Oberlandesgericht Celle:
Beschluss vom 16. Juni 2016
Aktenzeichen: 1 ARs 34/16 P
(OLG Celle: Beschluss v. 16.06.2016, Az.: 1 ARs 34/16 P)
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung einer Pauschvergütung wird abgelehnt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wurde dem Angeklagten am 3. August 2012 als notwendige Verteidigerin beigeordnet. Die Hauptverhandlung vor dem Landgericht Hannover begann am 10. September 2012 und endete mit dem am 19. Juni 2014 verkündeten Urteil. Mit Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 31. März 2015 wurde dieses Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Auf den hiernach gestellten Antrag auf Bewilligung einer Pauschvergütung vom 16. Juli 2016 erklärte die Vertreterin der Landeskasse im Rahmen ihrer Stellungnahme, dass vor rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens mangels Fälligkeit eine Pauschvergütung jedenfalls derzeit nicht bewilligt werden könne. Die Antragstellerin hat hierauf erklärt, sie bestehe, sollte hieran festgehalten werden, auf einer rechtsmittelfähigen Entscheidung.
II.
Der Senat entscheidet nach Maßgabe von §§ 51 Abs. 2 Satz 4, 42 Abs. 3 Satz 1 RVG durch den Einzelrichter. Aus den nachfolgenden Gründen zu III. ergibt sich, dass eine Übertragung der Sache auf den Senat in der Besetzung mit drei Richtern zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht geboten ist.
III.
Der Antrag auf Bewilligung einer Pauschvergütung ist - jedenfalls derzeit - abzulehnen, weil ein etwaiger Anspruch der Antragstellerin mangels rechtskräftigen Verfahrensabschlusses nicht fällig ist. Zwar sieht die Regelung des § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG ausdrücklich die Möglichkeit vor, eine Pauschgebühr nicht nur für das ganze Verfahren, sondern auch für einzelne Verfahrensabschnitte zu bewilligen. Hiervon zu trennen ist indessen die Frage, wann der Anspruch auf Bewilligung einer Pauschgebühr überhaupt fällig wird. Während dies - bereits auch unter Geltung der früheren Regelung in § 99 BRAGO - in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte vormals unterschiedlich beurteilt wurde, besteht nunmehr im Grunde Einigkeit, dass der Anspruch auf Bewilligung einer Pauschvergütung jedenfalls bei Fortbestand der Beiordnung erst nach endgültigem, mithin rechtskräftigem Abschluss des gesamten Verfahrens entsteht (OLG Braunschweig vom 25.4. 2016 [1 ARs 9/16]; KG Berlin, NStZ-RR 2015, 296; OLG Düsseldorf, NStZ-RR 2006, 224; OLG Köln, RVGreport 2006, 148; OLG Hamm, StraFo 1996, 189; ThürOLG, StraFo 1997, 253; OLG Bamberg, JurBüro 1990, 1282; Gerold/Schmidt-Burhoff, RVG, 22 Aufl., § 51 Rn. 53 und Burhoff, RVG, 2. Aufl., § 51 RVG Rn. 61). Soweit zuletzt noch das Kammergericht (JurBüro 2011, 254) sowie das Oberlandesgericht Braunschweig (JurBüro 2001, 308) eine hiervon abweichende Auffassung vertreten hatten, wurde hieran mit den zuvor benannten Entscheidungen ausdrücklich nicht mehr festgehalten.
Begründet wird dies einheitlich zum einen mit der Erwägung, dass regelmäßig erst nach Abschluss des gesamten Verfahrens, und nicht schon mit Erlass des erstinstanzlichen Urteils oder mit der Beendigung eines Rechtszuges die für das Bewilligen einer Pauschvergütung notwendige Würdigung des gesamten Verfahrensstoffes zuverlässig vorgenommen werden kann, woran auch der Umstand, dass die Regelung des § 51 RVG nunmehr ausdrücklich eine auf einzelne Verfahrensabschnitte beschränkte Festsetzung ermöglicht, nichts ändert (OLG Düsseldorf und Burhoff a.a.O.); zum anderen wird hierzu ausgeführt, dass schon aus Gründen der Rechtssicherheit der Zeitpunkt des Beginns der Verjährung einer Pauschvergütung von vornherein feststehen muss und nicht von dem ungewissen Ergebnis einer (erst nachträglichen) Prüfung abhängig sein kann, ob schon mit Beendigung etwa des ersten Rechtszuges eine Pauschvergütung verdient war oder erst später infolge weiterer anwaltlicher Tätigkeit entstanden ist (OLG Braunschweig und KG a.a.O.). Dem ist nichts entgegen zu setzen. Durch einen vorzeitig gestellten Antrag wird nach Maßgabe von § 8 Abs. 2 RVG die Verjährung gehemmt (Burhoff a.a.O.); die Hemmung endet mit der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des Verfahrens.
Dieser Auffassung steht schließlich auch der Beschluss des hiesigen Senats vom 22. Februar 2013 (RVGreport 2014, 148) nicht entgegen, weil diesem die - ausdrücklich als solche benannte - Besonderheit zu Grunde lag, dass nach Rücknahme der Anklageschrift das Ermittlungsverfahren bereits abgeschlossen war.
Soweit die Antragstellerin im Rahmen ihrer Gegenerklärung ausführt, dass ein weiteres Zuwarten in Bezug auf die Festsetzung der Pauschgebühren nicht zumutbar und ein Vertrösten auf unbestimmte Zeit auf keinen Fall hinnehmbar sei, bleibt es ihr unbenommen, nach § 51 Abs. 1 Satz 5 RVG einen Antrag auf Bewilligung eines Vorschusses auf eine zu erwartende Pauschgebühr zu stellen. Der Senat weist hierzu aber vorsorglich darauf hin, dass ein solcher Antrag eingehend zu begründen ist (OLG Celle a.a.O.; vgl. Burhoff, § 51 RVG Rn. 70), wobei es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts regelmäßig erforderlich ist, dass dargelegt wird, warum ein Abwarten trotz des Anspruchs auf einen Vorschuss auf die gesetzlichen Gebühren nach § 47 Abs. 1 RVG nicht zumutbar ist (so BVerfG NJW 2005, 3699), wozu eine detaillierte Einnahmen- und Ausgabenaufstellung des Kanzleibetriebs vorzulegen ist, weil nur dadurch der Senat zu der Prüfung befähigt wird, ob angesichts der wirtschaftlichen Situation ein weiteres Zuwarten nicht zugemutet werden kann.
Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht eröffnet.
OLG Celle:
Beschluss v. 16.06.2016
Az: 1 ARs 34/16 P
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