Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Februar 2006
Aktenzeichen: 17 W (pat) 346/03
(BPatG: Beschluss v. 14.02.2006, Az.: 17 W (pat) 346/03)
Tenor
Das Patent DE 100 08 602 wird widerrufen.
Gründe
I.
Auf die am 24. Februar 2000 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Patentanmeldung 100 08 602.0 - 53 wurde am 19. Februar 2003 unter der Bezeichnung
"Datenverarbeitendes Gerät mit Netzteil und Netzteil für datenverarbeitende Geräte"
ein Patent erteilt. Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist der 10. Juli 2003.
Gegen das Patent ist ein Einspruch erhoben worden. Die Einsprechende hat den Widerrufsgrund nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG geltend gemacht und unter Hinweis auf von ihr genannte Druckschriften ausgeführt, dass der jeweilige Gegenstand der Patentansprüche wegen fehlender Erfindungshöhe nicht patentfähig sei.
Die Einsprechende stellt den Antrag, das Patent zu widerrufen.
Die Patentinhaberin beantragt, das Patent unverändert aufrechtzuerhalten.
Nach ihrer Auffassung findet sich für die durch das Patent erzielte Reduzierung von Aufwand und Kosten keine Anregung im Stand der Technik. Sie hält die beanspruchte Integration von PLC-Modem und Datenschnittstelle in das Netzteil eines datenverarbeitenden Gerätes für weder durch die zitierten Druckschriften vorweggenommen noch nahegelegt.
Der Anspruch 1 des Streitpatents lautet:
"1. Datenverarbeitendes Gerät (DG) mit Netzteil (NT) für eine interne Versorgung mit elektrischer Energie gespeist aus einem elektrischen Energieversorgungsnetz (E), auf dem gleichzeitig ein externes Datennetz realisiert ist, aufweisend eine Rechnerintelligenz (RI1) und Komponenten, die eine Datenschnittstelle (DI) bilden für einen datentechnischen Informationsaustausch zwischen dem datenverarbeitenden Gerät (DG) und ein Powerline Communication-Modem (PLC-M) bildenden Komponenten, die im Weiteren für den Anschluss an das auf dem Energieversorgungsnetz (E) realisierte, mit weiteren datenverarbeitenden Geräten (DG) in Verbindung stehende externe Datennetz vorgesehen sind, dadurch gekennzeichnet, dassdie ein Powerline Communication-Modem (PLC-M) bildenden Komponenten und die Datenschnittstelle (DI) integrierte Bestandteile des Netzteils (NT) des datenverarbeitenden Geräts sind."
Ihm ist folgender rückbezogener Anspruch formal nebengeordnet:
"6. Netzteil (NT) für datenverarbeitende Geräte (DG) nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dassneben den Elementen für die Energieversorgung eines datenverarbeitenden Geräts (DG) aus einem Energieversorgungsnetz (E), das gleichzeitig ein Datennetz für Powerline Communication ist, ein Powerline Communication- Modem (PLC-M) bildende Komponenten und eine Datenschnittstelle (DI) für eine geräteinterne datentechnische Anbindung vorgesehen sind."
Diesen Ansprüchen liegt die Aufgabe zugrunde, technische Maßnahmen anzugeben, durch die der Aufwand und die Kosten für die Realisierung einer Powerline Communication zwischen datenverarbeitenden Geräten, gegebenenfalls auch mit Geräten, die ursächlich nicht für Powerline Communication ausgelegt sind, insgesamt reduziert werden (siehe Streitpatent Absatz [0014]).
II.
Der Einspruch ist zulässig, da er form- und fristgerecht erhoben sowie nach Maßgabe des § 59 Abs. 1 Satz 4 PatG begründet worden ist. Er hat in der Sache auch Erfolg.
Das datenverarbeitende Gerät nach dem Patentanspruch 1 des Streitpatents ist aus dem entgegengehaltenen Stand der Technik nahegelegt und beruht somit nicht auf erfinderischer Tätigkeit (§§ 1, 4 PatG).
Wie in der Beschreibungseinleitung des Streitpatents bereits angedeutet, ist unstrittig aus der DE 33 29 336 A1 ein datenverarbeitendes Gerät ("Station 1") mit Netzteil (NF1, NT) und Powerline Communication-Modem (Ü, M) nach allen Merkmalen des Oberbegriffs des angegriffenen Patentanspruchs 1 bekannt.
