Bundesgerichtshof:
Urteil vom 30. Januar 2008
Aktenzeichen: I ZR 131/05
(BGH: Urteil v. 30.01.2008, Az.: I ZR 131/05)
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 6. Juli 2005 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht der Klage jeweils hinsichtlich des auf den Gerätetyp LJ8150MFP bezogenen Teils des Zahlungsantrags und des Feststellungsantrags stattgegeben hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 22. Dezember 2004 zurückgewiesen.
Die Anschlussrevision der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der für Multifunktionsgeräte nach § 54a Abs. 1 UrhG a.F. geschuldeten Vergütung.
Die Klägerin nimmt als einzige Verwertungsgesellschaft in Deutschland die Urheberrechte der ihr angeschlossenen Wortautoren wahr. Sie ist im vorliegenden Rechtsstreit zugleich im Auftrag der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst tätig, deren Aufgabe in der Wahrnehmung der urheberrechtlichen Nutzungsrechte an Fotografien, Bildwerken und Grafiken aller Art besteht.
Die Beklagte importiert und verkauft unter anderem sogenannte Multifunktionsgeräte. Dabei handelt es sich um Geräte mit festem Vorlagenglas, die in Verbindung mit einem Computer drucken und scannen sowie ohne einen Computer fotokopieren und teilweise auch faxen können. Zu den von der Beklagten vertriebenen Geräten gehören solche mit der Bezeichnung LJ8150MFP (nachfolgend: Laserjet) und Upgradekit C4166B (nachfolgend: Upgradekit); hinsichtlich dieser Gerätetypen streiten die Parteien auch darüber, ob es sich überhaupt um Multifunktionsgeräte handelt.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte schulde ihr für Multifunktionsgeräte die in Ziffer II 1 der Anlage zu § 54d UrhG a.F. bestimmte Vergütung.
Die Klägerin hat vor Klageerhebung das nach § 14 Abs. 1 Nr. 1a, § 16 Abs. 1 UrhWG vorgesehene Verfahren vor der Schiedsstelle durchgeführt (Einigungsvorschlag der Schiedsstelle vom 26.11.2003, Sch-Urh 16/01, juris). Sie hat - soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse - beantragt, 1. die Beklagte zu verurteilen, an sie zu zahlen:
a) für das Gerät mit der Bezeichnung Laserjet 4.371,55 € zuzüglich Mehrwertsteuer und Zinsen;
b) für das Gerät mit der Bezeichnung Upgradekit 434,60 € zuzüglich Mehrwertsteuer und Zinsen;
2. festzustellen, dass die Beklagte an sie für jedes bis 31. August 2001 von der Beklagten importierte, veräußerte oder in sonstiger Weise in der Bundesrepublik Deutschland in Verkehr gebrachte Exemplar der Geräte des Typs Laserjet und des Typs Upgradekit sowie sämtliche weitere Exemplare elektronisch betriebener Fotokopiergeräte oder Multifunktionsgeräte, mit denen von einem festen Vorlagenglas Kopien hergestellt werden können, einen Betrag gemäß Anlage II zu § 54d Abs. 1 UrhG in der jeweils zum Zeitpunkt des Imports, der Veräußerung oder der sonstigen Inverkehrbringung geltenden Fassung - abzüglich eines gegebenenfalls von der Beklagten für das jeweilige Exemplar bereits geleisteten Betrags - zuzüglich Mehrwertsteuer und Zinsen zu bezahlen hat.
Die Beklagte hat hinsichtlich des Feststellungsantrags anerkannt, dass sie für die Geräte eine angemessene Vergütung i.S. von § 54a Abs. 1 UrhG a.F. schuldet, die maximal 1,5% der Herstellerabgabenpreise beträgt. Im Übrigen ist sie der Klage entgegengetreten.
Das Landgericht hat die Zahlungsanträge abgewiesen und dem Feststellungsantrag nur im Umfang des Anerkenntnisses stattgegeben (LG Stuttgart MMR 2005, 260 = CR 2005, 374). Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht dem Zahlungsantrag hinsichtlich des Gerätetyps Laserjet und dem Feststellungsantrag mit Ausnahme des Gerätetyps Upgradekit stattgegeben (OLG Stuttgart GRUR 2005, 944 = MMR 2005, 605 = CR 2005, 881).
