Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. April 2006
Aktenzeichen: 25 W (pat) 64/04
(BPatG: Beschluss v. 27.04.2006, Az.: 25 W (pat) 64/04)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die am 5. März 2002 angemeldete Marke 302 11 312 Falk MailSolutionist am 15. Juli 2002 in das Markenregister eingetragen worden und nunmehr noch für die Waren und Dienstleistungen
"Server (Hardware); Software; Softwareprogramme; Druckereierzeugnisse, Benutzerhandbücher; Application-Service-Providing, nämlich Anbieten und Vermietung von Softwareleistungen über das Internet; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, Anbieten von Netzwerk- und Internetverknüpfungen durch Software; Erstellen und Nutzungsüberlassung von Softwareprogrammen, Pflege von Computerprogrammen, Softwarepflege, Überlassung von Computerprogrammen"
geschützt.
Die Inhaberin der am 19. Juni 2000 angemeldeten und am 28. November 2000 u. a. für die Waren und Dienstleistungen
"Bespielte Datenträger, einschließlich interaktiver Speichermedien; Betriebs-, Steuerungs- und Anwendungsprogramme für die Datenverarbeitung; Datenverarbeitungsgeräte und deren Peripheriegeräte für den stationären und den mobilen Einsatz; Druckereierzeugnisse; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung"
eingetragenen Marke Nr 300 46 010 FALK hat dagegen Widerspruch erhoben.
Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 22. März 2004 durch einen Prüfer des gehobenen Dienstes die angegriffene Marke wegen des Widerspruchs gelöscht.
Ausgehend von teilweiser Warenidentität, teilweise hochgradiger Ähnlichkeit und teilweise von einem beachtlichem Ähnlichkeitsgrad der sich gegenüber stehenden Waren und Dienstleistungen hielten die Vergleichsmarken den dadurch gebotenen Abstand nicht ein. Ein entscheidungserheblicher Teil der Verkehrskreise werde sich unter Berücksichtigung der Kennzeichnungsschwäche der Bestimmungsangabe "MailSolution" an dem als Herstellerangabe auftretenden Bestandteil "Falk" als dem die jüngere Marke prägenden Kenn- und Merkwort orientieren. Der Wortzusammensetzung "MailSolution" komme im Rahmen der angegriffenen Marke keine den Gesamteindruck (mit-) prägende Bedeutung zu, da es sich hierbei als dem terminologieüblich gebildeten Hinweis auf (elektronische) Post-, Übermittlungslösungen um eine kennzeichnungsschwache Bestimmungsangabe handele. Das Kenn- und Merkwort der jüngeren Marke sei mit der Widerspruchsmarke identisch.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat dagegen Beschwerde eingelegt und beantragt (sinngemäß), den Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. März 2004 aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.
Der Bestandteil "Falk" der angegriffenen Marke sei in die Gesamtmarke "Falk MailSolution" eingebunden. Aufgrund des Wortbestandteils "MailSolution" in der angegriffenen Marke sei eine Verwechslungsgefahr auszuschließen. Dieser Bestandteil dürfe für den Gesamteindruck nicht vernachlässigt werden. Er sei für die angegriffenen Waren und Dienstleistungen keine kennzeichnungsschwache Bestimmungsangabe. Der Begriff "Postlösung" oder "Übermittlungslösung" sei im Hinblick auf die erfassten Waren unklar. Auch für die erfassten Dienstleistungen lasse sich keine unmittelbar beschreibende Angabe erkennen. Allenfalls möge man einen beschreibenden Anklang insoweit zuerkennen, dass die Dienstleistungen etwas mit einer (Post-) Übermittlung zu tun haben könnten. Was übermittelt werde, wer übermittle und auf welchem Wege, sei völlig offen und bleibe verschwommen. Auch sei die Kombination von zwei mit Großbuchstaben beginnenden Wörtern, welche ohne Leerzeichen zusammengezogen seien, ungewöhnlich. Der Annahme durchschnittlicher Kennzeichnungskraft stehe nichts entgegen. Aufgrund der deutlichen Unterschiede zwischen "Falk" und "Falk MailSolution" sei eine Verwechslungsgefahr nicht zu befürchten.
Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Wortzusammensetzung "MailSolution", die ungeachtet ihrer inzwischen durchaus üblichen Zusammenschreibung mit "Mail Solution" oder "mail solution" identisch sei, sei für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen glatt beschreibend. Praktisch alle einschlägigen Verkehrskreise verstünden "MailSolution" - ohne einen Übersetzungsvorgang dazwischen schalten zu müssen - als Hinweis auf die Eignung und Bestimmung der von der jüngeren Marke erfassten Waren und Dienstleistungen. Die jüngere Mehrwortmarke sei ein klassisches Beispiel dafür, dass eine Komponente den Gesamteindruck so stark präge, dass die zweite Komponente, markenrechtlich betrachtet, bis zur Bedeutungslosigkeit in den Hintergrund trete. Zwischen den Waren und Dienstleistungen bestehe Identität bzw hochgradige Ähnlichkeit. Deshalb könne kein Zweifel daran bestehen, dass die einschlägigen Verkehrskreise die angefochtene Marke für die Widerspruchsmarke "Falk", gefolgt von einer Bestimmungsangabe, halten werden. Selbst wenn man eine unmittelbare Verwechslungsgefahr verneinte, bestünde jedenfalls eine mittelbare Verwechslungsgefahr.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke hat in der Sache keinen Erfolg, da eine Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht.
Bei deren Beurteilung sind die Identität oder der Grad der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Identität oder der Grad der Ähnlichkeit der Marken und die Kennzeichnungskraft und damit der Schutzumfang der Widerspruchsmarke zu berücksichtigen. Diese Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr, wobei ein geringerer Grad eines Faktors durch einen höheren Grad eines anderen ausgeglichen werden kann (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 9 Rdn. 22).
Die sich gegenüber stehenden Waren und Dienstleistungen können teilweise identisch sein. Zumindest besteht aber eine erhebliche Ähnlichkeit. Die "Server (Hardware)" der angegriffenen Marke sind ähnlich mit den Waren "Datenverarbeitungsgeräte und deren Peripheriegeräte für den stationären und den mobilen Einsatz" der Widerspruchsmarke. Diese Waren können sogar identisch sein, da Computer in einem Rechennetz, auf denen eine Serveranwendung ausgeführt wird, auch als Server bezeichnet werden. "Software; Softwareprogramme" können mit "Betriebs-, Steuerungs- und Anwendungsprogramme für die Datenverarbeitung" identisch sein. "Druckereierzeugnisse" sind in beiden Verzeichnissen identisch enthalten, und "Benutzerhandbücher" fallen ebenfalls unter den Oberbegriff "Druckereierzeugnisse". Die Dienstleistungen "Application-Service-Providing, nämlich Anbieten und Vermietung von Softwareleistungen über das Internet; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, Anbieten von Netzwerk- und Internetverknüpfungen durch Software; Erstellen und Nutzungsüberlassung von Softwareprogrammen, Pflege von Computerprogrammen, Softwarepflege, Überlassung von Computerprogrammen" sind ähnlich, teilweise sogar identisch mit den Dienstleistungen "Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung" der Widerspruchsmarke.
Mangels anderer Anhaltspunkte ist von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen.
Die sich gegenüber stehenden Marken sind im maßgeblichen Gesamteindruck so ähnlich, dass eine Verwechslungsgefahr besteht.
Entscheidend kommt es darauf an, wie die Marken auf den Durchschnittsverbraucher der in Frage stehenden Art von Waren oder Dienstleistungen wirken, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach Art der betreffenden Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (EuGH, MarkenR 2006, 67 -Picasso). Anzuknüpfen ist dabei an das Verbraucherleitbild des EuGH, der auf den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der entsprechenden Waren oder Dienstleistungen abstellt (EuGH GRUR 2004, 943 -SAT.2).
