Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Oktober 2001
Aktenzeichen: 25 W (pat) 127/01
(BPatG: Beschluss v. 18.10.2001, Az.: 25 W (pat) 127/01)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Bezeichnung BerlinCardist am 9. Juli 1998 für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 35, 36, 38, 39, 41 und 42 ua "bespielte und unbespielte Ton- und Bildträger aller Art...; Magnetaufzeichnungsträger und Datenträger..., Computer, Bilder, Lampen, Automaten...; Lichtbild- und Druckereierzeugnisse, nämlich Druckschriften aller Art..., Werbung; Finanzwesen, Immobilienwesen; Vermögensverwaltung; Telekommunikation..., Transport mittels Fahrzeugen...; Verlagswesen...; Dienstleistungen eines Internet-Providers; Erstellen und Bereitstellen von Datenbanken...; Bewirtung und Verpflegung von Gästen; Beherbergung von Gästen; Veranstaltung von Reisen" zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.
Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hat nach Beanstandung in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, die Anmeldung zurückgewiesen. Der angemeldeten Gesamtbezeichnung fehle in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG. Zur bargeldlosen Zahlungsabwicklung würden in nahezu allen Geschäftsbereichen Karten mit verschiedenen funktionalen Ausstattungen, technischen Eigenschaften und Verwendungszwekken ausgegeben wie zB Scheck-, Kredit-, Telefon-, Kunden-, Kopier-, Club- oder Mitgliedskarten. Hierbei werde bei den einzelnen Kartenarten üblicherweise dem in den deutschen Sprachgebrauch eingegangenen Sachbegriff "Card" ein Zusatz betreffend den Einsatzbereich bzw die Art oder den Funktionszweck der jeweiligen Karte oder den Kreis der Abnehmer vorangestellt (wie zB Smartcard, Paycard, Datacard, Creditcard, Bahncard, Phonecard usw). Die aus "Card" in Verbindung mit der geografischen Angabe "Berlin" gebildete Wortzusammenfügung "BerlinCard" stelle deshalb eine sprachüblich gebildete, sich in ihrem beschreibenden Aussagegehalt als Synonym für "Karte für den Raum Berlin" den angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres und unmittelbar erschließende Sachangabe dar. In Bezug auf die Waren der Klasse 9 besage "BerlinCard" nur, dass diese dazu dienten, die auf der Berlin-Karte gespeicherten Informationen (Magnetaufzeichnungsträger und Datenträger) zu lesen oder dass diese Waren für den bargeldlosen Betrieb geeignet und bestimmt seien (Geräte, Apparate, Automaten, Zubehör) bzw dass sie nur mit der Berlin-Karte als Berechtigungsausweis benutzt werden könnten. Bezüglich der restlichen Waren stelle die angemeldete Bezeichnung lediglich einen Sachhinweis auf den Inhalt und die Thematik dieser Produkte dar und bringe in Verbindung mit den beanspruchten Dienstleistungen lediglich beschreibend zum Ausdruck, dass diese mittels einer "BerlinCard" in Anspruch genommen bzw erbracht werden könnten oder sich inhaltlich mit solchen Karten beschäftigten. "BerlinCard" gebe deshalb lediglich über die Art, Zweckbestimmung und den Inhalt der beanspruchten Waren und Dienstleistungen Auskunft und weise auch keinen darüber hinausgehenden, hinreichend phantasievollen Gesamteindruck auf.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem Antrag, die Beschlüsse der Markenstelle des DPMA aufzuheben, hilfsweise, die Eintragung mit Zusatz in der Klasse 9 "jeweils ausgenommen Datenspeicherkarten" zuzulassen.
Die Markenstelle berücksichtige nicht, dass nach der gebotenen restriktiven Anwendung des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG irgendeine Unterscheidungskraft in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen ausreiche, eine Schutzfähigkeit zu begründen. Selbst wenn die Interpretation der angemeldeten Bezeichnung als Synonym für "Karte für den Raum Berlin" zuträfe, stünde dies einer hinreichenden Unterscheidungskraft nicht entgegen. Denn es würde nicht deutlich, was hierunter genau zu verstehen sei und es handele sich insbesondere - wie auch in der vergleichbaren Entscheidung des Bundesgerichtshofs "SWISS ARMY" - nicht um eine konkret die Waren oder Dienstleistungen selbst betreffende Beschaffenheits- bzw Merkmalangabe im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, zumal es sich um eine Wortneuschöpfung handele, die sich durch eine untypische, phantasievolle Schreibweise auszeichne. Es sei deshalb nicht verständlich, weshalb "BerlinCard" zB für die Waren "Tonfilme, Computertastaturen, Leuchtschilder, Zeitungen, oder Ton- und Bildträger" rein beschreibend sein solle und schlichtweg unzutreffend, wenn im Hinblick auf die Waren der Klasse 9 auf die beschreibende Bedeutung der angemeldeten Bezeichnung hingewiesen werde. Selbst wenn zB Magnetaufzeichnungsträger und Datenträger dazu dienen sollten, die auf einer Berlin-Karte gespeicherten Informationen zu lesen, so wäre der angemeldete Begriff nicht rein beschreibend, da sich kein Verbraucher hierunter ein Gerät vorstelle, das die auf einer Karte gespeicherten Daten ablese. Ebenso fehle es hinsichtlich der Vielzahl weiterer Dienstleistungen und Waren wie zB Druckereierzeugnisse, Werbung, Franchising, Finanzwesen, Öffentlichkeitsarbeit, Unternehmensberatung und -verwaltung usw an einem direkten inhaltlichen Zusammenhang mit der von der Markenstelle gewählten Interpretation, zumal aufgrund der hilfsweise zu den Waren der Klasse 9 erklärten Beschränkung "ausgenommen Datenspeicherkarten" eine Zahlungsfunktion ausgeschlossen sei.
Vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass auch ein Eintragungshindernis nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG nicht bestehe, da - wie die Markenstelle selbst festgestellt habe - die angemeldete Bezeichnung allenfalls eine typische mittelbare Beschreibung darstelle, zumal das Markenamt nicht den von der Rechtsprechung geforderten Nachweis erbracht habe, dass an dem fremdsprachlichen und lexikalisch nicht nachweisbaren Begriff "BerlinCard" ein Freihaltungsbedürfnis bestehe.
