Landgericht Duisburg:
Urteil vom 16. April 2013
Aktenzeichen: 22 O 12/13

(LG Duisburg: Urteil v. 16.04.2013, Az.: 22 O 12/13)

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 8.2.2013 wird abgelehnt.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Verfügungskläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Verfügungskläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % de jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Verfügungskläger ist durch Beschluss der Hauptversammlung der Verfügungsbeklagten vom 26.07.2012 zu deren besonderen Vertreter gemäß § 147 As. 2 S. 1 Aktiengesetz bestellt worden (Top 11). Für den entsprechenden Antrag hatten 2.002.729 Stimmen (85,66 % der stimmberechtigten Stimmen) gestimmt.

Geltend gemacht werden sollten "die sich aus den folgenden Geschäften ergebenden Ersatzansprüche der Gesellschaft, die nach Auffassung der Hauptverhandlung nicht "atarmslength" wie unter fremden Dritten durchgeführt wurden:

Sämtliche Geschäfte zwischen der F AG und den Unternehmen, die von Aufsichtsratsmitgliedern oder dem Vorstand bzw. dem Generlbevollmächtigten C geführt werden oder in deren mehrheitlichem Eigentum stehen, namentlich die folgenden Unternehmen im Hinblick auf die folgenden Geschäfte:"

Sodann wurden im Beschluss die nachfolgenden Geschäfte aufgezählt:

- Softwareüberlassungsvertrag zwischen F AG und T

- Geschäftsbeziehung zur C1GmbH, insbesondere im Hinblick auf Rechenzentrumsdienstleistungen

- Dienstleistungsvertrag mit H1, Q mbH

- Vertrag mit Reinigungsfirma D GmbH

- Leasingvertrag zum Fuhrpark der F AG.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschlusses wird auf die Anlage MHP 4 zur Antragsschrift vom 8.2.2013 Bezug genommen.

Gleichzeitig mit dem Verfügungskläger wurde ein Sonderprüfer gemäß § 142 AktG bestellt.

Am 1.08.2012 sandte der Verfügungskläger ein Informationsbegehren an die Verfügungsbeklagte (Anlage MHP 5 zur Antragsschrift), in dem er unter anderem gemäß Position 11 die Vorlage von Kopien der vom Back-Office während der Hauptverhandlung vorbereiteten Antworten auf Aktionärsfragen sowie gegebenenfalls und gegebenenfalls zuvor im Hinblick auf die die Hauptverhandlung vorsorglich vorbereitete "questions und answers" forderte.

Am 2.8.2012 fand zwischen dem Vorstand der Verfügungsbeklagten, der Sonderprüferin I, dem Direktor Finanzen der Verfügungsbeklagten, dem Verfügungskläger sowie dessen jetzigen Prozessbevollmächtigten, Herrn Rechtsanwalt L1, ein sogenannten "kickoffmeeting" statt.

Mit Schreiben der jetzigen Prozessbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten vom 10.08.2012 wurden auf das Informationsbegehren vom 1.8.2012 hin Auskünfte erteilt.

Eine weitere Auskunftserteilung erfolgte mit Schreiben vom 14.08.2012 (Anlage MHP 7 zur Antragsschrift). Darin wurde jedoch ebenfalls unter Nummer 6 geltend gemacht, dass man einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der fristlosen Beendigung der Vorstandstätigkeit und des Einstellungsvertrages des Herrn O zu den unter Top 11 genannten Vertragsbeziehungen nicht erkennen könne. Hinsichtlich der verfügungsklägerseits unter Ziffer 11 in der Aufforderung vom 1.8.2012 geforderten Unterlagen wurde die Ansicht vertreten, dass es sich nicht um eine unmittelbare Kenntnisquelle, sondern um unternehmensseitig und von Rechtsberatern aufbereitetes sekundäres Material handele; soweit dieses überhaupt einen konkreten Bezug zu den einzelnen in Top 11 genannten Geschäftsbeziehungen aufweise, seien sie damit ihrem, der jetzigen Prozessbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten, Verständnis nach keine geeignete Informationsquelle für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen.

