Bundesgerichtshof:
Urteil vom 12. November 2009
Aktenzeichen: IX ZR 152/08
(BGH: Urteil v. 12.11.2009, Az.: IX ZR 152/08)
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 24. Juni 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage gegen den Beklagten zu 2 abgewiesen wurde.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1 zu tragen. Im Übrigen wird die Entscheidung über die Kosten dem Berufungsgericht übertragen.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Die Klägerin ist die Ehefrau des Geschäftsführers der I. GmbH (im Folgenden: I. ). Die I. verklagte, vertreten durch den Beklagten zu 1 als Prozessbevollmächtigten, einen Bauherrn auf Zahlung von Werklohn. Die Klage hatte in erster Instanz Erfolg. Im Berufungsverfahren ließ sich die I. durch den Beklagten zu 2 als Prozessanwalt vertreten, den Beklagten zu 1 beauftragte sie als Korrespondenzanwalt. Nachdem das Berufungsgericht der I. in einem Hinweis- und Auflagenbeschluss aufgegeben hatte, hinsichtlich der über den ursprünglichen Vertragsumfang hinaus abgerechneten Zusatzleistungen weiter vorzutragen, machte der Beklagte zu 2 anhand von Unterlagen, die ihm der Geschäftsführer der I. zu diesem Zweck zur Verfügung stellte, weitere Ausführungen. Dennoch wies das Berufungsgericht die Klage mit Urteil vom 12. April 2002 unter Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung als unschlüssig ab. Im Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision verkündete die I. den Beklagten den Streit. Die Streitverkündungsschrift wurde den Beklagten am 10./11. Juni 2002 zugestellt. Der Bundesgerichtshof wies die Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss vom 27. März 2003 zurück.
Die Klägerin nimmt nunmehr aus abgetretenem Recht der I. die Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch. Ihre am 2. Januar 2006 eingereichte und am 13. März 2006 zugestellte Klage ist in den Vorinstanzen aufgrund der von den Beklagten erhobenen Verjährungseinrede ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt sie ihr Begehren weiter.
Gründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit die Klage gegen den Beklagten zu 2 abgewiesen wurde. Bezüglich des Beklagten zu 1 hat die Revision keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in BauR 2008, 2082 veröffentlicht ist, hat ausgeführt: Es spreche zwar viel dafür, dass die Beklagten die ihnen obliegenden Pflichten verletzt hätten. Ansprüche der Klägerin seien jedoch verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist nach § 51b BRAO bzw. § 195 BGB habe mit Verkündung des Berufungsurteils im Vorprozess zu laufen begonnen und sei vor Einreichung der Klage gegen die Beklagten abgelaufen. Die Streitverkündung habe die Verjährung nicht gehemmt. Im Verhältnis zum Beklagten zu 1 sei die Streitverkündung nur wegen Pflichtverletzungen in zweiter Instanz erklärt worden; bezüglich der allein in Betracht kommenden Pflichtverletzungen in erster Instanz könne sie deshalb keine Wirkung entfalten. Im Verhältnis zum Beklagten zu 2 scheide eine Hemmung der Verjährung ebenfalls aus, weil die Streitverkündung erst im Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision erklärt worden sei. In diesem Verfahrensstadium sei eine Streitverkündung unzulässig. Beide Beklagte seien nicht gehindert, sich auf die Verjährung zu berufen. Einer sekundären Pflicht, die I. auf einen möglichen Regressanspruch und dessen Verjährung hinzuweisen, seien sie enthoben gewesen, weil jene im Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision andere Anwälte beauftragt habe, welche auch mit der Prüfung von Regressansprüchen gegen die Beklagten befasst gewesen seien.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung Stand, soweit der Beklagte zu 1 betroffen ist.
1. Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen möglicher - vom Berufungsgericht nicht abschließend festgestellter - Pflichtverletzungen des Beklagten zu 1 im erstinstanzlichen Verfahren des Vorprozesses ist verjährt. Hierauf kann sich der Beklagte zu 1 nach der Abtretung auch gegenüber der Klägerin als neuer Gläubigerin berufen (§ 404 BGB).
