Bundespatentgericht:
Urteil vom 25. Mai 2004
Aktenzeichen: 3 Ni 4/03

(BPatG: Urteil v. 25.05.2004, Az.: 3 Ni 4/03)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 3. Dezember 1985 unter Inanspruchnahme der Prioritäten der amerikanischen Patentanmeldungen 677 813 vom 4. Dezember 1984, 688 622 vom 3. Januar 1985 und 693 258 vom 22. Januar 1985 beim Europäischen Patentamt angemeldeten und am 8. Januar 1992 veröffentlichten, in der Verfahrenssprache Englisch erteilten europäischen Patentes 0 411 678 B2 (Streitpatent), das vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 35 85 161 geführt wird. Das Streitpatent betrifft in der im europäischen Einspruchsverfahren aufrechterhaltenen Fassung ein "Herstellungsverfahren für Erythropoietin" und umfasst für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland 9 Patentansprüche, von denen die Patentansprüche 1, 8 und 9 wie folgt lauten:

1. Rekombinanter DNA Plasmidvektor, der für humanes EPO des Klons Lambda HEPOFL 13 (ATCC 40153) kodierende cDNA enthält.

8. Verfahren zur Herstellung von rekombinantem humanem Erythropoietin (hEPO) durch die Schritte:

(a) Kultivieren von CHO-Zellen, die eine für humanes Erythropoietin kodierende DNA-Sequenz enthalten, in einem geeigneten Medium, wobei die DNA-Sequenz operativ mit einer Expressionskontrollsequenz verknüpft ist, und

(b) Gewinnen und Abtrennen des rekombinanten hEPO von den Zellen und dem Medium, dadurch gekennzeichnet, daß CHO-Zellen verwendet werden, welche die Fähigkeit zur Bildung von N- und O-verknüpfter Glycosylierung unter Einbau von Fucose und N-Acetylgalactosamin haben und daß rekombinantes hEPO mit N- und O-verknüpfter Glycosylierung gewonnen und von den Zellen und dem Medium abgetrennt wird.

9. Verfahren nach Anspruch 8, worin das rekombinante hEPO ein Glycosilierungsmuster hat, das relative molare Mengen von Hexosen zu N-Acetylglucosamiun (Nacglc) von 1,4 : 1, insbesondere Galactose : Nacglc = 0,9 : 1 und Mannose zu Nacglc = 0,5 : 1 umfaßt.

Wegen der auf Patentanspruch 1 mittelbar bzw unmittelbar rückbezogenen Patentansprüche 2 und 4, sowie auf diese jeweils rückbezogenen Patentansprüche 3, 5 bis 7 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.

Die Klägerin macht geltend, das Streitpatent sei im Umfang der Patentansprüche 8 und 9 nicht patentfähig, weil diesen Patentansprüchen nicht die in Anspruch genommene Priorität vom 22. Januar 1985 zukäme, deren Gegenstand unzureichend offenbart sei, es diesem ferner an der Neuheit fehle und der Gegenstand dieser Patentansprüche darüber hinaus nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Zur Begründung beruft sie sich im wesentlichen auf folgende Unterlagen:

NK1 EP 0411 678 B2, NK1a AT E 71 408 T2, NK2 EP 411 678 B1, NK3 EP 0 148 605 A2, NK4 Gutachten von Prof. Dr. J. P. Kamerling vom 4. November 1992, NK5 Gutachten von Prof. Dr. J. P. Kamerling vom 1. Mai 2000, NK6 Entscheidung T 0277/95 der Technischen Beschwerdekammer 3.3.4 des Europäischen Patentamtes, NK7 Erklärung von Prof. Lawrence Chasin vom 27. Oktober 1992, nebst deutscher Übersetzung, NK8 Entscheidung T 0636/97 der Technischen Beschwerdekammer 3.3.4 des Europäischen Patentamtes, NK9 Browne J. K. et al "Erythropoietin: Gene Cloning, Protein Structure, and Biological Properties" in: Cold Spring Harbor Symposia on Quantitative Biology, Volume LI, 1986 S 693 bis 702, NK10 Analyse des rekombinanten Erythropoietin-Produkts von Amgen aus dem Jahr 1985, durchgeführt von Oxford GlycoSystems Limited, aus dem Jahr 1992 (Lot-Nr. L07B), NK11 Übersichtstabelle NK12 Entscheidung des Landgerichts den Haag vom 17. Januar 2001, Aktenzeichen 99/3046, NK13 Chasin, L. A., J Cell Physiol 1973 (82) S 299 bis 307, NK14 Versuche und Gutachten von Prof. Richard D. Cummings vom 6. November 2000, NK15 Entscheidung des Royal Courts of Justice vom 11. April 2001, Aktenzeichen CH 1993-K-No. 937 und CH 1993-B-No. 4552, NK16 Zusammenfassung der Entscheidung des Obergerichts Zug vom 21. Juni 1996, "Erythropoietin III" - Aktenzeichen JZ 1995/6.10 NK17 Lin, F.-K. et al, Proc Natl Acad Sci USA 1985 S 7580 bis 7584 Die Klägerin beantragt, das europäische Patent 0 411 678 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Patentansprüche 8 und 9 für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und hält das Streitpatent für patentfähig. Zur Stützung ihres Vorbringens verweist sie auf folgende Dokumente B1 Römpp Lexikon Biotechnologie, 1992 S 389, B2 Kopie aus der Erteilungsakte EP 0148 605 des Europäischen Patentamts, B3 Kopien von Seiten aus dem Labortagebuch des Erfinders Lin von NK3, B4 Sasaki, H. et al, Journal of Biological Chemistry 1987 S 12059 bis 12073, B5 Urlaub, G. and Chasin, L. A., Proc Natl Acad Sci USA 1980 S 4216 bis 4220, B6 Krieger, M. et al, J. Mol. Biol. 1981 (150) S 167 bis 184, B7 Krieger, M. et al, TIBS November 1985 S 447 bis 452, B8 Gutachten von Pamela Stanley vom 6. Oktober 1992, B9 Titelblatt, Analysenangaben aus Beispiel 10, Patentansprüche der US 5 441 868, B9.1 Titelblatt, Analysenangaben aus Beispiel 10, Patentansprüche der US 5 547 933, B9.2 Titelblatt, Analysenangaben aus Beispiel 10, Patentansprüche der US 5 621 080, B10 Goldwasser, E., Blood Cells 1984 (10) S 147 bis 162, B11 Entscheidung T 0412/93 der Beschwerdekammer 3.3.4 des Europäischen Patentamts vom 21. November 1994, B12 Egrie, J.C. et al., Immunobiol 1986 (172) 213-224, B13 Entscheidung Bailiff's Court (Dänemark) vom 03. November 2000.

