Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 10. April 2003
Aktenzeichen: I-2 U 6/02

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 10.04.2003, Az.: I-2 U 6/02)

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 13. November 2001

verkündete Urteil der 4a Zivilkammer des Landgerichts Düssel-

dorf unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise wie folgt abgeändert:

I.

Die Beklagte wird verurteilt,

1.

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu Euro 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,

a)

Antriebsscheibenaufzüge mit einer Aufzugskabine, die sich entlang von Aufzugsführungsschienen bewegt, einem Gegengewicht, das sich entlang von Gegengewichtsführungsschienen bewegt, einem Satz von Hubseilen, an denen die Aufzugskabine und das Gegengewicht aufgehängt sind, und einer Antriebs-maschineneinheit, die eine Antriebsscheibe umfasst, die durch die Antriebsmaschine angetrieben wird und mit Hubseilen zusammenwirkt, wobei die Antriebsmaschineneinheit des Aufzugs im obersten Teil des Aufzugsschachtes angeordnet ist im Bereich zwischen dem Schachtraum, der von der Aufzugskabine auf ihrem Weg benötigt wird und/oder der oberen Verlängerung dieses Schachtbereichs und einer Wand des Aufzugsschachtes,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen die Hubseile über Umlenkrollen unter der Aufzugskabine entlang geführt sind, und die Antriebsmaschineneinheit von flacher Konstruktion ist,

und/oder

b)

Antriebsmaschineneinheiten von flacher Konstruktion, die eine Antriebsscheibe umfassen, die durch die Antriebsmaschine an-getrieben wird und mit Hubseilen zusammenwirkt,

und die geeignet sind,

in einem Antriebsscheibenaufzug mit einer Aufzugskabine, die sich entlang von Aufzugsführungsschienen bewegt, einem Gegengewicht, das sich entlang von Gegengewichtsführungsschienen bewegt, einem Satz von Hubseilen, an denen die Aufzugskabine und das Gegengewicht aufgehängt sind, im obersten Teil des Aufzugsschachtes im Bereich zwischen dem Schachtraum, der von der Aufzugskabine auf ihrem Weg benötigt wird und einer Wand des Aufzugsschachtes , wobei die Hubseile über Umlenkrollen unter der Aufzugskabine entlang geführt sind, angeordnet zu werden,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder zu liefern,

ohne im Falle des Anbietens den Angebotsempfänger und im Falle des Lieferns den Abnehmer unübersehbar (= deutlich erkennbar) schriftlich darauf hinzuweisen, dass die Antriebsmaschineneinheit nicht ohne Zustimmung der Klägerin als eingetragener Inhaberin des europäischen Patents 0 631 967 in Antriebsscheibenaufzüge in der vorstehend beschriebenen Weise eingebaut werden darf,

2.

der Klägerin Auskunft zu erteilen für die Zeit ab dem 3. Januar 1998 über die Herkunft und den Vertriebsweg der vorstehend unter 1.a) und 1.b) beschriebenen Erzeugnisse, jeweils insbesondere unter Angabe der Namen und Anschriften der Hersteller, der Lieferanten, deren Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer oder Angebotsempfänger sowie unter Angabe der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse,

3.

der Klägerin Rechnung darüber zu legen , in welchem Umfang sie die zu 1.a) und 1.b) bezeichneten Handlungen seit dem 3. Januar 1998 begangen hat, und zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses mit der Angabe

a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach

Liefermengen, -zeiten, -preisen und Produktbe-

zeichnungen sowie Namen und Anschriften der

gewerblichen Abnehmer,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebots-

mengen, -zeiten, - preisen und Produktbezeichnungen

sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbe-

trägern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und

Verbreitungsgebiet,

d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten

Gestehungskosten und des erzielten Gewinns.

II.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klä-

gerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. a) und I. 1. b) bezeichneten und seit dem 3. Januar 1998 began- genen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

IV.

Die Kosten erster Instanz werden zu 80% der Beklagten und

zu 20 % der Klägerin auferlegt.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte

85% und die Klägerin 15% zu tragen.

V.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nach- gelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicher- heitsleistung in Höhe von Euro 250.000,00 abzuwenden, falls nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von Euro 10.000,00 abzuwenden, falls nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheitsleistungen können jeweils auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland geschäftsansässigen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbracht werden.

VI.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz beträgt

Euro 242.863,64 (= DM 475.000,00).

VII.

Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und in englischer Verfahrenssprache veröffentlichen europäischen Patentes 0 631 967 (Anlage K 1; nachfolgend: Klagepatent), das einen Antriebsscheibenaufzug ("Traction sheave elevator") betrifft. Die Erteilung des Klagepatents ist am 3. Dezember 1997 veröffentlicht worden.

Der Patentanspruch 1 des Klagepatents hat folgenden Wortlaut:

Traction sheave elevator comprising an elevator car (1) moving along elevator guide rails (10) , a counterweight (2) moving along counterweight guide rails (11), a set of hoisting ropes (3) on which the elevator car and the counterweight are suspen- ded, and a drive machine unit (6) comprising a traction sheave (7) driven by the drive machine and engaging the hoisting ro- pes (3), wherein the drive machine unit (6) of the elevator is placed in the top part of the elevator shaft (15) in the space between the shaft space needed by the elevator car on its path and/or the overhead extension of the shaft space needed by the elevator car and a wall of the elevator shaft (15), characterized in that the hoisting ropes are passed under the elevator car by means of diverting pulleys, and that the elevator motor has a discoidal rotor (117, 317) and/or that the machine unit (6) is of a flat construction type and/or that the drive ma- chine unit (6) is gearless.

In der Klagepatentschrift (Anlage K 1) lautet die deutsche Übersetzung des Anspruches 1 wie folgt:

Antriebsscheibenaufzug mit einer Aufzugskabine (1), die sich entlang von Aufzugsführungsschienen (10) bewegt, einem Ge- gengewicht (2), das sich entlang von Gegengewichtsführungs- schienen (11) bewegt, einem Satz von Hubseilen (3), an denen die Aufzugskabine und das Gegengewicht aufgehängt sind, und einer Antriebsmaschineneinheit (6), die eine Antriebs- scheibe (7) umfaßt, die durch die Antriebsmaschine angetrie- ben wird und mit den Hubseilen (3) zusammenwirkt, wobei die Antriebsmaschineneinheit (6) des Aufzugs im obersten Teil des Aufzugsschachts (15) angeordnet ist im Bereich zwischen dem Schachtraum, der von der Aufzugskabine auf ihrem Weg benötigt wird und/oder der oberen Verlängerung dieses Schachtbereichs und einer Wand des Aufzugsschachtes (15), dadurch gekennzeichnet, daß die Hubseile über Umlenkrollen (4,5) unter der Aufzugskabine (1) entlanggeführt sind, und daß der Aufzugsmotor einen scheibenförmigen Rotor (117, 317) und/oder eine flache Maschineneinheit (6) und/oder eine getriebelose Antriebsmaschineneinheit (6) aufweist.

Das Deutsche Patent- und Markenamt hat am 2. April 1998 eine deutsche Übersetzung der Klagepatentschrift veröffentlicht (Anlage K 2), in welcher der Anspruch 1 in gleicher Weise übersetzt ist.

Gegen die Erteilung des Klagepatents ist von dritter Seite Einspruch eingelegt worden (vgl. Anlage B 1 sowie Schriftsatz der Beklagten vom 26. Juli 2001 Seiten 2/3 - Bl. 79/80 GA). Was aus dem eingelegten Einspruch geworden ist bzw. wie der Stand des Einspruchsverfahrens ist, haben die Parteien nicht vorgetragen.

Die Beklagte, ein in Spanien ansässiges Unternehmen, stellt her und bietet unter anderem unter ihrer Domain "www.autur.com" komplette Aufzugsanlagen "Ascensores completos" an (vgl. Anlage K 15 sowie der in Deutschland verteilte Prospekt gemäß Anlage K 13 mit der Aussage: "Mehr als 40 Jahre Erfahrung in der Herstellung von Aufzugsanlagen"). Auf der Fachmesse "Interlift 99", die in der Zeit vom 12. bis 15. Oktober 1999 in Augsburg stattfand, stellte die Beklagte eine Aufzugskonstruktion aus. Über die ausgestellte Aufzugskonstruktion verhalten sich die von der Klägerin als Anlagen K 12 überreichten 7 farbigen Fotografien, von denen nachstehend die Fotos 2, 4 und 5 in Schwarz-Weiß-Kopien wiedergegeben sind, sowie die als Anlage CCP 2 überreichten Fotografien.

Die aus dem vorstehend wiedergegebenen Foto 5 deutlich ersichtliche Antriebsmaschineneinheit wird von der Beklagten unter der Bezeichnung "SCV -70" unabhängig von einem Antriebsscheibenaufzug in der Bundesrepublik Deutschland beworben, angeboten und vertrieben, wobei die nachstehend wiedergegebene Darstellung von "SCV-70" aus dem von der Beklagten in der Bundesrepublik Deutschland verteilten Prospekt gemäß Anlage K 13 herrührt.

Die Einbautiefe dieser Antriebsmaschineneinheit beträgt bei einer Länge bzw. Höhe von 835 mm und einer Breite bzw. einem Durchmesser von 420 mm nur 274 mm.

Die Klägerin hat geltend gemacht, dass Antriebsscheibenaufzüge, wie sie die Beklagte auf der "Interlift 99" in Augsburg ausgestellt habe, sämtliche Merkmale des Patentanspruches 1 des Klagepatents verwirklichten. Außerdem verletze die Beklagte mit dem Anbieten und Liefern von Antriebsmaschineneinheiten entsprechend dem Typ "SCV-70" in der Bundesrepublik Deutschland mittelbar ihre Rechte aus dem Klagepatent. Diese Antriebsmaschineneinheit sei bestimmt und geeignet, in patentgemäßen Antriebsscheibenaufzügen verwendet zu werden, so wie dies dem Publikum auch auf der Messe "Interlift 99" mit dem ausgestellten Antriebsscheibenaufzug von der Beklagten demonstriert worden sei.

