Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. März 2011
Aktenzeichen: 33 W (pat) 503/11
(BPatG: Beschluss v. 10.03.2011, Az.: 33 W (pat) 503/11)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 37 des Deutschen Patentund Markenamts vom 29. November 2010 aufgehoben, soweit die Anmeldung für folgende Waren zurückgewiesen worden ist:
Klasse 9: Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; mit Programmen versehene Datenträger, Computerspiele, vorgenannte Waren der Klasse 9 ausschließlich mit Inhalten aus dem Automobilbereich;
Klasse 16: Waren aus Papier, Pappe (Karton), soweit in Klasse 16 enthalten, Aufkleber, Druckereierzeugnisse; Fotografien; Lehrund Unterrichtsmaterial (ausgenommen Apparate); Kalender, vorgenannte Waren der Klasse 16 ausschließlich mit Inhalten aus dem Automobilbereich.
Gründe
I Die für zahlreiche Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 9, 12, 14, 16, 18, 21, 25, 28, 34, 37, u. a. für Klasse 9: Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; mit Programmen versehene Datenträger, Computerspiele;
Klasse 16: Waren aus Papier, Pappe (Karton), soweit in Klasse 16 enthalten, Aufkleber, Druckereierzeugnisse; Fotografien; Lehrund Unterrichtsmaterial (ausgenommen Apparate); Kalenderangemeldete Wortmarke Cajunist mit Beschluss der Markenstelle für Klasse 37 vom 29. November 2010 teilweise, nämlich für die oben wörtlich aufgeführten Waren, nach §§ 37 Abs. 1 und 5, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen worden. Nach Auffassung der Markenstelle ist die angemeldete Marke für die zurückgewiesenen Waren nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ausgeschlossen, da sie eine beschreibende Angabe über Merkmale dieser Waren darstelle. Das Wort "Cajun" sei die Bezeichnung einer Bevölkerungsgruppe, die im Cajun Country im US-Bundesstaat Louisiana lebe. Auch der westfranzösische Dialekt dieser Bevölkerungsgruppe werde mit "Cajun" bezeichnet. Ferner werde die traditionelle Musik dieser frankophonen Einwanderer bzw. ihrer Nachfahren als "Cajun-Musik" bezeichnet, ebenso wie deren Küche als "Cajun" benannt werde. Insbesondere gebe es weltweit zahlreiche Cajun-Kochbücher und Cajun-Restaurants. In Bezug auf die zurückgewiesenen Waren, die einen gedanklichen Inhalt aufwiesen, werde die angemeldete Marke daher von maßgeblichen Teilen der inländischen Verkehrskreise als Beschreibung des Gegenstands, Inhalts bzw. Themas und damit als Bezeichnung eines Merkmals der Waren i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verstanden. Zudem fehle der angemeldeten Marke in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, da sie insoweit eine im Vordergrund stehende Aussage beinhalte und sich in dieser erschöpfe. Ihr könne daher kein konkreter Hinweis auf die Herkunft der zurückgewiesenen Waren aus einem bestimmten Unternehmen entnommen werden.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen, dass es nicht ausreichen könne, wenn sich die angefochtene (Teil-)Zurückweisung der Anmeldung nur auf einen Beleg aus dem Internetlexikon Wikipedia stütze, dessen Inhalt jederzeit, auch anonym, geändert werden könne und daher auch nach Auffassung des Europäischen Gerichts (EuG T-344/07 -Homezone) nicht auf gesicherten Informationen beruhe. Außerdem sei das Wort "Cajun" den maßgeblichen inländischen Verkehrskreisen völlig unbekannt. Weder wisse der inländische Verkehr, dass es eine Volksgruppe "Cajun" im US-Bundesstaat Louisiana gebe, noch verbinde er damit bestimmte Merkmale der fraglichen Waren. Wenn aber die Bezeichnung der fraglichen Waren mit "Cajun" wegen ihrer Unbekanntheit für den Verkehr keine Assoziation mit der Volksgruppe oder deren Eigenarten erwecken und keine der Eigenarten den Inhalt der Waren beschreiben könne, liege auch keine naheliegende und unmittelbare Inhaltsbeschreibung i. S. d. § 8 Abs 2 Nr. 2 MarkenG vor. Das Markenwort werde dem normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittverbraucher gar nichts sagen. Er werde damit schlicht nichts anfangen können. Damit sei die Anmeldemarke auch geeignet, als Hinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb verstanden zu werden.
