Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. April 2003
Aktenzeichen: 26 W (pat) 100/02
(BPatG: Beschluss v. 30.04.2003, Az.: 26 W (pat) 100/02)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. März 2002 und vom 25. Oktober 2001 aufgehoben.
Gründe
I.
Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist die Bezeichnung FotoCityfür die Waren
"Aufbewahrungseinrichtungen in Form von Regalen und Ständern aus Metall, Holz und/oder Kunststoff für Fotos und Filme, Ton-, Bild- und Datenaufzeichnungsträger; Aufbewahrungseinrichtungen in Form von Koffern aus Metall, Holz und/oder Kunststoff für Fotos und Filme, Ton-, Bild- und Datenaufzeichnungsträger; Aufbewahrungseinrichtungen in Form von Alben aus Metall, Holz, Papier, Pappe und/oder Kunststoff für Fotos und Filme, Ton-, Bild- und Datenaufzeichnungsträger; angepaßte Aufbewahrungseinrichtungen in Form von Boxen aus Metall, Holz und/oder Kunststoff für Fotos und Filme, Ton-, Bild- und Datenaufzeichnungsträger"
zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 20 hat diese Anmeldung zurückgewiesen. Ausgehend von dem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsabnehmer sei nicht zu erwarten, daß die angemeldete Bezeichnung im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren als betriebskennzeichnende Angabe verstanden werde. Vielmehr würden die angesprochenen Verkehrskreise hierin lediglich eine schlagwortartige, warenbeschreibende Etablissementbezeichnung sehen. Der Markenbestandteil "City" sei werbesprachlich längst als Hinweis für Spezialgeschäfte oder Abteilungen von Kaufhäusern eingebürgert und stehe für eine bestimmte Größe, Auswahl und Modernität dieser Angebotsstätten. Er weise in Verbindung mit dem Gattungsbegriff "Foto" lediglich auf einen Ort hin, an dem Waren angeboten würden, die mit Fotos oder Fotoeinrichtungen in Zusammenhang stünden, bzw auf eine Verkaufsstätte mit einem breit gefächerten Angebot von Fotoartikeln aller Art.
Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Für die konkret angemeldeten Waren bestehe weder ein gegenwärtiges noch ein künftiges Freihaltebedürfnis an der angemeldeten Bezeichnung, weil ihr kein für die beanspruchten Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden könne. Deshalb ermangle es der angemeldeten Bezeichnung auch nicht an jeglicher Unterscheidungskraft.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung stehen die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht entgegen.
Die angemeldete Wortfolge ist keine Angabe, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren dienen kann (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG). Zu den nach dieser Vorschrift vom Markenschutz ausgeschlossenen Angaben zählen allerdings nicht nur die dort aufgeführten, sondern auch solche, die für die Herstellung oder den Vertrieb von Waren wichtige und die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die betreffenden Waren selbst beschreiben (BGH GRUR 1998, 813, 814 - CHANGE; BlPMZ 1999, 410, 411 - FOR YOU) und die entweder gegenwärtig bereits als Sachaussage benutzt werden oder deren Benutzung als Sachaussage aufgrund konkret feststellbarer tatsächlicher Umstände in Zukunft zu erwarten ist (BGH GRUR 1995, 408, 409 - PROTECH). Eine solche konkret und im Hinblick auf die beanspruchten Waren unmittelbar beschreibende Angabe ist der angemeldeten Bezeichnung jedoch nicht zu entnehmen.