Mit weiteren anwaltlichem Schreiben vom 16.08.2012 (MHP 9 der Antragsschrift) wurde verfügungsbeklagtenseits unter anderem geltend gemacht, man könne die Anfrage zu der Liste der Personen und zuzuordnenden Gesellschaften nicht nachvollziehen; der Hauptversammlungsbeschluss zu Top 11 weise bereits aus, wie die dort genannten Personen den genannten Gesellschaftern zuzuordnen seien.

Mit Schreiben vom 23.08.2012 richtete der Verfügungskläger ein Informationsbegehren an die Verfügungsbeklagte, das Ersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Verkauf der Tochtergesellschaft T1 betraf. Mit anwaltlichem Schreiben vom 28.08.2012 wies die Verfügungsbeklagte das Informationsbegehren mit der Begründung zurück, dass die Geltendmachung von Ersatzansprüchen im Zusammenhang mit diesem Komplex nicht Gegenstand des Auftrages des besonderen Vertreters sei (MHP 15 zur Antragsschrift).

Nachdem verfügungsklägerseits mit Schreiben vom 31.08.2012 geltend gemachten worden war, dass dieser Komplex von seinem durch die Hauptverhandlung erteilten Mandat gedeckt sei, wurde das Informationsbegehren erneut mit der Begründung, dass der fragliche Komplex T2 nicht Gegenstand des Mandates des besonderen Vertreters sei durch Schreiben der Verfügungsbeklagten vom 3.09.2012 (Anlage MHP 17 zur Antragsschrift) zurückgewiesen.

Mit Schreiben vom 10.09.2012 (Anlage MHP 18 zur Antragsschrift) machte der Verfügungskläger erneut geltend, dass er einen Anspruch auf Vorlage der entsprechenden Unterlagen hatte. Die in diesem Schreiben gesetzte Frist bis zum 24.09.2012 verstrich jedoch fruchtlos.

Am 4.01.2013 nahm der Verfügungskläger mit der Verfügungsbeklagten Kontakt auf und bat um ein persönliches Gespräch um zu klären, wo man im Rahmen seiner Tätigkeit als besonderer Vertreter stehe und wie diese fortzuführen sei. Ihm war zur Kenntnis gelangt, dass die Sonderprüferin im Dezember 2012 dem Vorstand der Verfügungsbeklagten einen vorläufigen Bericht vorgelegt hatte und diese daher offenbar jedenfalls weitgehend mit ihrer Arbeit fertig war. Als Gesprächstermin wurde der 11.01.2013 vereinbart.

Zur Vorbereitung hatte der Verfügungskläger als Gesprächsgrundlage eine sogenannte Data request Liste erstellt (Anlage MHP 20 zur Antragsschrift).

Das sodann tatsächlich stattfindende Gespräch wurde aus Gründen, die im Einzelnen streitig sind, abgebrochen.

In der Folge kam es zu einer weiteren Korrespondenz zwischen den Parteien. In diesem Zusammenhang führte die Verfügungsbeklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 18.01.2013 unter anderem aus, dass man vor dem Hintergrund, dass der Beschluss zum Tagesordnungspunkt 11 Sachverhalte aufzähle, aus denen der Verfügungskläger mögliche Ersatzansprüche geltend machen solle, über den Umfang und die Reichweite der vorgelegten Aufforderungsliste erstaunt sei; der Vorstand biete an, die im Beschluss genannten Sachverhalte im Zusammenhang nochmals aufzubereiten und dazu gehörige Unterlagen zur Verfügung zu stellen, wenn der Verfügungskläger dies zur Erfüllung seine Aufgabe als besonderer Vertreter, etwaige daraus resultierende Ersatzansprüche geltend zu machen, für erforderlich halte. (Anlage MHP 25 zur Antragsschrift).