a) Die Verjährungsfrist von drei Jahren begann spätestens zu laufen, als das Berufungsgericht im Vorprozess die Klage der I. mit am 12. April 2002 verkündetem Urteil abwies und dadurch mit dem Schaden auch der Anspruch entstand. Maßgeblich für den Beginn der Frist ist § 51b BRAO, für ihre Dauer § 195 BGB; die zuerst genannte Bestimmung trat zwar mit Ablauf des 14. Dezember 2004 außer Kraft (Gesetz vom 9. Dezember 2004, BGBl. I S. 3214), ist aber im vorliegenden Fall für den Verjährungsbeginn noch anwendbar (Art. 229 § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB). Die Verjährung trat daher mit Ablauf des 12. April 2005 ein. Die am 2. Januar 2006 eingereichte Klage vermochte keine Hemmung mehr herbeizuführen.
b) Entgegen der Ansicht der Revision wurde die Verjährung nicht durch die im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde im Vorprozess erklärte Streitverkündung gehemmt. Ungeachtet der Frage, ob eine Streitverkündung in diesem Stadium des Verfahrens noch zulässig ist (dazu unter III. 2), gilt dies für die Streitverkündung an den Beklagten zu 1 schon deshalb, weil sie sich nicht auf Ersatzansprüche wegen Pflichtverletzungen im erstinstanzlichen Verfahren bezog.
aa) Die Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB setzt eine zulässige, mithin eine den Anforderungen der §§ 72, 73 ZPO entsprechende Streitverkündung voraus (BGHZ 175, 1, 6 Rn. 20). Dazu gehört, dass in der Streitverkündungsschrift der Grund der Streitverkündung anzugeben ist (§ 73 Satz 1 ZPO). Damit ist das Rechtsverhältnis gemeint, aus dem sich der Rückgriffsanspruch gegen den Empfänger der Streitverkündung ergeben soll. Bezogen auf die verjährungsunterbrechende Wirkung der Streitverkündung liegt der Zweck der Vorschrift darin sicherzustellen, dass der Streitverkündungsempfänger mit Zustellung der Streitverkündung Kenntnis davon erlangt, welchen Anspruchs sich der Streitverkündende gegen ihn berühmt. Das Rechtsverhältnis muss deshalb unter Angabe der tatsächlichen Grundlagen so genau bezeichnet werden, dass der Streitverkündungsempfänger - gegebenenfalls nach Einsicht in die Prozessakten (§ 299 ZPO) - prüfen kann, ob es für ihn angebracht ist, dem Rechtsstreit beizutreten. Auf Ansprüche, die von den Angaben in der Streitverkündungsschrift nicht umfasst sind, erstreckt sich die Hemmungswirkung nicht (BGHZ 175, 1, 10 Rn. 28; vgl. ferner BGH, Urt. v. 16. Juni 2000 - LwZR 13/99, WM 2000, 1764, 1765; v. 21. Februar 2002 - IX ZR 127/00, WM 2002, 1078, 1081).
bb) Mit der Streitverkündung an den Beklagten zu 1 wurde ausgeführt, dieser sei von der I. beauftragt gewesen, im Berufungsverfahren die Korrespondenz mit dem Prozessbevollmächtigten, dem Beklagten zu 2 zu führen. Er habe ebenso wie der Beklagte zu 2 dafür zu sorgen gehabt, dass in der Berufungsinstanz dem Berufungsgericht ein schlüssiger Vortrag unterbreitet wurde. Da dies nicht geschehen sei, liege eine Pflichtverletzung vor. Der Beklagte zu 1 hafte daher mit dem Prozessbevollmächtigten im Berufungsverfahren gesamtschuldnerisch. Damit ist als Rechtsverhältnis, aus dem sich der Rückgriffsanspruch ergeben soll, das dem Beklagten zu 1 im Berufungsverfahren erteilte Mandat als Korrespondenzanwalt bezeichnet. Pflichtverletzungen im Rahmen seines vorangegangenen Mandats als Prozessbevollmächtigter im erstinstanzlichen Verfahren sind nicht angesprochen. Angesichts der eindeutigen Formulierung war für den Beklagten zu 1 nicht erkennbar, dass er sich auch auf Ersatzansprüche wegen seiner Tätigkeit als Prozessbevollmächtigter in erster Instanz einzustellen hatte. Zwar berührte die Begründung im Berufungsurteil, die Klage sei unschlüssig, auch den in erster Instanz gehaltenen Vortrag. Der Beklagte zu 1 brauchte die Streitverkündung aber allein aufgrund des sachlichen Zusammenhangs der anwaltlichen Tätigkeit in den beiden Instanzen nicht in einem umfassenderen Sinn verstehen, zumal die Klage in erster Instanz noch erfolgreich gewesen war. Die verjährungshemmende Wirkung der Streitverkündung ist daher, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, auf Regressansprüche begrenzt, die auf die Tätigkeit des Beklagten zu 1 im Berufungsverfahren gestützt werden.