Selbst wenn man jedoch der Auffassung der Markenstelle folgte und der angemeldeten Bezeichnung ein rein beschreibende Qualität zuspreche, bezöge sich diese allenfalls und ausschließlich auf eine Karte, welche die Speicherung bzw Verarbeitung Berlinbezogener Daten betreffe oder typischerweise in Berlin zum Einsatz komme. Auch diese Annahme sei jedenfalls aufgrund der hilfsweise erklärten Beschränkung des Verzeichnisses zu der Warenklasse 9 ausgeschlossen.
Die mit der Ladung zum Verhandlungstermin übersandte Internetrecherche des Senats rechtfertige keine andere Bewertung. Denn die als Treffer angeführte Leseanfrage zur Bedeutung der "BerlinCard" betreffe das Internetportal der Anmelderin selbst und sei im übrigen gerade ein untrügerisches Zeichen für Unterscheidungskraft. Insoweit werde auf den umfangreichen wettbewerbsrechtlichen Rechtsstreit um die "BerlinCard" im Jahr 2000 mit dem Berliner TAGESSPIEGEL und ein Urteil des LG Berlin verwiesen. Dort sei ausgeführt, dass es sich bei der "BerlinCard" um einen Kaufschein handele, der wahllos an jedermann ausgegeben werde, als Instrument der Werbung diene und - für die formale Berechtigung an den Besitz der Karte anknüpfend - Ausweisfunktion aufweise, weil er zum Bezug von Waren berechtige. Nichts anderes tue die angemeldete Bezeichnung. Diese weise auch auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb hin. Dass hiermit eine Art von "Rabattfunktion" verbunden sei, stehe der Eintragung auch nicht entgegen. Denn wie zahlreiche "Membershipcards" diverser Clubs belegten, sei dies zulässig, wobei der Verbraucher eine derartige "Rabattkarte" auch nicht der Stadt Berlin, sondern einem Unternehmen zuordnen werde. Auch die weiteren Treffer zu der von dem damaligen Verkehrssenator der Stadt Berlin geplanten "Berlin-Card" des öffentlichen Nahverkehrs sei nicht realisiert worden. Eine derartige "Berlin-Card" des Berliner Verkehrsverbundes existiere nicht. Ferner überzeugten auch die durch die Internetrecherche des Senats belegten Verwendungsnachweise und Bezeichnungen wie "EssenCard", "KölnCard" oder "HamburgCard" im Hinblick auf die unterschiedliche und uneinheitliche Eintragungspraxis des DPMA und Bundespatentgerichts nicht, wonach auch neben zahlreichen Wort/Bildmarken die Wortmarken wie "Rheincard, JENACARD oder IsarCard" eingetragen worden seien, während anderseits Wortmarken wie "KölnCard, RügenCard, CityCard, NorderneyCard oder MünchenCard" die Eintragung versagt worden sei. Dies bestätige zudem die Eintragungspraxis für europäische Markenanmeldungen des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt, wonach die Wortmarken "Parma Card" oder "Berlin-Marathon" ua für Marathonlauf eingetragen worden seien. Andernfalls erscheine zur Klärung der Eintragbarkeit und zur Sicherung einer einheitlichen Eintragungspraxis die Zulassung der Rechtsbeschwerde sinnvoll.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, den Inhalt der Recherchen sowie auf die Schriftsätze der Anmelderin und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Nach Auffassung des Senats stehen der Eintragung der Bezeichnung "BerlinCard" für sämtliche mit der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen - auch nach der hilfsweise zu den Waren der Klasse 9 des Verzeichnisses erklärten Beschränkung "jeweils ausgenommen Datenspeicherkarten" - die Schutzhindernisse fehlender Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 und des Freihaltungsbedürfnisses an beschreibenden Angaben im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegen.
1.) Unterscheidungskraft ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl zur st Rspr BGH GRUR 2001, 1150 - LOOK; BGH GRUR 2002, 64 - INDIVIDUELLE; EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 Tz 22 - Bravo). Deshalb kann die Frage, ob ein Zeichen eine solche Unterscheidungskraft besitzt, nicht abstrakt ohne Berücksichtigung der Waren oder Dienstleistungen, die sie unterscheiden sollen, beurteilt werden (EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 Tz 22, 29 - Bravo), wobei grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen ist und es insbesondere auch keiner eigentümlichen oder originellen Zeichenbildung oder eines Phantasieüberschusses bedarf, um Unterscheidungskraft zu begründen (vgl BGH WRP 2000, 741, 742 - LOGO; EuG GRUR Int. 2001, 756, 759 Tz 39 - EASYBANK - zu Art 7 Abs 1 Buchst b und c GMV).
Eine solche Unterscheidungskraft ist der angemeldeten Bezeichnung "BerlinCard" in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen jedoch abzusprechen. Die angesprochenen Verkehrskreise werden vielmehr in der Verwendung der Bezeichnung "BerlinCard" im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen, welche ohne weiteres im Verkehr im Zusammenhang mit Kartensystemen erhältlich sein oder in Anspruch genommen werden können, ausschließlich einen Sachhinweis sehen. Dieser besagt, dass die jeweilige Ware und/ oder Dienstleistung im Rahmen eines Kartensystems "BerlinCard", welches wie eine "elektronische Geldbörse" bzw eine "Rabattkarte" oder "Mitgliedskarte" funktioniert, erhältlich ist oder in Anspruch genommen werden kann. Deshalb wird der Verkehr in "BerlinCard" keine Marke der beanspruchten einzelnen Waren und Dienstleistungen sehen.
a) Aus der Sicht der angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise, insbesondere auch des maßgeblichen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers, erschließt sich die Bezeichnung "BerlinCard" sofort und ohne weiteres Nachdenken als Synonym für "BerlinKarte" oder "Karte für Berlin", zumal die Verwendung des englischen Wortes "Card" heute zum allgemeinen inländischen Sprachgebrauch gehört und dem Verbraucher längst aufgrund einer Vielzahl entsprechender Wortbildungen insbesondere im Zusammenhang mit den vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten von Chipkarten geläufig ist. Die Markenstelle hat hierauf bereits hingewiesen und einige Bezeichnungen wie "Smartcard, Paycard, Creditcard" usw aufgezählt (vgl hierzu auch Rankl/Effig, Handbuch der Chipkarten, Aufbau, Funktionsweise, Einsatz von Smart Cards, S. 23 ff und 28 ff zur Unterscheidung von Magnetstreifen-, Chipkarten, optischen Speicherkarten usw sowie zur Verbreitung).
