Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Juli 2009
Aktenzeichen: 28 W (pat) 136/08
(BPatG: Beschluss v. 15.07.2009, Az.: 28 W (pat) 136/08)
Tenor
Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss der Markenabteilung vom 14. Juli 2008 aufgehoben.
Der Löschungsantrag wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin der seit dem 13. Januar 2003 für "Wurst und Wurstwaren" eingetragenen Wortmarke 302 47 632
"Kasatzkaja"
Die Antragstellerin hat die Löschung der Marke nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 8 MarkenG beantragt und dies damit begründet, dass die angegriffene Bezeichnung die Transliteration eines Wortes der russischen Sprache darstelle, das in deutscher Übersetzung die Bedeutung "kosakisch" besitze. Die Marke sei rein beschreibend für die beanspruchten Waren, weil sie eine ethnische Gruppe -die Kosaken -adjektivisch zur Beschreibung des Erzeugnisses im Sinne der seit langem geläufigen Verkehrsbezeichnung "Kosakenwurst" benutze und zwar entsprechend der in der deutschen Sprache gängigen Übung, Lebensmittelspezialitäten nach ethnischen, regionalen oder beruflichen Gruppen zu bezeichnen.
Die Markeninhaberin hat dem Löschungsantrag rechtzeitig widersprochen.
Mit dem im Tenor genannten Beschluss hat die Markenabteilung die Löschung der Marke angeordnet, da sie entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG eingetragen worden sei. Bei der angegriffenen Marke handele es sich um die weibliche Substantivierung eines russischen Adjektivs, welches transliteriert wiedergegeben sei und übersetzt "(die) Kosakische" bedeute. Die Substantivierung von Adjektiven sei eine in der russischen Sprache übliche Art der Wortbildung. Im Deutschen würde man sagen "die Kosaken-Wurst" oder "Wurst nach Kosakenart". Eine Internetrecherche habe ergeben, dass der Begriff "Kosakenwurst" von verschiedenen Anbietern als Gattungsbezeichnung für eine aus Schweinefleisch bestehende würzige Wurst benutzt werde. Es handele sich somit um eine unmittelbare Beschaffenheitsund Gattungsangabe, die von den maßgeblichen Verkehrskreisen als solche verstanden werde.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie führt aus, die Markenabteilung habe keinen Nachweis für die Schutzunfähigkeit der eingetragenen Bezeichnung erbracht, die sich als in lateinischen Schriftzeichen wiedergegebenes Wort darstelle, das zwar von einem russischen Wort abgeleitet, aber in dieser Schreibweise lexikalisch nicht nachweisbar sei. Die exakte Transkription des russischen Wortes für "kosakische" laute "kazatskaja" und weiche folglich in der Schreibweise von der eingetragenen Marke ab. Es fehle zudem am Nachweis eines beschreibenden Bezugs der Marke zu den beanspruchten Wurst und Wurstwaren.
Die Markeninhaberin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen.
Die Antragstellerin hält die angeordnete Löschung der Marke für zutreffend, da sie eine Verkehrsbezeichnung für eine Wurstware darstelle und auch unabhängig von der gewählten Schreibweise im Sinne von "Kosakenwurst" verstanden werde.
Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und die Marke zu löschen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Beschluss der Markenabteilung und auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin hat in der Sache Erfolg, da nicht festgestellt werden konnte, dass die angegriffene Marke entgegen § 8 MarkenG eingetragen wurde.
1. Die Markenabteilung ist in dem angefochtenen Beschluss zwar zu Recht davon ausgegangen, dass eine Bezeichnung "Kosakenwurst" die beanspruchten Waren hinsichtlich ihrer Beschaffenheit beschreibt, so dass sie nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen wäre und zwar unabhängig davon, in welcher Sprache diese glatte Gattungsangabe wiedergegeben wird. Da für das allgemeine Verkehrsund Sprachverständnis auch der Handel maßgeblich mit berücksichtigt werden muss (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 412, Rn. 24 -Matratzen Concord), ist davon auszugehen, dass "Kosakenwurst" auch auf Russisch als bloße Warenangabe einem Freihaltebedürfnis unterfällt. Im Übrigen ist im deutschen Endverbraucherverkehr zumindest die relevante Gruppe der Aussiedler aus dem Gebiet der früheren Sowjetunion der russischen Sprache mächtig. Dass das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bereits im Zeitpunkt der Eintragung der angegriffenen Marke (Januar 2003) bestanden hat, ist hinreichend belegt; beispielsweise findet sich der Begriff "Kosakenwurst" als eine grob gekörnte Brühwurst im Fachlexikon für Fleischer (3. Auflage, 2001, herausgegeben von Hans Fuchs und Martin Fuchs in der afz-Reihe Fleischkaufmann und Praktiker im Deutschen Fachverlag), das Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Senat war. Wie die Markeninhaberin indes zutreffend rügt, beruht der angefochtene Beschluss auf der irrigen Annahme, bei der auf eine mögliche Löschungsreife zu überprüfenden Marke handele es sich um die transliterierte Wiedergabe des russischen Wortes "die Kosakische". Das ist nicht der Fall. Zwar findet sich in russischdeutschen Wörterbüchern der Begriff "Kosak", doch wird dort der russische Ausdruck nur in kyrillischen Buchstaben wiedergegeben. Eine Transliteration in lateinische Buchstaben ist in diesen Wörterbüchern nicht angegeben. Folgt man den internationalen Regeln zur Transliteration, müsste die kyrillische Schreibweise (selbst bei eher lautlich betonter Wiedergabe) in lateinischen Buchstaben etwa wie "Kazaskaja" oder auch "Kazakskaja" dargestellt werden, während die angegriffene Bezeichnung "Kasatzkaja" lautet, ein Begriff, der sich lexikalisch nicht nachweisen lässt und daher auf den Verkehr zunächst einmal wie eine Phantasiebezeichnung wirkt, die ohne Weiteres dem Markenschutz zugänglich ist, allerdings mit der Besonderheit, dass der Schutzumfang durch die konkret gewählte Schreibweise bestimmt wird; weder umfasst er eine Wiedergabe in kyrillischen Schriftzeichen noch erstreckt er sich auf Schreibweisen in lateinischer Schrift, die von der eingetragenen Form abweichen. Nicht erstreckt sich der Schutzumfang der angegriffenen Marke vor allem auf die vom Markenschutz ausgeschlossene Gattungsbezeichnung "Kosakenwurst", egal in welcher Schreibweise und Sprache.
