Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. März 2002
Aktenzeichen: 27 W (pat) 344/00
(BPatG: Beschluss v. 26.03.2002, Az.: 27 W (pat) 344/00)
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Insolvenzverwalters über das Vermögen der Inhaberin der Marke 395 22 195 wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 27. September 2000 insoweit aufgehoben, als die Eintragung der Marke 395 22 195 aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 2 070 215 für die Waren "Kunststoffasern für textile Zwecke; Garne und Fäden für textile Zwecke" teilweise gelöscht worden ist. Der Widerspruch aus der Marke 2 070 215 wird auch hinsichtlich dieser Waren zurückgewiesen.
Im übrigen wird die Beschwerde des Insolvenzverwalters zurückgewiesen.
2. Auf die Beschwerde der aus der Marke 2 070 215 Widersprechenden 2 wird unter Zurückweisung der Beschwerde im übrigen der Beschluß der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 27. September 2000 insoweit abgeändert, als die Löschung der Eintragung der Marke 395 22 195 auch für die Waren "Schuhwaren; Windelhosen; Schienbeinschützer, Torwarthandschuhe" angeordnet wird.
3. Die Beschwerde der aus den Marken 618 676 und 981 003 Widersprechenden 3 wird zurückgewiesen.
4. Es wird festgestellt, daß der Beschluß der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 27. September 2000 wirkungslos ist, soweit die Eintragung der Marke 395 22 195 aufgrund des Widerspruchs der Widersprechenden 1 aus der Marke 65 576 teilweise für die Waren "Hobelbeize, Poliermittel" gelöscht worden ist.
Gründe
I.
Gegen die am 30. Juli 1996 veröffentlichte Eintragung der Wort-Bildmarke 395 22 195 die nach einer Teillöschung noch eingetragen ist für Waren der Klassen 1 bis 5, 8, 9, 11 bis 14, 16 bis 18, 20 bis 28 und 34, ua für
"Hobelbeize; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Pflaster, Verbandmaterial; Desinfektionsmittel für den Haushalt und für die Oberflächenbehandlung; Messerschmiedewaren, Gabeln und Löffel; Hieb- und Stichwaffen; Rasierapparate; aus Edelmetallen und deren Legierungen hergestellte sowie plattierte Gegenstände, nämlich Servierplatten, Schalen, Schüsseln, Kannen, Aschenbecher, Zigarren- und Zigarettenspitzen, Kunstgegenstände oder kunstgewerbliche Gegenstände aus Edel-Metallen und deren Legierungen, auch plattiert, Uhren und andere Zeitmeßinstrumente; Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus; Säkke für Camper; kleine handbetätigte Geräte und Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder damit plattiert); Glaswaren, Porzellan und Steingut (soweit in Klasse 21 enthalten); Kunststoffasern; Kissenhüllen, Gardinen; Taschentücher aus textilem Material; Schnürbänder; Taschen für Sportgeräte, die an die aufzunehmenden Waren angepasst sind; Schienbeinschützer, Torwarthandschuhe"
ist Widerspruch erhoben worden 1. aus der für Waren der Klasse 3 eingetragenen Marke 65 576 Lunika, 2. der am 6. Juli 1994 für die Waren "Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen" eingetragenen Marke 2 070 215 UNI CAT, 3. der am 29. Dezember 1903 für die Waren "Messerschmiedewaren, Essbestekke, Rasierklingen" eingetragenen Marke 618 676 Nicaund 4. der am 23. Januar 1979 für die Waren
"Waren aus unedlen Metallen, nämlich Kerzenleuchter, Schalen, Tabletts, Vasen, Kannen, Krüge, Übertöpfe, Services, Speisewärmer, Fonduegeschirre, Töpfe, Pfannen, Wasserkessel, Dampfkochtöpfe, Korkenzieher, Kapselheber, Isoliergefäße; Handwerkszeuge und -instrumente; aus Edelmetallen und deren Legierungen hergestellte und plattierte Gegenstände, nämlich Kerzenleuchter, Schalen, Tabletts, Vasen, Kannen, Krüge, Tassen, Speisewärmer, Uhren, ausgenommen Armbanduhren; kleine Haus- und Küchengeräte sowie tragbare Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert); Glaswaren, Porzellan und Steingut, jeweils soweit in Klasse 21 enthalten"
eingetragenen Marke 981 003 Nica.
