Bundespatentgericht:
Urteil vom 28. Juni 2007
Aktenzeichen: 2 Ni 34/05
(BPatG: Urteil v. 28.06.2007, Az.: 2 Ni 34/05)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 5. April 1991 in der Verfahrenssprache Englisch angemeldeten europäischen Patents 0 524 207 (Streitpatent), für das die Priorität der deutschen Patentanmeldung DE 40 11 612 vom 10. April 1990 in Anspruch genommen worden ist. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren und Gerät zur Oberflächenhärtung insbesondere von Zahnrädern durch Induktionsheizen mittels wenigsten zwei verschiedenen Frequenzen. Es umfasst vier Patentansprüche, wobei die Patentansprüche 1 und 2 einander nebengeordnet und die Patentansprüche 3 und 4 mittelbar oder unmittelbar auf die vorangehenden Ansprüche rückbezogen sind.
Patentanspruch 1 hat in der Verfahrenssprache Englisch folgenden Wortlaut:
"1. A device for inductive heating of rotation symmetrical parts of complex shape, e. g. gears for surface hardening thereof, operating with at least two different frequencies, characterized in that the outputs of a first converter (6), delivering high frequency, and a second converter (8) delivering medium frequency are connected in common to a single induction coil (11) for operating said coil simultaneously, the first converter (6) is of series resonant circuit type, the capacitor Ck (7) for series compensation of the reactive power of the induction coil (11) providing a sufficient attenuation of feedbacks of medium frequency being delivered from the second converter (8), and the second converter (8) is made as a series resonant circuit type with an inductance (9) and an additional series capacitor (12) in series between the output (8`) and the common junction (10) of both converters, in order to suppress the high frequency feedback of said first converter (6) and to compensate the reactive power of the said inductance (9)".
In der deutschen Übersetzung gemäß Streitpatentschrift lautet Patentanspruch 1:
"1. Vorrichtung zum induktiven Erwärmen von rotationssymmetrischen Teilen komplexer Form, z. B. von Zahnrädern, zu deren Oberflächenhärtung, welche mit wenigstens zwei verschiedenen Frequenzen arbeitet, wobei die Ausgänge eines ersten, eine hohe Frequenz liefernden Umrichters (6) und eines zweiten, eine mittlere Frequenz liefernden Umrichters (8) gemeinsam mit einer einzelnen Induktionsspule (11) verbunden sind, um die Spule gleichzeitig zu betreiben, dadurch gekennzeichnet, dass der erste Umrichter (6) vom Reihenschwingkreis-Typ ist, wobei der Kondensator Ck (7) zur Reihenkompensation der Blindleistung der Induktionsspule (11) für eine ausreichende Dämpfung vom zweiten Umrichter (8) gelieferter Mittelfrequenzrückkopplungen sorgt, und dass der zweite Umrichter (8) als Reihenschwingkreis-Typ mit einer Induktivität (9) und einem zusätzlichen Reihenkondensator (12) in Reihe zwischen dem Ausgang (8`) und der gemeinsamen Verbindung (10) der beiden Umrichter ausgeführt ist, um die Hochfrequenzrückkopplung des ersten Umrichters (6) zu unterdrücken und die Blindleistung der Induktivität (9) zu kompensieren."
Patentanspruch 2 hat in der Verfahrenssprache folgenden Wortlaut:
"2. A device for inductive heating of rotation symmetrical parts of complex shape, e. g. gears for surface hardening thereof, operating with at least two different frequencies, characterized in that the outputs of a first converter (6) delivering high frequency, and a second converter (8) delivering medium frequency are connected in common to a single induction coil (11) for operating said coil simultaneously, the first converter (6) is of series resonant circuit type, the capacitor Ck (7) for series compensation of the reactive power of the induction coil (11) providing a sufficient attenuation of feedbacks of medium frequency being delivered from the second converter (8), and the second converter (8) is made as a parallel resonant circuit type with an inductance (9) in series and an additional capacitance (13) parallel to the compensation capacitor Ck (16) in order to suppress the high frequency feedbacks of said first converter (6) and to compensate the reactive power of the said inductance (9)."
