Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. November 2001
Aktenzeichen: 33 W (pat) 190/01
(BPatG: Beschluss v. 13.11.2001, Az.: 33 W (pat) 190/01)
Tenor
Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. März 2001 aufgehoben.
Gründe
I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 7. Januar 2000 die Wortmarke
"INTRADAY"
für folgende Dienstleistungen zur Eintragung in das Register angemeldet worden:
"Klasse 35:
Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Unternehmensberatung, Personalberatung, Organisationsberatung, Personal- und Stellenvermittlung; Marketing und Marktforschung, Meinungsforschung; Dienstleistungen einer Werbeagentur; Werbung, Öffentlichkeitsarbeit und Verkaufsförderung für andere, insbesondere über Computernetze; Buchführung, Lohn- und Gehaltsabrechung, Buchprüfung; Büroarbeiten; Vermittlung und Abschluß von Handelsgeschäften für andere, insbesondere über Computernetze; Bereitstellung eines virtuellen Marktplatzes für Waren und/oder Dienste auf Computernetzen;
Klasse 36:
Finanzwesen, Bank- und Geldgeschäfte, Handel mit notierten und nichtnotierten Werten, Inkassogeschäfte; Vermögensverwaltung; Immobilienwesen; Versicherungswesen;
Klasse 42:
Verpflegung, Party-Service; Beherbergung von Gästen; Erstellung und Wartung von Computer-Programmen, Datenverarbeitung für andere; Zurverfügungstellung von Zugriff auf Datenbanken."
Die Markenstelle für Klasse 36 hat die Anmeldung durch Beschluß vom 21. März 2001 gemäß §§ 8 Abs 2 Nr 1, 37 Abs 1 MarkenG mit der Begründung zurückgewiesen, daß der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft fehle. Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, daß "INTRADAY" "innerhalb eines Tages" bedeute. Auf dem Finanzsektor werde der Begriff in Alleinstellung zur Bezeichnung einer Taktik des Aktienhandels verwendet, die sich dadurch auszeichne, daß die eingekauften Positionen spätestens zum Handelsende wieder verkauft und auf diese Weise keine Positionen über Nacht gehalten würden.
Gegen diese Entscheidung hat der Anmelder Beschwerde eingelegt. Er beantragt, den angefochtenen Beschluß der Markenstelle aufzuheben.
Das Dienstleistungsverzeichnis hat er auf
"Verpflegung, Party-Service; Beherbergung von Gästen"
eingeschränkt. Er trägt vor, daß erst eine Kombination des Begriffes "INTRADAY" mit weiteren Wörtern wie beispielsweise "Charts" bzw mit Kurstafeln einen börsentechnischen Sinn ergebe. Für sich allein genommen habe der Begriff keine konkrete auf die angemeldeten Dienstleistungen bezogene beschreibende Bedeutung, dies gelte erst recht im Hinblick auf das nunmehr eingeschränkte Dienstleistungsverzeichnis.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II Die Beschwerde ist begründet.
Der Senat hält die angemeldete Marke "INTRADAY" im Zusammenhang mit den nunmehr noch beanspruchten Dienstleistungen - entgegen der Beurteilung der Markenstelle des Patentamts - für unterscheidungskräftig und für nicht freihaltungsbedürftig, so daß ihrer Eintragung gemäß §§ 33 Abs 2, 41 MarkenG keine absoluten Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 oder Nr 2 MarkenG entgegenstehen.
1. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft als der einer Marke innewohnenden konkreten Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (st.Rspr, vgl BGH MarkenR 2000, 48 - Radio von hier; MarkenR 2000, 50 - Partner with the Best). Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch nicht um ein so gebräuchliches Wort der deutschen oder einer sonstigen im Inland geläufigen Sprache, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, gibt es keinen Anhalt dafür, daß einem als Marke verwendeten Wortzeichen die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH aao - Partner with the Best; BGH GRUR 1999, 1089 - YES; BGH GRUR 1999, 1093 - FOR YOU).
Die angemeldete Marke setzt sich aus den englischen Begriffen "intra" und "day" zusammen; "intra" als Vorsilbe bedeutet "innerhalb" (Langenscheidts Handwörterbuch Englisch-Deutsch, 1999, S 346), so daß das Zeichen mit "innerhalb eines Tages" übersetzt werden kann. Auf dem Finanzsektor hat der Begriff eine Bedeutungsverengung dahingehend erfahren, daß mit "Intraday" der Kauf und Verkauf von Wertpapieren innerhalb eines Tages bezeichnet wird (Büschgen, Das kleine Börsenlexikon, 22. Auflage, S 800; Online-Börsenlexikon, www.tradersguild.de). Dabei wird der Begriff - entgegen der Behauptung des Anmelders - auch in Alleinstellung verwendet, was sich anhand der mit dem Vertreter des Anmelders in der mündlichen Verhandlung vom 13. November 2001 besprochenen Internetrecherche belegen läßt.
Im Zusammenhang mit dem nunmehr eingeschränkten Dienstleistungsverzeichnis kann der angemeldeten Marke jedoch kein eindeutig beschreibender Inhalt zugeordnet werden, der Begriffsinhalt bleibt für die angesprochenen Verkehrskreise, hier auch das allgemeine Publikum, letztlich diffus und verschwommen. Die Dienstleistungen "Verpflegung, Party-Service, Beherbergung von Gästen" haben keinen Zusammenhang mit dem Finanzsektor und dem in diesem Bereich feststehenden Bedeutungsinhalt des Begriffes. Auch steht bei den verbliebenen Dienstleistungen der Gesichtspunkt der schnellen Erbringung, gegebenenfalls auch innerhalb eines Tages, nicht derart im Vordergrund, daß die angesprochenen Bedeutungen des Begriffes einen ausreichend klaren Sinngehalt vermittelten.
2. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung weiter solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen dienen können. Dabei ist davon auszugehen, daß ein Eintragungshindernis auch dann besteht, wenn eine Benutzung als Sachangabe bisher noch nicht erfolgt ist, eine solche jedoch nach den Umständen erfolgen wird (vgl BGH GRUR 1995, 408, 409 - PROTECH). Zu den nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG vom Markenschutz ausgeschlossenen Angaben zählen allerdings nicht nur die ausdrücklich aufgeführten, sondern auch solche, die für den Verkehr wichtige und die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die betreffenden Waren oder Dienstleistungen selbst beschreiben (vgl BGH GRUR 1998, 813, 814 - CHANGE; BGH aaO - FOR YOU).
Zu diesen Angaben oder Umständen gehört die angemeldete Wortmarke "INTRADAY" nicht. Eine Verwendung der Bezeichnung als beschreibende Angabe im Zusammenhang mit den nunmehr noch beanspruchten Dienstleistungen ist derzeit nicht nachweisbar. Von einem auf gegenwärtiger Benutzung als Sachangabe beruhenden Freihaltungsbedürfnis kann deshalb nicht ausgegangen werden. Ebenso wenig liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, daß im Zusammenhang mit den Dienstleistungen "Verpflegung, Party-Service; Beherbergung von Gästen" in Zukunft eine Verwendung der angemeldeten Bezeichnung als Sachangabe erfolgen wird.
Winklerv. Zglinitzki Dr. Hock Cl
BPatG:
Beschluss v. 13.11.2001
Az: 33 W (pat) 190/01
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