Gründe

Die zulässige Klage erweist sich als unbegründet.

Die geltend gemachten Nichtigkeitsgründe der mangelnden Patentfähigkeit und der unzureichenden Offenbarung stehen dem Streitpatent nicht entgegen, Art II § 6 Abs 1 Nr 1, Nr 2 IntPatÜG, Art 138 Abs 1 lit a, 52, 54, 56, 83 EPÜ.

I.

1. Das Streitpatent betrifft ein Herstellungsverfahren für Erythropoietin gemäß den Patentansprüchen 8 und 9, einen rekombinanten DNA Plasmidvektor, der für humanes EPO des Klons Lambda HEPOFL 13 (ATCC 40153) kodierende cDNA enthält gemäß Patentanspruch 1 sowie Säugetierzellen, die zur Expression von humanem Erythropoietin befähigt sind, gemäß den Patentansprüchen 2 bis 7. Von der Nichtigkeitsklägerin werden nur die Patentansprüche 8 und 9 angegriffen.

Wie im einleitenden Teil der deutschen Übersetzung der Streitpatentschrift ausgeführt wird, stimuliert Erythropoietin, ein Glykoprotein, die Erythrozytenbildung in höheren Organismen. Es stellt daher im Hinblick auf die klinische Behandlung von Anämie, insbesondere der renalen Anämie, ein viel versprechendes therapeutisches Mittel dar. Seine Verwendung ist jedoch mit Antigenizitätsproblemen verbunden, weshalb es bevorzugt aus Rohmaterial menschlichen Ursprungs hergestellt wird, das aber nur begrenzt verfügbar ist. Als Alternative vorgeschlagen zur Massenproduktion von Erythropoietin wurde in der Fachliteratur daher die in vivo Multiplizierung von menschlichen Lymphoblastoid-Zellen oder auch die Herstellung mittels rekombinanter DNA-Techniken (vgl NK1a S 1 Abs 2 bis S 3 Abs 5 iVm NK1 S 1 Abs [0002] bis [0011]).

2. Vor diesem Hintergrund ist es Aufgabe des Streitpatentes, ein weiteres Verfahren bereitzustellen, das es ermöglicht, humanes EPO in großen Mengen zur Verfügung zu stellen (vgl NK1 S 3 Abs [0009] und S 3/4 Abs [0012], insbesondere S 4 Z 4/5 sowie NK1a S 3 Abs 3 und S 4 Abs 1).

3. Gelöst wird diese Aufgabe gemäß Patentanspruch 8 durch ein Verfahrena) zur Herstellung von rekombinantem humanem Erythropoietin (= hEPO), b) bei dem CHO-Zellen in einem geeigneten Medium kultiviert werden, c) die CHO-Zellen eine für hEPO kodierende DNA-Sequenz enthalten, die operativ mit einer Expressionskontrollsequenz verknüpft ist, undd) das rekombinante hEPO gewonnen wird und von den Zellen und dem Medium abgetrennt wird, e) wobei die CHO-Zellen die Fähigkeit zur Bildung von N- und O- verknüpfter Glycosylierung unter Einbau von Fucose und N-Acetylgalaktosamin haben, so daß

f) rekombinantes hEPO mit N- und O-verknüpfter Glycosylierung gewonnen und von den Zellen und dem Medium abgetrennt wird.

4. Der für die Lösung dieses Problems zuständige Fachmann ist ein promovierter Wissenschaftler mit mehrjähriger Erfahrung auf dem hier betrachteten Gebiet der Gentechnologie.