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 65 576 "Lunika" die teilweise Löschung der angegriffenen Marke für die Waren "Hobelbeize; Putz-, Polier-, Fettentfernungsmittel; Pflaster, Desinfektionsmittel für den Haushalt und für die Oberflächenbehandlung" angeordnet und den Widerspruch im übrigen zurückgewiesen.
Aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 2 070 215 "UNI CAT" hat sie - unter Zurückweisung des Widerspruchs im übrigen - die teilweise Löschung der angegriffenen Marke für die Waren "Kunststoffasern für textile Zwecke; Garne und Fäden für textile Zwecke; Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen, Schals, Krawatten, Modewaren, nämlich Tücher und Damengürtel, Bekleidungsstücke aus Pelzen, Socken, Strümpfe und Strumpfhosen; Kragen und Manschetten" angeordnet. Zur Begründung hat sie ausgeführt: Die Widersprechende habe auf die von der Inhaberin der angegriffenen Marke zulässig erhobene Nichtbenutzungseinrede Warenprospekte, Etiketten, Rechnungen und Auftragsschreiben in Verbindung mit einer eidesstattlichen Versicherung eingereicht, aus denen sich eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für "Kinder- und Jugendbekleidung" ergebe. Bei der Ähnlichkeitsprüfung seien daher die eingetragenen Waren "Bekleidungsstücke" zugrundezulegen, die mit den von der teilweisen Löschungsanordnung umfaßten Waren der angegriffenen Marke teils identisch und teils ähnlich seien. Im Hinblick auf die starke Ähnlichkeit der Marken, die bis auf den zusätzlichen Schlußlaut der Widerspruchsmarke klanglich identisch übereinstimmten, könne im Bereich der ähnlichen und erst recht der identischen Waren die Gefahr klanglicher Verwechslungen nicht ausgeschlossen werden.
Die weiteren Widersprüche aus den Marken 618 676 und 981 003 hat die Markenstelle in vollem Umfang wegen mangelnder Verwechslungsgefahr zurückgewiesen und die Frage, ob auf die von der Inhaberin der angegriffenen Marke zulässig bestrittene Benutzung der Widerspruchsmarken eine ausreichende Glaubhaftmachung erfolgt ist, dahinstehen lassen.
Gegen den Beschluß haben sowohl die Markeninhaberin als auch die Widersprechende 2 (als Inhaberin der Widerspruchsmarke 2 070 215) und die Widersprechende 3 (als Inhaberin der Widerspruchsmarken 618 676 und 981 003) Beschwerde eingelegt. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Markeninhaberin durch Beschluss des Amtsgerichts Düsseldorf vom 1. März 2002 (Az 605 IN 179/01) hat der Insolvenzverwalter das Verfahren aufgenommen.
Der Insolvenzverwalter wendet sich gegen die Löschungsanordnung der angegriffenen Marke aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 2 070 215 "UNI CAT" und gegen die Löschungsanordnung aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 65 576 "Lunika" im Umfang der Waren "Hobelbeizen, Poliermittel, Pflaster".
Zur Begründung der Beschwerde hinsichtlich der Löschungsanordnung aufgrund der Widerspruchsmarke 2 070 215 "UNI CAT" führt der Insolvenzverwalter aus, daß sich die Widerspruchsmarke unabhängig davon, ob sie deutsch oder englisch wie "UNIKÄT" ausgesprochen werde, im Sprechrhythmus deutlich von der angegriffenen Marke "UNICA" unterscheide. Das Wort "UNICAT" besitze aufgrund des zusätzlichen Schlußlauts "T" einen wesentlich kürzeren und härteren Klang als das Wort "UNICA" mit dem lang ausschwingenden Vokal "A". Im übrigen sei die Widerspruchsmarke in ihrer Bedeutung von "einzigartiges Stück" im Bekleidungsbereich eine beschreibende Angabe mit allenfalls geringer Kennzeichnungskraft. Eine Verwechslungsgefahr der Marken sei daher selbst im Bereich der identischen oder eng verwandten Waren zu verneinen. Erst recht gelte dies für diejenigen Waren der angegriffenen Marke, deren Ähnlichkeit mit "Bekleidungsstücken" die Markenstelle selbst nur als entfernt eingestuft habe, nämlich "Socken, Strümpfe, Strumpfhosen; Bekleidungsstücke aus Pelzen; Kunststoffasern für textile Zwecke, Garne und Fäden für textile Zwecke".