Die Klägerin hat erstinstanzlich die Beklagte auf Unterlassung der unmittelbaren Patentverletzung, der mittelbaren Patentverletzung, auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der als patentverletztend angesehenen Erzeugnisse, auf Rechnungslegung und auf Herausgabe der als patentverletzend angesehenen Antriebsscheibenaufzüge zum Zwecke der Vernichtung in Anspruch genommen sowie die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung der Beklagten wegen der unmittelbaren und mittelbaren Patentverletzung begehrt.

Die Beklagte hat um Klageabweisung gebeten, hilfsweise um Aussetzung des Rechtsstreits wegen des anhängigen Einspruchsverfahrens betreffend das Klagepatent.

Die Beklagte hat die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gerügt. Im übrigen hat sie den Verletzungsvorwurf bestritten und geltend gemacht, dass sie Aufzüge der beanstandeten Art weder herstelle noch anbiete. Sie sei ein Motoren- und Getriebehersteller. Bei dem auf der "Interlift 99" gezeigten "Messeaufzug" habe es sich lediglich um ein Demonstrationsobjekt gehandelt, welches den Einsatz der von ihr hergestellten Getriebemotoren habe demonstrieren sollen. Der gezeigte "Messeaufzug" sei nicht zum Kauf angeboten worden. Ihm habe es im übrigen auch an einer Aufzugskabine gefehlt, so dass er ein wesentliches Merkmal der Erfindung nicht verwirklicht habe. Vor allem aber habe er von dem letzten kennzeichnenden Merkmal des Patentanspruches 1 des Klagepatents keinen Gebrauch gemacht. Wie die Klägerin selbst einräume, habe der Aufzugsmotor weder einen scheibenförmigen Rotor aufgewiesen noch habe es sich um eine getriebelose Antriebsmaschineneinheit gehandelt. Tatsächlich handele es sich bei der "SCV-70"- Einheit um eine Motorgetriebeeinheit mit Antriebsscheibe, wobei zwischen Motor und Antriebsscheibe ein Winkelgetriebe vorgesehen sei. Aber auch das Merkmal, wonach der "Aufzugsmotor eine flache Maschineneinheit aufweise", bzw. das Merkmal "that the machine unit (6) is of a flat construction" sei nicht verwirklicht.

Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, eine unmittelbare Verletzung des Klagepatents liege nicht vor, da das letzte kennzeichnende Merkmal auch in der Alternative, dass die Antriebsmaschineneinheit von flacher Konstruktion ist ("that the machine unit (6) is of a flat construction"), bei der angegriffenen Ausführungsform nicht verwirklicht sei. "Flach" bzw. von "flacher Konstruktion" sei eine Antriebsmaschineneinheit im Sinne der Erfindung nur, wenn sie so auf den Teil des Aufzugsschachts, der sich über dem Gegengewichtsweg erstrecke, angepasst sei, dass sie im Wesentlichen den gleichen Querschnittsraum einnehmen könne, wie er bereits in dem Aufzugsschacht von dem Gegengewicht und den zugehörigen Hubseilen belegt sei und ihre Anordnung damit keinen zusätzlichen Platz erfordere. Über eine derartig "flache" Maschineneinheit im Sinne des Klagepatents verfüge die angegriffene Ausführungsform nicht. Zwar sei nach den Maßangaben in dem Prospekt gemäß Anlage K 13 die Einbautiefe der Antriebsmaschineneinheit wesentlich geringer als ihre horizontale und vertikale Erstreckung, doch darauf komme es nicht an. Entscheidend sei vielmehr, ob darüber hinaus die Einbautiefe gleich der Dicke des Gegengewichts sei. Dass dies bei dem von der Beklagten auf der Fachmesse "Interlift 99" ausgestellten Aufzug der Fall gewesen sei, könne nicht festgestellt werden. Die Ausmaße des Gegengewichts und des für das Gegengewicht benötigten Raums seien nicht vorgetragen worden. Die überreichten Fotografien gäben insoweit keinen sicheren Aufschluss. - Eine mittelbare Patentverletzung sei ebenfalls nicht gegeben. Es sei schon fraglich, ob es sich bei der von der Beklagten vertriebenen Antriebsmaschine "SCV-70" um ein wesentliches Element der Erfindung im Sinne von § 10 PatG handele. Jedenfalls seien aber die subjektiven Voraussetzungen einer mittelbaren Patentverletzung nicht erfüllt. Im vorliegenden Fall könne nicht festgestellt werden, dass die Angebotsempfänger der Beklagten aufgrund der Präsentation der angegriffenen Antriebsmaschine auf der Messe "Interlift 99" eine Anleitung erhielten, wie diese Antriebsmaschine im Schachtraum eingebaut werden müsse, um eine effiziente Platzausnutzung zu erreichen. Für den Angebotsempfänger sei insoweit nicht ersichtlich, dass das Einbaubeispiel eine Anordnung im Schachtraum ohne zusätzlichen Platzbedarf betreffen solle.

Die Klägerin hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt, ohne den erstinstanzlich auch verfolgten Anspruch auf Herausgabe von Antriebsscheibenaufzügen zum Zwecke der Vernichtung weiterzuverfolgen. In der Berufungsinstanz wiederholen die Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen und ergänzen es.

Die Klägerin macht ergänzend insbesondere geltend, dass das Landgericht das letzte kennzeichnende Merkmal des Patentanspruches 1 in der hier geltend gemachten Alternative unzutreffend ausgelegt habe und daher auch bei der Frage der Verletzung zu einem unrichtigen Ergebnis gekommen sei. Aus der Sicht des durch die Klagepatentschrift angesprochenen Fachmanns bestehe der "Witz" des Klagepatents darin, im Unterschied zu dem Stand der Technik gemäß der japanischen Schrift (Anlage K 8) einen Aufzug bereitzustellen, bei dem eine flache Antriebsmaschineneinheit kombiniert werde mit der Anordnung der Hubseile unter der Aufzugskabine. Der technische Wortsinn des Merkmals von der "Flachheit" bestehe darin, die Einbautiefe (Dicke) im Verhältnis zur Breite gering zu halten bzw. zu verringern. Sie verweise insoweit auf Seite 5 letzter Absatz der Beschreibung der deutschen Übersetzung der Klagepatentschrift (Anlage K 2). Nur für eine besonders vorteilhafte Ausgestaltung der Erfindung, die Gegenstand von Unteransprüchen sei, sei als Bezugsgröße für die Flachheit der Maschineneinheit die Einbautiefe (Dicke) des Gegengewichts genannt. Mit der vom Landgericht vorgenommenen Auslegung würden - patentrechtlich unzulässig - bereits Besonderheiten der Unteransprüche zum Gegenstand des allgemeineren Anspruchs 1 gemacht. Mit dem Antriebsscheibenaufzug, den die Beklagte auf der "Interlift 99" ausgestellt habe, habe sie auch unmittelbar den Patentanspruch 1 des Klagepatents verletzt. Dieser Aufzug habe - wie bereits erstinstanzlich vorgetragen - über eine voll funktionsfähige Aufzugskabine verfügt. Sie verweise insoweit auch auf die überreichten Fotografien.

Die Klägerin beantragt,

zu erkennen, wie unter Ziffern I. 1.a) und 2., 3 sowie II. des Urteilsausspruches geschehen, und zusätzlich zu Ziffer I. 1.a) die Beklagte auch zur Unterlassung des Her- stellens in der Bundesrepubik Deutschland zu verurtei- len, und abweichend von Ziff. 1. b) des Urteilsausspru- ches und weitergehend die Beklagte insoweit zu verur- teilen, es zu unterlassen,

Antriebsmaschineneinheiten, die eine Antriebsscheibe umfassen, die durch die Antriebsmaschine angetrieben wird und mit den Hubseilen zusammenwirkt und die An- triebsmaschineneinheit von flacher Konstruktion ist,

und die geeignet sind,

in einem Antriebsscheibenaufzug mit einer Aufzugska- bine, die sich entlang von Aufzugsführungsschienen bewegt, einem Gegengewicht, das sich entlang von Gegengewichtsführungsschienen bewegt, einem Satz von Hubseilen, an denen die Aufzugskabine und das Gegengewicht aufgehängt sind, im obersten Teil des Aufzugschachtes im Bereich zwischen dem Schacht- raum, der von der Aufzugskabine auf ihrem Weg benö- tigt wird, und einer Wand des Aufzugsschachtes, wobei die Hubseile über Umlenkrollen unter der Aufzugskabine entlang geführt sind, angeordnet zu werden,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder zu liefern,

ohne

im Falle des Anbietens den Angebotsempfänger un- übersehbar schriftlich darauf hinzuweisen, dass die An- triebsmaschineneinheit ohne Zustimmung der Klägerin als eingetragener Inhaberin der EP 0 631 967 nicht in Antriebsscheibenaufzüge in der vorstehend beschriebe- nen Weise eingebaut werden darf,