II.

Die Patentansprüche 8 und 9 in der erteilten Fassung erweisen sich als bestandsfähig. Die Klägerin hat den Senat nicht vom Vorliegen der Nichtigkeitsgründe der mangelnden Offenbarung, der fehlenden Neuheit und der fehlenden erfinderischen Tätigkeit überzeugen können (PatG § 22 Abs 1, § 21 Abs 1 Nr 1 und 2).

1. Offenbarung Die Nichtigkeitsklägerin begründet den Vorwurf der mangelnden Offenbarung mit dem Fehlen von weiteren und detaillierteren Angaben zu den Kulturbedingungen und der gezielten Gewinnung des Erythropoietins, die über die in der Streitpatentschrift angegebenen allgemeinen Hinweise hinausgehenden. Das Verfahren gemäß Patentanspruch 8 sei für den Fachmann insbesondere deshalb nicht mit dem gewünschten Erfolg nacharbeitbar, weil die erforderliche chromatographische Abtrennung und Aufreinigung der glycosylierten Produkte von jenen, die keine Fucose oder keine O-Glycosylierung aufwiesen, anhand der Angaben im Streitpatent nicht ermöglicht werde.

Nach Auffassung des Senates ist das Verfahren gemäß Patentanspruch 8 jedoch so ausreichend und deutlich offenbart, daß es ein Fachmann ausführen kann. So wird nicht nur - worauf auch die Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung hinweist - im Beispiel 10 der Streitpatentschrift (vgl insbesondere S 26 Z 52/53) das im Zusammenhang mit der Expression von Erythropoietin in CHO-Zellen zu verwendende Kulturmedium angegeben, auch Wege zur Anreicherung von Erythropoietin sowie zur Aufreinigung unter Anwendung chromatographischer Verfahren sind mit den Beispielen 1 und 15 aufgezeigt. Zwar trifft es zu, wie die Klägerin ausführt, daß weder das Beispiel 1 noch das Beispiel 15 Erythropoietin betrifft, das mit CHO-Zellen hergestellt worden ist. Die Herkunft des Erythropoietins ist im Zusammenhang mit dem Ergreifen der in Rede stehenden Maßnahmen aber insofern nicht entscheidend, als das Erythropoietin aus dem Überstand der Zellkulturen isoliert wird und es hierbei in erster Linie auf die Eigenschaften des Moleküls selbst ankommt. Im Übrigen ist die Trennung von nur N-glycosyliertem und von N- und O-glycosyliertem Erythropoietin bereits mit konventioneller Säulenchromatographie - wie sie im Beschreibungsteil der Streitpatentschrift genannt wird (vgl S 12 Abs [0036]) - durchführbar, weil sich diese beiden Erscheinungsformen alleine schon hinsichtlich des Molekulargewichtes unterscheiden (vgl dazu Streitpatentschrift S 11 Z 46 bis 49 sowie S 12/13 Abs [0037] und NK3 S 64 Z 20 bis 33). Darüber hinaus sind Maßnahmen zur Isolierung und Reindarstellung von Glycoproteinen an sich dem damit befassten Fachmann geläufig und gegebenenfalls über eine Anzahl von Standardwerken zugänglich. Somit wird mit der Streitpatentschrift die entscheidende Richtung angegeben in der er - ohne erfinderisch tätig werden zu müssen, aber auch ohne am Wortlaut zu haften - mit Erfolg weiterarbeiten und jeweils die günstigste Lösung auffinden kann. Dies ist jedoch nach ständiger Rechtssprechung als ausreichend anzusehen, weshalb die Ausführbarkeit des Verfahren gemäß Patentanspruch 8 gegeben ist (vgl auch Busse PatG 6. Aufl 2003 § 34 Rdn 282, 286 und BGH GRUR 1976, 213, 214 re Sp II.1. - Brillengestelle).

2. Das Verfahren nach Patentanspruch 8 ist auch neu und beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

2.1 Das beanspruchte Verfahren zur Herstellung von rekombinantem Erythropoietin ist neu, denn aus der von der Klägerin als neuheitsschädlich erachteten europäischen Anmeldung 0 148 605 (NK3) ist nach Überzeugung des Senates kein Verfahren herleitbar, das alle im Patentanspruch 8 angegebenen Merkmale erfüllt.

