Bundesgerichtshof:
Urteil vom 24. Februar 2000
Aktenzeichen: I ZR 141/97

(BGH: Urteil v. 24.02.2000, Az.: I ZR 141/97)

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 30. April 1997 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Klägerin ist ein Softwarehaus, die Beklagte ein Großhandelsunternehmen, das seit 1987 das Computerprogramm "S. " der Klägerin einsetzt. Mit Hilfe des Programms können Buchhaltung, Kostenrechnung, Warenwirtschaft, Statistik, Mahnwesen und der Ausdruck der Lieferscheine erledigt werden. Als die Beklagte ihren Betrieb 1993 auf eine neue IBM-Anlage mit einem anderen Betriebssystem umstellte, erwarb die Beklagte von der Klägerin gegen Zahlung einer einmaligen Nutzungsgebühr von 60.000 DM eine Lizenz, um das Programm "S. " auch auf der neuen Anlage nutzen zu können. In dem von den Parteien am 29. Januar und 2. Februar 1993 unterzeichneten "Software-Nutzungsvertrag" heißt es u.a.:

Die Software darf nicht für Zwecke Dritter benutzt oder Dritten zugänglich gemacht werden.

Für den Fall eines Verstoßes gegen den Vertrag verpflichtete sich die Beklagte zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe der zehnfachen Nutzungsgebühr. Um das Programm auf dem neuen Betriebssystem laufen zu lassen, benötigte die Beklagte noch ein Übersetzungsprogramm , das sie bei einem anderen Unternehmen erwarb. Die Klägerin übernahm keine Gewähr dafür, daß "S. " in der neuen Umgebung problemlos laufen würde.

Beim Betrieb der neuen Anlage mit "S. " traten Schwierigkeiten auf: Obwohl das Programm anzeigte, daß ein Lieferschein ausgedruckt worden und die Ware an den Kunden herausgegangen sei, unterblieb der Ausdruck des Lieferscheins, ohne daß dies der Sachbearbeiter erkennen konnte. Die Klägerin, an die die Beklagte sich wegen des Fehlers wandte, führte die Schwierigkeiten auf eine Inkompatibilität der Systembestandteile zurück und verwies die Beklagte an IBM und an die Lieferantin des Übersetzungsprogramms. Da die Beklagte den Fehler jedoch bei dem von der Klägerin gelieferten Programm "S. " vermutete, schaltete sie ein anderes Softwarehaus ein, das dem Programm "S. " ein Modul hinzufügte und dadurch den Fehler beseitigte.

Bei einer auf eine Strafanzeige der Klägerin zurückgehenden Durchsuchung der Geschäftsräume des von der Beklagten eingeschalteten Softwarehauses wurde einige Zeit später eine mehr oder weniger vollständige Kopie des Programms "S. " aufgefunden, die dem Softwarehaus zur Behebung des Ablauffehlers überlassen worden war.

Die Klägerin hat im Verhalten der Beklagten einen Verstoß gegen das vertraglich vereinbarte Verbot gesehen, die Software einem Dritten zugänglich zu machen, und hat mit der vorliegenden Klage die für diesen Fall festgelegte Vertragsstrafe in Höhe der zehnfachen Nutzungsgebühr, also 600.000 DM, beansprucht.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, sie habe das Programm nicht an Dritte weitergegeben, sondern es nur im Rahmen ihrer vertraglichen Rechte genutzt; hierzu zähle auch die Fehlerbeseitigung durch ein anderes Unternehmen, nachdem die Klägerin hierzu nicht in der Lage gewesen sei.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.

Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Gründe

I. Das Berufungsgericht hat einen Verstoß der Beklagten gegen die vertraglich übernommenen Verpflichtungen verneint und hierzu ausgeführt:

Die Beklagte habe nicht gegen die Vertragsklausel verstoßen, wonach es ihr untersagt gewesen sei, die Software Dritten zugänglich zu machen. Von dieser vertraglichen Bestimmung werde es nicht erfaßt, wenn das Programm einem Dritten allein zum Zwecke der Fehlerbeseitigung zugänglich gemacht werde. Das wohlverstandene Geheimhaltungsinteresse der Klägerin könne nichts an der Berechtigung der Beklagten ändern, Fehler des Programms durch eigene Mitarbeiter oder durch Dritte beheben zu lassen. Wolle man der Beklagten, die selbst nicht über die nötige fachliche Kompetenz verfügt habe, untersagen, Hilfe von außen in Anspruch zu nehmen, hindere man sie auch daran, Probleme im Zusammenspiel der verschiedenen Programme zu erkennen und zu lösen. Eine solche Auslegung des Vertrages scheide als unbillig und überraschend aus. Daher komme es auch nicht darauf an, ob die aufgetretenen Schwierigkeiten wirklich auf einen Fehler im Programm der Klägerin zurückzuführen gewesen seien oder nicht. Denn allein die von der Klägerin eingeräumten Kompatibilitätsprobleme machten eine Prüfung aller Systembestandteile erforderlich.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe die im Software-Nutzungsvertrag vereinbarte Vertragsstrafe nicht verwirkt, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

1. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte sei trotz der vertraglich übernommenen Verpflichtung, das Programm "S. " keinem Dritten zugänglich zu machen, nicht daran gehindert gewesen, in der fraglichen Situation für die Fehlerbeseitigung ein Drittunternehmen einzuschalten. Dies begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Die Revision verkennt nicht, daß die Frage, ob der Beklagten nach dem Vertrag ein bestimmtes Verhalten untersagt war oder nicht, in erster Linie vom Tatrichter zu beantworten ist. Sie meint jedoch, das Berufungsgericht habe durch die vorgenommene Vertragsauslegung anerkannte Auslegungsgrundsätze verletzt, sich ohne tragfähige Begründung über den eindeutigen Wortlaut der Vereinbarung hinweggesetzt und bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen das Gebot einer nach beiden Seiten möglichst interessengerechten Auslegung nicht beachtet. Dem kann nicht beigetreten werden.

a) Das Berufungsgericht hat sich bei der Vertragsauslegung entgegen der Auffassung der Revision nicht über den eindeutigen Wortlaut der vertraglichen Vereinbarung hinweggesetzt. Es hat vielmehr - auch unter Hinweis auf die eingehende Darstellung der zugrundeliegenden Interessen der Vertragsparteien im landgerichtlichen Urteil - angenommen, das Verbot, das überlassene Programm Dritten zugänglich zu machen, betreffe nicht den Fall der Fehlerbeseitigung. Diese am Parteiwillen und am Gebot der Berücksichtigung von Treu und Glauben (§§ 133, 157 BGB) orientierte Beurteilung hält der rechtlichen Prüfung stand.

Das vereinbarte Verbot, das Programm für Zwecke Dritter zu benutzen oder Dritten zugänglich zu machen, besagt aus der Sicht der vertragsschließenden Parteien zunächst, daß nur die Beklagte berechtigt sein sollte, das fragliche Programm für ihren Ein- und Verkauf zu benutzen. Ihr sollte es verwehrt sein, mit Hilfe des Programms andere als ihre eigenen betrieblichen Aufgaben zu erledigen oder das Programm an ein anderes Unternehmen weiterzugeben. Die vertragsgemäße Verwendung des Programms wurde durch dieses Verbot nicht tangiert. Denn der Beklagten ging es allein um ein Programm zur Bewältigung der eigenen Betriebsabläufe. Eine Erledigung der Aufgaben anderer Handelsunternehmen durch die Beklagte oder eine Versorgung anderer Unternehmen mit der notwendigen Software wäre über diesen Vertragszweck eindeutig hinausgegangen. Würde das Verbot, das Programm Dritten zugänglich zu machen, dagegen auch die Fehlerbeseitigung betreffen, so wäre damit der von der Beklagten verfolgte Vertragszweck berührt. Mit Recht hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, daß ein solches Verbot dazu führen könnte, daß das überlassene Programm für die Beklagte völlig nutzlos werden würde. Denn es ging nicht allein um Fehler des Programms "S. ", die die Klägerin zu beseitigen verpflichtet gewesen wäre, sondern auch um das Zusammenspiel dieses Programms mit der von anderer Seite gelieferten Software, insbesondere dem Betriebssystem und dem Übersetzungsprogramm. Die Kompatibilität mit diesen Programmen war von der Klägerin - worauf im landgerichtlichen Urteil zutreffend hingewiesen wird - nicht geschuldet, so daß die Beklagte auch keine Handhabe hatte, auf einer Beseitigung der Kompatibilitätsprobleme durch die Klägerin zu bestehen. Nachdem die Beklagte die aufgetretenen Fehler nicht selbst beheben konnte, war sie in dieser Situation auf die Hilfe Dritter angewiesen. Wollte man ihr verwehren, diese Hilfe in Anspruch zu nehmen, wäre das von der Klägerin überlassene Programm für sie nutzlos geworden.