In der mündlichen Verhandlung vom 11.03.2013 hat die Verfügungsbeklagte ausgeführt, dass es überhaupt kein Problem sei, Informationen zu erteilen, wenn etwa im Hinblick auf Vorgänge, die sich aus den "Regelbeispielen" ergäben, nachgefragt werde nach dem Finanzfluss, stelle man selbstverständlich die nötigen Informationen der Verfügungsseite zur Verfügung; es werde noch heute ein entsprechender Arbeitsauftrag erteilt werden; sämtliche Protokolle, die die "Regelbeispiele" aus dem Bestellungsbeschluss zum Gegenstand hätten, seien vorgelegt; natürlich sei man bereit, Unterlagen, die sich hierauf bezögen herauszugeben; dazu sei man immer bereit; allerdings werde man die "questions und answer" nicht herausgeben; es würden die Antworten des Vorstandes dort überhaupt nicht protokolliert, lediglich die Fragen; man sei aber bereit, eine entsprechende Arbeitsanweisung zu geben, dass eine geordnete Sachverhaltsdarstellung der Verfügungsklägerseite zur Verfügung gestellt werde.

Der Verfügungskläger trägt vor, der Bestellungsbeschluss sei dahin auszulegen, dass er sämtliche Geschäfte, die zwischen der Gesellschaft und Organmitgliedern bzw. dem Generalbevollmächtigten S zurechenbaren Unternehmen abgeschlossen worden seien, zum Gegenstand habe, sodass sein entsprechendes Auskunftsbegehren von seiner Bestellung gedeckt sei; soweit allgemein für seine Tätigkeit erforderliche Unterlagen/Informationen begehrt würden, bezögen sich diese auch auf die im Bestellungsbeschluss genannten konkreten Sachverhalte; die Vorlage dieser Unterlagen sei auch nötig; bei dem "kickoffmeeting" vom 2.8.2012 sei erörtert worden, dass zur Schonung der Kosten der Gesellschaft zunächst die Sonderprüferin den Sachverhalt aufarbeiten und sodann der Verfügungskläger seine Arbeit möglichst weitgehend darauf stützen solle; hierüber sei Einvernehmen erzielt worden.

Der Verfügungskläger beantragt,

Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung auferlegt, dem Antragsteller selbst und/oder von ihm beauftragten zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Dritten zu den nachfolgenden Sachverhaltskomplexen die unten aufgeführten Unterlagen und sonstige Informationen der Gesellschaft vollständig zugänglich zu machen und die Anfertigung von Kopien zu ermöglichen:

Allgemein für die Tätigkeit des Antragstellers erforderliche Unterlagen/Informationen:- Liste sämtlicher Geschäfte zwischen der F AG, B-Straße, Mühlheim an der Ruhr, Registergericht Duisburg, HRB 0, (nachfolgend auch "Gesellschaft") und Unternehmen, die von Aufsichtsratsmitgliedern (insb. Herrn N) oder Vorstandsmitgliedern (insb. Herrn H2 O) oder dem Generalbevollmächtigten Herrn V S i.S.d. Beschlusses zu TOP 11 der Hauptversammlung vom 26. Juli 2012 (nachfolgend auch "TOP 11") geführt etc. werden oder wurden; Überblick über die den vorgenannten Personen zuzuordnenden Gesellschaften und sonstige Unternehmen; Liste der nahestehenden Personen und Gesellschaften i.S.d. HGB;

- Vorstands- und Aufsichtsratsprotokolle seit 2002 einschließlich Entwürfen einschließlich Protokolle eventueller Ausschüsse;

- Unterlagen zu alternativen Angeboten für die unter TOP 11 genannten Geschäftsvorfälle;