und

im Falle des Lieferns

den Abnehmer bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung fällig werdenden, an die Klägerin zu zahlenden Vertragsstrafe in Höhe von Euro 5.200 zu verpflichten, die Antriebsmaschineneinheit nicht ohne Zustimmung der Klägerin als eingetragener Inhaberin der EP 0 631 967 in Aufzugsschächten von Antriebs- scheibenaufzügen in der vorstehend beschriebenen Weise zu installieren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil als zutreffend. Der Durchschnittsfachmann werde durch die Beschreibung und die Figuren der Klagepatentschrift in der Annahme bestärkt, dass sich die "Flachheit" der Antriebsmaschineneinheit im Sinne des Anspruches 1 des Klagepatents auch an der Dicke des Gegengewichts zu orientieren habe. Insoweit sei auch auf die Kritik in der Klagepatentschrift an dem japanischen Gebrauchsmuster 4 - 50297 (Anlage K 8) zu verweisen. Dieses werde nämlich dahingehend kritisiert, dass bei ihm die Basisfläche der Antriebseinheit relativ groß sei, weshalb ein großer Abstand zwischen dem Kabinenpfad und der Schachtwand vorgesehen werde, was eine größere Grundfläche des Aufzugsschachtes und daher größere Aufwendungen bei den Bauwerkskosten bedinge. Der Fachmann sehe, dass dort in der Tat die Basisfläche im Verhältnis zur Dicke des Gegengewichts sehr groß sei, so dass dort ein Abstand zwischen dem Kabinenpfad und der Schachtwand vorgesehen sei, der über das hinausgehe, was durch die Dicke des Gegengewichts bedingt sei. Andererseits sehe der Fachmann aber auch, dass dort die Einbautiefe der Maschineneinheit, zu der die Basisfläche 21 zähle, im Verhältnis zur Breite, d. h. zur Erstreckung parallel zur Schachtwand, bereits gering sei, so dass dies kein entscheidendes Kriterium für die erfindungsgemäße Flachheit sein könne. Bei einem anderen Verständnis lösten die Mittel des Patentanspruches 1 auch nicht die Aufgabe des Klagepatents. Dabei müsse beachtet werden, dass nach einem weiteren Merkmal des Patentanspruches, welches sich im Oberbegriff befinde, die Maschineneinheit derart in dem Bereich zwischen Kabinenpfad und Schachtwand angeordnet werden müsse, dass sie sich in und nicht etwa neben dem für das Gegengewicht benötigten Querschnittsraum des Schachtes befinde. Bei der angegriffenen Ausführungsform, wie sie auf Messe "Interlift 99" ausgestellt gewesen sei, sei die eingesetzte Antriebsmaschineneinheit "SCV-70" doppelt so dick wie das Gegengewicht gewesen und habe daher zu keiner effizienten Platzausnutzung führen können. Die von der Klägerin vorgelegten Fotos belegten nichts Gegenteiliges. - Auch die Voraussetzungen einer mittelbaren Patentverletzung lägen nicht vor. Im übrigen sei der insoweit gestellte Antrag der Klägerin auch zu weitgehend mit dem Begehren, von den Abnehmern ein Vertragsstrafeversprechen zu fordern. Vorsorglich berufe sie sich schließlich überdies auf ein Weiterbenutzungsrecht gemäß Artikel II § 3 Abs. 5 IntPatÜG. Die fehlerhafte deutsche Übersetzung des Patentanspruches 1 im letzten kennzeichnenden Merkmal gehe zu Lasten der Klägerin.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache überwiegend Erfolg.

Die Beklagte hat in der Bundesrepublik Deutschland Antriebsscheibenaufzüge gewerbsmäßig gebraucht (vgl. Fotografien gemäß Anlagenkonvolut K 12 und CCP 2), die von sämtlichen Merkmalen des Patentanspruches 1 des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch machen, so dass die Beklagte wegen unmittelbarer Verletzung des Patentanspruches 1 des Klagepatents zur Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung und, da diese Verletzungshandlungen schuldhaft begangen worden sind, auch zum Schadensersatz verpflichtet ist. Soweit das Begehren der Klägerin im Hinblick auf die angegriffenen Antriebsscheibenaufzüge allerdings dahin geht, die Beklagte auch zu verurteilen, es zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland derartige Aufzüge herzustellen, war es jedoch abzuweisen, da nichts dafür dargetan ist, dass die Beklagte als in Spanien ansässiges Unternehmen in der Vergangenheit die in Rede stehenden Aufzüge in der Bundesrepublik hergestellt hat oder aber insoweit nunmehr die Gefahr droht, sie werde diese Antriebsscheibenaufzüge in der Bundesrepublik Deutschland herstellen.

Die Beklagte ist überdies aber auch wegen des in der Bundesrepublik erfolgten Anbietens und Lieferns von Antriebsmaschineneinheiten, wie sie von ihr unter der Bezeichnung "SCV-70" angeboten und in den Verkehr gebracht werden, ohne dabei die Angebotsempfänger und Abnehmer unübersehbar (= deutlich erkennbar) schriftlich darauf hinzuweisen, dass die Antriebsmaschineneinheit nicht ohne Zustimmung der Klägerin als eingetragener Inhaberin des europäischen Patentes 0 631 967 in Antriebsscheibenaufzüge in der im Patentanspruch 1 gelehrten Weise eingebaut werden darf, wegen mittelbarer Patentverletzung zur Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Schadensersatz verpflichtet. Die Unterlassungsverpflichtung im Falle des Lieferns solcher Antriebsmaschineneinheiten geht damit nicht so weit , wie dies von der Klägerin begehrt wird. Von der Beklagten kann nämlich im Falle des Lieferns nicht verlangt werden, dass sie ihre Abnehmer bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung fällig werdenden Vertragsstrafe in Höhe von Euro 5.200 verpflichtet, die Antriebsmaschineneinheit nicht ohne ihre, der Klägerin, Zustimmung in Aufzugsschächten von Antriebsscheibenaufzügen der im Urteilsausspruch zu Ziffer I.1. beschriebenen Weise zu installieren. Insoweit war daher das Klagebegehren abzuweisen.

I. Das Klagepatent betrifft einen Antriebsscheibenaufzug mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Patentanspruchs 1 (Sp. 1, Z. 3,4). Merkmalsmäßig gegliedert handelt es sich mithin um einen Antriebsscheibenaufzug mit

einer Aufzugskabine, die sich entlang von Aufzugsführungsschienen bewegt,

einem Gegengewicht, das sich entlang von Gegengewichtsführungsschienen bewegt,

einem Satz von Hubseilen, an denen die Aufzugskabine und das Gegenge- wicht aufgehängt sind und

einer Antriebsmaschineneinheit, die

4.1 eine Antriebsscheibe umfasst, die durch die Antriebsmaschine angetrie- ben wird und mit den Hubseilen zusammenwirkt,

wobei die Antriebsmaschineneinheit des Aufzugs im obersten Teil des Auf- zugsschachtes angeordnet ist

im Bereich zwischen dem Schachtraum, der von der Aufzugskabine auf ihrem Weg benötigt wird, und/oder der oberen Verlängerung dieses Schachtbereichs mit einer Wand des Aufzugsschachtes.

Die Klagepatentschrift weist den angesprochenen Durchschnittsfachmann einleitend in Spalte 1, Zeilen 5 - 20 darauf hin, eine der Aufgaben bei der Entwicklung von Aufzügen bestehe in einer effizienten und ökonomischen Nutzung des Gebäuderaumes. In konventionellen, durch eine Antriebsscheibe angetriebenen Aufzügen nehme der Aufzugsmaschinenraum oder ein anderer Raum, der für die Antriebsmaschine reserviert sei, einen beträchtlichen Teil des Gebäuderaumes ein, der für den Aufzug benötigt werde. Das Problem bestehe nicht nur im Volumen des Gebäuderaumes , der für den Aufzug benötigt werde, sondern auch in dessen Anordnung im Gebäude. Es gebe für die Anordnung des Maschinenraumes mehrere Lösungen, aber sie schränkten im allgemeinen wesentlich die Gestaltung des Gebäudes mindestens im Hinblick auf die Verwendung des Raumes oder bezüglich des Aussehens ein. Beispielsweise könne die Anordnung eines Maschinenraumes als Störung des Erscheinungsbildes empfunden werden. Da es sich hier um einen speziellen Platz handele, führe der Maschinenraum im allgemeinen zu höheren Gebäudekosten. - Daraus entnimmt der Fachmann, dass die Erfindung die Bereitstellung eines besonderen Raumes für die Antriebsmaschine vermeiden will.

Die Klagepatentschrift verweist den Fachmann weiter darauf, dass hydraulische Aufzüge des Standes der Technik relativ vorteilhaft bezüglich der Platzausnutzung seien und sie oftmals gestatteten, die gesamte Aufzugsmaschine im Aufzugsschacht zu plazieren. Sie bemängelt jedoch an diesen Aufzügen, dass sie nur in Fällen angewandt werden könnten, bei denen die Hubhöhe nur ein Stockwerk oder höchstens einige Stockwerke betrage. In der Praxis könnten hydraulische Aufzüge nicht für sehr große Höhen konstruiert werden (Spalte 1, Zeilen 21 - 27). Der Fachmann erkennt aus dieser Beschreibungsstelle, dass das Klagepatent im Hinblick auf eine vorteilhafte Platzausnutzung nicht den Weg gehen will, Hydraulikzylinder zum Bewegen der Kabine zu benutzen.

Schließlich erörtert die Klagepatentschrift die japanische Gebrauchsmusterschrift 4 - 50297 (Anlage K 8).

Der Fachmann, der in diese japanische Gebrauchsmusterschrift schaut, findet dort die nachfolgend wiedergegebenen fünf Figuren , wobei die Fig. 5 einen "crosssectional view showing a convential elevator apparatus" darstellt, dem in den Fig. 1 bis 4 die Neuerung nach der japanischen Gebrauchsmusterschrift gegenübergestellt ist.

Die Klagepatentschrift würdigt diese japanische Gebrauchsmusterschrift dahin, dass sie einen maschinenraumfreien Rucksack-Typ- Aufzug (einen Klein-Typ Aufzug) zeige, bei dem die Antriebseineinheit auf den oberen Enden der Führungsschienen montiert sei. Weil jedoch die Basisfläche der Antriebsmaschineneinheit ziemlich bzw. relativ groß ("rather large") sei, müsse "ein großer Abstand zwischen dem Kabinenpfad und der Schachtwand" vorgesehen werden. Dies bedinge eine größere Grundfläche des Aufzugsschachtes und daher größere Aufwendungen bei den Bauwerkskosten (Spalte 1, Zeilen 28 - 36).