In der deutschen Übersetzung gemäß Streitpatentschrift lautet Patentanspruch 2:
"2. Vorrichtung zum induktiven Erwärmen von rotationssymmetrischen Teilen komplexer Form, z. B. von Zahnrädern, zu deren Oberflächenhärtung, welche mit wenigstens zwei verschiedenen Frequenzen arbeitet, wobei die Ausgänge eines ersten, eine hohe Frequenz liefernden Umrichters (6) und eines zweiten, eine mittlere Frequenz liefernden Umrichters (8) gemeinsam mit einer einzelnen Induktionsspule (11) verbunden sind, um die Spule gleichzeitig zu betreiben, dadurch gekennzeichnet, dass der erste Umrichter (6) vom Reihenschwingkreis-Typ ist, wobei der Kondensator Ck (7) zur Reihenkompensation der Blindleistung der Induktionsspule(11) für eine ausreichende Dämpfung vom zweiten Umrichter (8) gelieferter Mittelfrequenzrückkopplungen sorgt, und dass der zweite Umrichter (8) als Parallelschwingkreis-Typ mit einer Induktivität (9) in Reihe und einer zusätzlichen Kapazität (13) parallel zu dem Kompensationskondensator Ck (16) ausgeführt ist, um die Hochfrequenzrückkopplungen des ersten Umrichters (6) zu unterdrücken und die Blindleistung der Induktivität (9) zu kompensieren."
Wegen des Wortlauts der auf Patentanspruch 1 und 2 mittelbar oder unmittelbar rückbezogenen Patentansprüche 3 und 4 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
Die Klägerin macht geltend, der Gegenstand der Patentansprüche 1 und 2 sei nicht patentfähig, weil er weder neu sei noch auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.
Zur Begründung beruft sie sich auf folgende vorveröffentlichte Druckschriften:
NK 2: US 2,444,259 NK 3: H.-G. Matthes: "Der statistische Frequenz-Umrichter zum Einsatz in der industriellen Elektrowärme" in: elektrowärme international 35 (1977) B3, Juni, S. 159-166 NK 4: US 4,755,648 Die Klägerin beantragt, das europäische Patent EP 0 524 207 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und hält das Streitpatent für patentfähig.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Amtsakte des Deutschen Patent- und Markenamtes und der des Europäischen Patentamtes Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage, mit der der Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit a EPÜ i. V. m. Art. 54, 56 EPÜ) geltend gemacht wird, erweist sich als nicht begründet.
I.
1. Das Streitpatent betrifft eine Vorrichtung zum induktiven Erwärmen rotationssymmetrischer Teile komplexer Form, z. B. von Zahnrädern, deren Zähne anschließend durch Abschrecken gehärtet werden sollen. Bei der induktiven Erwärmung werden Metalle durch Wirbelstromverluste erwärmt, welche bei Einwirkung eines magnetischen Wechselfeldes im Metall erzeugt werden. Mit induktiver Erwärmung kann die zugeführte Wärme sehr genau dosiert werden.
Nach Angaben in der Streitpatentschrift (S. 2 Z. 3-24) ist es aber schwierig, bei einer unregelmäßigen Umfangskontur des Teils, z. B. eines Zahnrades, sowohl die Zahnspitzen als auch die Zahnwurzel so zu erwärmen, dass gleiche Härtungstiefen erreicht werden, weil hohe Frequenzen eine gute Härtung an den Zahnspitzen, nicht aber am Zahngrund ergäben, während niedrige Frequenzen umgekehrte Ergebnisse lieferten.
2. Aufgabe des Streitpatents ist es daher (S. 2 Z. 25-28 der Streit-PS), ein Verfahren sowie eine Vorrichtung zur gleichmäßigen Oberflächenhärtung von Zahnrädern bereitzustellen, mit denen die technologisch bedingten kurzen Erwärmungszeiten von typischerweise 0,5 bis 1 s ohne Vorerwärmung beibehalten werden sollen und das zeitaufwendige Umschalten zwischen verschiedenen Frequenzen vermieden wird.
