Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. Juli 2006
Aktenzeichen: 28 W (pat) 251/02
(BPatG: Beschluss v. 19.07.2006, Az.: 28 W (pat) 251/02)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die u. a. für
"Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege mit magnetischer und/oder Elektrostatischer Wirkung; Haarwässer mit magnetischer und/oder Elektrostatischer Wirkung; Zahnputzmittel"
am 23. November 1999 eingetragene Wortmarke MAGNOVITAL hat die Inhaberin der prioritätsälteren Gemeinschaftsmarke 660 530 MAGNO die seit dem 21. Dezember 1999 für
"Seifen; Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel"
eingetragen ist, Widerspruch erhoben. Eine Begründung des Widerspruchs ist nicht erfolgt.
Die Markenstelle für Klasse 10 des Deutschen Patentamts hat den Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, die Marken hielten auch bei zweifelsfrei ähnlichen und teilweise sogar identischen Waren zumindest im Gesamteindruck einen ausreichenden Abstand zueinander ein. Als markentypischem Element werde der Verkehr dem Bestandteil "VITAL" für sich betrachtet zwar keinen betriebskennzeichnenden Charakter beimessen, durch die Verbindung mit einem weiteren Bestandteil nehme das Wortelement aber an der Kennzeichnungswirkung des Gesamtwortes teil. Eine isolierte Gegenüberstellung des Bestandteils "MAGNO" komme daher nicht in Betracht.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Eine Begründung der Beschwerde wurde nicht eingereicht.
Die Widersprechende beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die angegriffene Marke zu löschen.
Der Markeninhaber hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die Markenstelle hat eine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zutreffend verneint.
Die Frage, ob eine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr besteht, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie des Schutzumfangs des Widerspruchzeichens (EuGH GRUR 1998, 387 - Sabl/Puma). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren, so dass etwa ein höherer Grad der Warenähnlichkeit durch einen niedrigen Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann und umgekehrt.
Im vorliegenden Fall können die gegenseitigen Waren identisch sein. Sie richten sich in erster Linie an Endverbraucher, die beim Erwerb der hier einschlägigen Kosmetikprodukte ein erhöhtes Markenbewusstsein zeigen und dabei nicht flüchtig, wie beim Kauf von Massenartikeln des täglichen Bedarfs, sondern mit einer gewissen Sorgfalt vorgehen. Obwohl dadurch der Gefahr von Verwechslungen zwischen den Vergleichsmarken entgegengewirkt wird, sind angesichts der Identität der Vergleichswaren hohe Anforderungen an den erforderlichen Abstand zwischen den beiden Marken zu stellen. Die angegriffene Marke hält diesen Markenabstand ein.
In kollisionsrechtlicher Hinsicht ist zunächst zu beachten, dass der maßgebliche, angemessen unterrichtete, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher eine Marke im Normalfall als Ganzes wahrnimmt, so wie sie ihm in der konkreten Verwendung begegnet, was vorliegend zu einer deutlichen Unterscheidbarkeit im Gesamteindruck führt. Zwar kann ausnahmsweise einem einzelnen Markenbestandteil in einem Gesamtzeichen eine selbstständig kennzeichnende Stellung zukommen und damit geeignet sein, die Erinnerung an das Gesamtzeichen wachzurufen. Fraglich ist aber bereits, ob dieser Grundsatz auch für Wortzusammensetzungen gilt, ganz abgesehen davon, dass für ein Vernachlässigen von Wortelementen hinreichende Anhaltspunkte vorliegen müssen, die hier nicht ersichtlich sind.
Bei Berücksichtigung dieser Grundsätze stellt sich die jüngere Marke als einheitlicher Gesamtbegriff dar, der von dem Bestandteil "MAGNO" nicht in isoliert kollisionsbegründender Weise geprägt wird. Zwar kommt dem Wortelement "VITAL" mit seinem Bedeutungsgehalt "lebenskräftig, lebensvoll, lebenswichtig, Lebenskraft" im Hinblick auf die fraglichen Waren ein beschreibender Aussagegehalt zu. Dies gilt aber gleichermaßen für das vorangestellte Wortbildungselement "MAGNO", das als beschreibender Hinweis im Sinne von "magnetisch, Magnet" auf so genannte Magnetprodukte bzw. entsprechende Therapieformen in unterschiedlichen Begriffen (und Kennzeichnungen) verwendet wird, wie beispielsweise in den Bezeichnungen "Magnotherapie" oder "Magnokräfte". Im Fall der prioritätsjüngeren Marke wird sich den angesprochenen Verkehrsteilnehmern dieser beschreibende Bedeutungsgehalt umso mehr erschließen, da es sich bei den von ihr beanspruchten Waren auch um solche mit "magnetischer und/oder elektrostatischer Wirkung" handelt. Bei Gesamtbegriffen, die aus zwei gleichermaßen beschreibenden Wortelementen gebildet sind, hat der Verkehr aber keine Veranlassung diese auf einen einzelnen Bestandteil zu verkürzen. Das Markenelement "VITAL" des angegriffenen Zeichens tritt nicht in der Weise zurück, dass es für den Verkehr nicht mehr zum Gesamteindruck der angegriffenen Marke beitragen würde.
Stellt man die beiden Marken einander somit in ihrer Gesamtheit, d. h. mit "MAGNOVITAL" und "MAGNO" gegenüber, kann wegen der klaren Abweichungen in Klang- und Schriftbild die Gefahr von unmittelbaren Verwechslungen ausgeschlossen werden.
Die Gefahr von mittelbaren Verwechslungen (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG) ist ebenfalls nicht gegeben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dieser Form der Verwechslungsgefahr um einen Tatbestand handelt, bei dessen Bejahung besondere Zurückhaltung geboten ist (vgl. Hacker in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 9 Rdn. 320). Allein der Umstand, dass ein übereinstimmender Wortbestandteil vorhanden ist, reicht noch nicht für die Annahme aus, die angesprochenen Verkehrskreise könnten die Vergleichsmarken gedanklich miteinander in Verbindung bringen. Dem Bestandteil muss vielmehr in dem Gesamtzeichen ein Hinweischarakter auf den Geschäftsbetrieb der Widersprechenden zukommen. Entsprechende Anhaltungspunkte für einen solchen Hinweischarakter sind aber weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Frage, inwieweit der Widerspruchsmarke aufgrund eines beschreibenden Bedeutungsanklangs des Wortbildungselements "MAGNO" möglicherweise eine lediglich unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft zuzumessen ist, konnte bei dieser Sachlage dahingestellt bleiben. Auch bei Annahme einer noch durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichszeichen unter jedem kollisionsrechtlich relevanten Aspekt auszuschließen. Umstände, die eine andere rechtliche Beurteilung rechtfertigen könnten, sind nicht vorgetragen.
Die Beschwerde musste somit erfolglos bleiben. Eine Veranlassung für die Auferlegung von Kosten bestand nicht (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
BPatG:
Beschluss v. 19.07.2006
Az: 28 W (pat) 251/02
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