Landgericht Bonn:
Urteil vom 11. August 2006
Aktenzeichen: 10 O 532/05
(LG Bonn: Urteil v. 11.08.2006, Az.: 10 O 532/05)
1.
Von der DTAG als Herausgeberin von öffentlichen Telefonverzeichnissen kann die Bearbeitung von Änderungswünschen die ein Kunde anderer Anbieter unmittelbar an sie richtet nicht verlangt werden.
2.
Mit dem Wechsel des Anbieters geht die Verantwortlichkeit für bestehende Eintragungen automatisch auf den neuen Anbieter über. Für den Fall der Portierung der Rufnummer erfolgt eine Entfernung bestehender Einträge nur auf Antrag.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Schadenersatzansprüche wegen unterbliebener Löschung der Eintragung in ein öffentliches Telefonverzeichnis.
Der Kläger war als Kunde der Beklagten in das gemeinsam durch die Fernsprechbuch-Verlag T KG und die E GmbH herausgegebene Branchenfernsprechbuch "Gelbe Seiten" durch einen kostenlosen Standardeintrag sowie einen kostenpflichtigen Sondereintrag mit der Geschäftsbezeichnung "J" verzeichnet.
Mit einem an die T KG gerichteten Telefax vom 4.1.2002 gab der Kläger eine Änderung seines Sondereintrags in Auftrag, durch die die Geschäftsbezeichnung "J" durch "Q" ersetzt werden sollte. In dem Telefax heißt es u.a.:
"Bitte ändern Sie auch meine Kundendaten dementsprechend."
Mit Schreiben vom 21.1.2002 übersandte der Verlag dem Kläger einen Korrekturabzug des gewünschten Layouts. Nachdem er seinen Anschluss gegenüber der Beklagten gekündigt, bei der B AG & Co. KG um einen neuen Anschluss nachgesucht und diese im Februar 2002 beauftragt hatte, seinen Namen mit der Geschäftsbezeichnung "Q" in öffentlich gedruckte und telefonische Teilnehmerverzeichnisse eintragen zu lassen, übermittelte die B KG die einzutragenden Daten am 28.3.2002 an die Datenredaktion.
Mit Schreiben vom 31.5.2002 bat der Kläger die Beklagte statt der alten die neue Geschäftsbezeichnung "Q" in den kostenlosen Standardeintrag aufzunehmen. Am 4.6.2002 verwies die Beklagte den Kläger an dessen Diensteanbieter mit dem Hinweis, dieser habe die Möglichkeit, den Änderungsauftrag zu bearbeiten.
Da die Änderung des kostenlosen Standardeintrages unterblieb, nahm die M GmbH den Kläger mit Anwaltsschreiben vom 8.3.2005 auf Zahlung einer Vertragsstrafe aus einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung vom 28.1.2002 in Anspruch, mit der er sich verpflichtet hatte, nicht mehr unter der Bezeichnung "J" zu werben. Durch rechtskräftiges Versäumnisurteil des Landgerichts Düsseldorf vom 4.11.2005 - 38 O 65/05 - wurde der Kläger verurteilt, an die M GmbH 5.319,70 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 5.100,00 € seit dem 8.3.2005 und aus 219,70 € seit dem 29.8.2005 zu zahlen.
Der Kläger ist der Ansicht, dass die Beklagte habe für die korrekte Eintragung in die Telefonverzeichnisse Sorge zu tragen gehabt habe, und behauptet, den durch das Landgericht Düsseldorf titulierten Anspruch habe er zwischenzeitlich erfüllt.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.319,70 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 5.100,00 € seit dem 8.3.2005 und aus 219,70 € seit dem 29.6.2005 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte meint, dass ihr eine zum Schadenersatz verpflichtende Handlung nicht vorgeworfen werden könne.
Gründe
Die Klage ist unbegründet.
I.