3. Zur Lösung der Aufgabe schlägt das Streitpatent in seinem Patentanspruch 1 (in einer von der Klägerin gegliederten Fassung) eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:
1.1 Die Vorrichtung dient zum induktiven Erwärmen von rotationssymmetrischen Teilen komplexer Form, z. B. von Zahnrädern, zu deren Oberflächenhärtung;
1.2. die Vorrichtung arbeitet mit wenigstens zwei verschiedenen Frequenzen;
1.3. die Ausgänge eines ersten, eine hohe Frequenz liefernden Umrichters und eines zweiten, eine mittlere Frequenz liefernden Umrichters sind gemeinsam mit einer einzelnen Induktionsspule verbunden, um die Spule gleichzeitig zu betreiben;
1.4. der erste Umrichter ist vom Reihenschwingkreis-Typ;
1.5. der Kondensator Ck sorgt zur Reihenkompensation der Blindleistung der Induktionsspule für eine ausreichende Dämpfung vom zweiten Umrichter gelieferter Mittelfrequenzrückkopplungen;
1.6. der zweite Umrichter ist als Reihenschwingkreis-Typ mit einer Induktivität und einem zusätzlichen Reihenkondensator in Reihe zwischen dem Ausgang und der gemeinsamen Verbindung der beiden Umrichter ausgeführt:
1.7 die Induktivität und der zusätzliche Reihenkondensator in Reihe zwischen dem Ausgang und der gemeinsamen Verbindung der beiden Umrichter dienen dazu, die Hochfrequenzrückkopplung des ersten Umrichters zu unterdrücken und die Blindleistung der Induktivität zu kompensieren.
Die Aufgabe wird nach der Streitpatentschrift gemäß Anspruch 2 in einer von der Klägerin gegliederten Fassung auch durch eine Vorrichtung mit den folgenden Merkmalen gelöst:
2.1. Die Vorrichtung dient zum induktiven Erwärmen von rotationssymmetrischen Teilen komplexer Form, z. B. von Zahnrädern, zu deren Oberflächenhärtung, 2.2 die Vorrichtung arbeitet mit wenigstens zwei verschiedenen Frequenzen;
2.3. die Ausgänge eines ersten, eine hohe Frequenz liefernden Umrichters und eines zweiten, eine mittlere Frequenz liefernden Umrichters sind gemeinsam mit einer einzelnen Induktionsspule verbunden, um die Spule gleichzeitig zu betreiben;
2.4. der erste Umrichter ist vom Reihenschwingkreis-Typ;
2.5. der Kondensator Ck sorgt zur Reihenkompensation der Blindleistung der Induktionsspule für eine ausreichende Dämpfung vom zweiten Umrichter gelieferter Mittelfrequenzrückkopplungen;
2.6. der zweite Umrichter ist als Parallelschwingkreis-Typ mit einer Induktivität in Reihe und einer zusätzlichen Kapazität parallel zu dem Kompensationskondensator Ck ausgeführt;
2.7. die Induktivität und die zusätzliche Kapazität parallel zu dem Kompensationskondensator Ck dienen dazu, die Hochfrequenzrückkopplungen des ersten Umrichters zu unterdrücken und die Blindleistung der Induktivität zu kompensieren.
Zuständiger Fachmann ist auf dem hier einschlägigen Gebiet ein Dipl.-Ing. (FH oder Univ.) der Elektrotechnik mit Berufserfahrungen auf dem Gebiet der Entwicklung und dem Betrieb von Umrichtern für die induktive Erwärmung, der hinsichtlich der vorgesehenen Anwendung (hier: Erwärmen von Zahnrädern im Rahmen eines Härtungsprozesses) einen Dipl.-Ing. (Univ.) des Maschinenbaus oder der Verfahrenstechnik zu Rate zieht.
II.
1. Gegenstand des Patents Der Patentgegenstand ergibt sich für den Fachmann nicht allein aus dem Wortlaut der erteilten Patenansprüche 1 bzw. 2, sondern nur unter Berücksichtigung der Gesamtoffenbarung der Streitpatentschrift und dem allgemeinen Fachwissen auf dem Gebiet der Umrichtertechnik zum Prioritätszeitpunkt.
Die in beiden Patentansprüchen 1 bzw. 2 enthaltenen Angaben "zur Reihenkompensation der Blindleistung der Induktionsspule.." oder "mit einer Induktivität... in Reihe.." werden üblicherweise verwendet, wenn die Induktionsspule/Induktivität als (induktive) Last an einer Spannungsquelle oder einer Stromquelle liegt, deren Frequenz nicht von der Last, sondern durch eine von der Last unabhängige (interne) pulsweitenmodulierte Taktung der Stromrichterventile bestimmt wird. Solche Stromquellen werden als selbstgeführte Stromrichter/Umrichter bezeichnet.
Selbstgeführte Stromrichter können zwar Schwingkreise zur internen Kommutierung der Ströme von einem Ventilzweig auf einen anderen enthalten; sie werden aber nicht als "Umrichter vom Reihen-/Parallelschwingkreis-Typ" (Ansprüche 1 und 2) bezeichnet und sind deshalb auch nicht Gegenstand des Patents.
