Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. März 2011
Aktenzeichen: 21 W (pat) 33/08
(BPatG: Beschluss v. 30.03.2011, Az.: 21 W (pat) 33/08)
Tenor
BPatG 152 Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse A 61 B des Deutschen Patentund Markenamts vom 8. Februar 2008 aufgehoben und das Patent erteilt. Bezeichnung: Verfahren zur Ermittlung von Positronen-Emissions-Messinformationen eines Körperbereichs eines Untersuchungsobjekts sowie zugehörige Vorrichtung Anmeldetag: 4. April 2006.
Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:
Patentansprüche 1 bis 11, eingegangen am 8. April 2008, Beschreibung Seiten 1, 2 und 2a, eingegangen am 8. April 2008, Beschreibung Seiten 3 bis 18, eingegangen am 4. April 2006 und 2 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 3, eingegangen am 4. April 2006.
Gründe
I Die Patentanmeldung wurde am 4. April 2006 unter der Bezeichnung "Verfahren zur Ermittlung von Positronen-Emissions-Messinformationen eines Körperbereichs eines Untersuchungsobjekts sowie zugehörige Vorrichtung" beim Deutschen Patentund Markenamt eingereicht. Die Offenlegung erfolgte am 18. Oktober 2007.
Im Prüfungsverfahren ist folgende Druckschrift in Betracht gezogen worden:
D1 EP 1 336 377 A2.
Die Prüfungsstelle für Klasse A 61 B hat mit Beschluss vom 8. Februar 2008 die Anmeldung mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Anspruch 5 wegen des unklaren Merkmals "niedrige Dosierung" nicht gewährbar sei.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.
Sie verfolgt ihre Patentanmeldung weiter auf der Grundlage von neuen Patentansprüchen 1 bis 11 vom 7. April 2008, wobei der ursprüngliche Anspruch 5 gestrichen wurde.
Der danach geltende Patentanspruch 1 lautet (mit Merkmalsgliederung):
M1 Verfahren zur Ermittlung von Positronen-Emissions-Messinformationen eines von wenigstens einem periodischen Bewegungsvorgang betroffenen Körperbereichs eines Untersuchungsobjekts im Rahmen einer Positronen-Emissions-Tomographie, umfassend die Schritte:
M2 -Durchführung einer Positronen-Emissions-Messung in demzu untersuchenden Körperbereich des Untersuchungsobjektszur Ermittlung funktioneller Positronen-Emissions-Messinformationen, M3 -zeitgleich zur Positronen-Emissions-Messung für wenigstens einen Messzeitabschnitt auf eine Aufnahmeebene beschränkte Aufnahme anatomischer Messinformationen deszu untersuchenden Körperbereichs mit einem anatomischen Bildgebungsverfahren mit einer hohen zeitlichen Auflösung, M4 -Aufnahme eines vollständigen vierdimensionalen Datensatzes anatomischer Referenz-Messinformationen für wenigstens eine Periode eines Bewegungsvorgangs mit hoher zeitlicher Auflösung mit dem anatomischen Bildgebungsverfahrenund M5 -in Abhängigkeit eines Vergleichs der dem Messzeitabschnitt der Positronen-Emissions-Messung zugehörigen auf eine Aufnahmeebene beschränkten anatomischen Messinformationen des anatomischen Bildgebungsverfahrens mit den vierdimensionalen anatomischen Referenz-Messinformationen Zuordnung der Positronen-Emissions-Messinformationen des Messzeitabschnitts zu entsprechenden anatomischen Referenz-Messinformationen.
Der nebengeordnete Patentanspruch 11 lautet:
Vorrichtung (9) zur Ermittlung von Positronen-Emissions-Messinformationen eines von wenigstens einem periodischen Bewegungsvorgang betroffenen Körperbereichs eines Untersuchungsobjekts im Rahmen einer Positronen-Emissions-Tomographie, umfassend Mittel zur Ermittlung funktioneller Positronen-Emissions-Messinformationen und zur Aufnahme anatomischer Messinformationen mit einer hohen zeitlichen Auflösung und ausgebildet zur Durchführung des Verfahrens nach einem der vorangehenden Ansprüche.
Die Anmelderin stellt sinngemäß den Antrag, den Beschluss der Prüfungsstelle für die Klasse A 61 B des Deutschen Patentund Markenamts vom 8. Februar 2008 aufzuheben und das Patent mit den Ansprüchen 1 bis 11 und Seiten 1 bis 2a vom 7. April 2008, sonst mit den ursprünglichen Unterlagen, zu erteilen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist begründet, denn das zweifelsohne gewerblich anwendbare Verfahren des Anspruchs 1 und die Vorrichtung nach Anspruch 11 sind neu und beruhen auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die Unteransprüche 2 bis 10 betreffen vorteilhafte Ausgestaltungen des Anspruchs 1, und die übrigen Unterlagen erfüllen insgesamt die an sie zu stellenden Anforderungen.
Die geltenden Patentansprüche sind zulässig. Im Anspruch 1 wurde lediglich das fakultative Merkmal "insbesondere mit einem Computertomographieverfahren" gestrichen. Der im Zurückweisungsbeschluss von der Prüfungsstelle als "unklar" bemängelte ursprüngliche Anspruch 5 wurde ebenfalls gestrichen. Die weiteren Ansprüche wurden lediglich angepasst und ihre Merkmale ergeben sich aus den ursprünglichen Ansprüchen und der Beschreibung.