b) Karten kommt aber auch - wie die Anmelderin selbst hinsichtlich der von ihr in Berlin initiierten Multifunktionskarte "BerlinCard" dargelegt hat - als sog. "Ausweiskarte" oder "Mitgliedskarte" auch ohne Zahlungsfunktion eine erhebliche Bedeutung zu. Derartige Karten gewähren - wie der Senat anhand der im Internet recherchierten Kartensysteme auch belegen konnte - Vergünstigungen unterschiedlicher Art oder dienen als bloße Berechtigungskarte zB für kostenfreien Zugang. Hierbei zeigt insbesondere die erhebliche Anzahl von sog. "Städtekarten", dass sich das zunehmende Angebot multifunktionaler Karten (Smartcards) auch auf den Bereich geographischer Anbindung an ein regionales Anbietersystem erstreckt. Diese werden von der Stadtverwaltung selbst oder von sonstigen einzelnen privaten regionalen Anbietern bzw von einem Anbieterverbund wie zB dem Einzelhändlerverbund einer Stadt, bestimmten Dienstleistungsunternehmen wie zB städtischen oder privaten Verkehrsbetrieben und Reiseunternehmen oder von Trägern kultureller Einrichtungen in den unterschiedlichsten Bereichen des täglichen Lebens etabliert. Derartige Karten können einer effektiveren Verwaltung dienen, werden aber insbesondere zu Werbe- oder Rabattzwecken angeboten, indem sie sogenannte Bonuspunktsysteme oder kostenfreie Berechtigungen für Besucher und/oder Kunden ermöglichen.
Der Senat hat unter anderem die Bezeichnung "EssenCard" für eine mit "Karte für Essen" beworbene, kostenfrei erhältliche Kundenkarte belegt, die mit einem Bonuspunktesystem den bargeldlosen Einkauf bei kooperierenden Händlern in der Stadt Essen ermöglicht. Ferner ist nach der Internetrecherche eine sog. "KölnCard" als multifunktionale Chipkarte (Smartcard) in Planung, die sich als elektronischer Fahrausweis, als Eintrittskarte, als Schlüssel (Signatur) für das "OnlineRathaus", für Reservierungen oder für die Zahlung von Gebührenabrechnungen (zB Kfz-Zulassung) verwenden lassen soll. Demgegenüber gewährt zB die von der Tourismus-Zentrale der Stadt Hamburg herausgegebene Multifunktionskarte "HamburgCard" ua Vergünstigungen in Museen, bei Stadt- Hafenrundfahrten und Tarifvergünstigungen des Hamburger Verkehrsverbundes.
Dieser Sachverhalt belegt - ebenso wie auch die weiteren Beispiele sogenannter multifunktionaler Karten, insbesondere auch sonstige mit Städtenamen versehene Karten zeigen - dass derartige Kartensysteme dem Verbraucher bereits bekannt sind, zunehmend etabliert werden und entsprechend ihres Einsatzbereichs üblicherweise beschreibend als "HamburgCard, DresdenCard, KölnCard, AugsburgCard, LeipzigCard" usw benannt werden.
c) Handelt es sich wie vorliegend um ein Waren- und Dienstleistungsverzeichnis, welches wegen der weiten Oberbegriffe eine Vielzahl einzelner Waren und Dienstleistungen umfasst, so ist das angemeldete Zeichen bereits dann von der Eintragung für den jeweilig beanspruchten Oberbegriff ausgeschlossen, wenn sich auch nur für eine spezielle hierunter fallende Ware bzw Dienstleistung ein Eintragungshindernis ergibt (vgl BGH WRP 2002, 91, 93-94 - AC - unter Hinweis auf BGH GRUR 1997, 634, 635 - Turbo II - zum Löschungsverfahren). Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass es andernfalls möglich wäre, ein für bestimmte Waren und Dienstleistungen bestehendes Eintragungshindernis dadurch zu umgehen, dass in das Verzeichnis ein entsprechend weit gefasster Waren-/Dienstleistungsbegriff aufgenommen wird. Soweit deshalb die beanspruchten weitgefassten Oberbegriffe wie zB "Werbung; oder Finanzwesen" einzelne Dienstleistungen wie zB Werbung für eine "BerlinCard oder ein hierauf bezogenes Zahlungssystem" umfassen können, ist deshalb die Eintragung des angemeldeten Zeichens bereits ausgeschlossen, wenn auch nur für eine derartige spezielle Dienstleistung ein Eintragungshindernis besteht.
d) Unabhängig davon, dass unter einzelne Warenoberbegriffe wie "Datenträger" nach dem Hauptantrag auch Datenspeicherkarten fallen können, für die "BerlinCard" bei der Verwendung der Karten im Rahmen eines Zahlungs- oder Mitgliedsystems usw für den Raum Berlin ohnehin eine schutzunfähige Sachangabe wäre, bedarf dies bereits deshalb keiner vertiefenden Erörterung, weil der angemeldeten Bezeichnung "BerlinCard" auch in Bezug auf alle sonstigen sowie nach dem Hilfsantrag maßgeblichen Waren und Dienstleistungen, die weder Datenspeicherkarten noch hierauf bezogene Dienstleistungen eines Kartenunternehmens selbst betreffen, die markenrechtliche Unterscheidungskraft abzusprechen ist.
