Amtsgericht Köpenick:
Urteil vom 5. April 2006
Aktenzeichen: 15 C 216/05
(AG Köpenick: Urteil v. 05.04.2006, Az.: 15 C 216/05)
Tatbestand
(aus Wohnungswirtschaft und Mietrecht WuM)
Die Klägerin war ab dem 1. August 1996 Mieterin, die Beklagte Vermieterin der Wohnung. Im Rubrum des Vertrages ist die Beklagte als Vermieterin vertreten durch die XX-Grundfonds Verwaltungs GmbH aufgeführt, die Unterschriftsleiste für den Vermieter trägt die Bezeichnung €XX-Grundfonds Verwaltungs Gmbh als alleinige Geschäftsführerin der XX-Grundfonds 19 GbR€.
Die Klägerin kündigte das Mietverhältnis mit Schreiben vom 21. August 2004. Sie ist der Auffassung, dass die Kündigung vom 21. August 2004 das Mietverhältnis zum 31. Dezember 2004 beendet habe. Im Mietvertrag sei die Schriftform durch die Nichtoffenlegung der Vertretungsverhältnisse bei der Beklagten nicht beachtet worden. Dies führe dazu, dass nicht die im Mietvertrag vereinbarten Kündigungsfristen, sondern die gesetzlichen Fristen gelten würden.
Die Beklagte vertritt die Ansicht, das Mietverhältnis habe bis zum 31. Mai 2005 angedauert, da die im Mietvertrag vereinbarten Fristen gelten würden. Nach ihrer Auffassung seien im Mietvertrag die Vertretungsverhältnisse ausreichend dargelegt worden, so dass die Schriftform gewahrt worden sei. Eine einvernehmliche Beendigung des Mietverhältnisses lasse sich nicht aus dem Umstand der Wohnungsabnahme herleiten, da im Protokoll ausdrücklich vermerkt wurde, dass die Wohnungsschlüssel auf eigenen Wunsch vor Ende der Mietzeit übergeben werden.
Gründe
Ein Bereicherungsanspruch der Klägerin auf die Rückzahlung der Mieten von Januar bis März 2005 besteht nicht. Denn die Beträge wurden nicht ohne Rechtsgrund eingezogen, da das Mietverhältnis zwischen den Parteien weiterhin bestand.
Das Mietverhältnis wurde durch die klägerische Kündigung vom 21. August 2004 nicht zum 31. Dezember 2004, sondern erst zum 31. Mai 2005 beendet. Die im Mietvertrag vereinbarte 9-monatige Kündigungsfrist ist wirksam.
a) Entgegen der klägerischen Auffassung ist hier die Schriftform des Mietvertrages gewahrt worden. Denn die Partei des Vermieters und die Frage, wer sie rechtsgeschäftlich vertritt, ergibt sich eindeutig aus dem Rubrum des Vertrages. Dementsprechend ist der Vertrag durch Mitarbeiter der alleinvertretungsberechtigten GmbH unterschrieben.
8Die Frage, welche Anforderungen an die Offenlegung von Vertretungsverhältnissen gestellt werden müssen, wenn, wie in diesem Fall, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Vermieter auftritt, wurde mehrfach vom Bundesgerichtshof (BGH) behandelt.
In drei Fällen hat der BGH entschieden, dass aufgrund der unklaren Vertretung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Schriftform verletzt war. Durch eine Auswertung dieser Entscheidungen ergaben sich allgemeine Rechtssätze für die Beurteilung der Transparenz der Vertretungsverhältnisse einer Vermieter-GbR.
Im ersten Fall hatte eine aus zwei Anwälten bestehende Rechtsanwaltssozietät ihre Räume von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts für zehn Jahre angemietet. Die Gesellschafter der vermietenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts waren im Vertrag nicht einzeln genannt. Auf Vermieterseite trug der Vertrag die unleserliche Unterschrift eines Vertreters. Die Anwälte kündigten den Vertrag nach vier Jahren. Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Kündigung trotz der vereinbarten Laufzeit von zehn Jahren wirksam war. Er begründete das Urteil damit, aus dem Mietvertrag ergebe sich nicht, wer für die vermietende Gesellschaft bürgerlichen Rechts unterschrieben hat, in welcher Funktion er unterschrieben hat und ob seine Unterschrift ausreicht, die Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu binden (Urteil vom 15. Januar 2003 € XII ZR 300/99 [= GuT 2003, 163]).
In einem weiteren Fall wurde ein auf zehn Jahre geschlossener Mietvertrag vorzeitig gekündigt. Vermieterin war eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Im Mietvertrag stand, dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts durch zwei Gesellschafter vertreten wird. Unterschrieben wurde der Vertrag aber nur von einem Gesellschafter. Der unterschreibende Gesellschafter war nach der Feststellung des Gerichts berechtigt, die Gesellschaft bürgerlichen Rechts allein zu vertreten. Dennoch hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Schriftform nicht eingehalten wurde. Die Unterschrift hätte nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nur dann ausgereicht, wenn der Unterzeichner zugleich als Vertreter des anderen im Mietvertrag genannten Gesellschafters unterschrieben hätte. Der Urkunde sei nicht zu entnehmen, dass sie alle erforderlichen Unterschriften enthielt (Urteil vom 16. Juli 2003 € XII ZR 65/02 _[= GuT 2003, 209] [mit Anm. Wiek GuT 2003, 207, Red.]).
Im dritten Fall hatte ebenfalls nur ein Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf Vermieterseite unterschrieben. Der Bundesgerichtshof ließ die vorzeitige Kündigung mit der Begründung zu, es sei nicht auszuschließen, dass vorgesehen war, auch das andere Mitglied oder die anderen Mitglieder der Gesellschaft bürgerlichen Rechts unterschreiben zu lassen und dass demnach deren Unterschriften fehlten (Urteil vom 5. November 2003 € XII ZR 134/02 [= GuT 2004, 61]).