Die aus der Marke 65 576 "Lunica" Widersprechende 1 hat im Beschwerdeverfahren ihren Widerspruch hinsichtlich der von der Löschungsanordnung umfaßten Waren "Hobelbeize; Pflaster" zurückgenommen. Im Gegenzug hat der Insolvenzverwalter die Beschwerde gegen die Löschungsanordnung für "Poliermittel" zurückgenommen.
Der Insolvenzverwalter über das Vermögen der Markeninhaberin beantragt daher nunmehr, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, soweit aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 2 070 215 die Löschung der angegriffenen Marke teilweise für die Waren "Kunststoffasern für textile Zwecke; Garne und Fäden für textile Zwecke; Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen, Schals, Krawatten, Modewaren, nämlich Tücher und Damengürtel, Bekleidungsstücke aus Pelzen, Socken, Strümpfe und Strumpfhosen; Kragen und Manschetten" angeordnet worden ist.
Die aus der Marke 2 070 215 Widersprechende 2 beantragt, 1. die Beschwerde des Insolvenzverwalters zurückzuweisen, 2. den angefochtenen Beschluß aufzuheben, soweit der Widerspruch aus der Marke 2 070 215 auch für die Waren:
"Schuhwaren, Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus (soweit in Klasse 18 enthalten), Reise- und Handkoffer, Schulranzen, Handtaschen, Aktentaschen, Einkaufstaschen, Akten- und Büchermappen; Reisenecessaires, Schreibmappen, Kleinlederwaren, nämlich Geldbörsen, Brieftaschen, Schlüsseletuis, Kofferanhänger, Ausweishüllen; Pack- und Rucksäcke, Säcke für Camper; Schlaf-, Heim- und Reisedecken, Bett- und Tischdecken, Hand- und Geschirrtücher, Wandbehänge, Couchdecken, Kissenhüllen, Gardinen; Taschentücher aus textilem Material; Windeln aus textilem Material, Windelhosen; Kissenhüllen und gefüllte Kissen, gewebte und gewirkte Heimtextilien, nämlich Dekorationsstoffe, Diwandecken, Spitzen und Stickereien, Bänder und Schnürbänder; Taschen für Sportgeräte, die an die aufzunehmenden Waren angepaßt sind, Schienbeinschützer, Torwarthandschuhe"
zurückgewiesen worden ist und die Löschung der Marke 395 22 195 auch für diese Waren anzuordnen.
Sie hält die Marken "UNICA" und "UNI CAT" für nahezu klangidentisch und ist daher der Ansicht, daß eine Verwechslungsgefahr im Bereich der im Ähnlichkeitsbereich von Bekleidungsstücken liegenden Schuhwaren und den zu Bekleidung, insbesondere Sportbekleidung gehörenden Accessoires, wie Taschen, Koffer, Rucksäcke, Mappen und sonstigen Kleinlederwaren zu bejahen sei. Aber auch Heim- und Haustextilien seien vielfach markenspezifisch auf Bekleidung abgestellt und würden im Rahmen von sog Shopinthe-Shop-Konzepten unmittelbar nebeneinander, teils im Design aufeinander abgestimmt, angeboten. Schließlich wiesen auch Ellenbogen-, Knie- und Schienbeinschützer sowie Torwarthandschuhe als Bestandteile von Sportbekleidung vom Verwendungszweck und den Verkaufsstätten her erhebliche Berührungspunkte mit "Bekleidungsstücken" auf, so daß auch insoweit die Gefahr von Markenverwechslungen bestehe.
Die aus den Marken 618 676 und 981 003 Widersprechende 3 beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die angegriffene Marke 395 22 195 aus dem Register zu löschen.