- Kopien der vom Backoffice während der HV vorbereiten Antworten auf Aktionärsfragen sowie ggf. zuvor in Hinblick auf die die HV vorsorglich vorbereitete "Questions and Answers";

- vorgelegte Zwischenberichte bzw. Berichtsentwürfe der Sonderprüferin und alle Unterlagen, die der Sonderprüferin zur Verfügung gestellt worden sind und somit ihren Ergebnissen zugrunde liegen sowie Befreiung der Sonderprüferin von der Verschwiegenheitspflicht (vorsorglich);

- elektronischer Datenabzug der Finanzbuchhaltung, einschließlich eines Extrakts der Buchhaltungsdaten seit 2002 und Zugang zur elektronisch geführten Buchhaltung;

Unterlagen/Informationen zum Komplex T2- Kaufvertrag zwischen der B1 GmbH, mit Sitz vormals in G, jetzt in E, und der Gesellschaft vom 9. August 2002 über den Verkauf der T1 mbH (nachfolgend auch "T2") und nachfolgender Kaufvertrag zwischen der E mit Sitz in Hampshire, UK, (nachfolgend auch "E1") und der Gesellschaft über den Verkauf der Beteiligung an der T3 GmbH;

- Alle Vereinbarungen mit Bezug auf die vorstehenden Anteilskaufverträge, insbesondere Vereinbarungen zwischen Herrn X und Herrn S1 einerseits sowie der Gesellschaft andererseits über die Abtretung der Kaufpreisansprüche aus diesen Anteilskaufverträgen oder wirtschaftlich vergleichbare Vorgänge;

- Angaben zu etwaigen Gegenleistungen für die Abtretung von Kaufpreisansprüchen oder wirtschaftlich vergleichbaren Vorgängen, insbesondere einschließlich der in diesem Zusammenhang stehenden Kreditvereinbarungen mit der T4 Mülheim/Ruhr;

- Alle Unterlagen einschließlich der Korrespondenz, die zur Vorbereitung des Abschlusses bzw. zur Durchführung dieser Vereinbarungen erstellt worden sind;

- Alle Unterlagen, die im Zusammenhang stehen mit der Zahlung einer Vergütung in Höhe von ca. 800.000 € an die T4 Mülheim/Ruhr;

- Detaillierte Darstellung der fraglichen Vorgänge und Stellungnahme der Geschäftsführung (Vorstand und Prokuristen) zu dem Verkauf der T3 und zu etwaigen Vereinbarungen mit Herrn X und Herrn S2, einschließlich Aussagen zur Motivation, zum wirtschaftlichen Hintergrund dieser Vereinbarungen, zur konkreten Höhe des damaligen Kaufpreises aus dem Anteilskaufvertrag T3, dessen Angemessenheit und zur B1 GmbH bzw. zu E1 sowie ihrer etwaigen Beziehungen zu Aktionären, Organmitgliedern und Angestellten der Gesellschaft;

- Angabe aller an diesen Vorgängen beteiligten Personen, einschließlich aller Organmitglieder, Angestellten und Berater mit jeweils aktuellen Kontaktdaten;

- Erläuterungen zur etwaigen Befassung des Aufsichtsrats und der Hauptversammlung mit diesen Vorgängen einschließlich aller Unterlagen, die dem Aufsichtsrat und der Hauptversammlung zur Verfügung gestellt wurden. Soweit eine Hauptversammlung mit diesen Vorgängen befasst war, auch alle Auskunftsverlangen von Aktionären einschließlich der hierauf erteilten Auskünfte;

- Alle Unterlagen einschließlich der Korrespondenz, die bei einer Prüfung dieser Vorgänge, insbesondere der Jahresabschlussprüfung, einer steuerlichen Prüfung oder einer etwaigen Sonderprüfung, erstellt worden sind;