c) Der Beklagte zu 1 ist nicht nach den Grundsätzen der Sekundärhaftung (grundlegend BGHZ 94, 380, 385 ff) gehindert, sich auf den Eintritt der Verjährung zu berufen. Dabei kann dahinstehen, ob eine Verpflichtung des Beklagten zu 1, auf einen möglichen Regressanspruch gegen ihn selbst und dessen Verjährungsfrist hinzuweisen, entfiel, weil die im Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beauftragten Anwälte den Beklagten den Streit verkündeten und die I. in diesem Zusammenhang möglicherweise die erforderliche Belehrung erfuhr. Denn die Klägerin kann aus einer solchen Pflichtverletzung keine Rechte mehr herleiten, weil auch diese Rechte verjährt sind. Sekundäransprüche verjähren, wenn sich die Verjährung des Primäranspruchs nach § 51b BRAO richtet, ebenfalls nach dieser Vorschrift (BGH, Urt. v. 13. November 2008 - IX ZR 69/07, WM 2009, 283, 284 Rn. 8). Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt grundsätzlich mit der Vollendung der Verjährung des Primäranspruchs, weil damit der durch die sekundäre Pflichtverletzung verursachte Schaden eintritt. Endet der Auftrag des Anwalts aber, bevor die Primärverjährung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist für den Sekundäranspruch nach der Hilfsregel des § 51b BRAO bereits mit der Beendigung des Mandats zu laufen (BGHZ 94, 380, 390; BGH, Urt. v. 21. Januar 1988 - IX ZR 65/87, WM 1988, 629, 631; v. 9. Dezember 1999 - IX ZR 129/99, WM 2000, 959, 961 f; v. 23. Juni 2005 - IX ZR 197/01, WM 2005, 1869, 1870). So liegt der Fall hier. Der Beklagte zu 1 war zunächst als Prozessbevollmächtigter der I. im erstinstanzlichen Verfahren, danach als Korrespondenzanwalt im Berufungsverfahren beauftragt. Selbst wenn man auf den zweiten Auftrag abstellt, endete dieser spätestens mit der Beauftragung der Anwälte für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde, welche im Mai 2002 erfolgt sein muss, nachdem das Berufungsurteil am 19. April 2002 zugestellt wurde. Ansprüche wegen Verletzung einer Sekundärpflicht sind daher jedenfalls seit Juni 2005 verjährt.
2. Pflichtverletzungen des Beklagten zu 1 im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Korrespondenzanwalt im Berufungsverfahren des Vorprozesses hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler verneint.
a) Der Umfang der einem Korrespondenz- oder Verkehrsanwalt obliegenden Pflichten richtet sich in erster Linie nach dem erteilten Auftrag. Regelmäßig gehört es zu den Aufgaben eines Verkehrsanwalts, den Mandanten zu beraten, den rechtlich relevanten Sachverhalt zu ermitteln und die Informationen des Mandanten aufzunehmen, zu verarbeiten und fehlerfrei an den Prozessanwalt weiterzuleiten. Er hat den Auftraggeber über den Fortgang des Rechtsstreits zu unterrichten, insbesondere über gerichtliche Auflagen und Hinweise. Diese hat er zu prüfen und dem Mandanten zu erläutern. Auf die Vornahme danach erforderlicher Maßnahmen hat er selbst hinzuwirken (BGH, Urt. v. 17. Dezember 1987 - IX ZR 41/86, NJW 1988, 1079, 1082; v. 24. März 1988 - IX ZR 114/87, NJW 1988, 3013, 3014; v. 29. November 2001 - IX ZR 389/98, NJW 2002, 1417; v. 20. Juli 2006 - IX ZR 47/04, NJW 2006, 3496, 3497; Sieg in Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung 2. Aufl. Rn. 221). Zur Überwachung des Prozessbevollmächtigten ist der Verkehrsanwalt im Allgemeinen ohne besonderen Auftrag nicht verpflichtet (BGH, Urt. v. 17. Dezember 1987 aaO; v. 14. November 1991 - IX ZR 31/91, NJW 1992, 836, 837). Im Streitfall hatte der Beklagte zu 1 aber, weil die vom Berufungsgericht beanstandete Unschlüssigkeit der Klage auch den von ihm in erster Instanz gehaltenen Vortrag betraf, in besonderem Maße dafür Sorge zu tragen, dass dieser Mangel im laufenden Berufungsverfahren behoben wurde.