Dem Kläger steht der geltende Anspruch aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Die Beklagte war weder aus vertraglichen noch aus öffentlichrechtlichen Bestimmungen verpflichtet, für die gewünschte Änderung des Standardeintrages Sorge zu tragen.
1.
Nach § 89 Abs. 8 TKG 1996 in der bis zum 25.6.2004 gültigen Fassung konnten Diensteanbieter Kunden mit ihren Namen und anderen Angaben in öffentlich gedruckte oder elektronische Verzeichnisse eintragen, soweit der Kunde dies beantragte. Dabei konnte der Kunde bestimmen, welche Angaben in den Kundenverzeichnissen veröffentlicht werden sollen. Nach § 21 Abs. 1 TKV 1998 kann der Kunde von dem mit ihm vertraglich verbundenen Anbieter von Sprachkommunikationsdienstleistungen verlangen, in ein allgemein zugängliches, nicht notwendig anbietereigenes Teilnehmerverzeichnis eingetragen zu werden. Dieses Teilnehmerverzeichnis enthält zumindest u.a. den Namen des Inhabers. Die Eintragungsdaten richten sich nach den Vorgaben des Kunden (vgl. OLG Düsseldorf; Urteil vom 25.2.3003 - 20 U 161/02, MMR 2003, 476). Diese Daten hat der Anbieter demjenigen Unternehmen, welches zur Herausgabe von Telefonbüchern verpflichtet ist, weiterzugeben (§ 21 Abs. 4 TKV). Gemäß § 1 Nr. 2 b) TUDLV war die Beklagte verpflichtet, öffentlich zugängliche Teilnehmerverzeichnisse herauszugeben.
2.
Für eine Haftung der Beklagten aus dem Vertragsverhältnis mit dem Kläger fehlt es bereits an der Verletzung einer ihr obliegenden Verpflichtung.
a)
Die von ihr zur Eintragung gebrachten Daten entsprachen den ursprünglichen Vorgaben des Klägers. Dass er selbst die Beklagte vor Beendigung des zwischen ihnen bestehenden Vertragsverhältnisses mit der Änderung der Standardeintrags beauftragt hätte, ist nicht behauptet. Zu einer unmittelbaren Bearbeitung der nach Vertragsende bei ihr eingegangenen Eingabe vom 31.5.2002 war die Beklagte nicht verpflichtet. Von ihrer Aufgabenstellung her ist ihr eine solche nicht zuzumuten. Soweit die Beklagte im Rahmen der ihr nach § 21 Abs. 4 TKV übertragenen Verpflichtung zur Herausgabe von Telefonbüchern tätig wird, ist die unmittelbare Bearbeitung von Änderungswünschen durch Kunden anderer Anbieter nach der in dem TKG und der TKV vorgesehenen Aufgabenverteilung nicht vorgesehen. Vielmehr kann der Kunde eine Änderung der eingetragenen Daten allein von dem mit ihm vertraglich verbundenen Anbieter verlangen, der die Änderungswünsche an die Beklagte weiterzugeben hat.