Der Fachmann, der in die Beschreibung der so gewürdigten japanischen Gebrauchsmusterschrift sieht, entnimmt dieser, dass, um Bauraum zu sparen, vorgeschlagen wird, den Antrieb eines Aufzugs des sog. Rucksacktyps - ein Typ, der sich dadurch auszeichnet, dass die Führungsschienen für die Aufzugskabine zusammen mit der Kabine an einer Seite (der Seite des Gegengewichts) angeordnet sind - mit in den Aufzugsschacht zu nehmen und auf den Spitzen der unterhalb des Kabinendachs endenden Führungsschienen zu installieren (vgl. den einzigen Anspruch sowie Seite 3 Absätze 1 und 2 der englischen Übersetzung in Anlage K 8). - Hinsichtlich der Ausbildung, Zuordnung zueinander und Dimensionierung der aus "drive unit 3", "winding unit 7" und "attachement platform 21" bestehenden Antriebsmaschineneinheit macht diese Druckschrift dem Fachmann weder im einzigen Anspruch noch in der Beschreibung bestimmte Vorgaben, eine Feststellung, die im übrigen auch für die Leistung des einzusetzenden Motors und damit der "drive unit 3" gilt. Die Darstellung in den Figuren ist daher aus der Sicht des angesprochenen Fachmanns mehr zufällig und zeigt ein bloßes, in keiner Weise näher ausgerichtetes Konglomerat der verschiedenen Teile der Antriebsmaschineneinheit auf einer Plattform 21, die diese Teile gleichsam zusammenhält, wobei allein schon der Umstand, dass die Antriebsscheibe dort senkrecht und nicht parallel zu der dem Kabinenpfad gegenüberliegenden Schachtwand und mit ihrer Rotationsebene nicht in einer Linie mit der zylindrischen Motoreinheit angeordnet ist, eine verhältnismäßig lange Erstreckung der Plattform 21 in der Einbautiefe und damit insgesamt die Antriebsmaschineneinheit einen verhältnismäßig großen Abstand zwischen dem Kabinenpfad und der gegenüberliegenden Schachtwand bedingt.

Aus den oben wiedergegebenen Figuren 1 bis 4 der Neuerung nach der japanischen Gebrauchsmusterschrift sieht der Fachmann, dass dort die Basisfläche der Maschineneinheit deutlich größer ist als die entsprechende Fläche des Gegengewichts 9, und zwar deshalb, weil sie eine erheblich größere Einbautiefe - also eine Erstreckung zwischen Kabinenpfad und Schachtwand - hat als das Gegengewicht (vgl. insbesondere Fig. 1). Der Fachmann mag zugleich aus den Figuren ersehen, dass die Breite - die Erstreckung parallel zur Schachtwand - der Basisfläche 21 (attachement platform) der Antriebsmaschineneinheit mit dem Motor 3 (drive unit) und der Antriebsscheibe 7 (winding unit) größer ist als ihre Einbautiefe, d.h. ihre Erstreckung in Richtung senkrecht zur Schachtwand, zwischen dieser und dem Kabinenpfad (vgl. insbes. Figuren 1 und 4). Der Fachmann erkennt aus den Figuren aber vor allem auch, dass die Antriebsscheibe 7 und der Motor 3 nicht in einer Einbautiefe sparenden Anordnung auf der Basisfläche 21 angeordnet sind, sondern die Antriebsscheibe 7 allein schon durch ihre senkrechte Anordnung der Rotationsebene zur Schachtwand und zum Motor 3 verhältnismäßig viel Platz benötigt, so daß auch die Basisfläche 21, die letztlich nur das Verbindungselement für die einzelnen Teile der Antriebsmaschineneinheit darstellt, einen verhältnismäßig großen Abstand zwischen Kabinenpfad und Schachtwand erfordert und daher ziemlich groß ist ("rather large").

Als Leser der Klagepatentschrift sieht der Fachmann, dass in ihr die Größe der Basisfläche der Antriebsmaschineneinheit im Hinblick auf ihre Erstreckung zwischen dem Kabinenpfad und der gegenüberliegenden Schachtwand beanstandet wird. Da die japanische Gebrauchsmusterschrift keine Dimensionierungsangaben und auch keine Leistungsangaben betreffend den einzusetzenden Motor beinhaltet, wird der Fachmann diese Beanstandung dahin verstehen, dass die Antriebsmaschineneinheit des Standes der Technik ihrer Bauart nach ("construction type") nicht als hinreichend schmal bzw. flach genug angesehen wird, und zwar selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Figuren bereits eine Ausbildung zeigen mögen, bei der die Basisfläche 21 in ihrer Einbautiefe, d. h. in ihrer Erstreckung von dem Kabinenpfad zur gegenüberliegenden Schachtwand geringer ist als in der Breite, d. h. in der Erstreckung parallel zur vorgenannten Schachtwand. Der Abstand zwischen dem Kabinenpfad und der Schachtwand soll, wie der Fachmann angesichts dieser Kritik sieht, jedoch kleiner gehalten werden.

Der Fachmann entnimmt der Klagepatentschrift als Aufgabe (technisches Problem), welches mit der Erfindung nach Patentanspruch 1 gelöst wird, einen Aufzug zur Verfügung zu stellen, bei dem kein getrennter Maschinenraum benötigt wird ("no separate machine room is needed" - Spalte 1, Zeilen 56, 57), der überdies unabhängig von der Hebehöhe ("irrespective of the hoisting height" - Spalte 1, Zeile 40) hinsichtlich der Ökonomie und Platzausnutzung vorteilhaft ist ("is advantageous in respect of economy and space utilization" - Spalte 1, Zeilen 38, 39) - jedenfalls vorteilhafter als der Aufzug nach zuvor gewürdigten japanischen Gebrauchsmusterschrift - und der zuverlässig (" reliable elevator" -Spalte 1, Zeile 37) insoweit ist, als der Seilverschleiß vermindert wird ("a circumstance which reduces rope wear" - Spalte 2, Zeilen 7, 8).

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt der Patentanspruch 1 des Klagepatents vor, bei einem Antriebsscheibenaufzug mit den oben genannten Merkmalen 1 bis 4.3 folgende weitere Maßnahmen vorzusehen:

Die Hubseile sind über Umlenkrollen (4,5) unter der Aufzugskabine (1) entlanggeführt.

a) Der Aufzugmotor weist einen scheibenförmigen Rotor (117,317 auf und/oder

die Maschineneinheit (6) ist von flacher Konstruktionsart und/oder

die Antriebsmaschineneinheit (6) ist getriebelos.

Dass die deutsche Übersetzung in der Klagepatentschrift und in der deutschen Übersetzung der Klagepatentschrift nach Anlage K 2 des maßgebenden englischen Textes des Anspruchs 1 des Klagepatents fehlerhaft ist, wenn es in dem interessierenden Anspruchsteil heißt, der Aufzugsmotor weise eine flache Maschineneinheit (6) auf, erkennt der angesprochene Fachmann auch ohne Hinzuziehung des englischen Textes, denn ihm ist schon aufgrund des richtig übersetzten Merkmals 4. 1 - und erst recht aufgrund der Beschreibung - klar, dass der Aufzugsmotor bzw. die Antriebsmaschine ein Teil der Antriebsmaschineneinheit ist und dass es auf die Flachheit der gesamten Einheit ankommt.

Dem angesprochenen Fachmann wird die erfindungsgemäße Lösung in der Klagepatentschrift u .a mit Hilfe der nachfolgend (verkleinert) wiedergegebenen Figuren beispielhafter Ausführungsformen beschrieben, wobei die Fig. 1 einen erfindungsgemäßen Antriebsscheibenaufzug in schematischer Form zeigt und Fig. 2 ein Diagramm darstellt, das die Anordnung eines Aufzugs der Erfindung gemäß der Erfindung in einem Aufzugsschacht in einer Ansicht von oben zeigt, Fig. 3 einen anderen erfindungsgemäßen Antriebsscheibenaufzug in schematischer Form zeigt, Fig. 4 a ein Diagramm darstellt, das die Anordnung eines Aufzugs gemäß der Erfindung in einem Aufzugsschacht in einer Seitenansicht zeigt.

Nach dem Inhalt der Klagepatentschrift sollen durch das erste kennzeichnende Merkmal, das Merkmal 5, die Seile die Antriebsscheibe und die Umlenkrollen aus einer Richtung treffen, die sich in einer Linie mit der Seilrillen der Unmlenkrollen befindet, was zu einer Verminderung des Seilverschleisses führe (vgl. Spalte 2, Zeilen 9 - 15).

Mittels des zweiten kennzeichnenden Merkmals, des Merkmals 6, wird im wesentlichen zu einer effizienten Verwendung des Querschnittgebiets des Aufzugsschachtes beigetragen (Spalte 1, Zeilen 58/59), wobei hier nur die zweite Alternative dieses Merkmals interessiert, die dahin geht, dass die Maschineneinheit von flacher Konstruktionsart sein soll ("the machine unit (6) is of a flat construction type"). Die Anweisung, die Antriebsmaschine so auszugestalten, wird der Durchschnittsfachmann dahin verstehen, insoweit eine Flachbauweise zu verwirklichen, bei der die zu dieser Einheit gehörenden Aggregate, also insbesondere die Antriebsscheibe und die Antriebsmaschine (Motor), aber auch die damit verbundenen Teile wie Getriebe und dergleichen so ausgebildet und so ausgerichtet sind, dass die Einheit insgesamt relativ zu dem, was der in der Klagepatentschrift gewürdigte Stand der Technik zeigt, eine geringe Einbautiefe aufweist. Wie eine solche Flachbauweise beispielhaft im Unterschied zu dem oben aufgezeigten Stand der Technik verwirklicht werden kann, zeigen insbesondere die wiedergegebenen Figuren 1 und 3 der Klagepatentschrift mit den Bezugsziffern 6 und 7 sowie der Bezugsziffer 8, mit der die zur Maschineneinheit zugehörige Ausrüstung gekennzeichnet ist.

