Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. Juli 2008
Aktenzeichen: 26 W (pat) 49/07
(BPatG: Beschluss v. 30.07.2008, Az.: 26 W (pat) 49/07)
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. Februar 2007 insoweit aufgehoben, als die Anmeldung für "fotografische, Film-, optische Apparate und Instrumente, Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild einschließlich mobilen Telefonapparaten; Magnetaufzeichnungsträger und Schallplatten; Schreibmaschinen; lebende Tiere; Datenverarbeitungsgeräte und Computer" zurückgewiesen worden ist.
Gründe
I Für zahlreiche Waren der Klassen 3, 9, 14, 16, 21, 24, 25, 26, 28, 30 ,31 und 32 ist die Wortmarke 306 08 590.9 Rote Rosenangemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung durch eine Prüferin des höheren Dienstes zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Marke sei im Hinblick auf alle begehrten Waren nicht unterscheidungskräftig (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Sie stelle eine ohne weiteres verständliche Gesamtaussage dar, die einen inhaltlichen, beschreibenden Bezug aufweisen könne. Es könne sich bei sämtlichen Waren um solche handeln, die mit Motiven von roten Rosen ausgestattet seien, rote Rosen zum Thema hätten, auf Basis von roten Rosen hergestellt seien oder Bestandteile roter Rosen enthielten. Dies gelte für Parfümeriewaren und Seifen (z. B. Rosenseifen), Juwelier- und Schmuckwaren (z. B. Rosenketten oder -ringe), Papierwaren und Druckereierzeugnisse (z. B. Postenkarten mit Rosenmotiven), Lebensmittel und Getränke (z. B. veredelt mit Rosenwasser) sowie land-, garten- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse (z. B. Rosensamen). Auch Datenverarbeitungsgeräte und Computer könnten neuerdings mit Duftstoffen ausgestattet sein, wie sich aus dem beiliegenden Rechercheauszug ergebe. Es sei nicht erforderlich, dass ein Zeichen oder eine Angabe zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits tatsächlich als beschreibend verwendet werde. Die bloße Verwendungsmöglichkeit genüge. Das Fehlen eines Bildbestandteils könne ebenso wenig die Schutzfähigkeit begründen wie die Eintragung vergleichbarer Kennzeichnungen, zumal letzteren nur indizielle Bedeutung zukomme.
Hiergegen wendet sich die Anmelderin und beantragt sinngemäß, den Beschluss der Markenstelle insoweit aufzuheben, als die Eintragung für "fotografische, Film-, optische Apparate und Instrumente, Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild einschließlich mobilen Telefonapparaten, Magnetaufzeichnungsträger und Schallplatten, Schreibmaschinen, lebende Tiere, Datenverarbeitungsgeräte und Computer" zurückgewiesen wurde.
Zur Begründung hat sie ausgeführt, für die vorgenannten Waren bestehe Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG; außerdem sei ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht ersichtlich. Die Unterscheidungskraft müsse für jede angemeldete Ware gesondert beurteilt werden; dies sei für die vorgenannten Waren nicht erfolgt. Auch sei für die obengenannten Waren kein Freihaltebedürfnis gegeben, da seitens der Markenstelle keine entsprechenden Nachweise einer beschreibenden Verwendung erbracht worden und auch sonst nicht ersichtlich seien. Der von der Markenstelle vorgelegte Artikel beziehe sich nur auf die abstrakte Möglichkeit, mit einem Computer auch Düfte zu produzieren, deren Realisierung jedoch vollkommen ungewiss sei. Damit werde auch kein zukünftiges Freihaltebedürfnis begründet, da daran strenge Anforderungen zu stellen seien. Lediglich theoretische Möglichkeiten reichten aufgrund der "Vittel"-Entscheidung (BPatG GRUR Int. 1992, 62) nicht aus.
II Die zulässige Beschwerde erweist sich als begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke für die noch beanspruchten Waren steht weder eine fehlende Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG noch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.
Im Hinblick auf sämtliche im Tenor genannten Waren besteht an der angemeldeten Marke kein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
Nach dieser Vorschrift sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der geografischen Herkunft, der Art, der Beschaffenheit oder der Bestimmung der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Mit dem Ausschluss solcher Angaben vom Markenschutz verfolgt der Gesetzgeber das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass diese Bezeichnungen für die Waren und Dienstleistungen, die sie beschreiben, von jedermann frei verwendet werden können. Dabei setzt die Zurückweisung einer Anmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht voraus, dass das fragliche Zeichen bereits als beschreibende Angabe verwendet wird (vgl. EuGH Mitt. 2004, 28, 29 - DOUBLEMINT; MarkenR 2005, 22, 25 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT), gleichwohl ist aber Voraussetzung eines Freihaltebedürfnisses, dass an der betreffenden Bezeichnung ein berechtigtes Interesse der Mitbewerber zu Beschreibung der Waren besteht.
