Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. August 2004
Aktenzeichen: 26 W (pat) 69/03

(BPatG: Beschluss v. 04.08.2004, Az.: 26 W (pat) 69/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die Eintragung der für die Waren und Dienstleistungen

"Biere; Mineralwässer; kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; alkoholische Getränke (ausgenommen Biere); Verpflegung; Beherbergung von Gästen"

bestimmten farbigen Wort-/Bildmarke 300 22 618 ist Widerspruch erhoben worden aus der für die Waren und Dienstleistungen

"Bières; eaux minerales et gazeuses et autres boissons non alcooliques (à l'exception de celles à base de cafe, de the, de cacao, de chocolat ou des boissons lactees); limonades, panaches; boissons de fruits et jus de fruits; sirops et autres preparations pour faire des boissons.

Boissons alcooliques (à l'exception des bières); vins, vins chauds, aperitifs, amers, liqueurs, eaux de vie, spiritueux, boissons alcoolisees petillantes aromatisees.

Services de restaurants (alimentation), de cafesrestaurants, de cafeterias, de brasseries, de bars, de restaurants libreservice, de restaurants à service rapide et permanent, et plus generalement de restauration et d'h™tellerie; location de distributeurs automatiques"

geschützten IR-Marke 741 092 sowie der IR-Marke 555 965 FISCHER die für Waren der Klasse 32 geschützt ist.

Die Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts hat aufgrund des Widerspruchs aus den beiden vorgenannten IR-Marken die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. Zur Begründung der Gefahr von Verwechslungen zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke IR 741 092 hat sie ausgeführt, die beiden sich gegenüberstehenden Marken seien überwiegend zur Kennzeichnung identischer und im übrigen ähnlicher Waren bestimmt. Bei Zugrundelegung einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei ein deutlicher Abstand erforderlich, den die jüngere Marke jedoch nicht einhalte, weil der Gesamteindruck beider Kennzeichnungen jeweils von dem Markenbestandteil "FISCHER'S" bzw "Fischer" geprägt werde. Innerhalb der angegriffenen Marke schieden insbesondere die Markenwörter "Stiftungsbräu" und "RUSS'" sowie "BIERMISCH-GETRÄNK" als nicht unterscheidungskräftige Angaben für kennzeichnende Zwecke aus. So beschreibe das Markenelement "Stiftungsbräu" die Rechtsform der Herkunftsstätte der angebotenen Waren und Dienstleistungen, während die Worte "RUSS' und BIERMISCH-GETRÄNK" für den Verkehr auf die Art der angebotenen Waren hinwiesen. Die Bildbestandteile und weiteren Wortelemente träten ebenfalls deutlich zurück.

Innerhalb der Widerspruchsmarke schieden ebenfalls die Markenbestandteile "Tradition" und "Depuis 1921" sowie die Bildelemente als kennzeichnende Angaben aus. Da die Wörter "FISCHER'S" und "Fischer" bis auf den Konsonanten "S", in dem der Verkehr lediglich die Genitivform des Wortes "Fischer" sehen werde, übereinstimmten, bestehe die Gefahr klanglicher Verwechslungen.

Aus den gleichen Erwägungen hält sie den Widerspruch aus der IR-Marke 555 965 "FISCHER" für begründet.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Ihrer Ansicht nach besteht zwischen den sich gegenüberstehenden Marken nicht die Gefahr von Verwechslungen. Bei einem Zusammentreffen von Wort- und Bildelementen innerhalb einer Marke sei nur dann allein auf die Wortbestandteile abzustellen, wenn es sich bei den Bildbestandteilen um nichtssagende, geläufige und nicht ins Gewicht fallende graphische Gestaltungen handele. Hier präge der besonders markante Bildteil "Mann auf Bierfaß" vorrangig das visuelle Erscheinungsbild der Widerspruchsmarke IR 741 092, an dem sich der Durchschnittsverbraucher deshalb vorrangig orientiere. Entsprechendes gelte für die jüngere Marke, bei der die markanten Bildbestandteile "überdimensioniertes Weißbierglas", "zwei Zitronen" etc ebenfalls den Wortbestandteil "FISCHER'S" in den Hintergrund treten ließen. Das weitere Wort "RUSS" sei dem Durchschnittsverbraucher als Bezeichnung für ein Kombinationsgetränk aus Limonade und Weißbier unbekannt und stelle deshalb für ihn eine Phantasiebezeichnung dar, so daß der Bestandteil "FISCHER'S" in den Hintergrund trete. Damit ergebe eine Gesamtwürdigung der beiden sich gegenüberstehenden Zeichen, daß sie in den prägenden Bestandteilen nicht ähnlich seien.