In diesem Dokument wird zwar ebenfalls ein Verfahren zur Herstellung von rekombinantem humanem Erythropoietin unter Verwendung von Ovarial-Zellen des chinesischen Hamsters (CHO-Zellen) beschrieben, wobei diese Zellen eine für humanes Erythropoietin kodierende DNA-Sequenz enthalten, die operativ mit einer Expressionskontrollsequenz verknüpft ist. Die Druckschrift lehrt auch, das so synthetisierte Erythropoietin aus dem Kulturüberstand zu gewinnen und abzutrennen (vgl Patentanspruch 50 iVm Patentansprüchen 14, 17, 34, 37, 46 und Beschreibung S 19 Z 33 bis S 20 Z 4, S 21 Z 4 bis 9 sowie Beispiel 10 und Merkmale a) bis d) der vorstehenden Merkmalsanalyse). Auf diese Weise wird jedoch ein N-glycosyliertes Erythropoietin erhalten, das gemäß der im Beispiel 10 dieses Dokumentes angegebenen Zuckeranalyse nur Hexosen, N-Acetylglucosamin und N-Acetylneuraminsäure aufweist. (vgl S 65 Z 10 bis 22). Damit wird gemäß der europäischen Patentanmeldung NK3 ein Erythropoietin bereitgestellt, das eine mit natürlichem Erythropoietin im wesentlichen übereinstimmende Primärstruktur besitzt, sich aber hinsichtlich der durchschnittlichen Zusammensetzung der Zucker von jener des natürlich vorkommenden Erythropoietins unterscheidet (vgl S 65 Z 22 bis 29 und Patentansprüche 40 und 41).

Die Klägerin bestreitet die Neuheit des gemäß Streitpatent angegebenen Verfahrens zur Herstellung von rekombinantem humanem Erythropoietin nun im Hinblick auf das Dokument NK3, weil es sich bei der im Zusammenhang mit dem Verfahren gemäß Streitpatentschrift genannten Fähigkeit der dort verwendeten CHO-Zellen zur Glycosylierung, dh hier insbesondere zur Glycosylierung des synthetisierten Proteins nicht nur an Stickstoff-Atomen sondern auch an Sauerstoff-Atomen unter Einbau von Fucose und N-Acetylgalactosamin, um eine diesen Zellen immer zu eigen seiende, inhärente Eigenschaft handle. Deshalb würden sie nämlich stets ein Erythropoietin der Zusammensetzung, wie sie gemäß Streitpatentschrift beschrieben werde, synthetisieren. Diese Zusammensetzung sei zwar von den Erfindern der NK3 so noch nicht erkannt worden, aber beim Nacharbeiten eines bekannten Verfahrens komme es nicht darauf an, ob das Endprodukt in allen Einzelheiten bereits vorbeschrieben sei, für eine mangelnde Neuheit sei nur entscheidend, daß sich bei gleichen Ausgangsstoffen das Endprodukt zwangsläufig einstelle. Ein an sich bekanntes Verfahren könne daher nicht dadurch neu werden, daß es durch Eigenschaften, die - wie im vorliegenden Fall - eine Zelle zweifelsfrei von vornherein aufweise, charakterisiert werde weshalb es sich hier allenfalls um eine neue Erkenntnis handle.

Angesichts der vorliegenden Sachlage kann sich der Senat dieser Argumentation der Klägerin jedoch nicht anschließen. Auch wenn - wie es in dem von der Klägerin eingereichten Gutachten von Dr. Lawrence Chasin vom 27. Oktober 1992 (NK 7) dargelegt worden ist - im Verfahren nach NK3 und gemäß Streitpatentschrift Zellen verwendet worden sind, die aus der selben Zell-Linie hervorgegangen sind (vgl S 5 Punkt 8.), kann doch nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß schlussendlich beide Male Zellen zum Einsatz gekommen sind, die im Hinblick auf ihre Eigenschaften gänzlich übereinstimmten.