Die Flachheit der erfindungsgemäßen Antriebsmaschineneinheiten geht bei sämtlichen Figuren der Klagepatentschrift so weit, dass ihre Dicke die des Gegengewichts (2) nicht übersteigt, was einer besonders vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung nach Unteranspruch 5 des Klagepatents entspricht. Auch wenn die Klagepatentschrift in Spalte 5, Zeilen 53 ff im Rahmen der Beschreibung der Figur 3 der Klagepatentschrift darauf verweist, dass die Maschineneinheit 6 von flacher Konstruktion verglichen mit der Größe ("width") des Gegengewichts 2 sei, wobei ihre Dicke vorzugsweise ("preferably") in etwa gleich der des Gegengewichts sei, einschließlich der Ausrüstung, die man für die Zuführung der Energie zum Motor benötige, setzt der Patentanspruch 1 jedoch die flache Bauweise des Merkmals 6 b nicht in Beziehung zu anderen Bestandteilen der Aufzugsanlage wie zum Beispiel dem Gegengewicht. Solche Bezüge werden erst durch die Unteransprüche 3, 4 und 5 hergestellt, die der Durchschnittsfachmann als Besonderheiten bevorzugter Ausführungsbeispiele wertet, zumal die Klagepatentschrift in Spalte 3, Zeilen 53 ff im Rahmen der Beschreibung der Figur 1 der Klagepatentschrift, bei der die Maschineneinheit 6 von ebenso flacher Konstruktion verglichen mit der Größe des Gegengewichts 2 wie in Figur 3 ist, die erfindungsgemäße Flachheit mit den Worten zum Ausdruck bringt, dass die Maschineneinheit verglichen mit ihrer Breite von flacher Konstruktion sei.

Abgesehen davon, dass der Patentanspruch 1 des Klagepatents die Flachheit der Bauweise der Antriebsmaschineneinheit nicht in Beziehung zu anderen Bestandteilen der Aufzugsanlage wie zum Beispiel dem Gegengewicht setzt, gibt er dem Fachmann auch keine Dimensionierungen hinsichtlich Breite (Länge), Höhe und Dicke (Tiefe) der Maschineneinheit vor, sondern überläßt die Wahl der geeigneten Dimensionierungen, sofern eine flache Bauweise der Antriebsmaschineneinheit verwirklicht ist, dem Fachmann. Dabei ist dem Durchschnittsfachmann durchaus bewußt, dass es Antriebsmaschinen mit durchaus sehr unterschiedlicher Leistung gibt, die entsprechend den Verhältnissen im Einzelfall zum Einsatz kommen, und dass auch die Dimensionierung der Maschineneinheit von der Leistungsstärke abhängen kann. Die einzusetzende Maschinenleistung hängt u. a. vom Gewicht der Aufzugskabine, dem Gewicht des Gegengewichts, dem Verhältnis dieser beiden Größen, der zu überwindenden Reibung, der Transportgeschwindigkeit und der Höhe des Aufzugsschachtes ab. Insoweit sieht das Klagepatent keine Einschränkungen oder Begrenzungen vor. Bei der im Patentanspruch 1 des Klagepatents gelehrten "Flachheit" der Antriebsmaschineneinheit, die letztlich immer nur eine relative Größe sein kann, kann die Einheit in ihrer Tiefe daher durchaus mehr Raum benötigen als für das Gegengewicht nebst Sicherheitsabständen und dergleichen unbedingt erforderlich wäre.

Der Senat teilt nicht die Auffassung des Landgerichts, dass der durch die Klagepatentschrift angesprochene Durchschnittsfachmann aufgrund der Aufgabenformulierung in Spalte 1, Zeilen 37 - 46 ein davon abweichendes Verständnis von der mit dem Merkmal 6 b verfolgten technischen Lehre gewinne. Die Aufgabenformulierung geht nämlich keineswegs dahin, dass Vorgaben zur Dimensionierung der Maschineneinheit in Relation zu Einrichtungsteilen der Aufzugsanlage gemacht werden. Wenn es dort heißt, die Platzanforderung im Gebäude sei im wesentlichen begrenzt auf den Platz, der für die Aufzugskabine und das Gegengewicht auf ihren Wegen, einschließlich der Sicherheitsdistanzen, und des Raumes für die Hubseile benötigt würden, so ist das nur eine Beschreibung der bei einer gattungsgemäßen Aufzugsanlage bestehenden Verhältnisse bezüglich räumlicher Anordnung der Aufzugsbestandteile, denen Rechnung getragen werden muß, wenn die bei der japanischen Gebrauchsmusterschrift (Anlage K 8) kritisierten Nachteile vermieden werden sollen. Dort wird der zu große Abstand aber nur in Beziehung zur relativen Größe der Basisfläche der Antriebseinheit gesehen und damit zur Bauweise dieser Einheit; eine Beziehung zur Größe und zum Raumbedarf des Gegengewichts wird nicht hergestellt.

Die dargelegte Sichtweise des Durchschnittsfachmanns von der technischen Lehre des Merkmals 6 b dahin, die Maschineneinheit in Flachbauweise zu verwirklichen, macht auch ohne eine Bezugnahme auf andere Teile der Aufzugsanlage wie zum Beispiel das Gegengewicht durchaus einen technischen Sinn. Mit ihrer Befolgung kann nämlich bei vorgegebener Leistungsstärke und entsprechender Größe der Maschineneinheit eine wesentlich effizientere Raumausnutzung erreicht werden, als sie bei einer Gestaltung und Ausrichtung entsprechend der japanischen Gebrauchsmusterschrift (Anlage K 8), die im Hinblick auf die Ausbildung der Maschineneinheit dem Fachmann keinerlei Vorgaben macht und in den Figuren eine Ausbildung zeigt, bei der die einzelnen Bestandteile der Maschineneinheit nicht in einer Flachbauweise ausgebildet und zueinander ausgerichtet sind, möglich ist. Das wird beispielsweise auch durch die von der Beklagten überreichte Anlage WKS 3 belegt, die eine durchaus flach ausgebildete Maschineneinheit in einer gerade durch die Flachheit ermöglichten vorteilhaften Ausrichtung im Aufzugsschacht zeigt. Man hätte bei Beibehaltung der dargestellten Größe der Maschineneinheit diese auch nicht flach, sondern dick bauen können und hätte dann einen größeren Abstand zwischen dem Kabinenpfad und der gegenüberliegenden Schachtwand benötigt.

Allein auf diesen Vorteil einer Flachbauweise ("flat construction type") stellt jedoch der Patentanspruch 1 des Klagepatents ab, was dem Durchschnittsfachmann gerade auch aufgrund der Unteransprüche 3 bis 5 klar wird, die über die durch den Hauptanspruch vorgegebene Flachheit hinaus (erstmals) eine relative Dimensionierungsvorgabe machen, relativ insoweit, als die Tiefen- oder Dickenerstreckung der flachen Maschineneinheit in eine Beziehung zu der jeweils vorgegebenen, aber auch nicht in absoluten Zahlen beschriebenen Dimensionierung des Gegengewichts gesetzt wird, wobei die besonderen Vorteile, die mit einer solchen vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung verbunden sind, in der bereits oben zitierten Spalte 5, Zeilen 53 ff näher dargestellt sind.

II. Von der sich so darstellenden technischen Lehre des Patentanspruches 1 des Klagepatents hat die Beklagte mit dem gewerbsmäßigen Gebrauchen eines Demonstrationsaufzuges auf der "Interlift 99" in Augsburg wortsinngemäß Gebrauch gemacht, wobei sie das Merkmal 6 in der Alternative 6 b bei diesem Aufzug verwirklicht hat.

Der auf der Messe ausgestellte Aufzug hat die Merkmale 1 - 4.2 und 5 wortsinngemäß verwirklicht. Dies ist in der Berufungsinstanz unstreitig geworden und ergibt sich überdies aus den überreichten Fotografien gemäß Anlagen K 12 und CCP 2, die unstreitig den auf der Messe von der Beklagten demonstrierten Aufzug zeigen. Soweit die Beklagte erstinstanzlich zunächst bestritten hatte, dass der ausgestellte Aufzug entsprechend Merkmal 1 mit einer Aufzugskabine ausgerüstet gewesen sei, hat sie an diesem Bestreiten jedenfalls in der Berufungsinstanz nicht festgehalten, nachdem die Klägerin zu Recht darauf verwiesen hatte, dass die Fotos bereits das Vorhandensein einer Aufzugskabine zeigten. Mit ihrer Berufungserwiderung hat die Beklagte lediglich die Verwirklichung der Merkmale 4.3 und 6 b bei dem ausgestellten Demonstrationsaufzug bestritten (vgl. Berufungserwiderung vom 9. Oktober 2002 Seiten 15, 16 - Bl. 159, 160 GA), so dass nachstehend auch nur darauf einzugehen ist.