Allerdings ist in dieser Druckschrift das kennzeichnende Merkmal des Patentanspruchs 1, nämlich dass "die ein Powerline Communication- (PLC-) Modem bildenden Komponenten und die Datenschnittstelle integrierte Bestandteile des Netzteils des datenverarbeitenden Geräts sind", nicht explizit verwirklicht.
Es kann nun dahingestellt bleiben, ob es für den Fachmann - hier einen Entwicklungsingenieur der Elektrotechnik mit Hochschul- oder Fachhochschulabschluss - nicht allein schon ausgehend von dieser Druckschrift nahelag, im Sinne der Aufgabenstellung eine andere, dafür geeignetere Anordnung zu wählen und das Modem mit seiner Datenschnittstelle in das Netzteil zu integrieren.
Denn eine solche Anregung kann der Fachmann ohne Weiteres der von der Einsprechenden genannten DE 197 07 533 A1 entnehmen. Die Druckschrift betrifft ein "Netzteil, das mit einem Übertrager zur Einkoppelung und / oder Auskoppelung von Signalen in das bzw. aus dem mit dem Netzteil gekoppelten Wechselspannungsnetz versehen ist" (Spalte 1 Absatz 1). Dadurch wird der Austausch von Informationen mit einem anderen Gerät über das Wechselspannungsnetz ermöglicht (Spalte 1 Zeile 19 - 22), was der Funktionalität eines PLC-Modems entspricht. Als Vorteil ist die Doppelausnutzung von Bauteilen, z. B. der Primärwicklung als Übertrager und als Drosselspule (Spalte 1 Zeile 41 / 42) angegeben. Der Fachmann wird hier als allgemeine technische Lehre abstrahieren, dass durch die Kombination eines Netzteiles mit einem Gerät zur Datenübertragung über das Wechselspannungsnetz (PLC-Modem) zu einer einzigen Baugruppe Einsparungen ermöglicht werden. Dabei ist es für ihn selbstverständlich, dass die entstehende Baugruppe auch eine Datenschnittstelle zum Datenaustausch haben muss.
Wenn der Fachmann diese Lehre aus der DE 197 07 533 A1 auf das aus der DE 33 29 336 A1 bekannte datenverarbeitende Gerät ("Station 1") anwendet und das dortige Netzteil (NF1, NT) und Modem (Ü, M) mit seiner Datenschnittstelle (Verbindung M - C) in eine einzige Baugruppe integriert, gelangt er aber ohne erfinderische Tätigkeit zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents.
Die Einwände der Patentinhaberin, dass die DE 197 07 533 A1 kein für datenverarbeitende Geräte geeignetes Netzteil zeige, weil die dort erzeugte Gleichspannung nicht potentialfrei sei und nur einen Spannungswert liefere, und ferner wegen des Serien-Kondensators CNK nur kleine Ströme abgegeben werden könnten, vermögen hier nicht zu einer anderen Beurteilung zu führen. Denn es reicht aus, dass der Fachmann wie beschrieben auch die allgemeine Anregung enthält, durch Integration von Modem-Baugruppen in ein Netzteil wegen der Doppelnutzung von Bauteilen Einsparungen erzielen zu können. Welche Auslegung das Netzteil für den vorgesehenen Verbraucher haben sollte, bleibt jeweils seinem Fachwissen überlassen und ist im Übrigen gar nicht Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents.
Auch der geltend gemachte Vorteil, dass durch die Integration des PLC-Modems in das Netzteil eine Verbindungsleitung unter Netzspannung eingespart werden kann, ist für den Fachmann ohne Weiteres vorhersehbar und kann die Patentfähigkeit nicht tragen.
Nach alledem beruht der Patentanspruch 1 nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
Über die übrigen Ansprüche brauchte nicht befunden zu werden, da über den Antrag der Patentinhaberin nur einheitlich entschieden werden kann (vgl. BGH GRUR 1997, 120 "Elektrisches Speicherheizgerät").
Somit war das Patent zu widerrufen.
BPatG:
Beschluss v. 14.02.2006
Az: 17 W (pat) 346/03
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