b)
Dass die B AG & Co. KG bei der Beklagten ausdrücklich um Löschung der Geschäftsbezeichnung "J" nachgesucht hätte, ist weder ersichtlich noch hinreichend dargetan. Auch wenn der Anbieter des Klägers nach Kündigung des Vertragsverhältnisses mit der Beklagten und Portierung der Rufnummer am 28.3.2002 dessen Eintrag mit der Geschäftsbezeichnung "Q" beantragt haben sollte, verpflichtete dies die Beklagte im Rahmen der ihr gemäß § 1 Nr. 2 b) TUDLV übertragenen Aufgabe, öffentlich zugängliche Teilnehmerverzeichnisse herauszugeben, nicht zu einer Entfernung des Eintrags "J" aus den Telefonverzeichnissen. Dass der vorhandene Standardeintrag nach Portierung der Rufnummer geändert werden sollte, war dem Eintragungsantrag der B AG & Co. KG nicht mit der nötigen Bestimmtheit zu entnehmen. Das Auftreten einer Person unter verschiedenen Geschäftsbezeichnungen ist im Wirtschaftsleben nicht unüblich. Eine Überprüfung daraufhin, ob mit dem Antrag der B AG & Co. KG auf Eintragung der neuen Geschäftsbezeichnung "Q" eine Entfernung des für die portierten Rufnummern vorhandenen Standardeintrags mit der Geschäftsbezeichnung "J" entfernt werden sollte, war der Beklagten praktisch nicht möglich. Bei der Menge der anfallenden Daten kann eine Verarbeitung nur auf elektronischem Wege vorgenommen werden. Dementsprechend ist es der Beklagten schon vom rein Tatsächlichen her nicht möglich, die eingehenden Anträge näher zu prüfen. Nach den gesetzlichen Vorgaben ist das auch nicht ihre Aufgabe. Danach werden der Beklagten von den Diensteanbietern Daten in aufbereiteter Form übermittelt, so dass sie ohne weiteres in Verzeichnisse umgesetzt werden können (vgl. OLG Düsseldorf; Urteil vom 25.2.3003 - 20 U 161/02, MMR 2003, 476, 477). Für die Präzisierung des Eintragungsauftrags ist allein der Kunde verantwortlich. Über dessen exakte Umsetzung hinaus ist von der Beklagten eine weitere Aufbereitung nicht vorzunehmen.
c)
Auch als frühere Vertragspartnerin des Klägers hatte die Beklagte aus Anlass der Beendigung der vertraglichen Beziehungen nicht für die Entfernung des bisherigen Standardeintrags aus den Telefonverzeichnissen Sorge zu tragen. Da der Kläger die ihm zugeteilten Nummern beibehielt, ging die Verantwortlichkeit für bestehende Eintragungen in öffentliche Telefonverzeichnisse mit dem Wechsel des Anbieters automatisch auf die B KG über. Von der Beklagten als mit dem Kläger vertraglich verbundenen Anbieter war dem gemäß eine Entfernung des bestehenden Standardeintrags nur dann zu veranlassen, wenn sie dazu bis zum Vollzug des Anbieterwechsels beauftragt worden wäre. Das ist hier aber nicht geschehen.
Der mit nachgereichtem Schriftsatz vom 11.8.2006 vertretenen Ansicht des Klägers, wonach die Beklagte gemäß § 95 Abs. 3 TKG 2004 spätestens mit Ablauf des 31.12.2004 für die Entfernung des alten Standardeintrags habe Sorge tragen müssen, vermag die Kammer nicht zu folgen. Zwar haben Diensteanbieter nach der seit dem 26.6.2004 in Kraft getretenen Neufassung des TKG ihre Bestandsdaten mit Ablauf des auf die Beendigung des Vertragsverhältnisses folgenden Kalenderjahres zu löschen. Für den Fall der Portierung der Rufnummer sind davon betroffen indes nur ihre eigenen im Zusammenhang mit der Erbringung von Telekommunikationsdiensten begründeten Vertragsbeziehungen erhobenen Daten, also insbesondere Name und Anschrift des Kunden, Art des kontrahierten Dienstes und die dem Kunden zum Gebrauch überlassenen Einrichtungen.
Dem Belassen der Teilnehmerdaten in gedruckte oder telefonische Verzeichnisse steht auch § 35 BDSG nicht entgegen. Solange der Kunde im Falle des Anbieterwechsels sein Einverständnis mit der Veröffentlichung der übermittelten Daten nicht vor Vertragsbeendigung dem bisherigen Anbieter oder nach Vertragsbeendigung dem neuen Anbieter gegenüber widerruft, war deren Aufnahme in öffentliche Teilnehmerverzeichnisse nicht unzulässig.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Streitwert: 5.319,70 €
LG Bonn:
Urteil v. 11.08.2006
Az: 10 O 532/05
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