Die Erfindung betrifft ein Messverfahren und eine Vorrichtung unter Verwendung der Positronen-Emissionsund Computer-Tomographie (PET und CT).
Bei der PET werden nach Einbringung einer radioaktiven Markersubstanz in den Organismus eines zu untersuchenden Patienten Aufnahmen im Bereich von 2 bis 5 Minuten gemacht, in denen durch Bewegungsvorgänge im Körper des Patienten, z. B. bei der Untersuchung des Herzens durch die Atmung des Patienten, die Bildqualität verringert werde (siehe Beschreibung Absätze [0001-0005]). Die bekannte Verwendung von Triggern zur Detektion der Peaks im Herzzyklus sei unzuverlässig (siehe Absatz [0006]).
Der Erfindung liegt damit die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Ermittlung von Positronen-Emissions-Messinformationen eines von wenigstens einem periodischen Bewegungsvorgang betroffenen Körperbereichs eines Untersuchungsobjekts im Rahmen einer Positronen-Emissions-Tomographie anzugeben, das diesbezüglich verbessert ist und auf einfache und zuverlässige Weise die Einordnung der Positronen-Emissions-Messinformationen in ihre anatomische Umgebung ermöglicht (siehe Absatz [0007], [0034]).
Gegenüber der Druckschrift D1 ist das zweifelsohne gewerblich anwendbare Verfahren des Patentanspruchs 1 neu und beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit, da es sich für den Fachmann, einen Dipl.-Physiker mit entsprechender Berufserfahrung bei der Entwicklung von bildgebenden medizinischen Geräten, aus diesem Stand der Technik nicht in naheliegender Weise ergibt.
Die Anmeldung schlägt gemäß dem Ausführungsbeispiel vor, die Bewegung des Herzens während der PET-Aufnahme über eine zusätzliche CT-Aufnahme des Herzens und die Erfassung von dessen Größenänderung zu verfolgen (siehe Fig. 1). Um die Strahlungsdosis für den Patienten gering zu halten, soll dabei aber nur mit geringer Dosis eine Schnittaufnahme in einer Ebene (Dimension) gemacht werden, aus der dann der Durchmesser des Herzens bestimmt werden kann. Aus einer zuvor gemachten Referenzaufnahme (siehe Fig. 2A) des ganzen Herzens (in drei Dimensionen) mit hoher Dosis und guter Auflösung ist die zugehörige Herzgröße und damit der entsprechende Herzzyklus als Funktion der Zeit (4. Dimension) bekannt. Während der PET-Messung und der dabei mit hoher zeitlicher Auflösung aber geringer Dosis vorgenommenen CT-Aufnahme in einer Ebene kann somit immer auch der Herzdurchmesser bestimmt werden. Durch den Vergleich des Herzdurchmessers mit den Aufnahmen des Herzens in drei Dimensionen aus den Referenzaufnahmen können dann die PET-Aufnahmen zeitlich korrigiert werden (siehe Fig. 2a), um sie somit der korrekten Bewegungsphase des Herzens zuordnen zu können und die zeitliche Verschmierung der Aufnahmen zu vermeiden (siehe Absätze [0046, 0009]).
Gemäß dem Anspruch 1 wird dieses Verfahren allgemein für einen von einem periodischen Bewegungsvorgang betroffenen Körperbereich beansprucht (M1) mit einer "anatomischen Aufnahme" (M3, M4), wobei gemäß Merkmalsgruppe M5 die zeitliche Korrektur der PET-Aufnahmen zur jeweiligen Bewegungsphase des Herzens lediglich verallgemeinert als "Zuordnung der Positronen-Emissions-Messinformationen des Messzeitabschnitts zu entsprechenden anatomischen Referenz-Messinformationen" beansprucht wird.
Zu dieser Vorgehensweise gibt die Druckschrift D1 jedoch keine Anregung. Gemäß der Druckschrift D1 (siehe abstract und Fig. 1) wird eine erste CT-Aufnahme mit einem Aufnahmegerät 40 ohne eine Atmung des Patienten gemacht und mit einem weiteren Aufnahmegerät 1 werden zweite CT-Aufnahmen und PET-Aufnahmen des Patienten mit Atmung gemacht (siehe Rechner 27, 38). Die Daten der ersten und zweiten CT-Aufnahmen werden dann zur Korrektur der PET-Aufnahmen herangezogen. Die Korrektur der PET-Aufnahmen erfolgt aber über zeitgleich aufgenommene zweidimensionale CT-Aufnahmen (siehe Fig. 8B mit Atmung) mit zweidimensionalen Referenzaufnahmen (siehe Fig. 8A ohne Atmung). Eine Zuordnung von PET-Aufnahmen zu vierdimensionalen CT-Aufnahmen aufgrund von zeitgleich mit den PET-Aufnahmen aufgenommenen eindimensionalen CT-Aufnahmen ist aus der Druckschrift D1 somit weder bekannt noch ergeben sich aus dieser Druckschrift Hinweise für den Fachmann zu dieser Vorgehensweise.
Da der Patentanspruch 1 eine Vorrichtung betrifft, die so ausgebildet ist, dass sie zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 geeignet ist, ist ihre Patentfähigkeit ebenfalls gegeben. Die Patentfähigkeit der Unteransprüche 2 bis 10 wird von der des Patentanspruchs 1 mitgetragen.
Dr. Winterfeldt Baumgärtner Dr. Morawek Bernhart Pü
BPatG:
Beschluss v. 30.03.2011
Az: 21 W (pat) 33/08
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