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Klägerin hat Anschlussrevision eingelegt, mit der sie den Zahlungsantrag hinsichtlich des Gerätetyps Upgradekit sowie die Erstreckung des Feststellungsausspruchs auf diesen Gerätetyp weiterverfolgt. Die Parteien beantragen jeweils, das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen.
Gründe
A. Das Berufungsgericht hat dem Zahlungsantrag hinsichtlich des Gerätetyps Laserjet, nicht aber hinsichtlich des Gerätetyps Upgradekit, sowie dem Feststellungsantrag mit Ausnahme des Gerätetyps Upgradekit stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Hinter der Bezeichnung Laserjet verberge sich ein aus zwei separaten Elementen - einem Drucker und einem Scanner - bestehendes Gerätepaket. In dieser Funktionseinheit sei nicht nur der Scanner, sondern auch der Drucker vergütungspflichtig. Deshalb sei die Geräteeinheit nicht nur als Scanner, sondern als Multifunktionsgerät mit dem Festbetrag nach Ziffer II der Anlage zu § 54d UrhG (a.F.) zu vergüten. Bei dem Upgradekit handele es sich um ein Scannermodul, das ausschließlich einzeln verkauft worden und deshalb als Scanner zu vergüten sei. Die Vergütung als Scanner sei jedoch nicht Gegenstand des Rechtsstreits.
Der Feststellungsantrag sei zulässig. Zwar stehe die Möglichkeit der Erhebung einer Stufenklage grundsätzlich der Zulässigkeit einer Feststellungsklage entgegen. Anders sei es jedoch im gewerblichen Rechtsschutz und im Urheberrecht, in dem die Feststellungsklage trotz an sich möglicher Leistungsklage meist durch prozessökonomische Erwägungen geboten sei. Es bestünden keine Zweifel, dass die Beklagte einem Feststellungsurteil folgen würde und die Klägerin nicht Leistungsklage erheben müsste. Der Feststellungsantrag sei - einschließlich des Gerätetyps Laserjet und ausschließlich des Gerätetyps Upgradekit - begründet. Für zur Vervielfältigung geeignete Multifunktionsgeräte bestehe mit Ziffer II der Anlage zu § 54d UrhG (a.F.) eine gesetzliche Vergütungsregelung, die immer dann anzuwenden sei, wenn zwischen den Parteien - wie im vorliegenden Fall - keine besondere Regelung bestehe. Anders sei es nur, wenn die Festbeträge dieser Anlage zu einem völlig unangemessenen Ergebnis führten oder die Anlage aus sonstigen Gründen nicht anzuwenden wäre. Dies könne jedoch nicht festgestellt werden.
B. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung weitgehend stand. Die Revision hat nur geringen Erfolg, die Anschlussrevision hat keinen Erfolg. Die Klägerin kann von der Beklagten nach § 54a Abs. 1, § 54d Abs. 1 UrhG a.F. weder für den Gerätetyp Laserjet (dazu B II) noch für den Gerätetyp Upgradekit (dazu B III), wohl aber für Multifunktionsgeräte (dazu B IV) die in Ziffer II 1 der Anlage zu § 54d Abs. 1 UrhG a.F. bestimmte Vergütung beanspruchen.
I. Die Vergütungspflicht für Vervielfältigungsgeräte ist durch das Zweite Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft vom 26. Oktober 2007 (BGBl. I, S. 2513) neu geregelt worden (§§ 54 ff. UrhG). Diese Neuregelung ist am 1. Januar 2008 in Kraft getreten. Für den Streitfall ist jedoch die alte Rechtslage maßgeblich. Denn die Klägerin macht eine Gerätevergütung lediglich für bis zum 31. Dezember 2001 in Verkehr gebrachte Geräte geltend (§ 27 Abs. 1 Satz 1 und 3 UrhWG).