Das Merkmal 4. 3 des Oberbegriffs des Patentanspruches 1 des Klagepatents besagt, dass eine Antriebsmaschineneinheit im Bereich zwischen dem Schachtraum, der von der Aufzugskabine auf ihrem Weg benötigt wird, und /oder der oberen Verlängerung dieses Schachtbereiches mit einer Wand des Aufzugschachtes angeordnet ist. Es wird damit vor allem zum Ausdruck gebracht, dass - wie im Stand der Technik nach der japanischen Gebrauchsmusterschrift (Anlage K 8) - die Antriebsmaschineneinheit nicht in einem gesonderten Maschinenraum angeordnet werden soll, sondern im Aufzugsschacht selbst zwischen dem Kabinenpfad bzw. einer Verlängerung dieses Schachtbereiches einerseits und einer Wand des Aufzugsschachtes andererseits. Mit diesem Merkmal des Oberbegriffes wird entgegen dem Vortrag der Beklagten nicht gelehrt, die Antriebsmaschineneinheit derart in dem Bereich zwischen Kabinenpfad und Schachtwand anzuordnen, dass sich die Antriebsmaschineneinheit vollständig in und nicht etwa neben dem für das Gegengewicht benötigten Querschnittsraum des Schachtes befindet. Dem gegenteiligen Vortrag der Beklagten steht nicht nur der eindeutige Wortsinn dieses Merkmals entgegen, sondern auch der oben unter Ziffer I. dieser Entscheidungsgründe dargelegte technische Gehalt des Patentanspruches 1 des Klagepatents, der keinerlei Bezugnahme der Antriebsmaschineneinheit und ihrer Anordnung zum Gegengewicht und dem dafür benötigten Querschnittsraum erfordert und zum Inhalt hat.

Dass bei der auf der "Interlift 99" von der Beklagten ausgestellten Aufzugsanlage die Antriebsmaschineneinheit in dem vorgenannten Bereich des Schachtes entsprechend dem Wortsinn des Merkmals 4.3 angeordnet gewesen ist, machen die als Anlagen K 12 und CCP 2 überreichten Fotos deutlich, insbesondere das Foto 7 der Anlage CCP 2, aus der die Anordnung der Antriebsmaschineneinheit auf der der Schachtwand zugewandten Seite der Kabinenführungsschiene erkennbar ist.

Schließlich war bei der auf der "Interlift 99" ausgestellten Aufzugsanlage auch das Merkmal 6 in der Variante (Alternative) 6 b verwirklicht, da der Aufzug mit einer im Sinne der oben unter Ziffer I. dieser Entscheidungsgründe beschriebenen Antriebsmaschineneinheit von flacher Konstruktionsart ( "flat construction type") ausgerüstet gewesen ist, nämlich mit der Antriebsmaschineneinheit "SCV-70" der Beklagten, deren Einzelheiten sich aus dem Prospekt gemäß Anlage K 13 ergeben. Diese Antriebsmaschineneinheit ist eindeutig in einer patentgemäßen Flachbauweise ausgebildet, wobei die einzelnen Teile, nämliche Antriebsmaschine, Antriebsscheibe und Getriebe so ausgebildet und zueinander angeordnet sind, dass sich insgesamt ein flaches Gebilde mit einer Tiefe bzw. Dicke von nur 274 mm bei einer Breite bzw. einem Durchmesser von 420 mm und einer Länge/Höhe von 835 mm ergibt. Anders als nach den Figuren der japanischen Gebrauchsmusterschrift sind die Bestandteile der Antriebsmaschinenheit nicht ohne jegliche besondere Orientierung zueinander angeordnet, sondern Motor einerseits und Antriebsscheibe sowie Getriebe andererseits sind gleichsam in einer Linie zueinander so ausgerichtet, dass insgesamt entsprechend der erfindungsgemäßen Lehre eine "flache" Einheit entsteht. Die Fotografien von der auf der Fachmesse "Interlift 99" ausgestellten Aufzugsanlage der Beklagten zeigen auch einen dieser Flachheit entsprechend ausgerichteten Einbau dieser Einheit in dem Raum gemäß Merkmalen 4.2 und 4.3.

III. Die Beklagte hat aber nicht nur mit dem Demonstrationsaufzug auf der Messe "Interlift 99" eine Vorrichtung entsprechend dem Wortsinn des Patentanspruches 1 des Klagepatents in der Bundesrepublik Deutschland benutzt und damit eine unmittelbare Patentverletzung begangen, sondern sie bietet mit der Antriebseinheit "SCV-70" in der Bundesrepublik an und liefert Mittel, die sich auf ein wesentliches Element dieser Erfindung beziehen, wobei dieses Anbieten und Liefern auch gegenüber Personen erfolgt ist und erfolgt, die zur Benutzung der klagepatentgeschützten Erfindung nicht berechtigt sind. Mit diesen Handlungsweisen begeht die Beklagte eine mittelbare Patentverletzung im Sinne von § 10 PatG.

1. Mittel im Sinne des § 10 PatG sind körperliche Gegenstände, mit denen eine Benutzungshandlung im Sinne des § 9 PatG verwirklicht werden kann (BGH GRUR 2001, 228, 231 - Luftheizgerät). Die angegriffene Antriebsmaschine ist aufgrund ihrer Flachbauweise dazu geeignet, in einen Antriebsscheibenaufzug eingebaut zu werden, der die in Anspruch 1 des Klagepatentes angegebenen Merkmale aufweist. Sie ist - wie oben dargelegt - von flacher Konstruktionsart ("of a flat construction type") im Sinne des Merkmals 6 b.

2. Auch die subjektiven Voraussetzungen der mittelbaren Patentverletzung liegen hinsichtlich des Anbietens und Lieferns von Antriebsmaschineneinheiten "SCV-70" gemäß dem Prospekt nach Anlage K 13 vor.

Die mittelbare Verletzung eines Patentes setzt neben der Eignung des Mittels als subjektives Tatbestandsmerkmal voraus, dass der Abnehmer dieses Mittel dazu bestimmt, zur Benutzung der Erfindung verwendet zu werden, und dass der mittelbare Verletzer diese Eignung und Bestimmung positiv kennt oder sie nach den Umständen offensichtlich ist. Besteht die mittelbare Verletzungshandlung in der Lieferung einer Vorrichtung, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht, muß der Abnehmer diese ihm gelieferte Vorrichtung so herrichten wollen, dass sie patentverletzend verwendet werden kann, ohne dass es darauf ankommt, ob er diesen Willen später verwirklicht und den ihm gelieferten Gegenstand tatsächlich patentverletzend nutzt. § 10 PatG 1981 setzt im Gegensatz zur früheren Rechtslage keine unmittelbare Verletzungshandlung durch den Abnehmer voraus. Über die Bestimmung zur patentverletzenden Benutzung entscheidet der Angebotsempfänger oder Abnehmer, er besitzt die alleinige Verfügungsmacht über den gelieferten Gegenstand. Diese Bestimmung durch den Abnehmer muß der Lieferant kennen und wollen; er muß vorsätzlich handeln. Diese vom Lieferanten gewollte Zweckbestimmung der Verwendung des gelieferten Gegenstandes und die Bestimmung des Abnehmers zu dessen patentverletzender Benutzung bedeuten eine erhebliche Gefährdung der Rechte des Patentinhabers, weil ein Zusammenwirken zwischen Lieferant und Abnehmer stattfindet, ohne dass dieses mit herkömmlichen Kategorien von (Mit-)Täterschaft und Teilnahme erfasst werden kann. Das rechtfertigt letztlich das Verbot der mittelbaren Benutzung. Zum Nachweis des Handlungswillens des Abnehmers und der Kenntnis und des Wollens des Lieferanten können Erfahrungen des täglichen Lebens verwertet werden. Ist ein Gegenstand infolge seiner technischen Eigenart und Zweckbestimmung auf eine zu einem Patenteingriff führende Benutzung zugeschnitten und wird er zu einem entsprechenden Gebrauch angeboten, so kann das für die Annahme sprechen, er sei auch beim Abnehmer zu einer patentverletzenden Benutzung bestimmt (BGH, GRUR 2001, 228, 231 - Luftheizgerät).

So liegen die Dinge auch hier. Durch das von der Beklagten auf der von Herstellern und Interessenten (Abnehmern) besuchten Messe "Interlift 99" ausgestellte Demonstrationsobjekt mit der hier in Rede stehenden Antriebsmaschineneinheit, welches - wie oben dargelegt - sämtliche Merkmale des Patentanspruches 1 des Klagepatents wortsinngemäß verwirklichte, ist in Verbindung mit der Verbreitung des Prospektes gemäß Anlage K 13 den Abnehmern ( auch Aufzugsherstellern) , ein Einbau der Antriebsmaschineneinheit "SCV-70" in einen erfindungsgemäßen Antriebsscheibenaufzug entsprechend der Merkmalsgruppe 4 des Patentanspruches 1 des Klagepatents nahegelegt, so dass auch die subjektiven Voraussetzungen des § 10 PatG ohne weiteres zu bejahen sind. Angesichts dieser Demonstration auf einer Fachmesse kann davon ausgegangen werden, dass die Antriebsmaschineneinheit beim Abnehmer zu einer patentverletzenden Benutzung bestimmt ist.

IV. Zur Rechtfertigung ihres Verhaltens kann die Beklagte - ein spanisches Unternehmen - sich auch nicht mit Erfolg auf Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜG berufen. Nach dieser Vorschrift darf dann, wenn die Übersetzung der europäischen Patentschrift fehlerhaft ist, derjenige, der im Inland in gutem Glauben die Erfindung in Benutzung genommen oder wirkliche und ernsthafte Veranstaltungen zur Benutzung der Erfindung getroffen hat, nach Veröffentlichung der berichtigten Übersetzung die Benutzung für die Bedürfnisse seines eigenen Betriebs in eigenen oder fremden Werkstätten unentgeltlich fortsetzen, wenn die Benutzung keine Verletzung des Patents in der fehlerhaften Übersetzung der Patentschrift darstellen würde.