Unterlagen/Informationen zum Komplex F1GmbH einschließlich verbundener Unternehmen, insb. unter Einbeziehung der N1GmbH & Co KG, der F2 Inc., der F3 (U.K.) Plc. (nachfolgend auch "Solutions-Gesellschaften")- Darstellung der chronologischen Entwicklung der Beteiligungsverhältnisse und der Geschäftstätigkeiten der Solutions-Gesellschaften seit 2000 einschließlich einer Darstellung der Organmitglieder, Beteiligungsverhältnisse der Solutions-Gesellschaften - chronologisch dargestellt jeweils seit 2000;

- Vorlage Jahres- und ggf. Konzernabschlüsse der Solutions-Gesellschaften seit 2000;

- Vorlage der Bürgschaftserklärungen der F4 AG für Verbindlichkeiten der Solutions-Gesellschaften und Darstellung der Hintergründe (beteiligte Personen, Motivation, ökonomischer Zweck, Alternativerwägungen, Vorlage der Korrespondenz und dokumentierte sonstige Kommunikation);

- Erläuterung zur angebliche Kostenübernahmevereinbarung aus dem Jahr 2002 einschließlich der Vorlage dieser Vereinbarung und Darstellung der Hintergründe und der damals bei Abschluss der Vereinbarung handelnden Personen (Kontakte etc);

- Erläuterungen zur Rückzahlung von Darlehen der Solutions-Gesellschaften durch die Gesellschaft einschließlich der Vorlage der Darlehensverträge und der Darstellung der Gründe für die Rückzahlung einschließlich der Benennung der damals Handelnden und sonst beteiligten Personen;

- Erläuterungen zur Veräußerung von Wartungsverträgen zwischen einzelnen Solutions-Gesellschaften einschließlich der Vorlage der Veräußerungsverträge, der Darstellung der Gründe für die Veräußerung und der Benennung der damals Handelnden und sonst beteiligte Personen;

- Darstellung der durch die Gesellschaft übernommenen Aufwendungen der Solutions-Gesellschaften;

- Erläuterungen zur Zustimmung des Aufsichtsrats zu sämtlichen Geschäften im Zusammenhang mit den Solutions-Gesellschaften einschließlich der Vorlage von Protokollen, Aufsichtsratsinformationen etc.;

- Darstellung der Zahlungsflüsse mit Solutions-Gesellschaften, einschließlich der Darstellung der Zahlungsabwicklung, der Benennung der Personen, die die Zahlungen veranlassten und durchführten und der Personen, die über die Zahlungen informiert wurden.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, gemäß dem am 26.07.2012 gefassten Beschluss sei der Verfügungskläger nur berechtigt, hinsichtlich der dort aufgeführten konkreten Sachverhalte tätig zu sein; bei dem kickoffmeeting am 2.8.2012 sei vereinbart worden, dass der Verfügungskläger und die Sonderprüferin parallel mit der Arbeit beginnen; im Übrigen fehle es an der Eilbedürftigkeit, insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Verfügungskläger seit August 2012 keine weiteren Informationen mehr abgefragt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung vom 8.2.2013 ist unbegründet.

I.

Soweit der Verfügungskläger die Herausgabe von Unterlagen bzw. Informationen zum Komplex T3 und F1 GmbH einschließlich verbundener Unternehmen begehrt, fehlt es sowohl an einem Verfügungsanspruch als auch an einem entsprechenden Grund.

1.)

Gemäß § 147 Abs. 2 S. 1 AktG kann die Hauptverhandlung zur Geltendmachung des Ersatzanspruchs einen besonderen Vertreter bestellen.