Aus diesen Entscheidungen wird deutlich, dass es dem Bundesgerichtshof darum geht, dem bei einer GbR evidenten Problem der fehlenden Publizität zu begegnen. Bei anderen Gesellschaftsformen ist die Frage durch einen Blick in das Gesetz und das Handelsregister zu beantworten. So vertreten die Geschäftsführer nach § 35 Abs.1 GmbHG die GmbH. Der Vorstand vertritt nach § 78 AktG die AG. Wer Geschäftsführer oder Vorstand ist, steht im Handelsregister. Bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist das anders. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts vertritt nach dem Wortlaut des § 714 BGB im Zweifel ein Gesellschafter, soweit dem Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag die Befugnis zur Geschäftsführung zusteht. Wer Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist, lässt sich von außen nicht erkennen. Es kann auch nicht überprüft werden, ob jemandem nach dem Gesellschaftsvertrag die Geschäftsführung zusteht. Daher kann ein Außenstehender nicht erkennen, wer eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts wirksam vertreten kann.
14Als Konsequenz ist mit dem Bundesgerichtshof zu fordern, dass beim Abschluss eines Mietvertrages mit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Rubrum und bei der Unterschrift des Mietvertrages entweder alle Gesellschafter fungieren oder nur die vertretungsberechtigten Gesellschafter vorkommen; die letzten allerdings mit einem klarstellenden Zusatz hinsichtlich ihrer Funktion, z.B. €alleinvertretungsberechtigt€. Diese Anforderungen an die Offenlegung der Vertretungsverhältnisse lassen in einem ausreichenden Maße die Vermieterpartei identifizieren.
Der vorliegende Fall liegt im Rahmen dieser Anforderungen. Zwar fungieren im Mietvertrag nicht alle Gesellschafter der Beklagten. Dieses ist aber auch nicht nötig, um der Gefahr der fehlenden Publizität bei einer GbR zu begegnen. Es reicht eben aus, wenn der vertretungsberechtigte Gesellschafter € hier die XX-Grundfonds Verwaltungs GmbH € im Mietvertragsrubrum und dann als €alleinige Geschäftsführerin€ bei der Vermieterunterschrift auftritt. Damit sind die Vertretungsverhältnisse auf der Ebene der GbR, wo ja die Schwierigkeit der fehlenden Publizität besteht, gegenüber der Klägerin offen gelegt worden.
Hinsichtlich der Vertretungsverhältnisse auf der Ebene der vertretungsberechtigten Gesellschafterin, der XX-Grundfonds Verwaltungs GmbH, stellt sich kein Problem der Erkennbarkeit und Bestimmbarkeit für die Klägerin, da es sich um eine Kapitalgesellschaft handelt, deren vertretungsberechtigte Organe ohne weiteres im Handelsregister einzusehen sind. Der Wahrung der Schriftform steht auch nicht das Fehlen eines Vertretungszusatzes in Bezug auf die eigentliche natürliche Person des Unterzeichners auf der Vermieterseite entgegen. Ob die natürliche Person des Unterzeichners berechtigt war, die €XX-Grundfonds Verwaltungs GmbH und damit die Beklagte zu vertreten, hätte die Klägerin aus dem Handelsregister ersehen können.
Darüber hinaus ist anzumerken, dass die Frage der Offenlegung der Vertretungsverhältnisse nur den Aspekt der Identifizierung der Partei des Vertrages betrifft. Der Umstand, ob die als solche angegebenen Vertreter sich anhand etwa des Handelsregisters tatsächlich als Vertreter ohne Vertretungsmacht erweisen, ist keine Frage, die die Schriftform tangiert (OLG Düsseldorf v. 2.12.2005, Az. 24 U 46/05 [= GuT 2006, 9]).
b) Der Mietvertrag konnte auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer widersprüchlichen AGB nach § 305 c II BGB durch die Kündigung zum 31. Dezember 2004 beendet werden. Es liegt schon gar kein Widerspruch in der Fristenvereinbarung im Mietvertrag vor, denn diese Vereinbarung im § 2 Ziffer 2 des Vertrages gibt nur sinngemäß den Inhalt des § 565 II S. 2 BGB a.F. wieder, der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gegolten hat.
c) Schließlich ist der Mietvertrag auch nicht einvernehmlich durch die Rückgabe und die Abnahme der Wohnung am 29. Dezember 2004 zum 31. Dezember 2004 beendet worden. Dabei mag dahinstehen, zu welchem Zeitpunkt eine solche Vereinbarung den Mietvertrag hätte beenden sollen und ob sie formbedürftig gewesen wäre, denn jedenfalls ist eine einvernehmliche Beendigung des Mietverhältnisses nicht aus dem Protokoll der Abnahme ersichtlich. Zunächst ist die Überschrift des Dokuments von €Wohnungsübernahme/Abnahme-Protokoll€ in €Wohnungsvorabnahme-Protokoll€ abgeändert worden. Auch ist zum Schluss des Protokolls der Zusatz €Die Wohnungsschlüssel werden auf eigenen Wunsch vor dem Ende der Mietzeit übergeben€ eingefügt worden. Diese Umstände sprechen gegen ein seitens des Vermieters akzeptiertes Vertragsende zum 31. Dezember 2004, also nur zwei Tage nach der Übergabe der Wohnung. Hinzu kommt, dass in der Kündigungsbestätigung vom 25.8.2004 ausdrücklich auf ein Mietvertragsende zum 31.5.2005 hingewiesen wurde.
AG Köpenick:
Urteil v. 05.04.2006
Az: 15 C 216/05
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