Unter einem "Umrichter vom Schwingkreis-Typ" versteht der Fachmann vielmehr einen lastgeführten Umrichter, der dadurch gebildet wird, dass ein induktiver Verbraucher (dem Energie zugeführt werden soll) durch Reihenschaltung oder Parallelschaltung von Kondensatoren zu einem Schwingkreis ergänzt wird, der die Frequenzführung des Umrichters übernimmt, wobei die Kondensatoren eine zum Umleiten des Stromes in jeweils andere Ventilzweige erforderliche Kommutierungsblindleistung liefern und auch den Blindleistungsbedarf des induktiven Verbrauchers decken.
Hinsichtlich der Anwendungsmöglichkeiten solcher lastgeführter Stromrichter bei der induktiven Erwärmung gehörte es schon lange vor dem Prioritätstag des Streitpatents zum allgemeinen Fachwissen, dass die hierfür erforderlichen Induktionsspulen als einphasige stark induktive Verbraucher vorteilhaft von einem Schwingkreis-Umrichter gespeist werden können, bei dem die Induktionsspule zusammen mit Reihen- oder Parallelkondensatoren die Schwingfrequenz bestimmt.
Das Patent betrifft somit ausschließlich lastgeführte Umrichter.
Deshalb enthalten die als "Umrichter" bezeichneten Blöcke 6, 8 der Figuren 3 und 4 der Streitpatentschrift - abweichend von der sonst üblichen Darstellung - auch keine vollständige Umrichterschaltung als Strom- oder Spannungsquelle, deren Ausgangsspannung/-strom mit der lastunabhängig vorgegebenen Frequenz an der Induktionsspule 9 als Last anliegt, wie die Frequenzkennzeichnungen links oben und rechts unten in jedem Block bei Betrachtung allein der Zeichnungen vermuten lassen würden.
Vielmehr enthalten die Blöcke im Wesentlichen lediglich Brückenschaltungen von Halbleiterventilen mit der zugehörigen Ansteuerung, deren Brückenausgangsspannung an den rechts von den Blöcken 6, 8 mit üblichen Schaltzeichen dargestellten Reihen- bzw. Parallelschwingkreisen anliegt, die mit den Halbleiterbrücken zusammen jeweils den Starkstromteil des lastgeführten Schwingkreis-Umrichters bilden.
Dabei wird die Frequenz jedes Schwingkreises nicht nur von der Induktionsspule 11 und dem Kondensator Ck, sondern von der wirksamen Gesamtkapazität bzw. Gesamtinduktivität bestimmt, für den Umrichter 8 in Figur 3 also die Reihenschaltung der beiden Kondensatoren 12 und 15 bzw. die Reihenschaltung der beiden Induktivitäten 11 und 9.
Nachdem die Parteien in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend einem solchen Verständnis der Figuren 3 und 4 der Streitpatentschrift zugestimmt haben, wird als Beleg für das diesbezügliche Fachwissen des Fachmanns lediglich auf die Bilder 14 und 16 der Entgegenhaltung NK 3 H.-G. Matthes a. a. O. verwiesen, in denen der als "Wechselrichter" bezeichnete Schaltungsteil den Blöcken 6, 8 in Figur 3 bzw. 4 entspricht und der als "Lastkreis" bezeichnete Schaltungsteil dem in Figur 3 bzw. 4 rechts von den Blöcken 6, 8 jeweils dargestellten Schwingkreis entspricht.
2. Neuheit Die Vorrichtungen zum induktiven Erwärmen gemäß den erteilten einander nebengeordneten Patentansprüchen 1 bzw. 2 sind jeweils neu.
2.1 US 2,444,259 (NK 2)
Aus der Figur 1 der US 2,444,259 bekannt ist eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen des Patentanspruchs 1:
1.1 Die Vorrichtung dient zum induktiven Erwärmen von rotationssymmetrischen Teilen komplexer Form, z. B. von Zahnrädern, zu deren Oberflächenhärtung (Sp. 1 Z. 1-8 und Sp. 3 Z. 50-59);
1.2. die Vorrichtung arbeitet mit wenigstens zwei verschiedenen Frequenzen (Sp. 2 Z. 14-23);
1.3. die Ausgänge eines ersten, eine hohe Frequenz (ca. 500 kHz) liefernden Umrichters 3 und eines zweiten, eine mittlere Frequenz (ca. 1 kHz) liefernden Umrichters 4 sind gemeinsam mit einer einzelnen Induktionsspule 1 verbunden, um die Spule gleichzeitig zu betreiben (Sp: 2 Z: 3-21);
Abweichend von den Merkmalen 1.4 und 1.6 ist keiner der beiden Umrichter 3,4 vom Reihenschwingkreis-Typ.