aa) Der Verkehr wird in "BerlinCard" in Bezug auf diese sonstigen Waren oder Dienstleistungen keinen Hinweis auf eine betriebliche Ursprungsidentität dieser Waren oder Dienstleistungen selbst sehen, so dass sich die angemeldete Bezeichnung als nicht unterscheidungskräftig erweist. Das gilt auch dann, wenn die Produkte oder Leistungen mit Hilfe einer so benannten Karte erworben oder beansprucht werden können oder hiermit in einem sonstigen Zusammenhang stehen. Denn der Verkehr versteht "BerlinCard" selbst bei einer Verwendung im unmittelbaren Zusammenhang mit der Ware oder Dienstleistung lediglich als Sachhinweis auf ein bestimmtes Zahlungs- oder Mitgliedssystem, dessen Vorteile er in Verbindung mit dem Besitz einer als "BerlinCard" bezeichneten Multifunktionskarte realisieren kann und welches ihm insbesondere Erleichterungen oder Vergünstigen gewährt. Dies gilt um so mehr, als der Verbraucher heute nicht nur im engeren Kreis sogenannter Club-, Kunden-, oder Membershipcards an die unterschiedlichsten Kartenanbieter und -systeme gewöhnt ist, sondern - wie auch die Recherche belegt hat - an regionale Cardsysteme, die ebenso wie sonstige beschreibende Card-Bezeichnungen (zB "Eurocard, Smartcard, Creditcard") häufig im Zusammenhang mit Waren oder Dienstleistungen verwendet werden (zB auch Paycard-Systeme) und denselben Zwecken dienen. Der Verbraucher nimmt deshalb auch bei der aus "Card" und dem geografischen Zusatz "Berlin" gebildeten Bezeichnung nicht an, es handele sich um den Hinweis auf eine betriebliche Ursprungsidentität der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen wie zB "Computer, Bilder, Finanz-, Immobilienwesen; Telekommunikation..., Bewirtung und Verpflegung von Gästen; Veranstaltung von Reisen" selbst, ebenso wie er bei einem hiermit in Zusammenhang stehenden Hinweis auf "Eurocard" oder "Creditcard" nicht glaubt, es handle sich hierbei um eine Marke für die erworbenen Produkte oder die in Anspruch genommenen Dienstleistungen selbst, zumal diese üblicherweise unter einer eigenen Hersteller-, Händler- oder Dienstleistungsmarke angeboten werden.
bb) Die angesprochenen Verkehrskreise werden vielmehr in der Verwendung der Bezeichnung "BerlinCard" im Zusammenhang mit diesen Waren und Dienstleistungen ausschließlich einen Sachhinweis des Inhalts sehen, dass diese im Rahmen eines Kartensystems "BerlinCard" erhältlich sind oder in Anspruch genommen werden können. Es kommt deshalb für die Beurteilung der Unterscheidungskraft der angemeldeten Bezeichnung in Bezug auf diese Waren und Dienstleistungen auch nicht darauf an, ob bereits mit der bloßen Ausweisfunktion einer Karte naturgemäß ein konkreter markenrechtlicher Herkunftshinweis verbunden ist. Die insoweit von der Anmelderin - unter Hinweis auf den um die "Berlin-Card" geführten Rechtsstreit vor dem LG Berlin - gezogene Schlussfolgerung könnte deshalb allenfalls für (programmierte und bereits bestimmten Zwecken gewidmeten) Speicherkarten selbst oder hierauf gerichtete Dienstleistungen eines Kartenunternehmens von Bedeutung sein und wird im übrigen auch vom Senat nicht geteilt. So haben zB die auf eine Ausweisfunktion beschränkten Legitimationspapiere (zB Garderoben- oder Gepäckkarten) nicht zwangsläufig eine markenmäßige Funktion.
cc) Unerheblich ist ferner, ob die angesprochenen Verkehrskreise aufgrund der angemeldeten Bezeichnung die Art und/oder den konkreten Leistungsumfang eines derartigen Kartensystems erkennen können, da hierdurch das eindeutige Verständnis des Verkehrs von "BerlinCard" als allgemeine und unmissverständliche Sachbezeichnung für ein Zahlungs- oder Berechtigungssystem nicht berührt wird (vgl auch für die Sammelbezeichnung "Bücher für eine bessere Welt" BGH MarkenR 2000, 330, 332). Es kann auch dahin stehen, ob die hier angemeldete Bezeichnung etwa nach den Vorschriften über die Kollektivmarken (§§ 97 ff MarkenG) eingetragen werden könnte. Als Individualmarke fehlt ihr vorliegend jegliche Unterscheidungskraft.
e) Auch stellt die angemeldete Bezeichnung - anders als in der Entscheidung "Babydry" des EuGH (MarkenR 2001, 400) - keine durch die konkrete Schreibweise oder die Verwendung des englischen Wortbestandteils "Card" vom üblichen Sprachgebrauch abweichende Gesamtbezeichnung für ein derartiges regionales Kartensystem dar, wie bereits die von der Anmelderin selbst genannte stattliche Anzahl von entsprechend gebildeten Bezeichnungen wie "KölnCard, RügenCard, CityCard, NorderneyCard oder MünchenCard" belegt. Der Verbraucher hat auch deshalb keine Veranlassung, die angemeldete Bezeichnung - selbst wenn es sich um eine lexikalisch nicht nachweisbare Wortbildung handelt (vgl zB BGH GRUR 2001, 1151, 1552 - marktfrisch; Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl., § 8 Rdn 142) und der Anmeldung wohl nur die konkrete Schreibweise mit dem Großbuchstaben "C" in der Wortmitte zugrunde zu legen ist (vgl hierzu auch BPatG MarkenR 2000, 280, 284-285 - CC 1000/Cec) - als individualisierenden, betrieblichen Herkunftshinweis zu verstehen.
2.) Soweit die Anmelderin unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Auffassung vertritt, dass der angemeldeten Bezeichnung eine Unterscheidungskraft schon deshalb zuzusprechen sei, weil es sich nicht um eine beschreibende Angabe, insbesondere nicht um eine die Waren oder Dienstleistungen selbst unmittelbar betreffende Beschaffenheits- bzw Merkmalsangabe im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, und auch nicht um eine sonstige gebräuchliche Bezeichnung handele, kann dieser Auffassung hier weder in der Sache noch hinsichtlich des Verständnisses der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gefolgt werden.
a) Es ist zwar zutreffend, dass der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl zB BGH GRUR 2002, 64 - INDIVIDUELLE) im Zusammenhang mit der Unterscheidungskraft auf die Formulierung abstellt:
"Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt. "
b) Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass der für die Beurteilung der Unterscheidungskraft "im Vordergrund stehende beschreibende Begriffsinhalt" auf die von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG erfassten Merkmalsangaben reduziert werden darf, zumal damit insbesondere schwerlich in Einklang zu bringen wäre, dass zu dem Kreis nicht unterscheidungskräftiger Bezeichnungen im Sinne von § 8 Abs 2 Nr. 1 MarkenG auch solche zählen, bei denen es sich um gebräuchliche Worte der Alltagssprache handelt, ohne dass der Bundesgerichtshof insoweit einen beschreibenden Bezug zur Ware oder Dienstleistung verlangt (vgl hierzu auch Ströbele, Absolute Eintragungshindernisse im Markenrecht, GRUR 2001, 658, 662).