Schließlich handele es sich bei dem Bestandteil "Fischer's" der angegriffenen Marke um ein seit über einem Jahrhundert durchgängig im geschäftlichen Verkehr verwendetes Unternehmenskennzeichen iSd § 5 Abs 2 MarkenG mit hoher Kennzeichnungskraft, dem nach dem kennzeichnungsrechtlichen Prioritätsgrundsatz gegenüber den Widerspruchsmarken Vorrang zukommen müsse.

Demgemäß beantragt die Beschwerdeführerin die Zurückweisung der Widersprüche.

Die Widersprechende, die ihren Widerspruch aus der IR-Marke 555 965 zurücknimmt, stellt den Antrag, die Beschwerde zurückzuweisen.

Angesichts der Identität der beiderseitigen Waren der Klasse 32 hält sie die sich noch gegenüberstehenden Kennzeichnungen für klanglich verwechselbar. Die Bildelemente ihrer Widerspruchsmarke IR 741 092 seien nicht geeignet, die Marke zu bezeichnen. Die Verbraucher würden sich immer an dem Wort "Fischer", das auch optisch deutlich ins Gewicht falle, orientieren und diesem Element eine selbständig kollisionsbegründende Stellung zuschreiben. Dieses Wortelement sei wiederum nahezu identisch mit dem prägenden Wortelement "FISCHER'S" der jüngeren Marke. Da ihre Brauerei "Fischer" bereits im Jahr 1921 gegründet worden sei, habe nicht die Beschwerdeführerin, sondern sie, die Widersprechende, die älteren Rechte an dem Namen "Fischer".

II.

Die zulässige Beschwerde erweist sich als unbegründet. Zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke IR 741 092 besteht die Gefahr von klanglichen Verwechslungen gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Die Gefahr markenrechtlich erheblicher Verwechslungen ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl EuGH GRUR 1998, 387 -Sabèl/Puma). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (vgl EuGH GRUR 1998, 922 - Canon).

Bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit ist im vorliegenden Fall von Warenidentität auszugehen, denn sowohl die angegriffene Wort-Bild-Marke als auch die ältere IR-Marke sind ua für "Biere" und "Mineralwässer" bestimmt. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke wird als durchschnittlich angenommen. Die danach an den Abstand der sich gegenüberstehenden Kennzeichen zu stellenden Anforderungen werden von der angegriffenen Marke nicht gewahrt.

Bei der Prüfung der Ähnlichkeit der Vergleichszeichen ist grundsätzlich auf den Gesamteindruck abzustellen, den sie hervorrufen (EuGH aaO - Sabèl/Puma; BGH GRUR 2000, 506 - ATTACHÉ/TISSERAND mwNachw). Insoweit unterscheiden sich die beiden Marken in ihrer registrierten Form bereits aufgrund der unterschiedlichen Bildbestandteile hinreichend voneinander. Gleichwohl kann auch dann, wenn sich Marken in ihrer Gesamtheit nicht verwechselbar nahe kommen, eine Verwechslungsgefahr iSd § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG bestehen, wenn einzelne Bestandteile der Marken Ähnlichkeiten aufweisen und diese ähnlichen Bestandteile den jeweiligen Gesamteindruck der Marken prägen. Eine das Gesamtzeichen prägende Kennzeichnungskraft kann einem einzelnen Markenbestandteil ausnahmsweise zugemessen werden, wenn ihm in der Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung zukommt und er deshalb geeignet ist, die Erinnerung an das Gesamtzeichen wachzurufen, während die weiteren Elemente der Marke nur eine untergeordnete Bedeutung haben (vgl BGH GRUR 2000, 233 - RAUSCH/EL-FI RAUCH). Bei dieser Beurteilung ist von einem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren auszugehen (vgl BGH aaO - ATTACHÉ/TISSERAND).