II. Die Revision rügt mit Erfolg, dass das Berufungsgericht der Klägerin für die unter der Bezeichnung Laserjet vertriebenen Geräte einen Anspruch auf Vergütung in Höhe des Festbetrags nach Ziffer II 1 der Anlage zu § 54d UrhG a.F. zuerkannt hat. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte unter dieser Bezeichnung ein aus zwei separaten Elementen - einem Drucker und einem Scanner - bestehendes Gerätepaket in den Verkehr gebracht. Das Berufungsgericht hat gemeint, diese Geräteeinheit sei nicht nur als Scanner, sondern als Multifunktionsgerät zu vergüten, weil in dieser Funktionseinheit nicht nur der Scanner, sondern auch der Drucker vergütungspflichtig sei. Das ist nicht richtig.
Innerhalb einer solchen Funktionseinheit ist, wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat, nur der Scanner nach § 54a Abs. 1 UrhG a.F. vergütungspflichtig; Drucker gehören hingegen nicht zu den nach § 54a Abs. 1 UrhG vergütungspflichtigen Vervielfältigungsgeräten (BGHZ 174, 359 Tz. 6 ff. - Drucker und Plotter). Die Klägerin kann daher nur für den Scanner eine Vergütung fordern. Die Vergütung für Scanner ist jedoch, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits. Die Klägerin macht mit dem Antrag, ihr für das Gerät mit der Bezeichnung Laserjet 4.371,55 € (= 8.550 DM) zu zahlen, für 171 Geräte dieses Typs lediglich den Differenzbetrag von 50 DM je Gerät zwischen dem vereinbarten und von der Beklagten bereits bezahlten Tarif für Scanner von 50 DM und dem gesetzlichen Vergütungssatz für Vervielfältigungsgeräte von 100 DM geltend.
Eine derartige Gerätekombination ist auch nicht deshalb als Multifunktionsgerät anzusehen, weil der Drucker und der Scanner zusammen in Verkehr gebracht worden sind. Denn dies ändert nichts daran, dass es sich um zwei separate Geräte handelt, die auch unabhängig voneinander vertrieben werden könnten, wobei dann lediglich der Scanner nach dem Scannertarif zu vergüten wäre. Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, weshalb die Vergütung höher sein sollte, nur weil die beiden Geräte zusammen angeboten und verkauft werden.
III. Die Anschlussrevision rügt ohne Erfolg, dass das Berufungsgericht den Antrag auf Zahlung einer Vergütung in Höhe des Festbetrages nach Ziffer II 1 der Anlage zu § 54d UrhG a.F. für die Geräte des Typs Upgradekit abgewiesen hat. Bei diesem Upgradekit handelt es sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts um ein Scannermodul, das ausschließlich einzeln verkauft worden ist und das daher, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, auch nur als Scanner zu vergüten ist. Auch insoweit ist die Scannervergütung nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits. Mit dem Antrag, ihr für das Gerät mit der Bezeichnung Upgradekit 434,60 € (= 850 DM) zu zahlen, beansprucht die Klägerin für 17 Geräte dieses Typs nur den Differenzbetrag von 50 DM je Gerät zwischen dem vereinbarten und von der Beklagten ebenfalls bereits bezahlten Scannertarif von 50 DM und dem gesetzlichen Vergütungssatz von 100 DM.
Entgegen der Ansicht der Anschlussrevision kommt es nicht darauf an, ob der Scanner gezielt als Zusatzgerät für die Erweiterung eines Druckers zum Multifunktionsgerät beworben und vertrieben worden ist. Weder wird dadurch der Scanner zum Multifunktionsgerät, noch ändert dies etwas daran, dass es sich bei dem Scanner und dem Drucker um separate Geräte handelt, von denen lediglich der Scanner nach dem Scannertarif zu vergüten ist.
IV. Der Feststellungsantrag ist zulässig (dazu B IV 1) und - mit Ausnahme des Teils, der sich auf die Gerätetypen Laserjet und Upgradekit bezieht - begründet (dazu B IV 2).
