Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. August 2006
Aktenzeichen: 29 W (pat) 180/04

(BPatG: Beschluss v. 09.08.2006, Az.: 29 W (pat) 180/04)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Angemeldet ist die Wortmarke Nacht der Sternefür verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 9,16, 38 und 41.

Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 12. Juli 2004 als nicht unterscheidungskräftige Angabe teilweise zurückgewiesen für die Dienstleistungen Unterhaltung; kulturelle Aktivitäten.

Der Verkehr erfasse die sprachübliche Zusammensetzung dreier allgemeinsprachlicher Begriffe lediglich als beschreibenden Hinweis auf eine Abendveranstaltung unter Mitwirkung hervorragender Künstler bzw. Stars.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, dass das angemeldete Zeichen mehrdeutig und deshalb unterscheidungskräftig sei. Der Zeichenbestandteil "Sterne" könne sich sowohl auf Himmelskörper als auch auf die im Hotel- und Gastronomiebereich vergebenen Auszeichnungen beziehen. Hingegen sei zur Bezeichnung prominenter Künstler nicht der Begriff "Stern", sondern das englische Wort "Star" gebräuchlich. Das vom Senat übermittelte Ergebnis einer Internetrecherche zur Verwendung der Wortfolge "Nacht der Sterne" belege nicht die beschreibende Verwendung der angemeldeten Wortfolge, weil es sich dabei ausschließlich um Hinweise auf Produkte und Dienstleistungen der Anmelderin handele.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

II.

Die nach § 165 Abs. 4 MarkenG a. F. i. V. m. § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Für die von der Teilzurückweisung erfassten Dienstleistungen "Unterhaltung; kulturelle Aktivitäten" stehen der Eintragung des angemeldeten Zeichens die absoluten Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegen.

1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Sie entspricht der Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Die Beurteilung der Unterscheidungskraft hat sich daher einerseits an den beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits an der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise zu orientieren. Die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt einer Wortmarke nur dann, wenn das Zeichenwort eine für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehende Sachaussage darstellt oder es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom angesprochenen Publikum stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. BGH GRUR 1999, 1089 - YES; GRUR 2003, 1050 - Cityservice; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Für die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen gelten diese Kriterien entsprechend (vgl. BGH GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft; GRUR 2001, 162, 163 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Als reiner Sachhinweis auf den thematischen Inhalt der beanspruchten Dienstleistungen ist die angemeldete Wortfolge daher nicht unterscheidungskräftig.

2. Der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die angemeldete Wortfolge in ihrer Gesamtheit zu Grunde zu legen, denn das angesprochene Publikum nimmt ein als Marke verwendetes Zeichen so auf, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. EuGH GRUR 2006, 229, Rn. 29 - BioID; BGH GRUR 2001, 162, 163 - RATIONAL SOFTWARE COR-PORATION). Nach der vom Senat durchgeführten Internet-Recherche ist die Wortfolge "Nacht der Sterne" gebräuchlich als Hinweis auf eine nächtliche Veranstaltung, die sich thematisch mit dem Sternenhimmel befasst, z. B. www.raumfahrer.net - Nacht der Sterne in Wien; www.stern.de - Die erste "Lange Nacht der Sterne" am 18. September 2004; www.planetariumhamburg.de - Im Zeichen der ersten "Langen Nacht der Sterne"; www.faz.net - Smalltalk mit Astronauten in der "Langen Nacht der Sterne"; www.unikiel.de - Das Institut für Theoretische Physik und Astrophysik der Uni Kiel beteiligt sich an der Aktion "Lange Nacht der Sterne". Nächtliche Veranstaltungen mit einer bestimmten thematischen Ausrichtung kennt der Verkehr darüber hinaus auch in anderem Zusammenhang, z. B. "Lange Nacht der Museen; Lange Nacht der Musik; Lange Nacht des Sports" usw..

3. Aufgrund der genannten Verwendungen erfassen die beteiligten Verkehrskreise die Wortfolge "Nacht der Sterne" in Verbindung mit den beanspruchten Dienstleistungen lediglich als beschreibenden Hinweis auf deren Inhalt, nämlich eine nächtliche Veranstaltung zum Sternenhimmel. Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass es sich bei den in der Recherche ermittelten Veranstaltungen überwiegend um solche wissenschaftlicher Art handelt. Denn die Grenzen zwischen Unterhaltung, Informationsvermittlung und kulturellen Veranstaltungen sind häufig fließend, so dass der Verkehr auch in der Unterhaltungs- und Kulturbranche an sachbezogene Themenangebote gewöhnt ist. Die Tatsache, dass die überwiegende Zahl der Belege eine Verwendung der Wortfolge mit dem Bestandteil "Lange Nacht" zeigt, führt zu keinem anderen Ergebnis. Das zusätzliche Adjektiv "lange" betont lediglich die Dauer der nächtlichen Veranstaltungen und verändert damit nicht die beschreibende Gesamtaussage der Wortfolge.

4. Als eine Angabe, die den Inhalt der beanspruchten Dienstleistungen unmittelbar beschreibt, ist das Zeichen außerdem nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG für den ungehinderten Gebrauch durch die Mitbewerber frei zu halten, weil es zur Bezeichnung nächtlicher Unterhaltungs- und Kulturveranstaltungen zum Thema Sternenhimmel dienen kann. Ob die Wortfolge von der Anmelderin erfunden oder bisher ausschließlich von ihr benutzt wurde, ist angesichts des glatt beschreibenden Aussagegehalts unerheblich (vgl. BGH GRUR 2005, 578, 580 - LOKMAUS). Anhaltspunkte dafür, dass sich das Zeichen infolge seiner Benutzung nach § 8 Abs. 3 MarkenG im Verkehr als Marke durchgesetzt hat, sind für den Senat nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen. Die Anmeldung war daher zurückzuweisen.






BPatG:
Beschluss v. 09.08.2006
Az: 29 W (pat) 180/04


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