Zwar ist die Induktionsspule 1 schaltungstechnischer Bestandteil des Umrichters 3; jedoch ist dieser als Colpitts-Oszillator ausgeführt.
Der Umrichter 4 ist eine elektrische Maschine (salient pole type generator / Sp. 2 Z. 20-21), deren Ausgangsfrequenz von der Polzahl und der Antriebsdrehzahl bestimmt ist. An dieser Spannungsquelle liegt die Induktionsspule 1 als induktive Last, zu deren Kompensation der Kondensator 26 vorgesehen ist (Sp. 3 Z. 33-37).
Auch mit den beiden als Alternativen erwähnten Mittelfrequenzerzeugern (sparc gap generator, electronic generator vgl. Sp. 2 Z. 30-35) sind dort keine Umrichter vom Schwingkreis-Typ offenbart; denn an der Stelle der elektrischen Maschine 4 können ohne grundlegende Schaltungsänderung nur selbstgeführte Umrichter eingebaut werden.
Zwar weist die bekannte Vorrichtung zahlreiche Induktivitäten und Kondensatoren auf, von denen einige auch bei der Rückkopplungsdämpfung bzw. der Blindleistungskompensation wirksam sind. Da aber beide Umrichter nicht vom Reihenschwingkreis-Typ sind, sind auch die Merkmale 1.5 und 1.7. dort nicht bekannt.
So wirken im Umrichter 3 insgesamt vier Kondensatoren 10, 11, 12, 17 bei der Dämpfung der vom zweiten Umrichter 4 gelieferten Mittelfrequenzrückkopplungen mit, von denen - entgegen dem Vortrag der Klägerin (S. 8 Abs. 3 vom 12. Juli 2005) - nicht einer oder zwei auf den im Merkmal 1.5 angegebenen Kondensator gelesen werden können. Auch kann aus den beiden HF-Sperren 22, 24 bzw. 23, 25 nicht die jeweilige Induktivität "herausgepickt" und auf Merkmal 1.7 gelesen werden.
Hinsichtlich der Neuheit der Merkmale 2.1 bis 2.5 des Patentanspruchs 2 gegenüber der Vorrichtung gemäß Figur 1 der US 2,444,259 wird auf die vorangehenden Ausführungen zu den jeweils gleichlautenden Merkmalen 1.1 bis 1.5 des Anspruchs 1 verwiesen.
Aus den Ausführungen zum Merkmal 1.6 ergibt sich auch, dass der zweite Umrichter 4 - abweichend vom Merkmal 2.6 - nicht als Parallelschwingkreis-Typ ausgeführt ist mit einer Induktivität in Reihe.
Eine zusätzliche Kapazität parallel zu dem Kompensationskondensator 26 fehlt in Figur 6 ebenfalls, so dass auch Merkmal 2.7 nicht verwirklicht ist.
2.2 H.-G. Matthes: Der statistische Frequenzumrichter... (NK 3)
In Übereinstimmung mit dem Patentanspruch 1 bzw. dem Patentanspruch 2 sind aus H.-G. Matthes: Der statistische Frequenzumrichter... Vorrichtungen zum induktiven Erwärmen von Teilen zu deren Härtung bekannt (S. 159 li. Sp. Abs. 1-2) (Teilmerkmale 1.1 bzw. 2.1).
Schon abweichend vom Merkmal 1.1 bzw. 2.1 des Anspruchs 1 bzw. 2 ist dort das Problem der Erwärmung von rotationssymmetrischen Teilen komplexer Form, z. B. von Zahnrädern, nicht angesprochen.
Auch arbeitet keine der dort beschriebenen Vorrichtungen mit zwei verschiedenen Frequenzen, so dass die Merkmale 1.2 und 1.3 bzw. 2.2. und 2.3. dort nicht bekannt sind.
Restmerkmale Patentanspruch 1:
Die Vorrichtung gemäß Bild 14 zeigt zwar in Übereinstimmung mit Merkmal 1.4 einen Umrichter vom Reihenschwingkreis-Typ; der Kondensator im Lastkreis sorgt auch zur Reihenkompensation der Blindleistung der Induktionsspule (erstes Teilmerkmal 1.5).