Hinsichtlich der Waren "fotografische, Film-, optische Apparate und Instrumente, Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild einschließlich mobilen Telefonapparaten, Magnetaufzeichnungsträger und Schallplatten, Schreibmaschinen, lebende Tiere" stellt die angemeldete Marke "ROTE ROSEN" keine unmittelbar beschreibende Sachangabe dar. Zwar können rote Rosen als Motive bei der Verwendung von Fotoapparaten und Aufzeichnungsgeräten dienen. Dieser Umstand allein macht aber die Wortfolge "Rote Rosen" nicht zur beschreibenden Angabe, zumal es keine speziellen Geräte zur Aufnahme bzw. Aufzeichnung von roten Rosen gibt. Hinsichtlich "Schallplatten, Schreibmaschinen" ist ebenso wenig eine beschreibenden Angabe gegeben, da es sich nicht um eine gängiges Ausstattungselement für beide Warengruppen handelt. Für "lebende Tiere" liegt ebenfalls kein erkennbar beschreibender Bezug zu "ROTE ROSEN" vor (z. B. als Futtermittel o. ä.). Hinsichtlich der beanspruchten Waren "Datenverarbeitungsgeräte und Computer" hat die Markenstelle mit dem beigefügten Artikel zwar hinreichend konkret belegen können, dass ein PC aufgrund der technischen Möglichkeiten durchaus künstliche Düfte (z. B. von Rosen) produzieren kann. Damit ist nicht mehr nur eine abstrakte Möglichkeit eines "duftenden" PC gegeben; vielmehr steht die entsprechende Technik bereits zur Verfügung und hat das Stadium einer konkreten Einsetzbarkeit erreicht. Dies bezieht sich jedoch auf den Duft von Rosen generell und nicht von roten Rosen im Speziellen. Auch wenn für die Annahme des Schutzhindernisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG kein lexikalischer oder sonstiger Nachweis dafür erforderlich ist, dass die Angabe im Verkehr verwendet wird (vgl. EuGH a. a. O. - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT), ist in Bezug auf die beanspruchten Computer und Datenverarbeitungsgeräte eine unmittelbar beschreibende Angabe, deren Monopolisierung im Interesse der Mitbewerber zu verhindern ist, nicht gegeben, da rote Rosen keinen eigenen charakteristischen Duft gegenüber Rosen aller anderer Farben verbreiten.
Die angemeldete Marke "ROTE ROSEN" ist auch unterscheidungskräftig nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Unterscheidungskraft i. S. d. vorstehend genannten Bestimmung weist eine Marke auf, wenn sie geeignet ist, die Waren und/oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen zu kennzeichnen und sie somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH a. a. O. - Das Prinzip der Bequemlichkeit; BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice). Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren/Dienstleistungen, zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen (vgl. EuGH GRUR Int. 2003, 632, 635 - Linde; GRUR Int. 2004, 500, 504 - Postkantoor; GRUR Int. 2004, 631, 633 - Dreidimensionale Tablettenform). Auch dieses Eintragungshindernis ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, das darin besteht, den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2002, 804, 805, 809 - Philips). Für kennzeichnungsrechtliche Monopole ist damit nur Raum, soweit diese geeignet sind, dem Verbraucher die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu garantieren und damit die Herkunftsfunktion der Marke zu erfüllen. Keine Unterscheidungskraft weisen vor allem solche Marken auf, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt zuordnen (vgl. BGH GRUR 2001, 1153, 1154 - marktfrisch; GRUR 2004, 778 - URLAUB DIREKT). Wie vorstehend ausgeführt, stellt die angemeldete Marke im Hinblick auf die noch beanspruchten Waren - insbesondere auch "Datenverarbeitungsgeräte und Computer" betreffend - keine glatt beschreibende Sachangabe dar, sodass der Verkehr hierin einen betrieblichen Herkunftshinweis i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu sehen vermag.
Dr. Fuchs-Wissemann Reker Kopacek Bb
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Beschluss v. 30.07.2008
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