Das von der Anmelderin vertretene restriktive Verständnis der vorgenannten Formulierung des Bundesgerichtshofs und der in der Begründung zum MarkenG (BT Drucksache 12/6581 vom 14.01.1994, Seite 70) geforderten Handhabung der Schutzhindernisse ist auch weder anhand der von ihr angeführten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zur Unterscheidungskraft belegbar noch steht ein solches Verständnis mit der sonstigen Rechtsprechung in Einklang.
aa) So hat der Bundesgerichtshof für solche Wortfolgen, welche nicht eine angemeldete Ware oder Dienstleistung selbst beschreiben, sondern nur ihren möglichen Inhalt benennen, eine Unterscheidungskraft verneint. Er hat hierzu in der Entscheidung "REICH UND SCHOEN" (MarkenR 2001, 363, 365) ausgeführt, dass sich diese Wortfolge ua für die Dienstleistungen "Fernsehunterhaltung; Film- und Fernsehproduktion" auch bei Anlegung des gebotenen großzügigen Maßstabes auf eine verständliche Beschreibung des Inhalts der Werke beschränke, die Gegenstand dieser Dienstleistungen seien. Der Verkehr werde den titelartig zusammengefassten Aussageinhalt wegen der Nähe dieser Dienstleistungen zum Werktitel und des mit ihm bezeichneten Inhalts der Produktionen unmittelbar und ohne weitere Überlegungen auf die betreffenden Dienstleistungen selbst beziehen, für welche die Eintragung erfolgen soll.
Ebenso hat der Bundesgerichtshof zu der Wortfolge "Gute Zeiten - Schlechte Zeiten" (MarkenR 2001, 368, 370) darauf abgestellt, dass auch bei Anlegung des gebotenen großzügigen Maßstabs für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sich diese für die Waren und Dienstleistungen "Tonträger, Bücher, Magazine, Ausstrahlung von Fernsehprogrammen, Fernsehunterhaltung und Filmproduktion" auf eine verständliche Beschreibung des Inhalts der Werke beschränke und deshalb das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft bestehe.
bb) Diese Auffassung wird für Gemeinschaftsmarken geteilt vom Gericht Erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (EuG), welches zu der für eine Vielzahl von Dienstleistungen ua "Verbreitung von Hörfunk- und Fernsehsendungen; Telekommunikation; Vermietung von Filmen; Verwertung von Film- und Fernsehnebenrechten auf dem Gebiet des Merchandising; Entwicklung von Software..." angemeldeten Bezeichnung "CINE COMEDY" (GRUR Int. 2001, 864, 866) ausgeführt hat, dass die hierfür nach Art 7 Abs 1 Buchst b GMV wegen fehlender Unterscheidungskraft erfolgte Zurückweisung der Anmeldung durch das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) zu Recht erfolgt sei.
cc) Ebenso hat in der Entscheidung "CARCARD" (MarkenR 2001, 82, 84 Tz 22-23) das HABM zu den Schutzhindernissen nach Art 7 Abs 1 Buchst b GMV ausgeführt, dass die für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen angemeldete Bezeichnung "CARCARD" für alle im Zusammenhang mit einem Automobil und dessen Benutzung anfallenden Waren und Dienstleistungen eine bloße beschreibende Beschaffenheits- und Bestimmungsangabe darstelle, die sich den angesprochenen allgemeinen Verkehrskreisen ohne weiteres als schlagwortartiger Ausdruck dafür erschließe, dass die beanspruchten Waren und Dienstleistungen unter Einsatz und mithilfe einer elektronisch lesbaren Karte verfügbar sei, wie dies auch die herkömmliche "credit card" - wenn auch nicht fahrzeug- oder halterspezifisch - ermögliche.
dd) Auch die von der Anmelderin zitierte Entscheidung "SWISS ARMY" (GRUR 2001, 240) steht dem nicht entgegen und lässt insbesondere nicht den Schluss zu, der Bundesgerichtshof habe bereits aus der Annahme, dass "SWISS ARMY" in Bezug auf die beanspruchten Waren "Armbanduhren" keine unter § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG letzte Alternative "sonstige Merkmale" fallende Qualitätsangabe darstelle, den Schluss gezogen, der Bezeichnung "SWISS ARMY" komme bereits deshalb Unterscheidungskraft zu. Der Bundesgerichtshof hat vielmehr sinngemäß ausgeführt, die mit "SWISS ARMY" verbundene Qualitätsvorstellung der Verbraucher von einer Herstellung der Uhren nach Vorgaben der Schweizer Armee könne durchaus als ein der konkreten Unterscheidungseignung entgegenstehender Umstand gesehen werden. Er hat letztlich die Unterscheidungskraft der Bezeichnung "SWISS ARMY" nur deswegen bejaht, weil er auf eine bestehende Indizwirkung aufgrund ausländischer Voreintragungen und eine künftig mögliche konkrete Verwendungsform und Positionierung der Bezeichnung abgestellt hat (welche allerdings wohl nicht zum Gegenstand der Beurteilung eines Eintragungsverfahrens gehört - vgl hierzu auch Ströbele, aaO, GRUR 2001, 658, 664; Hacker, Rechtsgrund und Reichweite des § 8 II Nr.1 MarkenG, GRUR 2001, 630, 632).