b) Das Berufungsgericht hat seine Beurteilung, der Beklagte zu 1 habe seine Pflichten im Berufungsverfahren nicht verletzt, wesentlich auf die Aussage des Zeugen S. , Geschäftsführer der I. und Ehemann der Klägerin, gestützt. Dieser habe bekundet, der Hinweis- und Auflagenbeschluss des Oberlandesgerichts sei ihm vom Beklagten zu 2 erläutert worden. Ein Kontakt mit dem Beklagten zu 1 habe in dieser Phase nur insoweit stattgefunden, als es um die Frage gegangen sei, ob dieser einen Gesprächstermin mit dem Beklagten zu 2 vermittle oder er sich selbst mit diesem in Verbindung setzen wolle. Wegen der Kürze der Zeit habe sich der Zeuge selbst mit dem Beklagten zu 2 in Verbindung gesetzt und diesem die Informationen übermittelt, mit denen er den gerichtlichen Auflagen nachkommen wollte. Hieraus hat das Berufungsgericht den Schluss gezogen, die Aufbereitung und Weiterleitung der erteilten Informationen an das Gericht habe allein dem Beklagten zu 2 oblegen. Der Beklagte zu 1 sei daher nicht verpflichtet gewesen, selbst zu überprüfen, inwieweit die schließlich vom Beklagten zu 2 dargelegten Erläuterungen den Auflagen des Oberlandesgerichts genügten.
c) Damit hat das Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Revision weder die üblichen Pflichten eines Verkehrsanwalts noch die im konkreten Fall bestehenden Pflichten des Beklagten zu 1 verkannt. Es hat auch nicht den Vortrag der Klägerin missachtet, der Auftrag des Beklagten zu 1 habe nach dem Inhalt der anfänglich geführten Gespräche auch die Überwachung des Prozessverlaufs im Berufungsverfahren umfasst. Das Berufungsgericht hat vielmehr aus den im Einzelfall gegebenen besonderen Umständen nach Erlass des Hinweis- und Auflagenbeschlusses, welche die verkehrsanwaltliche Tätigkeit des Beklagten zu 1 bei der weiteren schriftsätzlichen Vorbereitung unterbrachen, auf eine Beschränkung der zuvor bestehenden Pflichten des Beklagten zu 1 geschlossen. Es ist dabei in tatsächlicher Hinsicht ersichtlich der Aussage des der Klägerin nahe stehenden Zeugen S. gefolgt. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
III.
Die Ansicht des Berufungsgerichts, auch mögliche Ansprüche gegen den Beklagten zu 2 wegen anwaltlicher Pflichtverletzungen seien verjährt, ist dagegen rechtsfehlerhaft.
1. Die Verjährungsfrist lief auch für solche Ansprüche vom 12. April 2002 bis zum 12. April 2005. Ihr Lauf wurde jedoch durch die dem Beklagten zu 2 am 10. Juni 2002 zugestellte Streitverkündung gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB). Die Hemmung endete mit Ablauf von sechs Monaten nach Zustellung des Beschlusses vom 27. März 2003, durch den die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen wurde (§ 204 Abs. 2 Satz 1 BGB). Unter Berücksichtigung dieser Hemmung war die Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen, als sie durch Einreichung der Klage am 2. Januar 2006 erneut gehemmt wurde (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, § 167 ZPO).