Im Laufe des Beschwerdeverfahrens hat die Anmelderin ein neues Warenund Dienstleistungsverzeichnis eingereicht, in dem die streitgegenständlichen Waren wie folgt eingeschränkt worden sind:
"... Klasse 9: Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; mit Programmen versehene Datenträger, Computerspiele, vorgenannte Waren der Klasse 9 ausschließlich mit Inhalten aus dem Automobilbereich; ...
Klasse 16: Waren aus Papier, Pappe (Karton), soweit in Klasse 16 enthalten, Aufkleber, Druckereierzeugnisse; Fotografien; Lehrund Unterrichtsmaterial (ausgenommen Apparate); Kalender, vorgenannte Waren der Klasse 16 ausschließlich mit Inhalten aus dem Automobilbereich; ...".
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II Nach der Einschränkung des Warenund Dienstleistungsverzeichnisses ist die Beschwerde ist begründet. Die angemeldete Marke ist nunmehr auch für die von der Markenstelle zurückgewiesenen Waren unterscheidungskräftig und nicht rein beschreibend. Absolute Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG stehen der Eintragung der Anmeldemarke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG somit nicht mehr entgegen.
So sind zunächst keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte ersichtlich, die die Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG rechtfertigen können. Nach dieser Vorschrift sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geografischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können.
Zwar stellt das angemeldete Markenwort "Cajun", was auch die Anmelderin grundsätzlich nicht in Abrede stellt, eine Bezeichnung von französischstämmigen Einwanderern bzw. deren Nachfahren in einer Region ("Cajun Country") im US-Bundesstaat Louisiana dar. Weiter konnte der Senat verschiedenen allgemein zugänglichen Quellen entnehmen, dass insbesondere der Dialekt, die Musik und die Küche dieser Bevölkerungsgruppe ebenfalls mit dem Wort "Cajun" bezeichnet werden. Soweit sich damit unter dem Gesichtspunkt einer beschreibenden Angabe über den geistigen Inhalt der streitgegenständlichen Waren Bedenken gegen die Schutzfähigkeit der Marke ergeben, sind diese mit der Beschränkung des Warenund Dienstleistungsverzeichnisses jedoch ausgeräumt worden. Denn die streitgegenständlichen Waren umfassen jetzt nur noch solche mit Inhalten aus dem Automobilbereich. Reiseliteratur, Kochbücher und Literatur oder sonstige Medien zur Musik oder anderen Aspekten der Volksgruppe der Cajuns sind damit nicht mehr vom Schutzbegehren erfasst. Der Senat hat auch keine Hinweise darauf auffinden können, dass das ländliche, von Sumpfland geprägte Cajun-Country im Mississipi-Delta irgendeine Bedeutung in Zusammenhang mit Automobilthemen hat oder haben kann, insbesondere eine solche, die Auswirkungen auf die deutschen Verkehrskreise auf dem Gebiet der streitgegenständlichen Waren aus dem Medienbereich hat (z. B. Herausgeber oder Leser von deutschen Automobilzeitschriften). Es kann daher nicht festgestellt werden, dass die angemeldete Marke aus einer Angabe besteht, die im Verkehr zur Bezeichnung eines Merkmals der Waren dienen kann. Das Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG liegt damit nicht vor.
Die Marke verfügt auch über die erforderliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Wie oben ausgeführt, weist sie keinen im Vordergrund stehenden beschreibenden Aussagegehalt auf. Bei "Cajun" handelt sich auch nicht um ein geläufiges Wort der deutschen oder englischen Sprache, das nur als solches verstanden wird. Vielen Verkehrsteilnehmern wird das Wort nicht bekannt sein, so dass seine Eignung zur betrieblichen Herkunftsunterscheidung für diesen Teil des Verkehrs nicht in Frage steht. Soweit andere Teile des Verkehrs den Begriff "Cajun" im o. g. Sinne als Bezeichnung einer Volksgruppe der USA, ihres Dialekts, ihrer Musik oder Küche kennen, werden sie die angemeldete Marke hingegen als fantasievolle Übertragung eines ethnischgeografischen Begriffs in den Bereich der Automobilliteratur bzw. vergleichbarer Medien, die sich mit Automobilthemen beschäftigen, auffassen. Die angemeldete Marke verfügt daher auch über Unterscheidungskraft.
Kätker Grote-Bittner Dr. Kortbein Cl
BPatG:
Beschluss v. 10.03.2011
Az: 33 W (pat) 503/11
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