So wird zwar im Zusammenhang mit der Herkunft der jeweils eingesetzten CHO-Zellen sowohl in der Druckschrift NK3 - offensichtlich unter Angabe der falschen Seitenzahl - als auch in der Streitpatentschrift auf den wissenschaftlichen Artikel von Gail Urlaub und Lawrence A. Chasin in Proc Natl Acad Sci USA 1980 Seiten 4216 bis 4220 (Anlage B 5 der Beklagten) verwiesen. Dieses Dokument betrifft aber nur die Herstellung von mutierten CHO-Zellen, denen das Enzym Dihydrofolat-Reduktase (DHFR) fehlt, wobei dieser die Zielsetzung zu Grunde liegt, neue Konzepte in der Tumortherapie im Zusammenhang mit der Entstehung einer gegen Methotrexat gerichteten Resistenz zu entwickeln (S 4216 li Sp Abstract und Abs 1 sowie 4220 li Sp Abs 5). Zur Ausschaltung des dieses Enzym regulierenden Gens werden dabei Ethylmethansulfonat (EtMes) oder ionisierende Strahlen als Mutagenzien verwendet. Allerdings erwies es sich dabei als erforderlich, die CHO-Zellen einem zumindest zweimaligen Mutations-Prozess zu unterziehen, wenn eine möglichst vollständige Mutation des Dihydrofolat-Reduktase-Gens erzielt werden sollte (vgl S 4216 re Sp Abs 2, S 4218 li Sp Abs 2, re Sp Abs 3 sowie S 4219 re Sp Abs 4). Die in diesem Zusammenhang im Hinblick auf den Mutations-Erfolg untersuchten Zell-Linien werden sodann in der Tabelle 2 des Dokumentes B5 genannt, jedoch wird die Zell-Linie, von der die in Rede stehenden Zellen abstammen, dort nicht explizit angegeben. Sie ist aber - laut vorgelegtem Gutachten von Dr. Lawrence Chasin (NK7) - unter jene in einer Gruppe zusammengefassten 15 Klone der Tabelle 2 zu subsumieren, die unter Einsatz ionisierender Strahlen mutagenisiert worden sind. Dabei handelt es sich um Klone, die das Produkt eines zweifachen Mutationsprozesses darstellen. Sie entstanden nämlich durch eine Bestrahlung von Zellen der Zell-Linie UKB25, die wiederum das Ergebnis einer chemischen Mutations-Behandlung von CHO-Zellen mit EtMes sind (vgl NK7 S 2/3 übergreifender Absatz iVm B5 S 4218 re Sp Abs 3 und Tabelle 2). Nun haben solche Verfahren aber bekanntlich - wie im übrigen auch die Beklagte unwidersprochen von der Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung vortrug - keine gezielten Mutationen, dh Mutationen, die zur Ausschaltung eines einzigen Genes führen, zum Ergebnis. Im Zuge einer solchen Behandlung werden vielmehr gleichzeitig mehrere Gene getroffen, die zu vielfältigen Veränderungen des Genoms der Zelle führen können, wobei jeder neue Mutationsvorgang wiederum neue Varianten erzeugt. Daher ist auch gemäß dem Dokument B5 die Durchführung von mehreren Selektionsverfahren erforderlich, um zu jenen CHO-Zellen zu gelangen, die DHFR defizient sind, dh bei denen eine möglichst umfassende Ausschaltung des Dihydrofolat-Reduktase-Gens erfolgt ist (vgl S 4216 re Sp Abs 3 bis 5). Eine Auswahl von Zellen aber, die nun weitere Funktionen mit einbezieht, ist weder aus diesem Dokument noch aus dem vorgelegten Gutachten von Dr. Lawrence Chasin ersichtlich. Diese war im Rahmen der vorgegebenen Zielsetzung auch nicht erforderlich. Somit liegen keine Hinweise dahingehend vor, inwiefern eine Überprüfung der über das Fehlen der Dihydrofolat-Reduktase-Aktivität hinausgehenden Eigenschaften der CHO-Zellen, wie zB der Fähigkeit zur O-Glycosylierung oder der davon unabhängigen Fähigkeit zum Einbau von Fucose in Kohlenhydratketten, jeweils vor Abgabe der Zellen an weitere Institutionen erfolgte. Nachdem Mutationen aber nicht in jedem Fall stabil sind, dh sich diese während der Aufbewahrungszeit der Zellen gegebenenfalls verändern können, sich zB auch wieder zurückbilden können, wie sich im Zusammenhang mit der Reproduzierbarkeit öffentlich hinterlegter Zellen mitunter zeigt, ist es daher nach Auffassung des Senates auch im vorliegenden Fall nicht auszuschließen, daß entsprechende Vorgänge im Zusammenhang mit den zur Diskussion stehenden CHO DHFRø- Zellproben mit der Bezeichnung DuX-B11 gemäß der europäischen Patentanmeldung NK3 und DUKX-B11 gemäß Streitpatentschrift ebenfalls ablaufen konnten. Dieses gilt um so mehr, als im vorliegenden Fall verschiedene, von einander unabhängige Fähigkeiten der Zelle betroffen sind, nämlich die O-Glycosylierung des Proteins und der Einbau von Fucose in Kohlenhydratketten.

Auf die Eigenschaften von Zellen wird jedoch nicht nur über die vorstehend erwähnten Mutationsverfahren Einfluß genommen, an solchen Veränderungen können darüber hinaus weitere Prozesse, wie zB die Transfektion von Zellen mit Fremd-DNA, beteiligt sein. Dieser Einbau findet nämlich nicht in jedem Fall an derselben Stelle statt, wobei dies um so weniger zu erwarten ist, wenn, wie im Zuge der in Rede stehenden Verfahren, von einander verschiedene Plasmide Verwendung finden (vgl dazu Streitpatentschrift Beispiele 10 und 11 sowie NK3 Beschreibung Beispiel 10 S 59 Abs 2). Auch wenn daher - wie die Klägerin vorträgt - die O-Glycosylierungs-Eigenschaften einer Zelle im Zuge eines solchen Transfers höchst selten beeinflusst werden, so können doch unterschiedliche Ausprägungen selbst oder auch unterschiedliche Auswirkungen auf die Kontrolle der Regulation dieser Eigenschaften in Zellen, die in verschiedenen Versuchsansätzen modifiziert worden sind - wie das von der Beklagten vorgelegte Gutachten von Pamela Stanley vom 6. Oktober 1992 (B8) darlegt - nicht völlig ausgeschlossen werden (vgl S 4 Abs 2). Noch weniger können aber im Zusammenhang mit der Herstellung verschiedener Zell-Klone Veränderungen der Aktivität von Glycosyltransferasen, die den Einbau der Zucker, wie zB der Fucose, steuern, dem Gutachten folgend, ausgeschlossen werden, zumal solche Beeinflussungen der Glycosylierungsmuster auch von anderen wissenschaftlichen Arbeitskreisen beobachtet worden sind (vgl S 1/2 und S 3/4 jeweils übergreifender Absatz sowie NK5 Anlage 1 S 179 li Sp Abs 2).