Jedoch ist kein zweiter Umrichter mit einer zweiten Frequenz vorhanden, so dass das zweite Teilmerkmal von 1.5 sowie die den zweiten Umrichter voraussetzenden Merkmale 1.6 und 1.7 dort nicht bekannt sind.
Restmerkmale Patentanspruch 2:
Die Vorrichtung gemäß Bild 16 zeigt in Übereinstimmung mit dem ersten Teilmerkmal 2.6 einen Umrichter vom Parallelschwingkreis-Typ; die restlichen Teilmerkmale von 2.6 sind dort nicht vorhanden.
Da ein (erster) parallelgeschalteter Umrichter vom Reihenschwingkreis-Typ nicht vorgesehen ist, entnimmt der Fachmann dort auch nicht die mit diesem verbundenen Merkmale 2.4, 2.5 und 2.7.
2.3 US 4,755,648 (NK 4)
2.3.1 Umrichtertypen Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei den in der US 4,755,648 beschriebenen Umrichtern nicht um lastgeführte Schwingkreis-Umrichter, wie sie bei der patentgemäßen Vorrichtung vorgesehen sind.
Dies trifft - zwischen Beteiligten unstreitig - zunächst auf den anhand der Figuren 4 bis 6 beschriebenen Umrichter zu. Denn mit der dort vorgesehenen Frequenzsteuerung (frequency control device, vgl. insbesondere Abstract, Sp. 2 Z. 47-59, Sp. 3 Z. 31-48) ist dieser Umrichter selbstgeführt und speist als frequenzveränderliche Spannungsquelle die Induktionsspule 401 als induktive Last.
Schon im Hinblick darauf, dass sich lastgeführte Schwingkreis-Umrichter - wie im Zusammenhang mit dem Gegenstand des Patents dargelegt - grundsätzlich von selbstgeführten Umrichtern unterscheiden, erscheint es dem Senat abwegig, dass die US 4,755,648 in den Figuren 1 bis 3 von lastgeführten Schwingkreis-Umrichtern als Stand der Technik ausgeht, wenn die anschließend anhand der Figuren 4 bis 6 beschriebene Erfindung selbstgeführte Umrichter betrifft.
Darüber hinaus versteht der Fachmann auch die im Zusammenhang mit den Ausgangsgrößen der Umrichter 3, 31, 32 gewählten Formulierungen "to produce a highfrequency voltage/alternating current to be supplied to the heating coil 4..." (Sp. 1 Z. 53, 54 i. V. m. Sp. 1 Z. 40 + 41 bzw. "that produces an output that is different in power and frequency from the output produced by..." (Sp. 2 Z. 10-13) so, dass die Umrichter selbstgeführt sind und ihre(n) Ausgangsspannung/-strom mit der intern vorgegebenen Frequenz an die dargestellte Last 4 abgeben.
Zum "typical layout" (Sp. 1 Z. 35) solcher selbstgeführter Umrichter gehört aber in Figur 3 kein Kondensator in Reihe zu den Induktivitäten 611, 612, 621, 622, der die induktive Last zu einem Schwingkreis ergänzen würde, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat.
Ein solcher Kondensator wird deshalb vom Fachmann auch nicht implizit mitgelesen und in der Schaltung gemäß Figur 3 nicht in Gedanken ergänzt.
Auch das Vorhandensein eines Gleichspannungszwischenkreises ist kein Indiz dafür, dass Figur 3 einen Schwingkreis-Umrichter zeigt. Denn ein solcher Zwischenkreis ist sowohl bei selbstgeführten wie bei lastgeführten Umrichtern gebräuchlich, wie Figur 6 der US 4,755,648 und Bild 14 der Veröffentlichung von H.-G. Matthes... (NK 3) belegen; in beiden Fällen wird dem Wechselrichter hiermit lediglich eine Konstantspannungsquelle zur Verfügung gestellt (Matthes a. a. O., S. 163 li. Sp., Abs. 6).
Auch dass die Blöcke 3, 31, 32 in den Figuren 1 bis 3 dieser Druckschrift in gleicher Weise dargestellt sind wie die Blöcke 6, 8 im Streitpatent, kann entgegen der Ansicht der Klägerin aus den vorgenannten Gründen zu keiner anderen Beurteilung führen, weil - wie in den Ausführungen zum Patentgegenstand (Punkt 1) erläutert ist - die Figuren 3 und 4 des Streitpatents von der üblichen Darstellung abweichen.