Die Ersatzansprüche sind dabei nach Gegner und Gegenstand hinreichend konkret zu bezeichnen (vgl. OLG München, NJOZ, 2010, 1099, 1104.; Höffer, AktG, 10. Aufl., 2012, § 147 AktG, Rdnr. 6). Nur so lässt sich nämlich der dem besonderen Vertreter erteilte Auftrag in nachprüfbarer Weise begrenzen (OLG München a.a.O.). Derartiges ist aber bereits deshalb erforderlich, um ihn hinsichtlich der Befugnisse vom Sonderprüfer abzugrenzen. Denn die Befugnisse des besonderen Vertreters bleiben hinter denen des Sonderprüfers zurück, da er im Unterschied zu diesem nicht Sachverhalt umfassend in alle Richtungen hin überprüfen, sondern er aus einem wenigstens im Kern bereits bekannten Sachverhalt Ansprüche durchsetzen muss (OLG München, NZG, 2008, 230, 234; Mükow-Schröer, AktG, 3. Aufl., 2013, § 147 AktG, Rdnr. 57). Nur im Rahmen dieses so umrissenen Aufgabenkreises hat der besondere Vertreter dabei selbst Organqualität (vgl. BGH, NJW 1981, 1097, 1098; Höffer, AktG, 10. Aufl., 2012, § 147 AktG, Rdnr. 7). Demgemäß hat er auch nur in diesem Umfang das Recht, Bücher und Papiere der Gesellschaft einzusehen, soweit sie sich auf den streitigen Anspruch beziehen, und die nötigen Auskünfte von Vorstand, Aufsichtsrat, Abschlussprüfermitarbeitern zu verlangen (vgl. OLG München, NZG, 2008, 230, 231; Müko/Schröer, AktG, 3. Aufl., 2013, § 147 AktG, Rdnr. 50).

Die Frage, ob ein hinreichend klar umrissener Auftrag vorliegt, ist daher unabhängig von der vor dem Landgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 38 O 61/12 erhobenen Anfechtungsklage nach § 246 AktG auch im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren zu prüfen, wovon ersichtlich auch das Oberlandesgericht München in seinem Urteil vom 28.11.2007 (NZG, 2008, 230) ausgegangen ist.

Diesen Anforderungen wird der streitgegenständliche Beschluss vom 26.07.2012 nur hinsichtlich der dort konkretisierten 5 Geschehnisse gerecht, nicht hingegen aber hinsichtlich der vorgenannten Komplexe.

Soweit in dem Beschluss nämlich von sämtlichen Geschäften zwischen der F AG und den Unternehmen, die von Aufsichtsratsmitgliedern oder Vorstandsmitgliedern oder dem Generalbevollmächtigten V S geführt, beherrscht werden oder in deren mehrheitlichem Eigentum stehen die Rede ist, ist dies lediglich allgemein gehalten. Es lässt nicht erkennen, welche konkreten Verträge die Annahme einer Pflichtwidrigkeit rechtfertigen und damit eine Ersatzpflicht begründen sollen. Dies wäre aber erforderlich gewesen, um die in dem besonderen Vertreter erteilten Auftrag in nachprüfbarer Weise zu begrenzen. Andernfalls hätte er es in der Hand letztlich sämtliche entsprechenden Geschäftshandlungen daraufhin zu überprüfen, ob hieraus ein anspruchsbegründender Schaden entstanden ist. Ein solcher Auftrag wäre aber letztlich konturenlos (vgl. OLG München, NJOZ, 2010, 1099, 1104 zu einem vergleichbar weit gefassten Beschluss).

Hiergegen lässt sich nicht einwenden, dass zum Zeitpunkt der Beschlussfassung eine weitergehende Konkretisierung vielleicht nicht möglich gewesen sein mag. In einem derartigen Fall hätte es nämlich einer vorgängigen Sonderprüfung gemäß § 142 AktG bedurft (vgl. Höffer, AktG, 10. Aufl., 2012, § 147 AktG, Rdnr. 6).

2.)

Unabhängig hiervon fehlt es aber auch an einem Verfügungsgrund, bei dem es sich nach zutreffender Auffassung um eine Voraussetzung für die Begründetheit des Antrages handelt (OLG Frankfurt, NJW, 2002, 903; Beck OK/Mayer, ZPO, § 917 ZPO, Rdnr. 2). Denn der Verfügungskläger hat zu lange mit der Beantragung einer einstweiligen Verfügung gewartet.