Die europäische Patentanmeldung NK3 enthält nun über die Angabe der Literaturstelle B5 hinaus keine weiteren Hinweise, die die Auffassung, bei den in Rede stehenden Verfahren seien CHO-Zellen verwendet worden, die nicht gänzlich die gleichen Eigenschaften aufwiesen, widerlegen könnten. Es ist nämlich auch aus dem Dokument NK3 selbst nicht ersichtlich, daß die zur Verwendung vorgesehenen CHO-Zellen vor ihrem Einsatz im Hinblick auf ihre posttranslationalen Eigenschaften, wie zB der Fähigkeit zur Glycosylierung, überprüft worden sind. Auch, wenn - wie die Klägerin vorträgt - der Fachmann immer Produkte anstrebt, die den natürlichen Substanzen entsprechen, bestand zur Überprüfung dieser Fähigkeiten doch hier ebenfalls keine Notwendigkeit. Es war nämlich bis zum Anmeldetag des Streitpatentes nicht bekannt, daß rekombinantes Erythropoietin auch O-glycosyliert sein kann und dies Einfluß auf seine biologische Aktivität haben könnte (vgl auch den von der Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung überreichten wissenschaftlichen Beitrag NK17 der Autoren Lin, F.-K. et al in Proc Natl Acad Sci USA November 1985 S 7582 li Sp Abs 3, S 7583 Text zu Figur 3 und li Sp/re Sp übergreifender Absatz sowie Anlage B10 der Beklagten S 147 Abstract sowie S 148 Abs 2 bis S 149 Abs 1). Es tangiert den vorliegenden Fall daher nicht, wenn von CHO-Zellen aus dem Labor von Dr. Lawrence Chasin bekannt gewesen sein mag, dass diese sowohl zur N- als auch zur O-Glycosylierung befähigt sind, was nach Auffassung der Klägerin alleine schon aus der unter Verwendung von DHFR-defizienten CHO-Zellen erfolgten Herstellung von weiteren Glycoproteinen, wie -Interferon oder Interleukin-2, gleichfalls N- und O-glycosylierten Glycoproteinen, zu ersehen sei. Weder anhand des Gutachtens von Dr. Lawrence Chasin (NK7) noch aus der von der Klägerin im Zusammenhang mit dem Gutachten von Prof. JP Kamerling vom 1. Mai 2000 eingereichten Anlage 1 (NK 5) ist nämlich ersichtlich, auf welche Zell-Linien die zur Herstellung dieser Glycoproteine jeweils eingesetzten CHO-Zellen zurückgeführt werden können (vgl NK5 Anlage 1 S 170 li Sp Abs 3 sowie NK7 S 2 Punkt 4.). Rückschlüsse auf die Fähigkeiten der zur Diskussion stehenden CHO-Zellen lassen diese Verweise daher nicht zu.

Auch der Einwand der Klägerin, die Ausschaltung der Fähigkeit einer CHO-Zelle zur O-Glycosylierung sei unter den üblichen Bedingungen nicht zu erwarten, weil dies, wie der wissenschaftliche Beitrag von Monty Krieger et al in TIBS 1985 S 447 bis 452 (Anlage B7 der Beklagten) zeige, einen erheblichen Aufwand, dh wiederholte Mutationsgänge zur gezielten Zerstörung dieser Eigenschaft mit anschließender Selektionierung von Klonen mit einer außerordentlich geringen Bildungsrate, erfordere, vermag zu keiner anderen Beurteilung der Sachlage führen. Dieses Dokument beschäftigt sich mit der Rezeptor vermittelten Endozytose von LDL (= low density lipoprotein). Zur Definition der Rolle, die dabei die Glycosylierung der die Zellmembran bildenden Glycoproteine spielt, werden zwar die veränderten Glycosylierungseigenschaften mutierter CHO-Zellen im Zusammenhang mit dem LDL-Transport untersucht. Es wird im Rahmen dessen auch von einem Zell-Klon ldlD berichtet, der nicht mehr zur O-Glycosylierung befähigt ist (vgl S 447 li/mi Sp übergreifender Absatz sowie S 450 re Sp Abs 4 bis S 451 li Sp Abs 1). Über die Mutationsverfahren selbst sind diesem Dokument über die Angabe der Mutagene, nämlich Ethylmethansulfonat, ICR 191 und -Strahlen, hinaus, jedoch keine weiteren Hinweise zu entnehmen. Auch erfolgt die von der Klägerin zitierte Selektionierung von Zellen mit den gewünschten Eigenschaften mit der Rate von 10-5 bis 10-7 lediglich im Hinblick auf solche Mutanten, die Mängel bezüglich der Endozytose aufweisen, dh zB bei der Aufnahmefähigkeit von LDL (vgl S 448 re Sp Abs 2 bis 449 li Sp Abs 1 und re Sp Abs 2 bis S 450 li Sp Abs 1 sowie S 451 li Sp Abs 2). Rückschlüsse dahingehend, ein Defekt der O-Glycosylierung trete im Zusammenhang mit einer Mutation ebenso selten, dh mit der gleichen Rate auf, können aus diesem Sachverhalt aber nicht gezogen werden. Inwiefern nämlich darüber hinaus weitere mutierte Zellen ohne Beeinträchtigung der LDL-Aufnahmefähigkeit Veränderungen in ihrem Glycosylierungsmuster aufweisen, sei es im Hinblick auf die O-Glycosylierung von Glycoproteinen oder der Fähigkeit, Fucose in Kohlenhydrat-Ketten einzubauen, geht aus diesem wissenschaftlichen Beitrag nicht hervor. Dagegen vermittelt dieses Dokument dem Fachmann jedoch den Hinweis, daß auf Mutationen zurückgehende Veränderungen der Glycosylierungseigenschaften bei CHO-Zell-Klonen sehr wohl bekannt sind (vgl S 450 re Sp Abs 3). Somit können aber Folgerungen, in Verbindung mit einem Mutationsverfahren, wie es zur Herstellung der im Verfahren gemäß dem Dokument NK3 verwendeten CHO-Zellen angewandt worden ist, seien Veränderungen im Hinblick auf Glycosylierungseigenschaften, wie der Fähigkeit zur O-Glycosylierung oder der Fähigkeit von Glycosyltransferasen, Fucose in Kohlenhydratseitenketten einzubauen, nahezu auszuschließen, aus diesem Dokument nicht gezogen werden.