Es ist unter diesen Umständen aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht das in Rede stehende Verbot nicht auf den Fall der Behebung von Programmfehlern oder der Ausräumung von Kompatibilitätsschwierigkeiten bezogen hat. Zu erwägen wäre allenfalls, ob das durch das Verbot geschützte umfassende Geheimhaltungsinteresse der Klägerin dazu führt, daß sich die Beklagte für die Fehlerbeseitigung zunächst an die Klägerin wenden mußte. Dies ist jedoch im Streitfall geschehen. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen, die dem unstreitigen Parteivorbringen entsprechen, hat die Beklagte die Hilfe Dritter erst in Anspruch genommen, nachdem die Klägerin sich wiederholt ohne Erfolg um die Fehlerbeseitigung bemüht und erklärt hatte, die Schwierigkeiten lägen in der fehlenden Kompatibilität der Programme; die Beklagte möge sich deswegen an den Hersteller des Betriebssystems oder den Lieferanten des Übersetzungsprogramms wenden.

b) Die Revision rügt ferner, das Berufungsgericht habe unberücksichtigt gelassen, daß ein Verbot, das Programm einem Dritten auch zum Zwecke der Fehlerbeseitigung zugänglich zu machen, mit der gesetzlichen Regelung in §§ 69a ff. UrhG in Einklang stehe. Dem kann nicht beigetreten werden.

aa) Zutreffend weist die Revisionserwiderung zunächst darauf hin, daß die gesetzliche Regelung der §§ 69a ff. UrhG nicht ohne weiteres auf die hier in Rede stehende vertragliche Regelung Anwendung findet. Der Vertrag, um dessen Auslegung es im Streitfall geht, ist vor dem Inkrafttreten der §§ 69a bis 69g UrhG - also vor dem 24. Juni 1993 - abgeschlossen worden. Zwar sind diese Vorschriften nach § 137d Abs. 1 Satz 1 UrhG auch auf Computerprogramme anzuwenden, die vor dem Inkrafttreten geschaffen worden sind. Für die Auslegung von Willenserklärungen ist jedoch auf die Umstände bei Vertragsschluß abzustellen (vgl. BGH, Urt. v. 10.7.1998 - V ZR 360/96, NJW 1998, 3268, 3269 f.). Daß den Bestimmungen der §§ 69a bis 69e UrhG insofern keine generelle Rückwirkung zukommen kann, zeigt auch die Bestimmung des § 137d Abs. 2 UrhG, die eine ausdrückliche Ausnahme von der allgemeinen Regel vorsieht, wonach sich die Wirksamkeit eines Vertrages nach den gesetzlichen Bestimmungen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses richtet.

bb) Ob gleichwohl auf die gesetzliche Regelung oder auf die Regelung der zugrundeliegenden Richtlinie zurückgegriffen werden kann, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Denn die vom Berufungsgericht vorgenommene Vertragsauslegung entspricht der Wertung, die der gesetzlichen Regelung in § 69c Nr. 2, § 69d UrhG sowie der Regelung in Art. 4 Nr. 2, Art. 5 der Richtlinie 91/250/EWG des Rates vom 14. Mai 1991 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen (ABl. Nr. L 122 v. 17.5.1991, S. 42 = GRUR Int. 1991, 545) - auf sie gehen die genannten Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes zurück - zugrunde liegt.