2.3.2 Vergleich mit dem Patentgegenstand Im Hinblick auf das Vorstehende und unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Beschreibungseinleitung (Sp. 1 Z. 8 bis Sp. 2 Z. 36) der US 4,755,648 entnimmt der Fachmann zwar aus deren Figur 3 eine Vorrichtung zum induktiven Erwärmen mit den Merkmalen 1.1 bis 1.3 bzw. 2.1 bis 2.3.
Da aber dort keine Schwingkreis-Umrichter vorgesehen sind, sind die Merkmale 1.4 bis 1.7 bzw. 2.4 bis 2.7 dort nicht verwirklicht.
3. Erfinderische Tätigkeit Die mit den erteilten Patentansprüchen 1 bzw. 2 unter Schutz gestellte Lehre ergibt sich für den Fachmann auch nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.
3.1 Patentanspruch 1 Ausgehend von einer Vorrichtung zum induktiven Erwärmen, wie sie in der Figur 1 der US 2,444,259 (NK 2, 29. Juni 1948) beschrieben ist, die bereits ohne das Umschalten zwischen zwei verschiedenen Frequenzen arbeitet, stellt sich dem Fachmann zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents noch das technische Problem, eine solche Vorrichtung mit moderner Technik zu verwirklichen, die weiterhin mit der in der Streitpatentschrift (S. 2 Z. 25-28) angegebenen technologisch bedingten Erwärmungszeit ohne Vorerwärmung auskommt.
Die in der Veröffentlichung von H.-G. Matthes... (NK 3, 1977) zutreffend dargelegte Entwicklung von Umrichtern für die industrielle Elektrowärme ging aus von den rotierenden Umrichtern hin zu statischen Umrichtern mit Silicium-Thyristoren, die erst Anfang der sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts in Ausführungen zur Verfügung standen, welche eine direkte Einbeziehung in die Mittelfrequenzerzeugung erlaubten (vgl. insbes. die Abschnitte Übersicht und Generatoren zur Mittelfrequenzerzeugung).
Angesichts der dem Fachmann bekannten Nachteile und technischen Grenzen röhrenbetriebener Oszillatoren begrenzter Leistung und rotierender elektrischer Maschinen bestand für den Fachmann zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents aller Anlass, sich nach neuerer Technik umzusehen und dabei insbesondere Umrichter in Betracht zu ziehen, die mit modernen Halbleiter-Bauelementen aufgebaut sind und bessere technische Werte erreichen.
Ihm war deshalb nahegelegt, die in der Veröffentlichung von H.-G. Matthes... beschriebenen Schwingkreis-Umrichter für die Modernisierung der aus der US 2,444,259 bekannten Vorrichtung in Betracht zu ziehen.
Der Klägerin ist daher insoweit zuzustimmen, dass der Fachmann daran denken würde, sowohl den Umrichter 3 für die hohe Frequenz als auch den Umrichter 4 für die mittlere Frequenz durch Schwingkreis-Umrichter zu ersetzen.
Angesichts der zahlreich genannten Vorteile, z. B. äußerst einfach.., hoher Wirkungsgrad.., allen Umrichtertypen überlegen.. usw. (vgl. S. 163 ab li. Sp. Abs. 5), mag sein Blick auch besonders auf die beiden Schwingkreis-Umrichter gemäß Bild 14 und Bild 16 gelenkt werden.
Zur Lösung des angegebenen Problems wird er sich ohne weiteres dafür entscheiden, in der bekannten Vorrichtung sowohl den Umrichter 3 für hohe Frequenz als auch den Umrichter 4 für die mittlere Frequenz durch jeweils einen Parallelschwingkreis-Umrichter gemäß Bild 16 der Veröffentlichung H.-G. Matthes... zu ersetzen.
Denn für diesen Umrichter-Typ ist nicht nur angegeben, dass er hinsichtlich seiner Einsetzbarkeit allen dort genannten anderen Typen überlegen sei und einen großen Frequenzbereich ermögliche, sondern dass dieser auch problemlos parallel betrieben werden könne (S. 163 re. Sp. Abs. 3), wie es auch die mit zwei verschiedenen Frequenzen arbeitende bekannte Vorrichtung erfordert.