Es ist oben im Rahmen der Ziffer I. dieser Entscheidungsgründe darauf hingewiesen worden, dass die deutsche Übersetzung (Anlage K 2) der Klagepatentschrift, einer europäischen Patentschrift, die in der englischen Verfahrenssprache abgefasst ist, zwar im Hinblick auf die hier interessierende Variante (Alternative) der Merkmalsgruppe 6 das Merkmal 6 b fehlerhaft dahin übersetzt sei, dass der Aufzugsmotor eine flache Maschineneinheit (6) aufweist, doch zugleich ist dort auch bereits festgestellt worden, dass dem angesprochenen Fachmann auch ohne Hinzuziehung des englischen Textes klar sei, dass der Aufzugsmotor bzw. die Antriebsmaschine ein Teil der Antriebsmaschineneinheit darstellen muß und dass es auf die Flachheit der gesamten Einheit ankomme. Auf die oben unter Ziffer I. dieser Entscheidungsgründe insoweit gegebene Begründung wird verwiesen.

V. Aus den zuvor getroffenen Feststellungen einer unmittelbaren und mittelbaren Benutzung des Klagepatents durch die Beklagte und angesichts der aus den begangenen Verletzungshandlungen folgenden Wiederholungsgefahr ergibt sich, dass die Beklagte gemäß Art. 64 Abs. 1 und 3 EPÜ in Verbindung mit § 139 Abs. 1, 9, 10 PatG verpflichtet ist, die Verletzungshandlungen zukünftig zu unterlassen. Dabei gehen die Unterlassungsverpflichtungen der Beklagten jedoch nicht soweit, wie dies von der Klägerin begehrt wird.

Hinsichtlich der unmittelbaren Patentverletzung ist das Begehren aufgrund der begangenen Patentverletzung nur insoweit gerechtfertigt, als es darauf gerichtet ist, der Beklagten zu untersagen, in der Bundesrepublik Deutschland die angegriffenen Antriebsscheibenaufzüge anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen. Insoweit besteht angesichts des auf der Fachmesse "Interlift 99" begangenen Verstosses Wiederholungs- und Begehungsgefahr. Soweit der Beklagten jedoch auch untersagt werden soll, derartige Antriebsscheibenaufzüge in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, ist nichts dafür ersichtlich, dass dies in der Vergangenheit erfolgt ist oder nunmehr die Gefahr besteht, dass die in Spanien ansässige Beklagte (auch) in der Bundesrepublik Deutschland die in Rede stehenden Antriebsscheibenaufzüge herstellen wird. Insoweit fehlt es daher sowohl an einer Wiederholungs- als auch an einer Erstbegehungsgefahr, die jedoch Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch sind.

Aber auch soweit die Klägerin die Beklagten wegen der begangenen mittelbaren Patentverletzung in Anspruch nimmt, geht ihr Unterlassungsbegehren zu weit und ist nicht in vollem Umfang gerechtfertigt. Vielmehr ist die Beklagte nicht verpflichtet, weitere über den im Urteilsausspruch zu Ziffer I. 1. b) genannten Warnhinweis hinausgehende Maßnahmen zu ergreifen, um ihre Abnehmer von der Zweckbestimmung abzuhalten, die angegriffene Antriebsmaschineneinheit in einen klagepatentgeschützten Aufzug einzubauen. Da die angegriffene Einheit auch außerhalb der Lehre des Klagepatents verwendet werden kann, kann der Beklagten das Anbieten und Liefern nicht unbeschränkt untersagt werden, sondern nur, sofern sie nicht durch geeignete Vorsorgemaßnahmen sicherstellt, dass ihre Abnehmer den ihnen gelieferten Gegenstand nicht zum patentgemäßen Einbau in einer patentverletzenden Aufzugsanlage benutzen.

Für den Fall des Anbietens verlangt die Klägerin zu Recht, dass die Beklagte ihre Angebotsempfänger unübersehbar (= deutlich erkennbar) schriftlich darauf hinweist, dass die Antriebsmaschineneinheit ohne Zustimmung der Klägerin als eingetragener Inhaberin des europäischen Patentes 0 631 967 nicht in näher beschriebene und dem Patentanspruch 1 des vorgenannten Patentes entsprechende Antriebsscheibenaufzüge eingebaut werden darf. Ein solcher Warnhinweis ist notwendig, um den Angebotsempfängern die Schutzrechtslage vor Augen zu führen und ihnen deutlich zu machen, dass der Einbau entsprechend dem Patentanspruch 1 des Klagepatents in einen Antriebsscheibenaufzug mit den Merkmalen dieses Patentanspruches die Rechte der Klägerin aus dem Klagepatent verletzt. Er ist hier insbesondere auch deshalb veranlasst, weil die Beklagte selbst auf der Fachmesse "Interlift 99" einen solchen Einbau demonstriert hatte.

Für den Fall des Lieferns kann von der Beklagten jedoch nicht mehr an Vorsorgemaßnahmen verlangt werden. Die von der Klägerin der Beklagten für diesen Fall angesonnene Vorsorgemaßnahme, die Abnehmer zu verpflichten, ihnen gegenüber eine Unterlassungsverpflichtung abzugeben und für den Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe zu versprechen, geht dagegen zu weit.

Als geeignete Vorsorgemaßnahmen zur Wahrung der Ausschließlichkeitsrechte des Patentinhabers hat die Rechtsprechung zur mittelbaren Patentverletzung nach dem bis zum 31. Dezember 1980 geltenden Recht je nach Sachlage einen Warnhinweis, die Auferlegung einer vertraglichen Unterlassungspflicht und gegebenenfalls auch die Ausbedingung einer Vertragsstrafe angesehen. Welche dieser Vorkehrungen getroffen werden müssen, richtete sich nach dem Grad der Gefahr patentverletzender Benutzungen (BGH GRUR 1961, 627, 628 - Metallspritzverfahren; 1964, 496, 497 - Formsand II). Die Verpflichtung zur Auferlegung einer Vertragsstrafe behindert den Lieferanten erheblich in seiner geschäftlichen Tätigkeit. Steht er mit dem Inhaber des Klagepatents in Wettbewerb, ist es nach der Lebenserfahrung wahrscheinlich, dass ein Abnehmer bei sonst gleichen Konditionen das nicht mit einem Unterlassungsgebot beschwerte Lieferangebot des Patentinhabers vorziehen wird, auch wenn er nicht an eine patentgemäße Benutzung denkt, um aus seiner Sicht überflüssige Komplikationen zu vermeiden, oder sich nach anderen und ungefährlicheren Bezugsquellen umsehen wird (vgl. BGH a.a.O. - Formsand II; Teschemacher, Die mittelbare Patentverletzung, 1974, S. 119). Da die Auferlegung einer Vertragsstrafe aus diesen Gründen wirtschaftlich einem uneingeschränkten Verbot gleichkommt, kann vom Lieferanten nur unter ganz besonderen Umständen verlangt werden, seinen Abnehmern ein derartiges Versprechen abzuverlangen. Nach der bis zum 31. Dezember 1980 bestehenden Rechtslage kam das Auferlegen einer Vertragsstrafe nur in Betracht, wenn davon ausgegangen werden konnte, dass die Abnehmer auch bei entsprechender Aufklärung und Verpflichtung das Patent verletzt hätten und hiervon nur durch die Vereinbarung einer Vertragsstrafe hätten abgehalten werden können (vgl. BGH a.a.O. - Metallspritzverfahren).

Diese Regelung hat auch im Rahmen einer mittelbaren Patentverletzung nach § 10 PatG 1981 zu gelten. Sie ist zwar im Gesetz nicht erwähnt, rechtfertigt sich aber aus der Zielsetzung des § 10 PatG, die nicht darauf gerichtet ist, den Verkehr mit Gütern zu untersagen, an denen der mittelbar verletzte Patentinhaber kein Ausschließlichkeitsrecht besitzt, sondern nur diejenige Gefährdung seiner Rechte ausschalten soll, die davon ausgeht, dass Lieferant und Abnehmer zusammenwirken, indem der Abnehmer die vom Lieferanten gewollte Zweckbestimmung trifft, den ihm gelieferten Gegenstand in der erfindungsgemäß vorgesehenen Weise zu verwenden. Wer einen Gegenstand ausliefert, der objektiv geeignet ist, im Rahmen einer Erfindung verwendet zu werden, liefert ihn dennoch nicht zur Benutzung der Erfindung und unterliegt demgemäß auch keinen Unterlassungsansprüchen aus § 10 PatG, wenn er durch geeignete und zumutbare Maßnahmen Vorsorge dagegen trifft, dass der Abnehmer das ihm gelieferte Mittel patentgemäß verwenden wird. Auch hier dürfen die zu verlangenden Vorkehrungen nicht so weit gehen, dass sie die Wettbewerbsfähigkeit des Lieferanten zu stark beeinträchtigen. Dabei ist neben dem Grad der Gefahr einer patentverletzenden Verwendung beim Abnehmer das Interesse des Lieferanten zu berücksichtigen, jedenfalls mit denjenigen Kunden, denen die Gefahr einer entsprechenden Zweckbestimmung nicht bekannt oder offensichtlich ist, sein Geschäft auch mit dem zur Benutzung der Erfindung geeigneten Mittel noch machen zu können. Es kommt regelmäßig nicht in Betracht, von ihm zu verlangen, das Mittel nur demjenigen anzubieten oder zu liefern, der bereit ist, die Beachtung durch ein Vertragsstrafeversprechen zu sichern (vgl. Scharen, GRUR 2001, 995, 998). Gerade solche Abnehmer, die nicht beabsichtigen, das angebotene oder gelieferte Mittel entsprechend seiner patentverletzenden Eignung einzusetzen, werden regelmäßig keine Veranlassung sehen, dies durch rechtsgeschäftliche Erklärung zu bekräftigen (vgl. Senat, GRUR-RR 2002, 369, 377/378 - Haubenstretchautomat).