(1)

Wie die Revision mit Recht betont, ist davon auszugehen, daß das in Rede stehende Programm die Schutzvoraussetzungen des § 69a Abs. 3 UrhG (Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie) erfüllt.

(2)

Ob es sich - wie die Revision meint - bei dem Hinzufügen eines zusätzlichen Moduls durch das von der Beklagten eingeschaltete Softwarehaus um eine Umarbeitung des Programms der Klägerin i.S. von § 69c Nr. 2 UrhG (Art. 4 Nr. 2 der Richtlinie) handelt, bedarf keiner abschließenden Klärung. Denn der Einbau des zusätzlichen Moduls ist jedenfalls durch die Regelung des § 69d Abs. 1 UrhG (Art. 5 Abs.1 der Richtlinie) gedeckt. Vorbehaltlich einer entgegenstehenden vertraglichen Vereinbarung - an der es im Streitfall fehlt (s. oben unter II.1.a) - bedürfen danach "die in § 69c Nr. 1 und 2 [Art. 4 Nr. 1 und 2 der Richtlinie] genannten Handlungen der Zustimmung des Rechtsinhabers nicht, wenn sie für eine bestimmungsgemäße Benutzung des Computerprogramms einschließlich der Fehlerberichtigung durch jeden zur Verwendung eines Vervielfältigungsstücks des Programms Berechtigten notwendig sind". Soweit sich daraus eine Berechtigung zur urheberrechtlich relevanten Nutzung eines Programms im Rahmen einer notwendigen Fehlerbeseitigung ergibt, kann der Vertragspartner dieses Recht auch dadurch ausüben, daß er einen Dritten mit der Fehlerbeseitigung betraut (vgl. Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 2. Aufl., § 69d UrhG Rdn. 5; Caduff, Die urheberrechtlichen Konsequenzen der Veräußerung von Computerprogrammen, 1997, S. 160 f.).

(3)

Unter diesen Umständen bedarf es an sich keiner abschließenden Klärung, ob das durch § 69d Abs. 1 UrhG (Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie) vermittelte Recht zur Fehlerbeseitigung durch eine ausdrückliche vertragliche Regelung - sie liegt nach der rechtsfehlerfreien Auslegung des Berufungsgerichts gerade nicht vor - ausgeschlossen werden könnte. Jedenfalls könnte aufgrund eines solchen vertraglichen Ausschlusses die Fehlerbeseitigung durch einen Dritten nicht generell untersagt werden. Wie sich nicht zuletzt aus Erwägungsgrund 17 zur Richtlinie über den Schutz von Computerprogrammen ergibt, enthält Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie insofern einen zwingenden Kern, als urheberrechtlich relevante Nutzungen, die für die vertragsgemäße Verwendung des Programms unerläßlich sind, nicht ohne weiteres ausgeschlossen werden können (Czarnota/Hart, The Legal Protection of Computer Programs in Europe - A Guide to the EC Directive, 1991, S. 64 f. u. 67; Marly, Urheberrechtsschutz für Computersoftware in der Europäischen Union, 1995, S. 229). Dies gilt entsprechend für § 69d Abs. 1 UrhG (vgl. Begr. des RegE, BT-Drucks. 12/4022, S. 12; Schulte, CR 1992, 648, 652 f.; Günther, CR 1994, 321, 326 f.; Schricker/Loewenheim aaO § 69d Rdn. 12; Haberstumpf, GRUR Int. 1992, 715, 719; Lehmann, NJW 1993, 1822, 1824; Marly, Softwareüberlassungsverträge, 3. Aufl. 2000, Rdn. 1083 f.; Lehmann in Festschrift Schricker, 1995, S. 543, 555; Haberstumpf in Lehmann (Hrsg.), Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen, 2. Aufl. 1991, Teil II Rdn. 169).