c) Die Beurteilung fehlender Unterscheidungskraft darf auch nach Auffassung des Senats nicht auf die dem eigenständigen Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unterliegenden beschreibenden Sachaussagen reduziert werden und zwar auch dann nicht, wenn man zutreffender Weise unter die dort genannte "sonstige" Merkmalsangabe auch "irgendwie bedeutsame Umstände mit Bezug auf die Waren oder Dienstleistungen" einbezieht und das geforderte Kriterium eines unmittelbaren Warenbezugs nicht zu einschränkend auslegt (vgl hierzu Ströbele GRUR 2001, 658, 662; Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl., § 8 Rdn 114, aA Fezer Markenrecht, 3. Aufl., § 8 Rdn 19af, 36, 97j, 123a ff - im Hinblick auf eine gebotene restriktive Auslegung des Anwendungsbereichs von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, zugleich die extensive Auslegung des unmittelbaren Produktbezugs durch das BPatG kritisierend). Insoweit kann sich allenfalls eine gewisse indizielle Bedeutung ergeben (vgl hierzu und den Ausnahmen Althammer/ Ströbele MarkenG, 6. Aufl., § 8 Rdn 26-27). Auch der Bundesgerichtshof hat insoweit in neuerer Zeit Veranlassung gesehen, die auch von der Anmelderin in Bezug genommenen Äußerungen einer restriktiven Anwendung der Schutzhindernisse insbesondere zu den Anforderungen an den unmittelbaren Warenbezug klarzustellen. Der Bundesgerichtshof hat darauf hingewiesen, es sei zwar zutreffend, dass die Nachteile, die von der Eintragung einer Sachangabe als Marke ausgehen, durch die Regelung des § 23 Nr. 2 MarkenG in Grenzen gehalten werden und deshalb im Eintragungsverfahren nicht jeder denkbaren Behinderungsmöglichkeit Rechnung getragen zu werden brauche. Das Eintragungsverbot des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG diene aber auch dazu, das Risiko für die Benutzer beschreibender Angaben und das von einer eingetragenen Marke ausgehende Einschüchterungspotential in Grenzen zu halten (vgl BGH MarkenR 2000, 330, 332 - Bücher für eine bessere Welt). Dementsprechend hat er in den parallel zu dieser Entscheidung ergangenen, nicht veröffentlichten Beschlüssen vom 17. Februar 2000 AZ I ZB 33/97 "Bücher für eine bessere Welt" und AZ I ZB 33/97 "Bücher für eine humanere Welt" nicht nur eine Unterscheidungskraft der jeweiligen Wortfolge verneint, sondern auch das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG über die Ware "Bücher" hinaus ausdrücklich für die Waren "Schallplatten, Compact Disc, Filme (Video-, Fernseh-, Kinofilme) je bespielt" bejaht. Ferner hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass das Fehlen "jeglicher" Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG im Lichte der Anforderungen an eine markenrechtliche Unterscheidungskraft zu beurteilen ist und nicht auf die (geringeren) Anforderungen an die Unterscheidungskraft abzustellen ist, wie sie für Werktitel gelten (BGH MarkenR 2001, 368, 370 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten - mwN).
aa) Aus der Sicht des Verkehrs kann es zahlreiche - im Einzelfall zu untersuchende - Gründe geben, in einem Zeichen keinen herkunftsbezogenen Hinweis zu sehen - insbesondere bei mittelbar beschreibenden Bezeichnungen bzw solchen mit lediglich assoziativer Verbindung zur Ware oder Dienstleistung oder Werbeschlagwörtern - welche dem Schutzhindernis an beschreibenden Angaben im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG nicht unterfallen und auch nicht zu den allgemein gebräuchlichen Wörter der Alltagssprache zählen (vgl hierzu Althammer/ Ströbele MarkenG, 6. Aufl., § 8 Rdn 92; Ingerl, Die markenrechtliche Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, GRUR Int. 2001, 581, 583 li Sp zum Verständnis der EuGH Chiemsee-Entscheidung; aA Fezer Markenrecht, 3. Aufl., § 8 Rdn 36). § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG würde praktisch keinen eigenständigen Anwendungsbereich haben, wenn man die Annahme einer nicht unterscheidungskräftigen (beschreibenden) Angabe auf die Voraussetzungen einer sonstigen Merkmalsangabe im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG reduziert. Dies gilt insbesondere bei einem restriktiven Verständnis des unmittelbaren Warenbezugs. Das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG würde dadurch in einer dem Gesetz nicht entnehmbaren Weise eingeengt (vgl zum Ströbele GRUR 2001, 658, 662; Hacker GRUR 2001, 630 ff; Ingerl GRUR Int. 2001, 581, 583).
bb) Eine solche auf § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG bezogene Prüfung der Unterscheidungskraft in Bezug auf beschreibende Angaben kommt um so weniger in Betracht, als die in der Rechtsprechung zum teil vorgenommene Orientierung des Prüfungsmaßstabes am Grad eines bestehenden Freihaltungsbedürfnisses (so wurde vielfach BGH GRUR 1991, 136, 137 - NEW MAN - verstanden) nicht mehr aufrecht erhalten werden kann. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) hat die rechtliche Selbständigkeit beider Schutzhindernisse in der "Chiemsee"-Entscheidung (GRUR 1999, 723 Tz 48) betont (vgl hierzu auch Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl., § 8 Rdn 27; Ingerl, GRUR Int. 2001, 581, 583 li Sp oben). Dem hat sich der Bundesgerichtshof ausdrücklich angeschlossen (BGH GRUR 2000, 722, 723 - LOGO; BGH GRUR 2001, 334, 336 - Gabelstapler; BGH MarkenR 2001, 71, 73 - Stabtaschenlampe). Zu berücksichtigen ist ferner, dass insoweit auch in tatsächlicher Hinsicht kein zwingender Grund ersichtlich ist, quasi in einem Umkehrschluss beschreibenden Angaben schon deshalb Unterscheidungskraft zuzusprechen, weil sie nicht unter § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG fallen. Dies gilt insbesondere dann, wenn man dessen Regelungsgehalt restriktiv interpretiert (zur Bedeutung des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG als Auffangtatbestand vgl auch Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl., § 8 Rdn 27; Ströbele, GRUR 2001, 658, 662 ff; Hacker GRUR 2001, 630 ff).
3.) Allerdings ist nach Auffassung des Senats vorliegend das angemeldete Zeichen aufgrund der getroffenen tatsächlichen Feststellungen auch nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG als beschreibende freihaltungsbedürftige Merkmalsangabe von der Eintragung ausgeschlossen. Denn es ist zur Überzeugung des Senats hinreichend belegt, dass "BerlinCard" - insbesondere für den geografischen Raum Berlin - als konkreter, sich ohne weiteres Nachdenken erschließender und unmittelbar beschreibender Sachhinweis für ein sonstiges Merkmal der beanspruchten Waren und Dienstleistungen bzw einen unmittelbar mit diesen in Beziehung stehenden Umstand (vgl hierzu zB BGH GRUR 1999, 1093, 1094 - FOR YOU) dienen kann und deshalb einem berechtigten aktuellen Freihaltungsbedürfnis der Allgemeinheit, insbesondere der Mitbewerber unterliegt.