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Feststellungsantrag zulässig ist. Entgegen der Ansicht der Revision ist das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse gegeben. Allerdings steht der Zulässigkeit einer Feststellungsklage grundsätzlich die - hier für die Klägerin bestehende - Möglichkeit entgegen, eine Leistungsklage - auch in Form der Stufenklage (§ 254 ZPO) - zu erheben. Im gewerblichen Rechtsschutz und im Urheberrecht erfährt dieser Grundsatz jedoch Einschränkungen. Das rechtliche Interesse an einer Feststellungsklage entfällt in der Regel nicht bereits dadurch, dass der Kläger im Wege der Stufenklage auf Leistung klagen kann. Denn die Feststellungsklage ist trotz an sich möglicher Leistungsklage meist durch prozessökonomische Erwägungen geboten (BGH, Urt. v. 15.5.2003 - I ZR 277/00, GRUR 2003, 900, 901 = WRP 2003, 1238 - Feststellungsinteresse III, m.w.N.).
a) Zu diesen prozessökonomischen Erwägungen zählt zum einen, dass sich die im gewerblichen Rechtsschutz und im Urheberrecht häufig schwierige Begründung und Berechnung des Schadensersatzanspruchs infolge eines Feststellungsurteils erübrigen und das Feststellungsurteil den Verletzten in stärkerem Maße vor dem drohenden Ablauf der im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht geltenden kurzen Verjährungsfristen schützen kann (vgl. BGH GRUR 2003, 900, 901 - Feststellungsinteresse III). Diese Gesichtspunkte sind im vorliegenden Rechtsstreit jedoch nicht von Bedeutung, da die Klägerin keinen Schadensersatzanspruch geltend macht und die Beklagte auf die Verjährungseinrede verzichtet hat.
b) Ein Feststellungsinteresse besteht aus Gründen der Prozessökonomie aber auch dann, wenn voraussichtlich bereits eine Feststellungsklage zur endgültigen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt und sich damit die bei einer Stufenklage nach Auskunftserteilung möglicherweise erforderliche weitere Auseinandersetzung über die Höhe der Forderung erübrigt. Es entspricht prozessualer Erfahrung, dass die Prozessparteien im gewerblichen Rechtsschutz und im Urheberrecht nach Auskunftserteilung und Rechnungslegung in den meisten Fällen bereits aufgrund des Feststellungsurteils zu einer Regulierung des Schadens finden, ohne weitere gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, so dass kein Anlass besteht, dem Geschädigten aus prozessualen Gründen zu gebieten, das Gericht nach erfolgter Auskunftserteilung und Rechnungslegung mit einem Streit über die Höhe des Schadensbetrags zu befassen (BGH GRUR 2003, 900, 901 - Feststellungsinteresse III). Dieser Erfahrungssatz gilt nicht nur für die in diesem Rechtsgebiet besonders zahlreichen Schadensersatzprozesse. Vielmehr kann, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, generell davon ausgegangen werden, dass die Parteien solcher Rechtsstreitigkeiten zumeist schon aufgrund eines Feststellungsurteils zu einer endgültigen Beilegung ihrer Differenzen finden.
Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass dies im Streitfall anders sein könnte. Die Parteien betrachten den Rechtsstreit als Musterprozess zu der Streitfrage, in welcher Höhe für Multifunktionsgeräte eine Gerätevergütung nach § 54a Abs. 1 UrhG a.F. zu entrichten ist. Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Beklagte ihr für jedes in Verkehr gebrachte Multifunktionsgerät eine bestimmte Vergütung zu zahlen hat. Den Parteien wird es daher aufgrund eines die Höhe des Vergütungssatzes bestimmenden Feststellungsurteils nach Auskunftserteilung über die Zahl und die Leistungsfähigkeit der in Verkehr gebrachten Geräte voraussichtlich ohne Schwierigkeiten möglich sein, die geschuldete Gerätevergütung zu berechnen. Nach Auffassung des Berufungsgerichts bestehen keine Zweifel, dass die Beklagte einem Feststellungsurteil folgen würde und die Klägerin nicht Leistungsklage erheben müsste.
2. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe für bis zum 31. August 2001 in Verkehr gebrachte Multifunktionsgeräte die in Ziffer II 1 der Anlage zu § 54d Abs. 1 UrhG a.F. vorgesehene Vergütung zu zahlen, ist entgegen der Ansicht der Revision frei von Rechtsfehlern (dazu sogleich). Diese Vergütung ist hingegen weder - anders als das Berufungsgericht gemeint hat - für den Gerätetyp Laserjet noch - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - für den Gerätetyp Upgradekit zu zahlen; insoweit wird zur Begründung auf die Ausführungen unter B II und III verwiesen.
a) Das Bestehen einer Vergütungspflicht für Multifunktionsgeräte nach § 54a Abs. 1 UrhG a.F. hat die Beklagte anerkannt. Die Höhe der nach § 54a Abs. 1 UrhG a.F. geschuldeten Vergütung bestimmt sich gemäß § 54d Abs. 1 UrhG a.F. - wenn nichts anderes vereinbart ist - nach der Anlage zu dieser Vorschrift. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die in Ziffer II 1 dieser Anlage enthaltenen festen Vergütungssätze für Vervielfältigungsgeräte i.S. des § 54a Abs. 1 UrhG a.F. - mangels einer anderen Vereinbarung der Parteien - auch für Multifunktionsgeräte gelten. Es gibt, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, keine Gründe, diese Vergütungssätze nicht auf Multifunktionsgeräte anzuwenden. Insbesondere ist die Vergütungsregelung entgegen der Ansicht der Revision im Hinblick auf Multifunktionsgeräte weder lückenhaft (dazu b) noch verfassungswidrig (dazu unter c) noch verstößt sie gegen europäisches Recht (dazu d).
b) Entgegen der Ansicht der Revision enthält die Anlage zu § 54d Abs. 1 UrhG a.F. im Hinblick auf Multifunktionsgeräte keine Regelungslücke, die zur Folge hätte, dass dem Urheber für solche Geräte eine angemessene Vergütung zustünde, ohne dass insofern ein bestimmter Vergütungssatz festgelegt wäre.
aa) Der Senat hat allerdings angenommen, dass die Anlage zu § 54d Abs. 1 UrhG a.F. insofern eine Lücke aufweist, als sie für Telefaxgeräte, bei denen die Vorlage durch einen Schlitz eingezogen wird, keine angemessenen Vergütungssätze enthält und dass sich der gesetzliche Vergütungsanspruch für derartige Geräte daher auf eine angemessene Vergütung richtet. Er hat daraus, dass ein Vergütungssatz in der Größenordnung von 75 DM für jedes Gerät bei dem geringen Umfang der urheberrechtsrelevanten Verwendung derartiger Telefaxgeräte in hohem Maße unangemessen wäre, geschlossen, dass der Gesetzgeber eine Vergütungspflicht solcher Telefaxgeräte bei der Schaffung der gesetzlichen Regelung nicht im Blick gehabt hat (BGHZ 140, 326, 333 f. - Telefaxgeräte).
bb) Eine solche Schlussfolgerung verbietet sich jedoch von vornherein bei Geräten, die ohne weiteres mit herkömmlichen Fotokopiergeräten vergleichbar sind. Denn für derartige Geräte hat der Gesetzgeber die Vergütungspflicht und die Vergütungssätze bewusst geschaffen (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des Urheberrechts vom 22. Dezember 1983, BT-Drucks. 10/837, S. 19 ff.). Eine planwidrige Regelungslücke könnte daher selbst dann nicht angenommen werden, wenn die Vergütungssätze im Hinblick auf die Häufigkeit des urheberrechtsrelevanten Einsatzes und den Preis dieser Geräte Bedenken begegneten. Dementsprechend hat der Senat die Anwendung der in der Anlage zu § 54d UrhG a.F. gesetzlich festgelegten Vergütungssätze auf Telefaxgeräte mit festem Vorlagenglas, die ohne weiteres mit herkömmlichen Fotokopiergeräten vergleichbar sind, gebilligt (BGHZ 140, 326, 328 f. - Telefaxgeräte). Ferner hat der Senat bei Scannern eine Regelungslücke verneint, weil der im Gesetz ausdrücklich geregelte, von herkömmlichen Fotokopiergeräten ausgehende Tatbestand dem Vervielfältigungsvorgang mit Hilfe eines Scanners weitgehend vergleichbar ist (BGH, Urt. v. 5.7.2001 - I ZR 335/98, GRUR 2002, 246, 248 = WRP 2002, 219 - Scanner).