Sie ist der Ansicht, daß die "Messerschmiedewaren, Gabeln, Löffel; Rasierapparate" sowie die Waren der Klassen 14 und 21 der angegriffenen Marke teils identisch mit den Waren der beiden Widerspruchsmarken seien, teils bestehe engste Ähnlichkeit. In Wechselbeziehung dazu sei der Abstand der Marken "UNICA" und "Nica" zu geringfügig, um die Gefahr von Verwechslungen ausschließen zu können. Der einzige Unterschied in dem vorangestellten "U" der angegriffenen Marke trete sowohl klanglich als auch schriftbildlich völlig in den Hintergrund, zumal die grafische Ausgestaltung der angegriffenen Marke das Augenmerk des Betrachters besonders auf die Wortmitte lenke. Ebensowenig falle der dunkle Anfangslaut "U" gegenüber den hellklingenden Silben "-NICA" akustisch nennenswert ins Gewicht, so daß die Gefahr des Überhörens bei höheren Geräuschkulissen, etwa bei telefonischen Bestellungen, besonders groß sei.
Der Insolvenzverwalter über das Vermögen der Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerden der Widersprechenden 2 und 3 zurückzuweisen.
Er tritt ihrem Vorbringen in allen Punkten entgegen. Hinsichtlich der Widerspruchsmarken 618 676 und 981 003 bestreitet er weiterhin eine ausreichende Glaubhaftmachung der Benutzung. Insbesondere sei den eidesstattlich versicherten Stückumsatzzahlen nicht zu entnehmen, auf welche Waren sich welcher Umsatz beziehe. Die eingereichten Unterlagen ließen ferner auch keine Benutzung der Widerspruchsmarken in unmittelbarer Verbindung mit den Waren erkennen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II. A. Die nunmehr nur noch gegen die teilweise Löschungsanordnung aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 2 070 215 gerichtete zulässige Beschwerde des Insolvenzverwalters hat in der Sache teilweise Erfolg, soweit die Löschung der angegriffenen Marke für "Kunststoffasern für textile Zwecke; Garne und Fäden für textile Zwecke" angeordnet worden ist. Hinsichtlich dieser Waren ist die Gefahr von Verwechslungen der Marken zu verneinen und der Widerspruch aus der Marke 2 070 215 daher zurückzuweisen (§§ 9 Abs 1 Nr 2, 43 Abs 2 Satz 2 MarkenG). Im übrigen hat die Beschwerde des Insolvenzverwalters jedoch keinen Erfolg.
1. Wie auch der Insolvenzverwalter selbst nicht verkennt, kommen wegen der grafischen Ausgestaltung der sich gegenüberstehenden Marken mögliche Verwechslungen allenfalls in klanglicher Hinsicht in Betracht. Bei der Beurteilung des Ähnlichkeitsgrades der Markenwörter "UNICA" und "UNI CAT" in klanglicher Hinsicht darf der Unterschied nicht rein formal betrachtet auf die bloße Hinzufügung des Schlußlautes "T" in der Widerspruchsmarke reduziert werden, denn gerade das zusätzliche "T" hat einen wesentlichen Einfluß auf Aussprache und Betonung des Wortes "UNI CAT" im Verhältnis zu dem Wort "UNICA". Während bei der Wortbildung "UNI CAT" nach den geltenden Betonungsregeln die erste und dritte Silbe hervorgehoben wird, liegt die Betonung von "UNICA" schwerpunktmäßig auf der ersten Silbe. Die Endung "CA" klingt dagegen offen aus, wobei der Schlußvokal akustisch keine besondere Prägnanz besitzt. Der akustisch markante harte Schlußlaut "T" sorgt in Verbindung mit der deutlich unterschiedlichen Betonung der Wörter für eine nicht unerhebliche Abweichung des Gesamtklangs der Markenwörter. Auch die Wiedergabe der Widerspruchsmarke in zwei getrennten Wortelementen darf bei der Beurteilung des Klangeindrucks nicht völlig vernachlässigt werden, weil sie jedenfalls zum Teil dazu führt, daß der Verkehr beim Sprechen eine gewisse Zäsur einlegt oder in dem Wort "CAT" gerade wegen seiner Abtrennung das englische Wort für "Katze" sieht und daher die Widerspruchsmarke wie "UNI KÄT" ausspricht.