Nach diesen Grundsätzen ist von einer Prägung der Widerspruchsmarke durch das Wort "Fischer" auszugehen: Wie bereits die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, sind die weiteren Wortbestandteile der Widerspruchsmarke "Tradition" und "Depuis 1821" als offensichtlich beschreibende Warenangaben nicht geeignet, den Gesamteindruck der Widerspruchsmarke zu prägen. Entgegen der von der Markeninhaberin vertretenen Ansicht kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß - ausnahmsweise - der Bildteil "Mann auf Bierfaß" den Gesamteindruck der Widerspruchsmarke prägt. Eine derartige Annahme widerspricht dem allgemeinen Erfahrungssatz, wonach bei einem Zusammentreffen von Wort- und Bildbestandteilen der Verkehr idR dem Wort als einfachste und kürzeste Bezeichnungsmöglichkeit eine prägende Bedeutung beimißt (vgl Ströbele/Hacker MarkenG, 7. Aufl, § 9 Rdn 434 mwNachw). Es liegen keine überzeugenden Gründe vor, von diesem Erfahrungssatz abzuweichen, zumal das als Name bekannte Wort "Fischer" durch seine Schriftgröße und zentrale Anordnung die Widerspruchsmarke dominiert.

Entsprechendes gilt für die jüngere Marke: Auch hier illustrieren die Bildbestandteile "Weißbierglas und Zitrone" nur die beschreibenden Aussagen "Stiftungsbräu RUSS BIERMISCH-GETRÄNK", während sich unter einem Männerportrait deutlich lesbar der Name "FISCHER'S" als eigenständiger Herkunftshinweis anbietet. Das Wort "RUSS" trägt zum Gesamteindruck der jüngeren Marke nichts Entscheidendes bei, denn hierbei handelt es sich um eine den Verbrauchern geläufige Gattungsbezeichnung, mit der ein beliebtes Sommergetränk bezeichnet wird, das je zur Hälfte aus Weißbier und klarer Zitronenlimonade gemischt wird, was zudem durch die weiteren Angaben "BIERMISCH-GETRÄNK aus 50 % kristallklarem Weißbier und 50 % kalorienarmer Zitronenlimonade" zusätzlich verdeutlicht wird.

Die prägenden Wörter "FISCHER'S" und "Fischer" sind bis auf den zusätzlichen Konsonanten "S" klanglich identisch. Da der Verkehr in "FISCHER'S" lediglich die Genitivform des Wortes "Fischer" sehen wird, vermag dieser Unterschied die klangliche Übereinstimmung der Zeichen nicht zu beseitigen.

Soweit die Beschwerdeführerin vorträgt, bei einem Bestandteil ihrer Marke handele es sich um ein seit über einem Jahrhundert verwendetes Unternehmenskennzeichen, weshalb ihm gegenüber der Widerspruchsmarke ein Vorrang zukommen müsse, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Zwar kann ein Kennzeichen zugleich als geschäftliche Bezeichnung iSd § 5 Abs 2 MarkenG und als Marke geschützt sein, in diesem Fall muß aber zwischen beiden Schutzrechten streng unterschieden werden. Während für die Bestimmung des Zeitrangs von Unternehmenskennzeichen gemäß § 6 Abs 3 MarkenG der Zeitpunkt maßgeblich ist, zu dem seine Benutzung aufgenommen würde, richtet sich der Zeitrang der eingetragenen (dh der hier angegriffenen und allein streitgegenständlichen) Marke nach ihrem Anmeldetag (§ 6 Abs 2 MarkenG), der später als der der Widerspruchsmarke zukommende Prioritätszeitpunkt liegt, so daß die Markeninhaberin mit ihrem Einwand, sie besitze eine entsprechende ältere Marke, im (kursorischen) Widerspruchsverfahren nicht gehört werden kann (vgl zB Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 42 Rn 84).

Demnach war der Beschwerde der Erfolg zu versagen.

Aufgrund der Rücknahme des Widerspruchs aus der IR-Marke 555 965 - FI-SCHER ist der Beschluß der Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. Dezember 2002 allerdings teilweise wirkungslos geworden, weil dem Widerspruchsverfahren insoweit gemäß § 82 Abs 1 Satz 1 MarkenG iVm § 269 Abs 3 Satz 1 ZPO die Grundlage entzogen wurde.

Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen (§ 71 Abs 1 MarkenG) bestand kein Anlaß.

Albert Reker Kraftbr/Pü






BPatG:
Beschluss v. 04.08.2004
Az: 26 W (pat) 69/03


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