Die von der Klägerin im weiteren vertretene Auffassung, die in der europäischen Patentanmeldung NK3 im Zusammenhang mit der Analyse des dort isolierten rekombinanten Erythropoietins angegebenen Werte seien fehlerhaft und die Nicht-Detektierbarkeit derart kleiner Mengen, wie sie auf N-Acetylgalactosamin und Fucose zuträfen, auch nicht überraschend, weshalb die Schlussfolgerung nicht zulässig sei, das gemäß NK3 beschriebene rekombinante Erythropoietin enthielte diese in Rede stehenden Komponenten nicht (vgl auch NK4 S 15 Abs 1 und 2), kann den Senat gleichfalls nicht überzeugen. Wie aus dem Dokument B3, einem Schriftwechsel zwischen einem der in der europäischen Patentanmeldung NK3 genannten Erfinder und dem mit der Analyse der Zuckerbestandteile von Erythropoietin gemäß NK3 beauftragten Labor zu ersehen ist, war vom Erfinder ausdrücklich eine Untersuchung des Gehaltes an N-Acetylgalactosamin erbeten worden (vgl B3 2. Seite). Nachdem davon ausgegangen werden muß, daß die Analysen von mit den jeweils erforderlichen Methoden vertrauten, erfahrenen Fachleuten durchgeführt worden sind, ist auch davon auszugehen, daß, wenn das Augenmerk auf die Anwesenheit bestimmter Stoffe gerichtet ist, sie deren Nachweis besondere Sorgfalt widmen werden. Daher sollten unter solchen Umständen auch kleinere Mengen erfasst werden, weshalb angesichts der sich vorliegend darstellenden Sachlage die Schlussfolgerung gezogen werden muß, daß in Erythropoietin wie es gemäß der europäischen Patentanmeldung NK3 beschrieben wird, die in Rede stehenden Zucker nicht nachweisbar waren (vgl B3 18. und 19. Seite).

Das von der Klägerin vorgetragene Argument, die Nacharbeitbarkeit des mit NK3 beschriebenen Verfahrens sei mehrfach im Rahmen verschiedener diese Druckschrift selbst betreffender Verfahren als gegeben anerkannt worden, weshalb Zweifel an der Herstellbarkeit von gleichzeitig N- und O-glycosyliertem Erythropoietin unter Verwendung der gemäß NK3 eingesetzten CHO-Zellen nicht angebracht seien, geht insofern fehl, als dies in den von ihr zitierten Fällen stets die Nacharbeitbarkeit von Erythropoietin, wie es in dieser europäischen Patentanmeldung angegeben wird, dh eines ausschließlich N-glycosylierten Glycoproteins, betraf. Eine zusätzliche O-Glycosylierung dieses Moleküls mit den dort genannten CHO-Zellen stand jedoch in keinem dieser Fälle zur Diskussion.

So sind mit der Herstellung veränderter Zellen doch eine Reihe von Unwägbarkeiten verbunden, die es auch im vorliegenden Fall nicht zulassen, ohne weiteres davon auszugehen, daß bei sowohl mit Mutagenzien als auch gentechnisch behandelten CHO-Zellen in nahe zu jedem Fall posttranslatorische Eigenschaften, wie die Glycosylierungsfähigkeiten, trotz solcher Eingriffe unverändert erhalten bleiben. Nachdem dem Stand der Technik - wie vorstehend dargelegt - somit keine Anhaltspunkte dahingehend zu entnehmen sind, daß in beiden zur Diskussion stehenden Verfahren zweifelsfrei CHO-Zellen mit vergleichbaren Eigenschaften zum Einsatz kamen, ist die Lehre, zur Herstellung von rekombinantem Erythropoietin solche CHO-Zellen zu verwenden, die die Fähigkeit zur Bildung von N- und O-verknüpfter Glycosylierung unter Einbau von Fucose und N-Acetylgalactosamin besitzen, daher dem Fachmann mit der europäischen Patentanmeldung NK3 nicht offenbart worden.