Insgesamt kann daher nicht von einem besonders engen Ähnlichkeitsgrad der Marken in klanglicher Hinsicht ausgegangen werden. Da bei der mündlichen Wiedergabe der Widerspruchsmarke allerdings nicht in allen Fällen angenommen werden kann, daß der Schlußlaut "T" ausreichend zu Gehör kommt, liegt eine eher im oberen Bereich anzusiedelnde mittlere Ähnlichkeit der Marken vor. Der Senat geht bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr weiterhin von einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aus. Selbst wenn dem der Widerspruchsmarke (klanglich) zugrundeliegenden Begriff "Unikat" wegen seiner Bedeutung von "einmaliges Modell" eine gewisse Kennzeichnungsschwäche in bezug auf Bekleidung anhaften sollte, wird diese jedenfalls dadurch ausgeglichen, daß die Widerspruchsmarke ausweislich der zur Glaubhaftmachung der Benutzung eingereichten Unterlagen für Kinder- und Jugendbekleidung gut benutzt wird. Die rechtserhaltende Benutzung als solche hat der Insolvenzverwalter in dem Beschwerdeverfahren auch nicht mehr ausdrücklich in Zweifel gezogen. Bestritten hat er allerdings die von der Widersprechenden 2 geltend gemachte gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke. Da auch die sich aus den Benutzungsunterlagen ergebenden Umsatzzahlen (zB ... in 2001) mangels Anga- be von Vergleichszahlen, insbesondere des mit den Waren erzielten Marktanteils, keine abschließende Feststellung erlauben, welcher Kennzeichnungsgrad der Widerspruchsmarke tatsächlich zukommt, kann dieser Gesichtspunkt bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr nicht als liquide zugrundegelegt werden (vgl BGH GRUR 1967, 246, 248 - Vitapur; BPatG GRUR 1997, 840 - Linola/Lindora).
2. In Wechselbeziehung zu dem an der oberen Grenze liegenden mittleren Ähnlichkeitsgrad der Marken und der normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist die Gefahr von Verwechslungen mit der angegriffenen Marke nur im Bereich solcher Waren zu bejahen, die mit Bekleidungsstücken identisch sind oder jedenfalls eine enge oder doch zumindest mittlere Ähnlichkeit aufweisen. Hierzu gehören zweifellos die von der Löschungsanordnung umfaßten Waren "Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen, Schals, Krawatten", aber auch die ebenfalls zur Bekleidung gehörenden "Modewaren, nämlich Tücher und Damengürtel, Sokken, Strümpfe und Strumpfhosen; Kragen und Manschetten"; ferner auch Bekleidungsstücke aus Pelzen, wozu ua Pelzhandschuhe, -Muffs, -schals und -krägen gehören, die als Accessoires zu solcher Bekleidung getragen werden, die nicht aus Pelz besteht, so daß eine zumindest mittlere Ähnlichkeit nicht verneint werden kann.
3. Dagegen stehen die Waren "Kunststoffasern für textile Zwecke; Garne für textile Zwecke" als Halbfabrikate in einem wesentlich deutlicheren Abstand zu fertigen Bekleidungsstücken. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß die Marken für Textilfasern, wenn sie als sog begleitende Marken an den fertigen Bekleidungsstücken angebracht sind, dem Verkehr weit überwiegend schriftbildlich entgegentreten, während die mündliche Wiedergabe eine eher untergeordnete Rolle spielt. Hinsichtlich der Kunststoffasern und der Garne ist die Verwechslungsgefahr daher zu verneinen, während sie im übrigen von der Markenstelle zu Recht bejaht worden ist.
B. Die zulässige Beschwerde der aus der Marke 2 070 215 Widersprechenden 2 ist teilweise im Umfang der in der Beschlußformel unter 2. aufgeführten Waren begründet. Im übrigen ist sie zurückzuweisen.