Zwischen der Bedeutung der angemeldeten Marke und den beanspruchten Waren besteht nämlich kein unmittelbar beschreibender Sachzusammenhang. Zwar enthält die angemeldete Bezeichnung in ihrem ersten Wortteil "Foto" einen Sachhinweis auf "Fotografie" und damit für den Großteil der beanspruchten Waren einen Bestimmungshinweis. Durch die Anfügung des Wortes "City" wird die Gesamtbezeichnung jedoch allenfalls als Hinweis auf einen kaufmännischen Betrieb verstanden. Eine Bezeichnung jedoch, die der Beschreibung eines kaufmännischen Betriebs dienen kann, stellt nicht notwendig eine konkret beschreibende Angabe der in einem solchen Betrieb unter Umständen veräußerten Waren dar. Weder das Wort "City" noch die Gesamtbezeichnung "FotoCity" ist vorliegend eine Beschaffenheits- oder Bestimmungsangabe für die beanspruchten Aufbewahrungseinrichtungen unterschiedlichster Art. Damit besitzt die angemeldete Bezeichnung für die beanspruchten Waren einen hinreichenden Phantasiegehalt. Im übrigen hat der Bundesgerichtshof in seinem zu der Markenanmeldung "HOUSE OF BLUES" ergangenen Beschluß (BlPMZ 1999, 365, 366) bereits festgestellt, daß das Bedürfnis, eine Bezeichnung für bestimmte Herstellungs- oder Verkaufsstätten freizuhalten, es nicht rechtfertigt, die Eintragung des Zeichens auch für dort hergestellte oder verkaufte Waren zu versagen. Eine Schutzversagung käme vielmehr nur unter der weiteren Voraussetzung in Betracht, daß Tatsachenfeststellungen getroffen werden könnten, die erkennen und erwarten ließen, daß sich bei Anbietern der in Frage kommenden Waren in Zukunft das Bedürfnis einstellen könnte, die genannten Waren selbst durch die Angabe der Angebotsstätte in beschreibender Weise zu bezeichnen. Hierfür fehlt es aber im vorliegenden Fall an jeglichen Anhaltspunkten. Damit stellt die angemeldete Wortfolge keine für die beanspruchten Waren bedeutsame beschreibende Angabe dar.
Ebensowenig kann der angemeldeten Bezeichnung jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG abgesprochen werden. Unterscheidungskraft besitzt eine Marke dann, wenn sie geeignet ist, die Waren eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Dabei reicht nach der Formulierung des Gesetzes jede wenn auch noch so geringe Unterscheidungskraft aus, um das Schutzhindernis der mangelnden Unterscheidungskraft zu überwinden. Einer Marke kann aber dann nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden, wenn ihr kein für die in Frage stehenden Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden kann und es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (BGH BlPMZ 1999, 408 - YES).
Die angemeldete Marke ist jedoch, wie bereits festgestellt, nicht unmittelbar beschreibend und besitzt insgesamt ein noch ausreichend herkunftshinweisendes Maß an Unterscheidungskraft. Zwar gehen die Entscheidungen "SHOE CITY" des 27. Senats (27 W (pat) 183/96) und "Travelcity" des 33. Senats (33 W (pat) 198/01) davon aus, daß der Bestandteil "CITY" lediglich für eine gewisse Größe, Auswahl und Modernität eines Verkaufsortes steht. Ein dementsprechender Sprachgebrauch hat sich zwischenzeitlich jedoch offenbar nicht entwickelt oder gar verfestigt; denn die Feststellungen der genannten Entscheidungen finden jedenfalls durch die aktuellen Ermittlungen des Senats im Internet keine Unterstützung. Anders als Bezeichnungen wie "-center", "-laden", "-markt" oder "-shop" ist die Bezeichnung "-city" als bloßer Hinweis auf eine Verkaufsstätte kaum und jedenfalls nicht in eindeutig beschreibendem Sinne festzustellen, vor allem nicht iZm den hier beanspruchten (oder ihnen vergleichbaren) Waren. Der Senat hat auch keine Feststellungen zu treffen vermocht, die die angemeldete Bezeichnung als gebräuchliches Wort der Alltagssprache ausweist, das vom Verkehr allein und stets als solches aufgenommen und nur in seinem Ursprungssinn verstanden wird. Im übrigen ist zu berücksichtigen, daß der Verkehr erfahrungsgemäß wenig geneigt ist, eine Warenbezeichnung begrifflich zu analysieren und eine solche Bezeichnung in der Regel so annimmt, wie sie ihm entgegentritt (BGH GRUR 1992, 515 - Vamos; aaO - PROTECH), wenn sie markenmäßig verwendet wird (BGH BlPMZ 2000, 53, 55 - FÜNFER).
Nach allem war der Beschwerde stattzugeben.
Albert Reker Eder Ko
BPatG:
Beschluss v. 30.04.2003
Az: 26 W (pat) 100/02
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