Selbst wenn man die aufgrund der Internet-Recherche festgestellten Verwendungsnachweise für "BerlinCard" als unzureichend ansähe, würde dies der Versagung der Eintragung wegen eines bestehenden Freihaltungsbedürfnisses iSv § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG nicht entgegenstehen. Denn nach ständiger Rechtsprechung ist ein Freihaltungsbedürfnis auch dann anzunehmen, wenn die fragliche Bezeichnung gegenwärtig noch nicht als Sachangabe verwendet wird, eine solche Verwendung im Hinblick auf die genannten anderen Städtekarten aber jederzeit in Zukunft zu erwarten ist (vgl EuG MarkenR 2001, 324, 326 Tz 29 ff - UNIVERSAL-TELEFONBUCH -; BGH MarkenR 2001, 2001, 363, 365 - REICH UND SCHOEN - mit weiteren Nachweisen).
aa) "BerlinCard" stellt einen unmissverständlichen, sich ohne weiteres erschließenden Ausdruck dar und vermag deshalb die Funktion als Sachbegriff ohne weiteres zu erfüllen (vgl hierzu auch BGH GRUR 2001, 1151, 1552 - marktfrisch; BGH MarkenR 2001, 408, 410 - INDIVIDUELLE; ferner Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl., § 8 Rdn 20, 92). Auch mangelt es nicht an der für eine freihaltebedürftige Sachbezeichnung erforderlichen Eindeutigkeit. Denn die mit einer verallgemeinernden Aussagen einhergehende Unbestimmtheit steht der Eignung als freihaltebedürftiger Sachbegriff nicht entgegen (vgl für die Sammelbezeichnung "Bücher für eine bessere Welt" BGH MarkenR 2000, 330, 332), zumal wenn wie hier nicht ausschließlich ein fachsprachliches, sondern zugleich auch ein Verwendungsinteresse der Unternehmen als verbraucherorientierte werbewirksame Sachinformation im Vordergrund steht und deshalb selbst begrifflich eher unbestimmte Angaben zur Beschreibung geeignet und freihaltebedürftig sein könnten (vgl zur Bedeutung des Verkehrsverständnisses auch Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl., § 8 Rdn 26, 69; EuG MarkenR 2001, 320, 322 Tz. 27 und Tz. 37 - EuroHealth - zu Art. 7 Abs 1 Buchst. b GMV).
bb) Bei der angemeldeten Bezeichnung handelt es sich auch um eine sonstige Merkmalsangabe der beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG letzte Alternative. Denn "BerlinCard" enthält eine für den Verkehr wichtige, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen selbst betreffende Sachinformation - nämlich dass diese Waren und Dienstleistungen mittels einer "BerlinCard" erworben oder in Anspruch genommen werden können. Der an derartige Kartensysteme mit vergleichbaren Bezeichnungen gewöhnte Verkehr wird diesen konkreten, unmittelbaren Bezug zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen auch sofort und ohne weiteres Nachdenken erkennen (vgl hierzu auch EuG MarkenR 2001, 320, 322 Tz. 27, 37 - EuroHealth).
Ein engeres Verständnis des für die "sonstige" Merkmalsangabe erforderlichen unmittelbaren und konkreten Warenbezugs bzw Bezugs zur Dienstleistung stünde auch nicht in Einklang mit dem in § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG beispielhaft abgesteckten gesetzlichen Rahmen. Denn danach sind auch Angaben, die zur Bezeichnung der Menge, des Wertes, der Bestimmung, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung dienen können, Merkmalsangaben und ausdrücklich von der Eintragung als Marke ausgeschlossen, obwohl sie vielfach keineswegs ein substantielles Waren- oder Dienstleistungsmerkmal angeben und auch von unterschiedlicher Bedeutung für den Warenverkehr und die umworbenen Verkehrskreise sind. So ist etwa die Packungsgröße bei ursprünglich "losen" Waren wie zB Tee, Milch oder Zement keine substantielle Wareneigenschaft, sondern in erster Linie eine Vertriebsmodalität. Selbst Bestimmungsangaben haben manchmal keine Auswirkung auf das Wesen der Waren oder Dienstleistungen, sondern stellen nur eine sonstige Sachinformation oder allgemeine Werbeaussage dar (zB "Kaffee für Genießer" oder "Steuertipps für Aufgeweckte"). Auch Wert- und Preisangaben ergeben sich regelmäßig nicht zwingend aus der Ware oder Dienstleistung selbst, sondern erst unter Hinzuziehung weiterer Faktoren. Schließlich können der Herstellungsort und die Herstellungszeit zwar teilweise eine warencharakterisierende gegenständliche Bedeutung haben (zB bei Wein), teilweise mag darin aber nicht einmal ein sonst für die beteiligten Verkehrskreise relevanter Umstand liegen (zB bei Büchern oder Haushaltsgeräten).
Insoweit erschiene es auch widersprüchlich und mit der gesetzlichen Wertung nicht vereinbar, wenn man für die vorliegend maßgebliche "sonstige Merkmalsangabe" einen unmittelbaren Bezug der beschreibenden Angabe "BerlinCard" zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen mit der Begründung verneinen würde, die hierin liegende Sachaussage einer Erwerbs- bzw Bezugsberechtigung mittels einer BerlinKarte beschreibe keine "für den Warenverkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände mit Bezug auf die Waren und Dienstleistungen", weil es sich um eine nicht spezifisch waren- bzw dienstleistungsbezogene Vertriebsmodalität handele. Dies gilt insbesondere dann, wenn man mit den Vertretern einer restriktiven Auslegung des Schutzhindernisses der beschreibenden Angabe im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG für solche, die unter die gesetzlich nur beispielhaft aufgezählten Merkmalsangaben fallen, kein zusätzliches Kriterium fordert, andererseits aber bei den "sonstigen" Merkmalsangaben wie für die Angabe von Vertriebsmodalitäten die Unmittelbarkeit mit der Begründung verneint, es fehle an dem hierfür maßgeblichen "kennzeichenrechtlichen Marken-Produktzusammenhang" (vgl hierzu Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 8 Rdn 132 und 133). Gerade wenn man - zutreffender Weise - für die Abgrenzung freihaltungsbedürftiger beschreibender Angaben nicht auf ein rein formal begriffliches Verständnis der Unmittelbarkeit abstellt, sondern eine wertende Betrachtung vornimmt (auf die Funktion des Markenschutzes abstellend Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 8 Rdn 133), besteht nämlich keine Veranlassung, insoweit einen unterschiedlichen, strengeren Maßstab als bei den gesetzlich genannten Merkmalsangaben anzulegen, zumal der Schutzzweck der gleiche ist (vgl zu der Gefahr der Monopolisierung bei Vertriebsmodalitäten Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 8 Rdn 188).