1. Die Waren "Schuhwaren; Windelhosen; Schienbeinschützer, Torwarthandschuhe" einerseits und die "Bekleidungsstücke" der Widerspruchsmarke andererseits weisen einen Ähnlichkeitsgrad auf, der unter Berücksichtigung der Ausführungen unter I. ausreicht, um die Gefahr von Markenverwechslungen zu begründen.
a) Windelhosen liegen von ihrer stofflichen Beschaffenheit, ihrem Aussehen und ihrem Verwendungszweck her in einem mittleren Ähnlichkeitsbereich von Kinderbekleidung, insbesondere für Kleinkinder, die von dem Oberbegriff "Bekleidungsstücke" umfaßt ist.
b) Auch Schuhwaren haben mit Bekleidung Berührungspunkte gemeinsam, welche die Annahme eines zumindest mittleren Ähnlichkeitsgrades rechtfertigen. Der Bundesgerichtshof hat zwar in der "JOHN LOBB"-Entscheidung vom 16. Juli 1998 (GRUR 1999, 164, 166) festgestellt, daß eine Ähnlichkeit zwischen diesen Waren nicht allein darauf gestützt werden kann, daß ihr Angebot vereinzelt, vor allem bei Anbietern hochpreisiger Erzeugnisse, im Verkaufsgeschäft in engem räumlichen Zusammenhang erfolgt. Dem kann jedoch - wie der Senat in seiner Entscheidung 27 W (pat) 246/00 - BLUE BROTHERS/BLUES BROTHERS (veröffentlicht auf der PAVIS CD-ROM) ausgeführt hat - aufgrund der in jüngster Zeit eingetretenen Veränderungen in der Modebranche nicht mehr gefolgt werden, nachdem zahlreiche Hersteller von Markenbekleidung einschließlich Freizeitbekleidung (zB ua Wrangler, LEVIS, HIS, Lee, Esprit, Marco Polo, Strenesse, Jil Sander, Joop, Aigner, Betty Barclay) dazu übergegangen sind, unter ihren eingeführten Marken auch Schuhe zu vertreiben (vgl hierzu auch LG Düsseldorf Mitt 2001, 456, 458). Die Waren werden auch vielfach in Modegeschäften unmittelbar nebeneinander angeboten. Angesichts dieser dem Verkehr zumeist bekannten Marken- und Vertriebspolitik der Modehersteller liegt für ihn ohne weiteres die Annahme nahe, daß Schuhwaren, die unter der (vermeintlich) gleichen Marke angeboten werden wie Bekleidungsstücke, aus derselben betrieblichen Ursprungsstätte oder jedenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen.
c) Schließlich ist auch der Ähnlichkeitsgrad zwischen den im Warenverzeichnis der angegriffenen Marke enthaltenen "Schienbeinschützern und Torwarthandschuhen" einerseits und Bekleidungsstücken andererseits in einem etwa mittleren Bereich anzusiedeln (zur Gleichartigkeit der Waren vgl bereits 27 W (pat) 48/70, zitiert in Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 11. Aufl, S 84 mittlere Spalte), denn es handelt sich hier im weiteren Sinne um Bekleidungsstücke, die unmittelbar zusammen mit sonstiger Bekleidung, insbesondere sportlicher Art, am Körper getragen werden. In Anbetracht dieser Gemeinsamkeiten kann der Abstand der Marken nicht mehr als ausreichend erachtet werden, um die Gefahr klanglicher Verwechslungen auszuschließen.
2. Eine andere Beurteilung ist dagegen hinsichtlich der Lederwaren, Taschen, Koffer, Rucksäcke, Packsäcke, Mappen, Taschen für Sportgeräte, Kleinlederwaren sowie der weiteren Warengruppe der Heimtextilien geboten.
a) Ob die in dem Warenverzeichnis der angegriffenen Marke enthaltenen Heimtextilien wie Bettdecken, Couchdecken, Reisedecken, Tischdecken, Hand- und Geschirrtücher, Taschentücher, Textilwindeln, Wandbehänge, Kissenhüllen, Dekostoffe, Gardinen, Stickereien, Bänder überhaupt sämtlich mit "Bekleidungsstükken" als ähnlich zu erachten sind, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Jedenfalls besteht wegen der deutlich unterschiedlichen Zweckbestimmung der Waren und ihrer dementsprechend weit überwiegend verschiedenen Verkaufsstätten nur eine Ähnlichkeit, die allenfalls am Rande oder doch unter dem mittleren Ähnlichkeitsbereich liegt (vgl dazu Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 11. Aufl, S 82 ff Stichwort: Bekleidungsstücke). Es gibt zwar einige Unternehmen, die Bekleidung und Heimtextilien aus denselben Stoffen herstellen (zB Laura Ashley) oder beispielsweise Badetücher und Handtücher als Accessoires passend zu Badebekleidung anbieten. Anders als Schuhwaren werden Heimtextilien bisher aber noch nicht in einem so beachtlichen Umfang unter derselben Marke vertrieben und nach dem Shopin-Shop-System unmittelbar nebeneinander angeboten wie Bekleidungsstücke, daß eine die Verwechslungsgefahr fördernde Warennähe angenommen werden könnte.