Ob der Eintragung der streitgegenständlichen Bezeichnung "Kasatzkaja" in der konkreten Schreibweise ein Schutzhindernis nach § 8 MarkenG entgegensteht, hat die Markenabteilung damit aber nicht geprüft, so dass der angefochtene Beschluss bereits aus diesem Grund keinen Bestand haben kann.
2. Auch die Feststellungen des Senats lassen nicht den sicheren Schluss auf eine Löschungsreife der angegriffenen Marke nach § 50 i. V. m. § 8 MarkenG zu. Grundsätzlich geht der Senat zwar davon aus, dass im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren sowohl die lexikalisch nachgewiesene Wiedergabe in kyrillischer Schrift als auch die korrekte Transliteration der entsprechenden russischen Bezeichnung für "(die) Kosakische" einem Markenschutz wegen § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht zugänglich wäre. Jedoch bestehen wie ausgeführt erhebliche Zweifel, ob es sich bei der konkreten Schreibweise der angegriffenen Marke um die zutreffende Transliteration des russischen Ausdrucks für "(die) Kosakische" handelt. Neben den genannten Beispielen findet sich in der schon mit dem Löschungsantrag (als Anlage 2) eingereichten Erklärung eines öffentlich bestellten und vereidigten Urkundenübersetzers der russischen Sprache für Baden-Württemberg die Schreibweise "Kasazkaja" als eine buchstäbliche aussprachenahe Transkription der kyrillischen Schreibweise in der Bedeutung "kosakische" als Eigenschaftswort von Kosak. Diese Schreibweise wird auch in der Anlage 4 zum Löschungsantrag als Bestandteil der Sortimentsbezeichnung "Kasaken Ringe nach krakauer Art 'Kasazkaja' " verwendet. Alle diese Wiedergaben des russischen Originals weisen zwar Ähnlichkeiten mit der angegriffenen Marke auf, sind jedoch in keiner Weise deckungsgleich. Dem entspricht, dass sich in den einschlägigen Internetseiten von Anbietern mit russischen bzw. nach russischem Rezept hergestellten Wurstwaren neben der bereits nachgewiesenen Schreibweise "Kasazkaja" (vgl. www.bestellensiejetzt.de Kasazkaja Salami; germeslebensmittel.de Kasazkaja Krakauer Art) eine weitere von der eingetragenen Form der angegriffenen Marke abweichende Transliteration in der Schreibweise "Kazakskaja"" (Bezeichnung einer russischen Kochsalami mit "Kazakskaja Kolbasa im Ring", vgl. www.wernergfroerer.de/russisch/pdf) findet.
Letztlich kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass der angegriffenen Marke im Eintragungszeitpunkt das behauptete Schutzhindernis entgegengestanden hat. Denn ebenso wie die konkrete Schreibweise der eingetragenen Marke deren Schutzumfang beschränkt, scheitert die Annahme eines Schutzhindernisses, wenn lediglich festgestellt werden kann, dass die angegriffene Bezeichnung -hier durch eine klanglich weitgehend übereinstimmende Wiedergabe -nur an die vermeintliche Sachangabe angelehnt ist. Dass der Verkehr gegebenenfalls die veränderte Schreibweise ignoriert oder nicht erkennt (vgl. BGH GRUR 2003, 882-883, Rn. 18 -Lichtenstein) kann für die russische Sprache nicht festgestellt werden und ist von der Antragstellerin auch nicht behauptet worden.
Auf die Beschwerde der Markeninhaberin war daher der angefochtene Beschluss aufzuheben und der Löschungsantrag zurückzuweisen war.
Anhaltspunkte, einer der Beteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aus Billigkeitsgründen aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 MarkenG), sind nicht ersichtlich.
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BPatG:
Beschluss v. 15.07.2009
Az: 28 W (pat) 136/08
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