cc) Multifunktionsgeräte, die über ein Vorlagenglas und eine Kopierfunktion verfügen, sind gleichfalls ohne weiteres mit herkömmlichen Fotokopiergeräten vergleichbar. Mit derartigen Multifunktionsgeräten können in gleicher Weise wie mit herkömmlichen Fotokopiergeräten Vervielfältigungen vorgenommen werden. Soweit es die Kopierfunktion betrifft, stehen Multifunktionsgeräte den Fotokopiergeräten gleich. Die auf Fotokopiergeräte zugeschnittenen gesetzlich festgelegten Vergütungssätze sind daher ohne weiteres auf Multifunktionsgeräte anwendbar; eine Regelungslücke besteht insoweit nicht. Dass Multifunktionsgeräte nicht nur fotokopieren, sondern darüber hinaus auch noch drucken und scannen sowie mit ihnen teilweise Telefaxe versandt werden können, ist selbst dann unerheblich, wenn die Nutzung dieser anderen Funktionen - wie die Revision geltend macht - überwiegen sollte. Es liegt in der Natur eines technischen Kombinationsgeräts, dass es mehrere Funktionen erfüllt (vgl. BGHZ 121, 215, 219 - Readerprinter). Die Möglichkeit, das Gerät zum Drucken, Scannen und zum Versenden von Telefaxen zu verwenden, schränkt die Möglichkeit in keiner Weise ein, das Gerät zum Fotokopieren einzusetzen. Da ein solches Multifunktionsgerät demnach (auch) ein vollwertiges Fotokopiergerät ist, kommt es nicht darauf an, wie häufig oder selten die übrigen Funktionen im Verhältnis zur Fotokopierfunktion genutzt werden.
c) Anders als die Revision meint, ist die Anwendung der Vergütungsregelung in Ziffer II 1 der Anlage zu § 54d Abs. 1 UrhG a.F. auf Multifunktionsgeräte nicht verfassungswidrig. Die Vergütungssätze begegnen insbesondere im Hinblick auf den Umfang der urheberrechtsrelevanten Nutzung und den Preis der Geräte keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
aa) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, dass mit Multifunktionsgeräten, wenn sie zu Kopierzwecken eingesetzt würden, nur zu einem geringfügigen Anteil Vervielfältigungen von urheberrechtlich geschützten Vorlagen hergestellt würden. Der Umfang der urheberrechtsrelevanten Nutzung eines Fotokopiergerätes ist für die Höhe der geschuldeten Gerätevergütung nicht von Bedeutung. Für Vervielfältigungsgeräte sind in Ziffer II 1 der Anlage zu § 54d Abs. 1 UrhG a.F. nach der Zahl der Vervielfältigungen je Minute gestaffelte feste Vergütungssätze vorgesehen, ohne dass es darauf ankommt, inwieweit sich unter diesen Vervielfältigungen urheberrechtsneutrale Kopien - wie etwa Vervielfältigungen eigener Schriftstücke oder urheberrechtlich nicht geschützter Vorlagen - befinden. Diese Regelung ist verfassungsrechtlich unbedenklich.
Die Festlegung der Vergütungssätze ist ein Akt wertender Entscheidung des Gesetzgebers. Diesem kommt bei der Ausgestaltung in den Grenzen der Praktikabilität sowie unter Beachtung des Gleichheitssatzes und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ein weiter Entscheidungsspielraum zu, der zwangsläufig alle Unsicherheiten enthält, die Prognoseentscheidungen anhaften (BVerfGE 79, 1, 27 f.). Danach ist es nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber die Vergütungssätze an die Leistungsfähigkeit der Geräte und nicht an den Umfang der urheberrechtsrelevanten Nutzung angeknüpft (BGHZ 121, 215, 223 f. - Readerprinter) und damit dem Umstand Rechnung getragen hat, dass eine Regelung, die auf die konkrete urheberrechtsrelevante Verwendung abstellen würde, praktisch kaum durchführbar und kontrollierbar wäre.
bb) Die Anwendung der Vergütungssätze der Anlage zu § 54d Abs. 1 UrhG a.F. auf Multifunktionsgeräte ist entgegen der Ansicht der Revision auch nicht deshalb verfassungswidrig, weil die Vergütungssätze im Verhältnis zu dem Gerätepreis unangemessen wären und die Beklagte die Belastung durch die Gerätevergütung daher nicht an die Erwerber der Geräte weitergeben könnte.