b) Was die Waren "Handtaschen und Rucksäcke" betrifft, hat das Bundespatentgericht in der "CHEVY"- Entscheidung (BPatGE 42, 1 ff) eine als "Ähnlichkeit etwa mittleren Grades" bezeichnete Annäherung an "Bekleidungsstücke" angenommen, weil insbesondere Sporttaschen und Rucksäcke in großem Umfang unter derselben Marke angeboten würden wie Bekleidungsstücke, beide Warengruppen teilweise unmittelbar nebeneinander verkauft würden und sich auch vom Verwendungszweck her ergänzten. Diese Erwägungen haben in dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall identischer Marken zu der Bejahung einer Verwechslungsgefahr geführt. Besteht jedoch - wie vorliegend - nur eine nicht einmal enge Ähnlichkeit der Marken in klanglicher Hinsicht, ist wegen des doch deutlichen Abstands der Waren nach Art und Beschaffenheit nicht in einem noch erheblichen Umfang mit Verwechslungen zu rechnen. Eine zu weitgehende Ausdehnung des Schutzbereichs einer für Taschen und Rucksäcke bestimmten Marke auf den Bekleidungsbereich hätte nach Ansicht des Senats für beide Branchen (Bekleidung einerseits, Leder-, Täschner- und Sattlerwaren andererseits), die trotz beachtlicher Überschneidungen vor allem im Sportbereich nach wie vor getrennten Produktionszweigen angehören und auch im Vertrieb noch weit überwiegend unterschiedliche Wege gehen, wechselseitig nachteilige und ungerechtfertigte wettbewerbliche Beschränkungen zur Folge.
c) Was für Handtaschen und Rucksäcke gilt, trifft erst recht auf die weiteren Waren "Reise- und Handkoffer, Schulranzen, Aktentaschen, Einkaufstaschen, Akten- und Büchermappen; Reisenecessaires, Schreibmappen, Kleinlederwaren, nämlich Geldbörsen, Brieftaschen, Schlüsseletuis, Kofferanhänger, Ausweishüllen; Pack- und Rucksäcke, Säcke für Camper; Koffer zum Transport von Sportgeräten" zu, die keine typischen Accessoires von Bekleidung sind und daher auch - wenn überhaupt - in wesentlich geringerem Umfang zusammen mit dieser in Bekleidungsgeschäften angeboten werden (vgl dazu auch BPatG aaO - CHEVY). Insoweit kann daher ebenfalls eine Verwechslungsgefahr mit der angegriffenen Marke nicht bejaht werden.
C. Die Beschwerde der aus den Marken 618 676 und 2 070 215 Widersprechenden 3 ist zulässig, jedoch unbegründet. Auch der Senat ist der Ansicht, daß eine Verwechslungsgefahr der angegriffenen Marke mit den Widerspruchsmarken nicht besteht. Die Markenstelle hat die Widersprüche daher zu Recht gemäß §§ 9 Abs 1 Nr 2, 43 Abs 2 Satz 2 MarkenG zurückgewiesen.
In Anbetracht der Identität oder engen Ähnlichkeit der Waren der angegriffenen Marke mit den durch beide Widerspruchsmarken erfaßten Waren und der normalen Kennzeichnungskraft der älteren Marken muß in Wechselbeziehung dazu zwar ein in jeder Hinsicht deutlicher Markenabstand vorliegen (vgl EuGH GRUR 1998, 387, 389 Tz 23 - Sabèl/Puma; 1998, 241, 243 - Canon). Auch bei der gebotenen Anlegung eines strengen Maßstabs hält der Senat - in Übereinstimmung mit der Markenstelle - den Abstand der Marken aber für noch ausreichend, um die Gefahr auszuschließen, daß es in einem relevanten Umfang zu Verwechslungen kommt.