Infolge einer sogenannten Selbstwiederlegung fehlt ein Verfügungsgrund, wenn der Antragsteller die Annahme der Dringlichkeit durch sein eigenes Verhalten ausgeschlossen hat, insbesondere weil er nach Eintritt der Gefährdung seines Rechts lange Zeit mit einem Antrag zugewartet oder das Verfügungsverfahren nicht zügig betreiben hat (Beck OK/Mayer, ZPO, § 935 ZPO, Rndr. 16, Müko/Drescher, ZPO, 4. Aufl., 2012, § 935 ZPO, Rdnr. 19). Eine späte Antragstellung ist dann schädlich, wenn dem Gläubiger die Gefährdung seiner Rechtsstellung bekannt war oder aus grober Fahrlässigkeit unbekannt blieb (Beck OK/Mayer a.a.O.) Dabei werden einem Antragsteller regelmäßig nicht mehr als ein bis 2 Monate, (OLG Koblenz, NJW-RR, 2011, 624), höchstens 3 Monate (OLG Stuttgart, NZBau, 2010, 639) zugebilligt.

Diese Frist hat der Verfügungskläger vorliegend überschritten.

Unabhängig von der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob in dem "kickoffmeeting" vom 2.8.2012 einvernehmlich erörtert worden ist, dass die Sonderprüferin den Sachverhalt zunächst aufarbeiten und der Verfügungskläger seine Arbeit möglichst weitgehend darauf setzen sollte, wogegen jedoch spricht, dass der Verfügungskläger in der Folge umfangreich Informationen von der Verfügungsbeklagten verlangt hat und sich hinsichtlich der Informationsanforderung betreffend T3 umfangreich in rechtlicher Hinsicht im Hinblick auf den Umfang der Informationspflicht mit der Verfügungsbeklagten auseinander gesetzt hat, muss ihm eine solche Gefährdung spätestens mit dem Erhalt des Schreibens des Vorstandes der Verfügungsbeklagten vom 3.9.2012 klar gewesen sein.

Dass die vom Verfügungskläger behauptete Übereinkunft am 2.08. den Gegenstand gehabt hat, dass der Verfügungskläger im Sinne einer Stundung fällige Auskunftsansprüche bis zu einer vorliegenden Begutachtung der Sonderprüferin nicht haben sollte, lässt sich seinem eigenen Vortrag nicht entnehmen. Hiergegen sprechen schon die im Folgenden an die Verfügungsbeklagte gerichteten Auskunftsbegehren.

Seitens der Verfügungsbeklagten wurde auch bereits mit anwaltlichem Schreiben vom 14.08.2012, 16.08.2012 und 17.08.2012 deutlich gemacht, dass man die Auffassung vertrete, die Bestellung des Verfügungsklägers beziehe nur auf die in dem Beschluss konkret benannten 5 Sachverhalte. Auf die Informationsanforderungen des Verfügungsklägers betreffend T3 reagierte die Verfügungsbeklagte in der Weise, dass entsprechende Auskunftserteilung mit den Schreiben vom 28.08.2012 und 3.9.2012 kategorisch zurückgewiesen wurde, da die Geltendmachung von Ersatzansprüchen im Zusammenhang mit dem Komplex T3 nicht Gegenstand des Auftrages des besonderen Vertreters sei.

Der Umstand, dass der Verfügungskläger in der Folge schlicht keinerlei Maßnahmen zur Durchsetzung seiner angeblichen Rechte ergriff, sondern vielmehr den vorliegenden Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung erst am 8.2.2013 stellte, zeigt daher, dass es gerade an einer entsprechenden Dringlichkeit fehlt.

