Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 12. Juli 2016
Aktenzeichen: AnwZ (Brfg) 22/16
(BGH: Beschluss v. 12.07.2016, Az.: AnwZ (Brfg) 22/16)
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das ihm am 21. März 2016 an Verkündungs statt zugestellte Urteil des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs Rheinland-Pfalz wird abgelehnt.
Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der am 8. Januar 1962 geborene Kläger ist seit 1996 als Rechtsanwalt zugelassen. Mit Bescheid vom 24. September 2015 widerrief die Beklagte seine Zulassung wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Die hiergegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Der Kläger beantragt nunmehr die Zulassung der Berufung.
II.
Der Antrag des Klägers ist nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt jedoch ohne Erfolg. Der vom Kläger geltend gemachte Zulassungsgrund (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 4. April 2012 - AnwZ (Brfg) 1/12, juris Rn. 3 und vom 14. November 2013 - AnwZ (Brfg) 65/13, juris Rn. 2, jeweils mwN). Entsprechende Zweifel vermag der Kläger, nach dessen Meinung kein Vermögensverfall vorliegt, mit seiner Antragsbegründung nicht darzulegen.
Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Ein Vermögensverfall wird kraft Gesetzes vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsanwalts eröffnet oder der Rechtsanwalt in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 26 Abs. 2 InsO; § 882b ZPO) eingetragen ist. Hierbei ist nach der ständigen Senatsrechtsprechung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Widerrufs infolge des ab 1. September 2009 geltenden Verfahrensrechts auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens - hier Widerspruchsbescheid vom 24. September 2015 - abzustellen; danach eingetretene Entwicklungen bleiben der Beurteilung in einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, BGHZ 190, 187 Rn. 9 ff.; vom 4. April 2012, aaO Rn. 4; vom 14. November 2013, aaO Rn. 5 und vom 6. Februar 2014 - AnwZ (Brfg) 83/13, juris Rn. 3).
Der Kläger war zum maßgeblichen Zeitpunkt im Schuldnerverzeichnis eingetragen. Insoweit bestand die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls. Zwar kommt die Vermutung nicht zur Geltung, wenn der Rechtsanwalt nachweist, dass die der Eintragung zugrundeliegende Forderung im maßgeblichen Zeitpunkt bereits getilgt war (Senatsbeschluss vom 26. November 2002 - AnwZ (B) 18/01, NJW 2003, 577). Dies ist aber nicht der Fall. Der Kläger, gegen den neun Haftbefehle eingetragen waren, hat den Nachweis nur in einigen, nicht in allen neun Fällen geführt.
Nach der ständigen Senatsrechtsprechung (vgl. nur Beschlüsse vom 4. April 2012, aaO Rn. 3; vom 14. November 2013, aaO Rn. 4; vom 6. Februar 2014, aaO Rn. 5 und vom 22. März 2016 - AnwZ (Brfg) 18/14, juris Rn. 8) muss ein Rechtsanwalt, der im Schuldnerverzeichnis eingetragen ist, zur Widerlegung der Vermutung ein vollständiges und detailliertes Verzeichnis seiner Gläubiger und Verbindlichkeiten vorlegen und - ggfs. unter Vorlage eines nachvollziehbaren bzw. realistischen Tilgungsplans - dartun, dass seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse nachhaltig geordnet sind. Dies hat der Kläger - wiederum bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufsbescheids - auch nach Auffassung des Senats nicht getan.
Soweit der Kläger insoweit unter anderem vorträgt, die Forderungen der Finanzverwaltung seien zum 31. Dezember 2015 insgesamt ausgeglichen gewesen, ist diese - zudem nicht belegte - Behauptung bereits deshalb unerheblich, weil der vollständige Ausgleich nach dem maßgeblichen Zeitraum erfolgt sein soll. Abgesehen davon handelt es sich bei der Finanzverwaltung nicht um den einzigen Gläubiger des Klägers. Soweit der Kläger rügt, der Anwaltsgerichtshof hätte ihn darauf hinweisen müssen, dass er die aus den Jahren 2000 und 2004 stammenden Wertgutachten zu den beiden Immobilien des Klägers wegen ihres Alters als nicht aussagekräftig ansehe und insoweit aktuellere Bewertungen erforderlich seien, ist diese Rüge ebenfalls nicht entscheidungserheblich. Abgesehen davon, dass bereits die Beklagte in ihrer Klagerwiderung auf die fehlende Aussagekraft der alten Gutachten hingewiesen und der Kläger auch jetzt keine aktuelleren Bewertungen vorgelegt hat, kommt es nach der ständigen Senatsrechtsprechung (vgl. nur Beschlüsse vom 14. November 2013, aaO Rn. 4 und vom 6. Februar 2014, aaO Rn. 6) darauf an, ob die Immobilien dem Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt als liquider Vermögenswert zur Verfügung gestanden haben. Dies ist weder vom Kläger dargetan noch anderweitig ersichtlich. Dem Vortrag des Klägers und den von ihm vorgelegten Unterlagen lässt sich letztlich auch nach Auffassung des Senats nicht entnehmen, dass zum Zeitpunkt des Widerrufsbescheids entgegen der gesetzlichen Vermutung des Vermögensverfalls nachhaltig geordnete Vermögensverhältnisse vorlagen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.
Kayser Lohmann Seiters Braeuer Merk Vorinstanz:
AGH Koblenz, Entscheidung vom 21.03.2016 - 1 AGH 11/15 (1/1) -
BGH:
Beschluss v. 12.07.2016
Az: AnwZ (Brfg) 22/16
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