Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 17. April 1998
Aktenzeichen: 6 U 173/97
(OLG Köln: Beschluss v. 17.04.1998, Az.: 6 U 173/97)
Bei einer Bewerbung sogenannter "Tageszulassungen" (Zulassungen von Kraftfahrzeugen durch den Kfz-Händler für nur einen Tag) erwarten die angesprochenen Verkehrskreise - wie bei Neufahrzeugen -, daß die so angebotenen Fahrzeuge der aktuellen Modellreihe des Herstellers angehören. Eine solche Werbung ist irreführend im Sinne von § 3 UWG, wenn die Fahrzeuge bereits überholten Modellreihen betrifft und der Werbende hierüber nicht hinreichend aufklärt.
Tenor
Die Kosten beider Instanzen des in der Hauptsache erledigten Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Gründe
Die Kosten des von den Parteien in der Berufungsverhandlung vom
13. März 1998 übereinstimmend in der Hauptsache erledigten
Rechtsstreits waren gem. § 91 a Abs. 1 ZPO der Beklagten
aufzulegen, denn das vom Kläger mit seiner Berufung verfolgte
Klagebegehren hätte ohne die von der Beklagten im Berufungstermin
abgegebene strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung
Erfolg gehabt. Dieses Klagebegehren war bis zur
Unterwerfungserklärung der Beklagten, die Anlaß für die
Erledigungserklärungen der Partei war, zulässig und begründet. Der
Kläger, an dessen Klagebefugnis gem. § 13 Abs. 2 Ziff. 2 UWG - auch
aus der Sicht der Beklagten - keine Zweifel bestehen, hat von der
Beklagten zu Recht gem. § 3 UWG Unterlassung der beanstandeten
Anzeige vom 17. Februar 1997 gefordert. Diese Anzeige ist
irreführend und damit wettbewerbswidrig, wie die Mitglieder des
Senats als Teil der von der Beklagten umworbenen Verkehrskreise aus
eigener Kenntnis und Sachkunde beurteilen können.
Gegenstand der Anzeige vom 17. Februar 1997 sind
"Tageszulassungen" von Fahrzeugen des Modells Ford Mondeo in den
Sonderausstattungen "Fashion" und "Skylight". Ebenso wie bei einer
Werbung von Neufahrzeugen erwartet der Verbraucher grundsätzlich
auch bei einer Bewerbung von "Tageszulassungen", daß die Werbung
Fahrzeuge der aktuellen Modellreihe betrifft, also der Modellreihe,
die alle bislang an dem Fahrzeugtyp vorgenommenen
Weiterentwicklungen und technischen Verbesserungen aufweist, wie
sie regelmäßig den Óbergang zu einer neuen Modellreihe bei
Fahrzeugen kennzeichnen. Nicht nur ein nicht unbeachtlicher Teil
der Verbraucher kennt die Bedeutung der - wie die Mitglieder des
Senats aus eigener Kenntnis wissen - nahezu täglich von
Kraftfahrzeughändlern beworbenen "Tageszulassungen". Diese
Verbraucher wissen auch, daß es dabei - wie schon der Wortlaut der
Angabe nahelegt - um Zulassungen von Kraftfahrzeugen durch
Kfz-Händler geht, die nur für einen Tag vorgenommen werden, um in
einer bestimmten zeitlichen Periode höhere Verkaufszahlen
nachweisen zu können, aber auch, um dem Verbraucher ein solches
faktisch "neues" Fahrzeug zu niedrigeren Preisen als ein noch nicht
in dieser Weise zugelassenes Neufahrzeug anbieten zu können. Die
Anzeige der Beklagten bestätigt diese Kenntnis der Verbraucher.
