Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. Mai 2007
Aktenzeichen: 7 W (pat) 366/04

(BPatG: Beschluss v. 30.05.2007, Az.: 7 W (pat) 366/04)

Tenor

Das Patent wird widerrufen.

Gründe

I.

Gegen das Patent 101 26 359 mit der Bezeichnung Kolben für einen Verbrennungsmotor, dessen Erteilung am 22. Juli 2004 veröffentlicht worden ist, hat die A... GmbH in B...

am 22. Oktober 2004 Einspruch erhoben.

Sie macht geltend, dass der Gegenstand des Streitpatents gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig sei.

Zum Stand der Technik hat die Einsprechende u. a. neben der schon im Prüfungsverfahren berücksichtigten Druckschrift:

DE 100 81 224 T1 (D5)

weiterhin noch die JP 2-301 648 A (D9)

genannt.

Die Einsprechende beantragt, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent aufrecht zu erhalten in der erteilten Fassung (Hauptantrag), hilfsweise mit den Patentansprüchen 1 - 4 nach Hilfsantrag 3 vom 8. Mai 2007 mit der Maßgabe, dass das Wort "Wellenberg (24)" im Patentanspruch 1 ersetzt wird durch "Wellental (26)".

Die Patentansprüche 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag lauten:

(Hauptantrag)

Kolben (10) für einen Verbrennungsmotor mit zumindest einem Kühlkanal (14), der zumindest einen Einlass (16) und zumindest einen Auslass (18) aufweist und bezüglich des Kolbenbodens ausgehend von dem Einlass (16) zumindest geringfügig und zumindest abschnittsweise nach unten geneigt ausgebildet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Begrenzung des Kühlkanals (14) an nur einer Seite stetig wellenförmig gestaltet ist, so dass sich lokale Erweiterungen des Querschnitts ergeben, und so dass ein Kühlmittel durch die Neigung und die wellenförmige Gestaltung im Rahmen der Bewegung des Kolbens vom Einlass (16) zum Auslass (18) geführt wird.

(Hilfsantrag)

Kolben (10) für einen Verbrennungsmotor mit zumindest einem Kühlkanal (14), der zumindest einen Einlass (16) und zumindest einen Auslass (18) aufweist und bezüglich des Kolbenbodens ausgehend von dem Einlass (16) zumindest geringfügig und zumindest abschnittsweise nach unten geneigt ausgebildet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Begrenzung des Kühlkanals (14) an der Oberseite stetig wellenförmig gestaltet ist, so dass sich lokale Erweiterungen des Querschnitts ergeben, und so dass ein Kühlmittel durch die Neigung und die wellenförmige Gestaltung im Rahmen der Bewegung des Kolbens vom Einlass (16) zum Auslass (18) geführt wird, und unmittelbar am Einlass (16) an der oberen Begrenzung (20) des Kühlkanals (14) ein Wellental (26) vorgesehen ist.

Die erteilten Patentansprüche 2 bis 6 gemäß Hauptantrag sowie 2 bis 4 gemäß Hilfsantrag sind auf die weitere Ausgestaltung des Kolbens nach dem jeweiligen Patentanspruch 1 gerichtet.

Gemäß Abs. [0009] der geltenden Beschreibung liegt die Aufgabe zugrunde, einen Kolben mit einem Kühlkanal zu schaffen, der derart gestaltet ist, dass die erreichbare Kühlwirkung optimiert wird, wobei die Ausgestaltung des Kühlkanals möglichst einfach sein soll.

II.

1. Der Einspruch ist durch das PatG § 147 Abs. 3 Satz 1 Ziff. 1 in der Fassung des Kostenbereinigungsgesetzes Art. 7 Nr. 37 vom 13. Dezember 2001, geändert durch das Gesetz zur Änderung des Patentgesetzes und anderer Vorschriften des gewerblichen Rechtsschutzes Art. 1 Nr. 2 vom 9. Dezember 2004 dem Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zur Entscheidung zugewiesen.