Im schriftbildlichen Gesamteindruck bietet die angegriffene Marke aufgrund ihrer besonderen grafischen Ausgestaltung ohnehin keinen Anlaß für Verwechslungen mit der Widerspruchsmarke. Entgegen der Ansicht der Widersprechenden tritt der Anfangsbuchstabe "U" - und entsprechend der Schlußbuchstabe "A" - m Rahmen der Gesamtdarstellung - optisch keineswegs derart in den Hintergrund, daß sich der Verkehr nur an der Wortmitte "ICA" orientieren würde. Damit sind Kollisionen beim Kauf der Waren auf Sicht, zB in Kaufhäusern oder bei Katalog-Bestellungen, und damit ein ganz erheblicher Teil möglicher Verwechslungsfälle schon von vorneherein ausgeschlossen.
Auch in klanglicher Hinsicht sorgt der zusätzliche Laut "U" am Anfang der angegriffenen Marke "UNICA" für einen noch ausreichenden Unterschied zu den Widerspruchsmarken "Nica". Im Gegensatz zu dem von der Widersprechenden genannten Fall "INTECTA/tecta", in dem die Verwechslungsgefahr wegen der Gefahr des Überhörens der Anfangssilbe "IN" bejaht worden war (BPatGE 37, 30), handelt es sich bei dem "U" um eine betonte Silbe, denn das Wort "UNICA" wird - wie bereits oben unter II. 1 ausgeführt - üblicherweise gerade auf der ersten Silbe betont. Mit einer Hervorhebung der Mittelsilbe (UNíCA) ist deshalb nicht in einem noch erheblichen Umfang zu rechnen, weil das Wort "UNICA" erkennbar von dem Wortstamm "Uni" abgeleitet ist, dessen Betonung eindeutig auf dem ersten Laut "U" liegt (universal, Universität, Uni). Der für Phantasiebezeichnungen geltende Grundsatz, daß jede als wahrscheinlich in Betracht kommende Betonung zu berücksichtigen ist (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdn 88), trifft auf die Wortbildung "UNICA" daher nicht zu. Abgesehen davon ist auch die Lautfolge "NICA" - anders als etwa "TECTA" - nicht so charakteristisch und akustisch dominant, daß sie den Anfangslaut "U" praktisch völlig verdrängt und der Hörer, sofern er nur einigermaßen aufmerksam ist, Gefahr läuft, die angegriffene Marke wie "Nica" zu verstehen.
Da nach alledem eine erhebliche Verwechslungsgefahr - noch - zu verneinen ist, kann die von dem Insolvenzverwalter zu Recht in Zweifel gezogene Frage dahinstehen, ob wegen der mangelnden Aufschlüsselung der eidesstattlich versicherten Umsatzzahlen auf die einzelnen Waren und die einzelnen Jahre sowie im Hinblick auf die aus den vorgelegten Unterlagen nicht zu erkennende Anbringung der Widerspruchsmarken unmittelbar auf den Waren überhaupt eine im Sinne der §§ 43 Abs 1, 26 MarkenG rechtserhaltende Benutzung vorliegt.
D. Hinsichtlich der aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 65 576 angeordneten Löschung der angegriffenen Marke für die Waren "Hobelbeize, Pflaster" ist festzustellen, daß der angefochtene Beschluß insoweit wegen der Rücknahme des Widerspruchs wirkungslos ist (§ 82 Abs 1 Satz 1 MarkenG iVm § 269 Abs 3 Satz 1 ZPO analog - vgl dazu BGH Mitt 1998, 264 Puma). Der Ausspruch zur Wirkungslosigkeit der angefochtenen Entscheidung erfolgt im Interesse einer eindeutigen Klärung der Rechtslage von Amts wegen, zumal das Registerverfahren von dem Amtsermittlungsgrundsatz beherrscht wird (vgl dazu Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 60. Aufl, § 269 Rdn 46).
E. Die Beteiligten tragen die ihnen erwachsenen Kosten des Beschwerdeverfahrens jeweils selbst (§ 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG).
Dr. Schermer Albert Schwarz Pü
BPatG:
Beschluss v. 26.03.2002
Az: 27 W (pat) 344/00
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