2. Entgegen der Meinung des Berufungsgerichts vermag auch eine Streitverkündung, die im Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision erklärt wird, die Verjährung zu hemmen. Die verjährungshemmende Wirkung setzt eine zulässige Streitverkündung voraus (BGHZ 175, 1, 3 ff). Zulässig ist eine Streitverkündung nach dem Wortlaut des § 72 Abs. 1 ZPO in zeitlicher Hinsicht bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits. Ein Berufungsurteil, das fristgerecht mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision angegriffen wird, wird nicht vor dem Abschluss dieses Beschwerdeverfahrens rechtskräftig (§ 544 Abs. 5 Satz 1 und 3 ZPO). Demgemäß kann eine Streitverkündung auch noch im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde erklärt werden. Eine andere Auslegung ist mit dem Gesetzeswortlaut und dem Gesetzeszweck nicht vereinbar. Folgerichtig werden Streitverkündungen wie Nebeninterventionen im Berufungs- und Revisionsverfahren (zur Zulässigkeit einer Nebenintervention im Revisionsverfahren BGH, Urt. v. 17. Februar 1999 - X ZR 8/96, NJW 1999, 2046, 2047) allgemein als zulässig angesehen (Zöller/Vollkommer, ZPO 27. Aufl. § 72 Rn. 3 und § 66 Rn. 15; Musielak/Weth, ZPO 7. Aufl. § 66 Rn. 2; MünchKomm-ZPO/Schultes, 3. Aufl. § 72 Rn. 4 und § 66 Rn. 24; Wieczorek/Schütze/Mansel, ZPO 3. Aufl. § 72 Rn. 24; Stein/Jonas/Bork, ZPO 22. Aufl. § 72 Rn. 10a; Gehrlein in Prütting/Gehrlein, ZPO § 72 Rn. 4; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht 16. Aufl. § 51 Rn. 7; Grunsky, FS Schwerdtner [2003] S. 683, 686 f). Anders als bei jenen Rechtsmitteln geht es zwar im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde zunächst nicht um die Hauptsache selbst, sondern lediglich um die Frage, ob die Revision zuzulassen ist, und die Bindungswirkung der Streitverkündung ist insofern eingeschränkt, als der Streitverkündungsempfänger mit Angriffs- oder Verteidigungsmitteln, die er wegen der fortgeschrittenen Lage des Rechtsstreits zum Zeitpunkt seines möglichen Beitritts nicht mehr geltend machen kann, im Folgeprozess nicht ausgeschlossen ist (§ 74 Abs. 3, § 68 Halbsatz 2 ZPO). Dies rechtfertigt es jedoch entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht, eine Streitverkündung im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig zu behandeln. Die Einschränkung der Bindung im Folgeprozess betrifft die Wirkung einer Streitverkündung, nicht ihre Zulässigkeit. Sie greift regelmäßig nicht nur bei einer Streitverkündung im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ein, sondern auch bei einer - zulässigen - Streitverkündung im Berufungs- oder Revisionsverfahren. Im Übrigen gilt die Nichtzulassungsbeschwerde, wenn die Revision zugelassen wird, sogleich als Revision (§ 544 Abs. 6 ZPO) und kann dazu führen, dass der Streitverkündungsempfänger nach einer Aufhebung des angefochtenen Urteils und einer Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht noch die Möglichkeit erhält, Einfluss auf den Ausgang des Rechtsstreits zu nehmen. Ob es tatsächlich hierzu kommt oder die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen und das Berufungsurteil damit rechtskräftig wird, kann für die Zulässigkeit der Streitverkündung nicht entscheidend sein. Allein wegen der genannten Möglichkeit, dass die Revision zugelassen wird und es in der Folge zu Einflussmöglichkeiten für den Streitverkündungsempfänger und zu im Folgeprozess bindenden Feststellungen kommt, greift der Grund für die Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB auch hier: Einer Partei soll nicht zugemutet werden, zur Vermeidung der Verjährung gleichzeitig mehrere Prozesse gegen verschiedene in Betracht kommende Gegner führen zu müssen, von denen sie allenfalls einen gewinnen kann (BGHZ 175, 1, 9 Rn. 26). Die entgegengesetzte Auffassung des Berufungsgerichts hätte zur Folge, dass durch eine Streitverkündung während des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde der Lauf der Verjährungsfrist nicht gehemmt werden könnte, durch eine spätere, die erst nach der Zulassung durch das Revisionsgericht erfolgt, hingegen doch. Dafür, dass ein Gläubiger, der früher Maßnahmen gegen die drohende Verjährung seines Anspruchs ergreift, schlechter gestellt sein kann als wenn er sich erst später dazu entschließt, ist ein sachlicher Grund nicht ersichtlich.
IV.
Das angefochtene Urteil kann damit keinen Bestand haben, soweit es die Klage gegen den Beklagten zu 2 betrifft. Es ist in diesem Umfang aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da das Berufungsgericht zu den Voraussetzungen dergegen den Beklagten zu 2 geltend gemachten Ansprüche bisher keine ausreichenden Feststellungen getroffen hat, ist die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
Ganter Raebel Kayser Pape Grupp Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 16.05.2007 - 7 O 5/06 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 24.06.2008 - I-21 U 91/07 -
BGH:
Urteil v. 12.11.2009
Az: IX ZR 152/08
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