2. Der frist- und formgerecht erhobene Einspruch ist zulässig. Er ist auch begründet und führt zum Widerruf des Patents.

3. Der Gegenstand des angefochtenen Patents stellt in keiner der nach Hauptantrag oder Hilfsantrag geltenden Fassungen der Patentansprüche eine patentfähige Erfindung i. S. d. PatG §§ 1 bis 5 dar.

Der zuständige Fachmann ist ein Maschinenbau-Ingenieur mit langjähriger Erfahrung bei der Entwicklung von Kolben für Verbrennungsmotore.

3.1 Zum Hauptantrag Der Kolben nach Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag ist neu, er beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die D9 zeigt und beschreibt im englischsprachigen Abstract einen Kolben mit den im Oberbegriff des erteilten Patentanspruchs 1 gemäß Streitpatent genannten Merkmalen. Die Figur 1 der D9 zeigt einen Kolben (piston 3) für einen Verbrennungsmotor mit zumindest einem Kühlkanal (oil passage 6), der zumindest einen Einlass (supply port 7) und zumindest einen Auslass (oil discharge port 8) aufweist und bezüglich des Kolbenbodens ausgehend von dem Einlass (7) zumindest geringfügig und zumindest abschnittsweise nach unten geneigt () ausgebildet ist. Somit wird in Übereinstimmung mit der Wirkungsangabe im Kennzeichenteil des erteilten Patents auch beim Gegenstand der D9 durch den geneigten Kühlkanal erreicht, dass eingespritztes Öl im Rahmen der Bewegung des Kolbens vom Einlass zum Auslass geführt wird (vgl. Abstr.).

In der D9 ist aber nicht offenbart, dass der Kühlkanal 6 Querschnittserweiterungen aufweist. Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 unterscheidet sich deshalb vom Stand der Technik gemäß der D9 dadurch, dass beim Streitpatentgegenstand die Begrenzung des Kühlkanals an nur einer Seite stetig wellenförmig gestaltet ist, so dass sich lokale Erweiterungen des Querschnitts ergeben.

Nach Abs. [0016] der Streitpatentschrift wird durch die wellenförmigen Begrenzungen des Kühlkanals allgemein erreicht, dass der Kühlkanal verlängert wird, so dass das zugeführte Öl in erhöhtem Umfang Wärme von dem Kolben aufnehmen kann. Nach Abs. [0031], der in Übereinstimmung mit den gesamten Ursprungsunterlagen nicht von einer stetig wellenförmigen Gestaltung des Kühlkanals wie der erteilte Patentanspruch 1 sondern von einer mehrfach wellenförmigen Gestaltung an der Oberseite, die dem Kolbenboden zugewandt ist, ausgeht, führt diese Gestaltung zu einem verbesserten Wärmeübergang und zu einer besonders guten Kühlwirkung des Kolbenbodens.

Dass die genannte wellenförmige Gestaltung des Kühlkanals im Rahmen der Bewegung des Kolbens auch einen gezielten Einfluss auf die Führung eines Kühlmittels vom Einlass zum Auslass haben könnte, wird auch durch den übrigen Beschreibungstext nicht gestützt, zumal auch keinerlei Erläuterungen zur Art oder Definition der stetigen Wellenform gegeben werden.

Entgegen der Würdigung der DE 100 81 224 T1 (D5) in der Streitpatentschrift sind die Begrenzungen 22 des Kühlkanales 21 gemäß Ausführungsbeispiel nach Figur 3A in Zusammenschau mit der Figur 2 sowohl als einseitig aber auch als stetig wellenförmig aufzufassen. Zumindest ergibt sich in der D5 ein Hinweis (Seite 11, letztes Viertel) auf eine Rohrleitungskonfiguration mit stetiger Wellenform durch den Designvorschlag, gleiche Abmessungen für die Abstände der Wellenmaxima vorzusehen. In weiterer Übereinstimmung mit dem Wortlaut des Kennzeichenteils des Patentanspruchs 1 gemäß Streitpatent offenbart diese Druckschrift nicht nur in Figur 3A sondern in allgemeiner Form lokale Erweiterungen des Querschnitts des Kühlkanals, um damit eine größere Kühlmittelkontaktfläche zu erzielen (vgl. dort auch S. 8, Abs. 1).