cc) So hat auch der Bundesgerichtshof in den nicht veröffentlichten Parallelentscheidungen vom 17. Februar 2000 AZ I ZB 33/97 "Bücher für eine bessere Welt" und AZ I ZB 33/97 "Bücher für eine humanere Welt" jeweils ausdrücklich ua für die beanspruchten Waren "Schallplatten, Compact Disc, Filme (Video-, Ferneseh-, Kinofilme) je bespielt" das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG mit der Begründung bejaht, dass die früher nur in Buchform vertriebene Literatur heute auch als CD (u.U. mit sog. Videoclips) oder Kassette angeboten werde, welche ihrer Funktion nach die Aufgabe des Buches erfüllen können. Er hat somit die unmittelbar beschreibende Sachangabe "Bücher für..." auch bei gegenständlich anderen, aber funktionsgleichen Waren als nicht schutzfähig angesehen.
Auch das EuG hat in der bereits angeführten Entscheidung "CINE COMEDY" (GRUR Int. 2001, 864, 866) das dem § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entsprechende Schutzhindernis nach Art 7 Abs 1 Buchst c GMV bejaht. Die ohne weiteres Nachdenken als Warenbezeichnung "Filmkomödie" verständliche Wortkombination "CINE COMEDY" stelle zu den fraglichen Dienstleistungen einen konkreten und unmittelbaren Bezug her, namentlich zu denjenigen, die konkret und unmittelbar die Ware Filmkomödie oder deren Herstellung betreffen könnten und beschreibe deshalb eines ihrer Merkmale im Sinne von Art 7 Abs 1 Buchst c GMV (vgl auch EuG GRUR Int. 2001, 556 - CINE ACTION).
Ebenso hat das HABM in der "CARCARD" Entscheidung ausdrücklich über das Eintragungshindernis fehlender Unterscheidungskraft nach Art 7 Abs 1 Buchst b GMV hinaus auch das Schutzhindernis für beschreibende Angaben nach Art 7 Abs 1 Buchst. c GMV angenommen.
Auch die Ausführungen des Bundesgerichtshofs zu den Anmeldungen "REICH UND SCHOEN" (vgl MarkenR 2001, 363, 365) sowie "Gute Zeiten - Schlechte Zeiten" (MarkenR 2001, 369, 370) könnten dafür sprechen, dass er in der "verständlichen Beschreibung des Inhalts der Werke" eine sonstige unmittelbare Merkmalsangabe im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG gesehen hat. Sollte dies nicht der Fall sein, so läge darin im Hinblick auf die Feststellung fehlender Unterscheidungskraft eine zusätzliche Bestätigung dafür, dass die Annahme fehlender Unterscheidungskraft bei beschreibenden Angaben nicht auf solche im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG beschränkt werden darf.
4.) Soweit die Anmelderin darauf verwiesen hat, dass auch eine Vielzahl sonstiger entsprechend gebildeter Marken national wie auch international eingetragen worden seien, kommt diesen Eintragungen, selbst wenn sie nicht bereits wegen der abweichenden Waren- und Dienstleistungsverzeichnisse eine unterschiedliche Beurteilung nahe legen, keine Bindungswirkung oder präjudizielle Bedeutung für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zu (vgl BGH BlPMZ 1998, 248, 249 - Today; Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl., § 8 Rdn 85-87, insbesondere auch zu dem unzutreffenden Argument einer Selbstbindung). So hat auch das EuG wiederholt unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung ausgeführt, dass die Entscheidungspraxis der nationalen Markenämter und die Anerkennung der Unterscheidungskraft eines ähnlichen Zeichens durch die Entscheidung nationaler Gerichte der Mitgliedstaaten nur Umstände darstellen, die für die Eintragung einer Gemeinschaftsmarke berücksichtigt werden können, ohne jedoch entscheidend zu sein (EuG MarkenR 2001, 320, 322 Tz. 29 - EuroHealth; EuG MarkenR 2001, 418, 423, Tz. 65 - Waschmitteltablette - mwH).
Zwar kann der Eintragung fremdsprachiger ausländischer Bezeichnungen im jeweilig ursprünglichen Sprachraum durchaus auch für die Beurteilung im Inland in tatsächlicher Hinsicht indizielle Bedeutung jedenfalls für ein mögliches Freihaltungsinteresse - im positiven wie im negativen Sinne - zukommen (vgl hierzu BGH MarkenR 2000, 420, 422 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION mwH; BGH MarkenR 2001, 304, 305-306 - GENESCAN; Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl., § 8 Rdn 87-88). Vorliegend ist aber bereits deshalb auch insoweit keine andere Bewertung gerechtfertigt, weil die aufgezeigten beschreibenden Verwendungsnachweise gerade das maßgebliche deutschsprachige Inland betreffen und zudem die Anmelderin selbst auf eine Vielzahl von entsprechend gebildeten Wortzeichen verweist, deren Anmeldung für vergleichbare Waren und Dienstleistungen mangels Schutzfähigkeit zurückgewiesen worden ist (CityCard; KölnCard, RügenCard; NorderneyCard; Mallorca Card; TegernseeCard, MünchenCard).
5.) Der Senat hat der Anregung der Anmelderin folgend die Rechtsbeschwerde gemäß § 83 Abs 2 MarkenG zugelassen.
Kliems Brandt Engels Fa
BPatG:
Beschluss v. 18.10.2001
Az: 25 W (pat) 127/01
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/0f92f8c5b079/BPatG_Beschluss_vom_18-Oktober-2001_Az_25-W-pat-127-01