ist diese Büchse nicht in der Endverschraubung (Führungsglied 54) geführt (vgl. restliches Merkmal 2.1), sondern zusammen mit dem Schlagkolben über vordere und hintere Führungsringe 28 bzw. 32 in dem Gehäuse 12 des Schlaggeräts (vgl. dort insb. die Figuren 1 und 2 mit zugeh. Beschreibung). Weiterhin fehlt bei dem Schlaggerät nach [1] ein durch den Schlagkolben verlaufender Axialkanal, weswegen auch das streitpatentgemäße Merkmal 3.1 nicht realisiert ist. Letztlich ist die mit der Kolbenstangenquerbohrung zusammenwirkende Abströmöffnung nicht in einer Steuerbüchse angeordnet (Merkmal 3.2) , sondern die Durchbrüche 56 für das Abströmen des Druckmediums befinden sich in dem als Endverschraubung wirkenden Führungsglied 54 (vgl. dort insb. Fig. 4 mit zugeh. Beschreibung).

In ähnlicher Weise wirken die ebenfalls nach dem Tauchkolbenprinzip arbeitenden Schlaggeräte entsprechend den Entgegenhaltungen [4] bis [6], gegenüber denen sich der Gegenstand des patentgemäßen Anspruchs 1 insbesondere durch die mit einer mit dem Schlagkolben fest verbundenen hohlen Kolbenstange (Merkmal 2) unterscheidet.

Weiter ab liegen die pneumatischen Hämmer nach [7], [8] und [10], die insbesondere keine Steuerbüchse aufweisen, die - im patentgemäßen Sinne zum Umschalten von der Vorlauf- in die Rücklaufrichtung - in einer Endverschraubung axial verstellbar angeordnet ist (Merkmal 2.1). Vergleichbares gilt für den mit einem Druckmedium zu beaufschlagenden Motor nach [9].

Das Rammbohrgerät nach [11] beschreibt lediglich ein Rammbohrgerät, das durch seine Konstruktion einen gekrümmten unterirdischen Weg aufzufahren vermag. Die patentgemäßen Merkmale 2 bis 3.2 sind dort nicht beschrieben.

3. Der Gegenstand nach Anspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Das angefochtene Patent betrifft ein Schlaggerät, und zwar insbesondere ein selbstgetriebenes Rammbohrgerät, mit einem im Gerätegehäuse axial beweglichen, eine hohle Kolbenstange aufweisenden Schlagkolben, der über einen am rückwärtigen Gehäuseende angeschlossenen Versorgungsschlauch mit einem Druckmedium beaufschlagt wird. Ein derartiges Rammbohrgerät ist beispielsweise aus [3] bekannt. Nachteilig sei hierbei neben dem großen herstellungstechnischen Aufwand insbesondere die bauartbedingte geminderte Leistung (s. Patentbeschreibung S 3, Abs 1). Überdies lehrt diese Druckschrift kein Umschalten von einer Vorlauf- in eine Rücklaufrichtung.

Dem Patent liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein kompaktbauendes Schlaggerät, insbesondere ein selbstgetriebenes Rammbohrgerät, zu schaffen, das ein Umschalten von der Vorlauf- in die Rücklaufrichtung und demgemäß ein Rückführen des Geräts zu seiner Startgrube erlaubt (s. Patentbeschreibung S 4, Abs 3).

Wie bereits oben zur Neuheit im einzelnen ausgeführt, sind dieser gattungsbildenden Druckschrift insbesondere nicht die Merkmale 2.1 bis 3.2 entnehmbar, sofern diese sich auf eine axial verstellbare Steuerbüchse und eine Kolbenstangenquerbohrung beziehen. Diese Merkmale sind hieraus daher auch nicht nahegelegt.

Zwar weist das ebenfalls in der Beschreibungseinleitung genannte Schlaggerät nach [12] einige dieser fehlenden Merkmale auf, jedoch handelt es sich, wie ebenfalls oben ausgeführt, um eine Konstruktion, bei der die periodische Schlagkolbenbewegung über ein Schleppventil gesteuert wird.

Der mit der Lösung des genannten Problems betraute Fachmann - ein diplomierter Maschinenbau-Ingenieur, der eine langjährige Erfahrung in der Konstruktion und dem Einsatz von Rammbohrgeräten aufweist - wird bei einer Zusammenschau der Schlaggeräte nach [3] mit [12] ohne rückschauende Betrachtungsweise allenfalls zu einer Ausführungsform gelangen, die zwar eine axial bewegliche Steuerhülse zur Laufrichtungsumkehr aufweist, jedoch aufgrund des in [12] notwendig vorhandenen Schleppventils insbesondere die Ausführung nach Figur 5 von [3] dahingehend weiterbildet, dass Queröffnungen in einem Schleppventil vorhanden sind. Dies ist jedoch nicht die streitpatentgemäße Lösung.

Von den nach dem Tauchkolben-Prinzip arbeitenden Schlaggeräten nach [1] und [4] bis [6], deren Konstruktionsweise oben näher dargelegt ist, konnten aufgrund des anderen Funktionsaufbaues keine weiteren Anregungen in Richtung auf die patentgemäße Lösung gegeben werden.

Dies trifft in verstärktem Maße auch auf die noch weiter ab liegenden Ausführungen nach [7] bis [11] zu, die keine Steuerbüchse zum Umschalten der Vortriebsrichtung aufweisen. Die Einsprechende hat diesen Stand der Technik auch nicht weiter aufgegriffen.

Es bedurfte folglich einer über das fachübliche Können hinausragenden erfinderischen Tätigkeit, um zum Gegenstand des Anspruchs 1 zu gelangen.

4. Da der Gegenstand des Anspruchs 1 auch zweifelsfrei gewerblich anwendbar ist, hat der geltende Hauptanspruch Bestand.

Das gleiche gilt für die hierauf rückbezogenen Ansprüche 2 bis 7, die jeweils vorteilhafte Ausgestaltungen des Schlaggerätes nach Anspruch 1 zum Inhalt haben.

Ch. Ulrich Hövelmann Dr. Frowein Dr. W. Maier Bb/bn






BPatG:
Beschluss v. 13.07.2001
Az: 34 W (pat) 32/00


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