(1) Die Beklagte kann sich grundsätzlich nicht mit Erfolg auf ein Missverhältnis zwischen dem Gerätepreis und dem Vergütungssatz berufen. Die gesetzliche Regelung, nach der der Preis des Geräts für die Höhe der Vergütung keine Rolle spielt, begegnet grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Zweck der Gerätevergütung nach § 54a Abs. 1 UrhG a.F. besteht darin, die Urheber auch dort angemessen an dem wirtschaftlichen Nutzen ihrer Werke zu beteiligen, wo diese durch Vervielfältigungen gemäß § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG erlaubnisfrei genutzt werden können (BGHZ 135, 1, 9 - Betreibervergütung). Der Umfang dieser Nutzungsmöglichkeit ist unabhängig vom Preis des Vervielfältigungsgeräts. Wäre die Vergütungshöhe an den Gerätepreis gebunden, ginge der allgemein zu beobachtende Preisrückgang bei Vervielfältigungsgeräten zu Lasten der Urheber, zumal sich neuartige Geräte oft durch eine höhere Leistungsfähigkeit auszeichnen. Der Gesetzgeber hat sich daher innerhalb des ihm bei der Ausgestaltung der Vergütungssätze zukommenden weiten Gestaltungsspielraums bewegt, als er bei der Neuregelung der Vergütungspflicht im Jahre 1985 die zuvor bestehende Abhängigkeit der Gerätevergütung vom Gerätepreis aufgegeben und sich für nach der Leistungsfähigkeit der Geräte gestaffelte feste Vergütungssätze entschieden hat (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des Urheberrechts, BT-Drucks. 10/837, S. 10 f. und 19).
(2) Die Beklagte macht ohne Erfolg geltend, die Belastung durch die Gerätevergütung sei so unverhältnismäßig hoch, dass sie diese nicht an die Erwerber der Geräte weitergeben könne. Es ist verfassungsrechtlich zulässig, den unmittelbar nur schwer zu erfassenden privaten Nutzer fremder Urheberleistung mittelbar dadurch zu belasten, dass die Hersteller der zur Fertigung privater Kopien erforderlichen Vervielfältigungsgeräte eine Vergütung zu zahlen haben, die sie ihrerseits auf die Verbraucher umlegen können (BVerfGE 31, 255, 266 f. = NJW 1971, 2167; 79, 1, 26 = NJW 1992, 1303). Da das Gesetz die Gerätehersteller allein aus Praktikabilitätsgründen mit einer Vergütungspflicht belastet, obwohl nicht sie selbst, sondern allenfalls die Käufer mit Hilfe der Geräte urheberrechtlich relevante Kopien anfertigen, wäre es allerdings verfassungsrechtlich bedenklich, wenn der Vergütungssatz im Verhältnis zum Gerätepreis derart hoch wäre, dass die Hersteller die Last der Vergütung nicht auf die Erwerber der Geräte abwälzen könnten. Es kann dahinstehen, ob es mit Rücksicht darauf, dass die Hersteller durch die Produktion und das Inverkehrbringen der Geräte den Eingriff in den Verwertungsbereich der Urheber ermöglichen und daraus wirtschaftlichen Gewinn ziehen, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden wäre, wenn ein Teil der Belastung beim Gerätehersteller verbliebe (vgl. BVerfGE 31, 255, 265 und 267). Entgegen der Ansicht der Revision ergibt sich aus dem Vorbringen der Beklagten nicht, dass die Vergütungssätze im Verhältnis zu den Gerätepreisen in so hohem Maße unangemessen sind, dass die Beklagte die Belastung mit der Geräteabgabe nicht an die Endverbraucher weitergeben könnte und sie dadurch in ihrer wirtschaftlichen Handlungsfreiheit in erheblichem Maße beschränkt wäre.