Die Maßgeblichkeit des Gesamteindrucks zwingt indessen nicht dazu, stets die Marken in ihrer Gesamtheit zu vergleichen. Vielmehr kann auch ein Markenbestandteil eine selbstständig kollisionsbegründende Bedeutung haben, wenn er den Gesamteindruck einer mehrgliedrigen Marke prägt, indem er eine eigenständige kennzeichnende Funktion aufweist (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 9 Rdn. 370). Der EuGH hat zwar die sogenannte Prägetheorie des BGH nicht ausdrücklich gebilligt. Er hat jedoch nicht in Zweifel gezogen, dass ein einzelner übereinstimmender Zeichenbestandteil unter Umständen genügen kann, um eine Verwechslungsgefahr zu begründen. Nach der Rechtsprechung des EuGH kann sogar eine Verwechslungsgefahr gegeben sein, auch wenn der übereinstimmende Zeichenbestandteil das jeweilige Zeichen nicht prägt, aber in diesem eine selbständig kennzeichnende Stellung behält (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042 - THOMSON LIFE).
Der Bestandteil "Falk", welchem von Hause aus eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zukommt, hat für den Gesamteindruck der angegriffenen Marke eine prägende, selbständig kennzeichnende Bedeutung.
In dem weiteren Bestandteil "MailSolution" der angegriffenen Marke sieht der Verkehr nur eine Sachangabe, nämlich, dass die Waren und Dienstleistungen der Lösung von Problemen im Zusammenhang mit Emailprogrammen oder sonstiger Post dienen können. Dies gilt für alle angegriffenen Waren und Dienstleistungen, da alle der Lösung von Email-Problemen oder der Bewältigung von Aufgaben im Zusammenhang mit anderen Post-Arten (z. B. SMS, Fax, Drucksachen usw.) dienen können. Hard- oder Software können dafür bestimmt und geeignet sein, Emails oder sonstige Post zu erstellen, weiterzuleiten oder zu empfangen. Die Dienstleistungen der angegriffenen Marke können der Entwicklung einer entsprechenden Software dienen. Sie können auch zur Pflege einer solchen Software bestimmt sein, oder die Dienstleistung kann in dem Vermieten oder sonstigen Überlassen einer solchen speziellen Software bestehen. Kombinationen von Wörtern mit dem Anfangsbestandteil "Mail" sind sprachüblich (vgl. z. B. Mailbox, Mailorder). Gleiches gilt auch für Kombinationen von Wörtern mit dem Bestandteil "Solution" am Ende, worauf die Markenstelle bereits hingewiesen hat. Aus der in der mündlichen Verhandlung übergebenen Internetrecherche des Senats ist zudem ersichtlich, dass entsprechende Wortkombinationen (z. B. emailsolution, Mobile Solution) bereits verwendet werden, was die sprachübliche Bildung dieses Zeichenbestandteils noch unterstreicht. Auch die konkrete grafische Darstellung, die in der Zusammenschreibung zweier Wörter mit Binnengroßschreibung besteht, ändert nichts an dem Charakter als Sachangabe. Es handelt sich um ein übliches Werbemittel und wird daher vom Verkehr nicht als kennzeichnend verstanden.
Der einzig kennzeichnende Bestandteil "Falk" der angegriffenen Marke, der am Zeichenanfang als selbständiger Bestandteil steht und von dem weiteren Bestandteil "MailSolution" deutlich abgesetzt ist, unterscheidet sich von der Widerspruchsmarke nur dadurch, dass letztere ausschließlich in Großbuchstaben- geschrieben ist. Der Verkehr wird diesem Unterschied jedoch keine Bedeutung zumessen. Hinzu kommt, dass es sich bei der Widerspruchsmarke um eine Wortmarke handelt, bei der ohnehin alle üblichen Wiedergaben zu berücksichtigen sind. Die Widerspruchsmarke ist daher identisch in der angegriffenen Marke enthalten und prägt den Gesamteindruck der angegriffenen Marke, so dass mit erheblichen Verwechslungen zu rechnen ist. Unabhängig davon besteht auch die Gefahr, dass der Verkehr die Zeichen wegen des als selbständig kennzeichnenden Bestandteils "Falk" in der angegriffenen Marke gedanklich miteinander in Verbindung bringt. Diese Art der Verwechslungsgefahr bedarf aber im Hinblick auf die gegebene unmittelbare Verwechslungsgefahr keiner abschließenden Behandlung.
Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke hat daher keinen Erfolg.
Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass, § 71 Abs. 1 MarkenG.
BPatG:
Beschluss v. 27.04.2006
Az: 25 W (pat) 64/04
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