Dies gilt dabei umso mehr, als dass eine einstweilige Verfügung durch die der Schuldner zur Auskunftserteilung verpflichtet wird, als eine Vorwegnahme der Hauptsache grundsätzlich unzulässig ist (KG, GRUR 1988, 404; OLG Hamm NJW-RR, 1992, 640; Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 940 ZPO, Rdnr. 8 "Stichwort Auskunft"). Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn der Gläubiger aus existenziellen Gründen auf die Auskunft angewiesen, effektiver Rechtsschutz durch Auskunftsklagen nicht gewährleistet und die Entscheidung für den Hauptsacheprozess nicht vorgreiflich ist (Musielak/Huber, ZPO, 9. Aufl., 2012, § 940 ZPO, Rdnr. 18).

Dementsprechend hat das OLG München (NZG, 2008, 230, 234) ausgeführt, der besondere Vertreter könne im Wege der einstweiligen Verfügung nur solche Auskunfts- und Einsichtsrechte haben, die für ihn unerlässlich seien, um seine Arbeit aufzunehmen.

Sind aber an die Dringlichkeit hinsichtlich einer einstweiligen Verfügung, die auf Auskunft gerichtet ist, um dem grundsätzlichen Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache Rechnung zu tragen, besonders strenge Anforderungen zu stellen, fällt das Monate lange Zuwarten des Verfügungsklägers um so mehr ins Gewicht.

II.

Hinsichtlich der geforderten Auskunft bezogen auf die allgemein für die Tätigkeit des Verfügungsklägers von diesem für erforderlich gehaltenen Unterlagen/Informationen fehlt es nach dem Vorgesagten ebenfalls an einem Verfügungsanspruch und -grund, soweit sich diese Auskunft auf Sachverhalt bezieht, der nicht zu den 5 im Bestellungsbeschluss konkret genannten Komplexen gehört.

III.

Soweit sich die Auskunft hingegen auf Unterlagen/Informationen bezieht, die zu den konkret genannten Komplexen gehören, liegt kein Verfügungsgrund vor.

Eine Gefährdung der Rechte des Verfügungsklägers besteht nicht, denn insoweit hat die Verfügungsbeklagte immer deutlich gemacht, zur Informationserteilung bereit zu sein und auch angeforderte Informationen erteilt bzw. Unterlagen vorgelegt. Dies geschah zuletzt noch in der mündlichen Verhandlung vom 12.03.2013.

Lediglich hinsichtlich der Position "question and answers" hat sich die Verfügungsbeklagte zu einer entsprechenden Vorlage nicht bereit erklärt. Allerdings hat sie auch insoweit deutlich gemacht, dass sie eine geordnete Sachverhaltsdarstellung vorlegen werde.

Letztlich liegt aber auch insoweit eine Selbstwiderlegung seitens des Verfügungsklägers vor. Denn die Verfügungsbeklagte hat bereits mit Schreiben vom 16.08.2012 deutlich gemacht, die nicht "question and answers" nicht vorlegen zu wollen.

Bis zum nunmehrigen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung waren daher mehr als 5 Monate vergangen.

Dem Verfügungskläger wäre es auch ohne weiteres zumutbar gewesen, die Vorlage dieser Unterlagen im Wege einer einstweiligen Verfügung isoliert zu einem früheren Zeitpunkt zu verlangen. Denn um der Gefahr einer unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache zu begegnen ist gerade ein gestuftes Verfahren zur Herausgabe einzelner Unterlagen angezeigt (vgl. OLG München, NZG, 2008, 230, 234).

Unabhängig hiervon ist aber nicht ersichtlich, dass die entsprechende Unterlage für den Verfügungskläger unerlässlich im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung ist. Nur in diesem Fall bestünde aber ein entsprechender Anspruch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren.

IV.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 708 Nr. 6, 711 ZPO.

Streitwert: 50.000,-- €






LG Duisburg:
Urteil v. 16.04.2013
Az: 22 O 12/13


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