Der Fachmann entnimmt dieser Druckschrift deshalb die Anregung, im Sinne der dem Streitpatentgegenstand unterliegenden Aufgabe einer optimierten Kühlwirkung die Begrenzung des Kühlkanals an nur einer Seite stetig wellenförmig zu gestalten, so dass sich lokale Erweiterungen des Querschnitts ergeben.

Die aus der D5 bekannten Maßnahmen zur Erhöhung der Kühlwirkung auf den Kolbenboden auf einen Gegenstand nach der D9, der durch den geneigten Kühlkanal erreicht, dass eingespritztes Öl im Rahmen der Bewegung des Kolbens vom Einlass zum Auslass geführt wird, zu übertragen, erfordert keinerlei erfinderische Tätigkeit. Der ggf. unterstützende Einfluss der stetigen Wellenform des Kühlkanals bei geneigtem Verlauf ergibt sich danach zwangsläufig bei einem Kolben, der die Lehren der Druckschriften D5 und D9 vereint.

Somit gelangt der Fachmann in nahe liegender Weise durch den Stand der Technik nach der D9 unter Hinzuziehung der D5 zu einem Kolben gemäß des erteilten Patentanspruchs 1.

3.2 Zum Hilfsantrag:

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag weist neben den Merkmalen des Anspruchs 1 nach Hauptantrag zusätzlich die beschränkenden Merkmale auf, dass statt einer Begrenzung an nur einer beliebigen Seite - die Begrenzung des Kühlkanals (14) an der Oberseite stetig wellenförmig gestaltet ist, und - dass unmittelbar am Einlass an der oberen Begrenzung des Kühlkanals ein Wellental vorgesehen ist.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag ist zulässig, da sein Gegenstand in der Patentschrift in den Patentansprüchen 1 bis 3 unter Berücksichtigung der Figur 3 erkannt werden kann.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag ist jedoch nicht patentfähig, da er nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht.

Das erste beschränkende Merkmal (Begrenzung des Kühlkanals an der Oberseite stetig wellenförmig gestaltet) ist für einen Kolben bereits aus der D5 bekannt (vgl. dort z. B. Fig. 3A). Die entsprechende Ausgestaltung eines geneigt verlaufenden Kühlkanals ist, wie zum Hauptantrag ausgeführt wurde, für den Fachmann nahe liegend.

Das zweite beschränkende Merkmal (dass unmittelbar am Einlass an der oberen Begrenzung des Kühlkanals ein Wellental vorgesehen ist) gibt bei geforderter Wellenform des Kühlkanals die einzig wirksame Lösung der Einlassgestaltung an, wenn ein Rückstrom des in den Kühlkanal eingespritzten Öls aus dem Kühlkanal zum Einlass durch einfache konstruktive Mittel verhindert werden soll. Eine erfinderische Tätigkeit ist für eine solche, dem Fachmann aus seiner täglichen Praxis geläufige Gestaltung nicht notwendig.

Dem Hilfsantrag konnte deshalb nicht stattgegeben werden.

Dass in den Patentansprüchen 2 bis 6 nach Hauptantrag bzw. 2 bis 4 nach Hilfsantrag noch Merkmale von patentbegründender Bedeutung enthalten sind, hat die Patentinhaberin nicht geltend gemacht und ist für den Senat auch nicht erkennbar.

Bei dieser Sachlage war das Patent zu widerrufen.






BPatG:
Beschluss v. 30.05.2007
Az: 7 W (pat) 366/04


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