Dagegen ist es dem Lieferanten ohne weiteres zuzumuten, den Abnehmer auf die Schutzrechtslage hinzuweisen, wobei Inhalt und Intensität eines solchen Warnhinweises sich nach dem Grad der Gefahr patentverletzender Benutzung richten (Scharen, a.a.O.). Dafür, dass im Streitfall solche Warnhinweise nicht ausgereicht hätten und die Abnehmer sich nur durch das Auferlegen eines vertragsstrafegesicherten Unterlassungsversprechens davon hätten abhalten lassen, die ihnen gelieferte angegriffene Antriebseinheit zur Herstellung einer klagepatentgeschützten Aufzugsanlage zu verwenden, sind keine Umstände ersichtlich. Die aus dem Vertragsstrafeverlangen resultierende praktische Unverkäuflichkeit des angegriffenen Erzeugnisses kann der Beklagten aber nur zugemutet werden, wenn man davon ausgehen müsste, praktisch jeder Hersteller von Aufzugsanlagen werde die angegriffene Antriebseinheit klagepatentgemäß einbauen und nur nach dem Auferlegen eines vertragestrafegesicherten Unterlassungsversprechens davon Abstand nehmen. Diese Anforderungen sind im Streitfall nicht erfüllt.

Die angegriffenen Antriebseinheiten lassen sich ohne weiteres auch außerhalb der Lehre des Klagepatents technisch und wirtschaftlich sinnvoll verwenden. Die angegriffene Antriebsmaschineneinheit kann, worauf die Beklagte zutreffend hinweist, insbesondere auch außerhalb des Aufzugsschachtes abweichend von der Merkmalsgruppe 4 in einem separaten Maschinenraum angeordnet werden.

Die Gefahr, dass die Abnehmer die ihnen gelieferte Antriebseinheit patentverletzend nutzen, wenn ihnen durch einen entsprechenden Warnhinweis deutlich gemacht wird, dass der auf der Messe "Interlift 99" dargestellte Einbau der angegriffenen Einheit keinesfalls ohne Zustimmung der Klägerin als Patentinhaberin verwirklicht werden darf, ist nur ganz gering. Ist den Abnehmern die Schutzrechtslage - beispielsweise aufgrund eines solchen Warnhinweises - bekannt, kann man in der Regel davon ausgehen, dass sie auch die Folgen einer Rechtsverletzung kennen und schon im eigenen Interesse solche Verstöße zu vermeiden suchen (BGH GRUR 1964, 496, 497 - Formsand II). Dafür, dass die einschlägig tätigen Aufzughersteller sich in Kenntnis des Warnhinweises über die Schutzrechtslage hinwegsetzen werden, sind keine Anhaltspunkte dargetan.

Nach alledem ist das Unterlassungsbegehren der Klägerin wegen der mittelbaren Patentverletzung nur in dem aus dem Urteilsausspruch ersichtlichen Umfang gerechtfertigt, im übrigen jedoch unbegründet.

Neben den Unterlassungsansprüchen im aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang stehen der Klägerin auch gemäß Art. 64 Abs. 1 und 3 EPÜ in Verbindung mit § 139 Abs. 2 PatG die im Rahmen des nach § 256 ZPO zulässigen Feststellungsbegehrens dem Grunde nach zuerkannten Schadensersatzansprüche wegen unmittelbarer und mittelbarer Patentverletzung zu. Bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte die Beklagte erkennen können, dass sie mit den beanstandeten Handlungen in die Rechte der Klägerin an dem Klagepatent rechtswidrig eingriff.

Zur Feststellung der Schadensersatzpflicht dem Grunde nach genügt es, dass der Eintritt der Vermögenseinbuße beim Verletzten hinreichend wahrscheinlich ist. Dies ist hier aber nicht nur im Hinblick auf die Handlungen wahrscheinlich, durch die die Beklagte unmittelbare Patentverletzungen begangen hat, sondern auch hinsichtlich der Handlungen, durch die die Beklagte mittelbare Patentverletzungen begangen hat, auch wenn nicht festgestellt werden kann, dass Abnehmer der Beklagten die angegriffene Antriebsmaschineneinheit tatsächlich entsprechend der Merkmalsgruppe 4 in einen Antriebsscheibenaufzug eingebaut haben, der sämtliche Merkmale des Patentanspruches 1 verwirklicht.

Nach § 139 Abs. 2 PatG hat der mittelbare Verletzer dem Patentinhaber den Schaden zu ersetzen, der dadurch entstanden ist, dass der mittelbare Verletzer entgegen § 10 PatG Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, an zur Benutzung der Erfindung nicht berechtigte Personen geliefert hat. Dabei ist nach überwiegender Auffassung der nach § 139 PatG zu ersetzende Schaden auch bei mittelbarer Patentverletzung derjenige, der durch die unmittelbare Patentverletzung des Abnehmers entsteht. Ist es zu einer bestimmungsgemäßen Verwendung im Rahmen der Erfindung nicht gekommen oder hat sie im patentfreien Ausland stattgefunden, wird in der Literatur ein Schadenersatzanspruch mit der Begründung verneint, die in § 10 PatG bezeichneten Handlungen seien keine Verletzung des Ausschließlichkeitsrechts des Patentinhabers (Benkard/Bruchhausen, Patentgesetz Gebrauchsmustersgesetz, 9. Aufl., § 10 PatG Rdn. 24; Benkard/Rogge a.a.O., § 139 PatG, Rdn. 40; Busse/Keukenschrijver, Patentgesetz, 5. Aufl., § 139 Rdn. 89; Bernhardt/Kraßer, Lehrbuch des Patentrechts, 4. Aufl. , S. 596, 597 und 624; Meier-Beck, GRUR 1993, 1, 3; König, Mitteilungen 2000, 10). Daran ist zutreffend, dass § 10 PatG einen Gefährdungstatbestand enthält (BGH GRUR 201, 228, 230 - Luftheizgerät) und Gefährdungen in aller Regel noch keine Vermögenseinbuße bedeuten, sondern lediglich die Vorstufe eines Schadens darstellen. Bei § 10 PatG liegen die Dinge jedoch anders. Da der Patentinhaber die dort beschriebenen Handlungen jedem Dritten untersagen lassen kann, sind sie, auch wenn sie nicht zu den in § 9 PatG genannten Ausschließlichkeitswirkungen gehören, letztlich ihm allein vorbehalten. Zutreffend wird in der neueren Literatur darauf hingewiesen, dass es ihm dann auch vorbehalten sei, Dritten die Vornahme derartiger Handlungen zu gestatten und sich diese Gestattung vergüten zu lassen (Holzapfel, GRUR 2002, 193,196 f.). Die Rechtsanmaßung des mittelbaren Verletzers hat dann aber dazu geführt, dass es dem Patentinhaber nicht mehr möglich ist, für die Handlungen des mittelbaren Patentverletzers gegen entsprechende Vergütung seine Zustimmung zu erteilen oder die entsprechenden Lieferungen selbst vorzunehmen. Die darin liegende Vermögenseinbuße unterscheidet sich im Ergebnis nicht von derjenigen, die eine unmittelbare Patentverletzung auslöst. Ist dem aber so, dann muss diese Einbuße auch als Schaden ersatzfähig sein. Wie dieser Schaden zu berechnen ist, bedarf im vorliegenden Grundverfahren keiner Entscheidung. Für die zur Feststellung der Schadenersatzpflicht erforderliche Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintrittes genügt es, dass es ausreichende Ansatzpunkte für den Eintritt einer Vermögenseinbuße des Schutzrechtsinhabers gibt; sie bestehen hier darin, dass der mittelbare Verletzer ihm durch die Missachtung des § 10 PatG die Möglichkeit genommen hat, die Lieferungen selbst vorzunehmen oder gegen Entgelt zu gestatten. Hierfür hat der mittelbare Verletzer - etwa in Form einer hypothetischen Lizenzgebühr - Ersatz zu leisten.

Die Verpflichtung der Beklagten zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung entsprechend den Urteilsaussprüchen zu Ziffer I. 2 und 3 ergibt sich aus §§ 242, 259 BGB, 140 b PatG . Die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, um die ihr zustehenden Schadenersatzansprüche beziffern und durchsetzen und um weitere Verletzungshandlungen unterbinden zu können. Die Beklagte kann diese Auskünfte auch unschwer erteilen, und sie wird mit der Verpflichtung zur Auskunfterteilung und Rechnungslegung auch nicht unzumutbar belastet.

VI. Der Aussetzung der Verhandlung mit Rücksicht auf das das Klagepatent betreffende Einspruchsverfahren besteht schon deshalb keine Veranlassung, weil die Beklagte Einzelheiten zum Stand dieses Verfahrens nicht mitgeteilit hat. Dem Senat ist daher die Beurteilung der Frage nicht möglich, ob der dort diskutierte Stand der Technik Veranlassung dazu gibt, den Rechtsbestand des Klagepatents ernsthaft in Zweifel zu ziehen.

VII. Entsprechend den beiderseitigen Unterliegensanteilen sind die Kosten des Rechtsstreits gemäß §§ 92, 97 Abs. 2 ZPO verteilt worden.

Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708. Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 ZPO.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Rechtssache hat wegen der sich im Zusammenhang mit einer mittelbaren Patentverletzung stellenden Fragen, ob zu § 10 PatG 1981 beim Anbieten und beim Liefern auch patentfrei verwendbarer Mittel eine nur eingeschränkte Verurteilung auszusprechen ist, ob und unter welchen Voraussetzungen dem Lieferungsempfänger eines solchen Mittels das vertragsstrafegesicherte Unterlassungsversprechen abverlangt werden kann, dieses Mittel nicht patentverletzend zu verwenden, ob und unter welchen Voraussetzungen Schadensersatzansprüche bestehen, obwohl der Abnehmer das ihm gelieferte Mittel nicht patentverletzend eingesetzt hat, grundsätzliche Bedeutung im Sinne der zuvor genannten Vorschrift.






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 10.04.2003
Az: I-2 U 6/02


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/0ee03ca437bb/OLG-Duesseldorf_Urteil_vom_10-April-2003_Az_I-2-U-6-02




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