Der Vergütungssatz beträgt nach Ziffer II 1 der Anlage zu § 54 Abs. 1 UrhG a.F. für Vervielfältigungsgeräte mit einer Leistung von bis 12 Vervielfältigungen je Minute 38,35 € bzw. - wenn mehrfarbige Vervielfältigungen hergestellt werden können - 76,70 €. Im Jahre 2001 haben die von der Beklagten in Verkehr gebrachten Multifunktionsgeräte dieser Leistungsklasse nach ihrem Vortrag regelmäßig weniger als 500 € gekostet. Geht man von einem Preis der Geräte von 400 bis 500 € aus, ergäbe sich danach für Geräte, die farbig kopieren können, ein Anteil der Urheberrechtsvergütung in der Größenordnung von 13,3 bis 16,1%. Dies kann nicht als in hohem Maße unangemessen angesehen werden.
Zu Recht hat das Berufungsgericht den von der Beklagten vorgetragenen Endverbraucherpreis für ein Multifunktionsgerät von 79 € für nicht relevant erachtet, da dieser Preis nach dem Vorbringen der Beklagten für im Jahre 2004 angebotene Geräte galt und es im Streitfall nur um bis zum 31. August 2001 in den Verkehr gebrachte Geräte geht. Entgegen der Ansicht der Revision musste das Berufungsgericht insoweit auch nicht nach § 139 ZPO auf eine Ergänzung des Sachvortrags der Beklagten hinwirken. Für die Beklagte war es offensichtlich, dass es auf den Gerätepreis im Jahr 2001 ankommt, und sie hatte dazu auch vorgetragen.
Selbst wenn zu berücksichtigen wäre, dass die Beklagte, wie die Revision geltend macht, auf einen entsprechenden Hinweis des Berufungsgerichts vorgetragen hätte, dass der Durchschnittspreis für das preiswerteste Multifunktionsgerät im Dezember 2001 bei 245 € lag, würde dies zu keiner abweichenden Beurteilung führen. Denn auch eine sich danach ergebende Gerätevergütung von knapp 24% des Gesamtgerätepreises könnte nicht als völlig unangemessen angesehen werden. Der Senat hat bereits in der Scanner-Entscheidung den von der Klägerin geforderten Vergütungssatz von 46,80 DM bzw. 93,60 DM bei einem Gerätepreis von 200 DM bis 300 DM und damit eine Gerätevergütung von bis zu 32% des Gesamtgerätepreises als nicht unangemessen hoch erachtet (BGH GRUR 2002, 246, 247, 248).
d) Entgegen der Auffassung der Revision verstößt die Vergütungsregelung in der Anlage zu § 54d Abs. 1 UrhG a.F. nicht gegen europäisches Recht.
aa) Die Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. EG Nr. L 167 vom 22. Juni 2001, S. 10) ist für den Streitfall schon deshalb ohne Bedeutung, weil sie nach ihrem Art. 10 Abs. 2 Handlungen und Rechte nicht berührt, die - wie hier das Inverkehrbringen der Multifunktionsgeräte bis zum 31. August 2001 und die dadurch begründeten Vergütungsansprüche - vor dem 22. Dezember 2002 abgeschlossen bzw. erworben wurden.
bb) Die Klägerin hat auch nicht gegen Art. 82 EG verstoßen. Sie stützt sich lediglich - entsprechend ihrer gegenüber den Berechtigten bestehenden Verpflichtung (§ 6 Abs. 1 UrhWG) - auf die gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Vergütungssätze. In der Geltendmachung eines gesetzlich vorgesehenen Anspruchs liegt kein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung.
C. Danach ist das Berufungsurteil auf die Revision der Beklagten aufzuheben, soweit das Berufungsgericht dem Zahlungsantrag und dem Feststellungsantrag hinsichtlich des Gerätetyps Laserjet stattgegeben hat. Insoweit ist die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts zurückzuweisen. Im Übrigen sind die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision der Klägerin zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
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LG Stuttgart, Entscheidung vom 22.12.2004 - 17 O 299/04 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 06.07.2005 - 4 U 19/05 -
BGH:
Urteil v. 30.01.2008
Az: I ZR 131/05
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