Zwar ist dort nur auf einen Parallelbetrieb zur Leistungserhöhung abgestellt, d. h. auf den Parallelbetrieb mit Umrichtern gleicher Frequenz. Jedoch gehört es schon zum allgemeinen Fachwissen des Fachmanns, störende Einkopplungen durch geeignete Frequenzsperren oder Filter zu blockieren; auch die aus US 2,444,259 bekannte Vorrichtung weist mit den Filtern 22, 24 bzw. 23, 25 bereits derartige Mittel auf.
Schon der Hinweis auf eine niedrige Frequenzgrenze von Reihenschwingkreis-Umrichtern und deren geringe Eignung zum induktiven Erwärmen (H.-G. Matthes... S. 163 re. Sp. Abs. 2) halten den Fachmann jedoch davon ab, diesen Umrichtertyp zur Modernisierung der aus US 2,444,259 bekannten Vorrichtung überhaupt in Betracht zu ziehen.
Auch sähe er sich schon für eine Parallelschaltung zweier Reihenschwingkreis-Umrichter, wie sie der erteilte Patentanspruch 1 lehrt, dem Problem gegenüber, eine einzige (Induktions-)Spule so zu verschalten, dass sie gleichzeitig als Schwingkreis-Induktivität zweier Reihen-Schwingkreise wirksam wird.
Die Veröffentlichung von H.-G. Matthes... macht im Zusammenhang mit dem Reihenschwingkreis-Umrichter keine Angaben zur Eignung für einen Parallelbetrieb.
Dass Reihenschwingkreis-Umrichter ebenso problemlos parallelschaltbar sind wie Parallelschwingkreis-Umrichter, ist auch aus den übrigen im Verfahren genannten Druckschriften, insbesondere aus der US 4, 755,684 (NK 4) nicht ersichtlich, denn diese offenbart - wie dargelegt - keine lastgeführten Schwingkreis-Umrichter.
Solches gehörte nach Auffassung des Senats zum Prioritätszeitpunkt auch nicht zum allgemeinen Fachwissen auf dem Gebiet der Stromrichtertechnik.
3.2 Patentanspruch 2 Im Hinblick auf die vorgenannten Gesichtspunkte und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Halbleiter-Ventile eines Reihenschwingkreis-Umrichters die Zwischenkreis-Spannung und beim Parallelschwingkreis-Umrichter den Zwischenkreis-Strom abwechselnd an den Schwingkreis legen, wird der Fachmann schon gar nicht in Betracht ziehen, wie beim Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 2 einen Reihenschwingkreis-Umrichter und einen Parallelschwingkreis-Umrichter mit einer einzelnen Induktionsspule als beiden gemeinsamer Induktivität zu verschalten.
3.3 Zusammenfassung Nach alledem kann sich der Senat der von der Klägerin vorgetragenen Ansicht nicht anschließen, die Veröffentlichung von H.-G. Matthes... werde vom Fachmann hinsichtlich geeigneter Schwingkreis-Umrichter als Baukasten angesehen, aus dem er die beiden Typen gemäß Bild 14 und Bild 16 in beliebiger Kombination ohne weiteres kombinieren werde.
Eine Vorrichtung zum induktiven Erwärmen, die gemäß Patentanspruch 1 bzw. 2 zwei Umrichter vom Reihenschwingkreis-Typ (Merkmale 1.4 und 1.6) bzw. einen Umrichter vom Reihenschwingkreis-Typ und einen Umrichter vom Parallelschwingkreis-Typ (Merkmale 2.4 und 2.6.) aufweist, ergibt sich deshalb aus dem Stand der Technik nicht in naheliegender Weise.
Einen gegenteilige Beurteilung würde deshalb auf einer in Kenntnis der Erfindung rückschauenden und deshalb unzulässigen Betrachtung beruhen (vgl. Busse, Patentgesetz, 6. Auflage, Rn. 26 zu § 4 m. w. N.).
4. Unteransprüche Die ebenfalls angegriffenen Ansprüche 3 und 4 haben aufgrund ihrer Rückbeziehung auf die Ansprüche 1 bzw. 2 mit diesen Bestand, ohne dass es hierzu weiterer Feststellungen bedurfte (BPatGE 34, 215).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.
Sredl Dr. Kaminski Klante Groß
Dr. Scholz Be
BPatG:
Urteil v. 28.06.2007
Az: 2 Ni 34/05
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