2.2. Die Bereitstellung des beanspruchten Verfahrens zur Herstellung von rekombinantem humanem Erythropoietin ist im Hinblick auf den im Verfahren genannten Stand der Technik auch nicht nahe gelegt.

Mit dem Verfahren nach der europäischen Patentanmeldung NK3, die den nächstliegenden Stand der Technik repräsentiert, wird - wie vorstehend dargelegt - ein rekombinantes, ausschließlich N-glycosyliertes Erythropoietin unter Verwendung dort angegebener CHO-Zell-Klone hergestellt. Dieses unterscheidet sich zwar hinsichtlich seiner Zucker-Zusammensetzung von humanem Erythropoietin, weist aber bereits eine oder mehrere Eigenschaften des natürlich vorkommenden Erythropoietins auf (vgl Patentansprüche 40 und 41 iVm Beispiel 10). Anregungen jedoch, nun gezielt solche CHO-Klone zur Herstellung von rekombinantem humanem Erythropoietin zu verwenden, die darüber hinaus das von der Zelle synthetisierte Protein zusätzlich auch O-glycosylieren und zum Einbau von N-Acetylgalactosamin und Fucose befähigt sind, wie es gemäß Patentanspruch 8 der Streitpatentschrift beansprucht wird, werden mit dieser Schrift nicht gegeben. Diese werden dem Fachmann auch nicht mit den weiteren, dem Senat vorliegenden, zum maßgeblichen Zeitpunkt veröffentlichten Druckschriften vermittelt. Denn auch dort wird in Verbindung mit der Herstellung von rekombinantem Erythropoietin mittels CHO-Zellen stets nur von ausschließlich N-glycosylierten Verbindungen berichtet, wobei die Abwesenheit von N-Acetylgalactosamin als Indiz für diese Annahme gewertet wird (vgl B10 S 147 Abstract und S 148 Abs 2 sowie NK17 S 7582 li Sp Abs 3 und S 7583 Text zur Figur 3). Nachdem das aus dem Stand der Technik bekannte rekombinante, nur N-glycosylierte Erythropoietin zudem als eine Verbindung beschrieben wird, die die volle biologische Aktivität besitzt, wobei dafür in erster Linie die DNA-Sequenz und hinsichtlich der invivo Aktivität auch die Anwesenheit von Sialsäure verantwortlich gemacht werden (vgl B10 S 147 Abstract sowie S 148 Abs 2 bis S 149 Abs 1 und NK17 S 7580 li Sp "Abstract" und Abs 3, S 7582 li/re Sp übergreifender Absatz und S 7583 li Sp Abs 3 bis S 7584 li Sp Abs 1), hatte der Fachmann mit seinem Wissen zum maßgeblichen Zeitpunkt auf Grund dessen keine Veranlassung das aus dem Dokument NK3 bekannte Verfahren dahingehend weiter zu entwickeln, daß er nunmehr CHO-Zellen zu seiner Durchführung einsetzte, die die im Patentanspruch 8 angegebenen Fähigkeiten besitzen. Die dem Streitpatent zu Grunde liegende Aufgabe mit den im Patentanspruch 8 angegebenen Maßnahmen zu lösen und auf diese Weise ein Verfahren bereitzustellen, mit dem nicht nur ein hoch spezifisch wirksames Erythropoietin mit einem vom Stand der Technik abweichenden, die biologische Aktivität beeinflussenden Glycosylierungsmuster hergestellt wird, sondern dieses auch noch in großen Mengen (vgl Streitpatentschrift Beschreibung S 3 Abs {0001] iVm Beispiele 10 und 11 mit Tabellen 10 und 11 sowie Beschreibung S 13 Abs [0038] bis [0039]), ist daher aus dem Stand der Technik nicht nahe gelegt gewesen.

Angesichts dieser Sachlage musste der Fachmann somit erfinderisch tätig werden, um das gemäß Patentanspruch 8 beanspruchte Verfahren bereitzustellen. Der Patentanspruch 8 ist daher rechtsbeständig.

Der unmittelbar auf den Patentanspruch 8 rückbezogene Patentanspruch 9, in dem das Glycosylierungsmuster enger definiert wird, hat mit dem Patentanspruch 8 Bestand.

Bei dieser Sachlage brauchte der Angriff der Nichtigkeitsklägerin, die Priorität vom 30. November 1984 sei zu unrecht in Anspruch genommen, nicht weiter überprüft werden, weil er nicht entscheidungswesentlich war.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs 2 PatG iVm § 91 Abs 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs 1 PatG iVm § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.

Hellebrand Dr. Wagner Brandt Dr. Proksch-Ledig Dr. Schuster Pr






BPatG:
Urteil v. 25.05.2004
Az: 3 Ni 4/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/101a56910ded/BPatG_Urteil_vom_25-Mai-2004_Az_3-Ni-4-03




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