Könnte danach die Einschaltung eines Dritten zur Fehlerbeseitigung nicht generell ausgeschlossen werden, wäre doch - worauf die Revision zutreffend hinweist - gegen eine vertragliche Regelung nichts einzuwenden, die die Fehlerbeseitigung (einschließlich der Behebung von Kompatibilitätsproblemen) dem Softwarehersteller vorbehält, solange sie dem Vertragspartner das Recht einräumt, den Fehler durch einen Dritten beheben zu lassen, wenn der Hersteller selbst hierzu nicht willens oder in der Lage ist. Entgegen der Auffassung der Revision kann dem hier in Rede stehenden Vertrag eine solche Vereinbarung jedoch nicht entnommen werden. Denn die Klägerin hat in diesem Vertrag keine Verpflichtung übernommen, etwaige Fehler oder Kompatibilitätsprobleme - gegebenenfalls gegen Entgelt - zu beheben.

2. Die Revision rügt schließlich ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe erhebliches Vorbringen der Klägerin dazu übergangen, daß die Beklagte dem von ihr eingeschalteten Softwarehaus das Programm in Wahrheit nicht zur Fehlerbeseitigung, sondern als Gegenleistung für kostengünstige andere Leistungen überlassen habe. Allerdings hat das entsprechende Vorbringen der Klägerin, das im Widerspruch zum früheren Klagevorbringen steht, keinen Eingang in das Berufungsurteil gefunden. Ob insofern ein Verfahrensfehler vorliegt, bedarf aber keiner Entscheidung. Denn jedenfalls beruht das Berufungsurteil hierauf nicht.

Die Klägerin hat im Berufungsverfahren in der Einspruchsschrift nach Erlaß eines Versäumnisurteils erstmals vorgetragen, es sei der Beklagten bei der Weitergabe des Programms "S. " an das von ihr eingeschaltete Softwarehaus nicht um die Fehlerbeseitigung, sondern um die Erlangung geschäftlicher Vorteile gegangen, die darin bestanden haben sollen, daß sie im Gegenzug Serviceleistungen günstiger erhalten könne. Der Fehler habe den Geschäftsablauf der Beklagten auch nicht besonders beeinträchtigt, weil es noch zwei andere Möglichkeiten zum Ausdruck der Lieferscheine gegeben habe.

Daß sich die Klägerin damit in Widerspruch zu ihrem eigenen früheren Vorbringen in der Berufungsinstanz gesetzt hat (vgl. Berufungsbegründung S. 2, GA 115), macht freilich den neuen Vortrag nicht unbeachtlich (vgl. BGH, Urt. v. 5.7.1995 - KZR 15/94, GRUR 1995, 700, 701 = WRP 1995, 819 - Sesamstraße-Aufnäher). Doch hätte die Klägerin deutlich machen müssen, daß sie über neue tatsächliche Erkenntnisse verfügt und es sich nicht bloß um eine andere Wertung des bis dahin unstreitigen Sachverhalts handelte. Soweit das vom Berufungsgericht unbeachtet gelassene Vorbringen neuen Tatsachenstoff enthält - insbesondere die Behauptung, der Beklagten sei es bei der Programmüberlassung nicht um eine Fehlerbeseitigung, sondern darum gegangen, sich geschäftliche Vorteile zu verschaffen -, ist die Klägerin im übrigen beweisfällig geblieben. Die Beklagte hat dieses Vorbringen bestritten. Das Beweisangebot der Klägerin - Vernehmung des Geschäftsführers und eines früheren Mitarbeiters des eingeschalteten Softwarehauses - läßt nicht erkennen, daß die behauptete Motivation der Beklagten in das Wissen der benannten Zeugen gestellt werden sollte.

III. Danach ist die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.






BGH:
Urteil v. 24.02.2000
Az: I ZR 141/97


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