Dort wird nämlich nicht nur der optisch hervorgehobene Begriff der
Tageszulassung verwendet. Vielmehr macht die Beklagte mit dem
blickfangartig herausgestellten und die Werbung einleitenden
Hinweis
"FAHRZEUGE: WIE NEU
PREIS: WIE
GEBRAUCHT"
oberhalb der Angabe: "TAGESZULASSUNGEN VON H." deutlich, daß sie
mit ihrer Werbung gerade auf diese Erwartung und Vorstellung der
Verbraucher abzielt, bei dem Kauf eines PKW´s mit einer
"Tageszulassung" ein faktisch neues Fahrzeug zum Preis eines
Gebrauchtwagens erwerben zu können. Der Verbraucher setzt danach
"tageszugelassene" Fahrzeuge entgegen dem Vorbringen der Beklagten
im Rechtsstreit nicht mit den "gewöhnlichen" Gebrauchtfahrzeugen
gleich, wie auch die Beklagte selbst in ihrer Anzeige mit den
vorstehend zitierten Werbehinweisen die "gewöhnlichen"
Gebrauchtwagen gerade deutlich von den beworbenen Fahrzeugen mit
den Tageszulassungen trennt, um aus der herausgestellten
Besonderheit der "Tageszulassungen" ihr werbewirksames
Verkaufsargument gegenüber dem Verbraucher herzuleiten.
Geht somit der Verkehr auch bei einer Werbung für solche
Tageszulassungen und damit "faktisch" neue Fahrzeuge grundsätzlich
davon aus, daß es sich dabei um Produkte der laufenden Modellreihe
handelt, ist er in der Werbung entsprechend deutlich darüber zu
informieren, wenn das Angebot des Kfz-Händlers in Wahrheit
Fahrzeuge der bereits überholten Modellreihe betrifft, um eine
Irreführung des Verbrauchers über diesen relevanten Umstand für
seine Kaufentscheidung auszuschließen. Damit war eine solche
Information der Verbraucher jedoch ebenfalls in der beanstandeten
Anzeige der Beklagten geboten, denn diese Werbung betraf unstreitig
Fahrzeuge der Marke "Mondeo" der 96er Modellreihe, die bereits
Anfang des Jahres 1997 und somit auch zum Zeitpunkt der Schaltung
der Anzeige bereits durch die 97er Modellreihe abgelöst worden
waren. In der angegriffenen Anzeige fehlt aber eine solche
Aufklärung. Daß dort Sonderausstattungen für Fahrzeugen der Marke
"Mondeo" angeboten werden, informiert den Verbraucher nicht
darüber, daß es um Sonderausstattungen für Grundmodelle der nicht
mehr aktuellen Baureihe geht. Werden Sonderaustattungen zu einem
Grundmodell angeboten, wie dies bei den vielen Fahrzeugmarken
geschieht, geht der Verkehr mangels gegenteiliger Information
regelmäßig auch hierbei davon aus, daß es sich dabei um
Sonderausstattungen für das aktuelle Grundmodell handelt. Im
Streitfall, bei dem die Ausstattungen "Fashion" und "Skylight" des
Ford-Mondeo in der Anzeige der Beklagten beworben worden sind,
ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine andere Beurteilung. Zwar
mag es sein, daß es sich dabei um von vornherein limitierte
Sonderausstattungen gehandelt hat, wie von der Beklagten behauptet.
Daraus folgt aber für den Verbraucher noch nicht, daß Gegenstand
der beanstandeten Werbung Fahrzeuge der überholten Modellreihe mit
dieser Ausstattung waren.
Schließlich stellt auch das in der Anzeige genannte Datum der
Tageszulassungen ("29.11.96") keine entsprechende Aufklärung des
Verbrauchers dar, wie sie vorliegend geboten war. Daß die Fahrzeuge
zum Zeitpunkt ihrer Bewerbung angesichts dieses Zulassungsdatums
bereits ca. 3 Monate alt waren, besagt nicht, daß es sich dabei um
Fahrzeuge der jetzt nicht mehr aktuellen Modell-Reihe handeln
mußte, denn nicht jedes ältere Fahrzeug ist zugleich ein
Auslaufmodell. Auch Neufahrzeuge der laufenden Modellreihe können -
wie der Verbraucher weiß - je nach Auftragslage des Händlers bei
ihm mehrere Monate und länger vorrätig sein. Daher kann aus dem in
der Anzeige der Beklagten angegebenen Datum der Erstzulassung nur
derjenige Verbraucher die gebotene Information über die Bewerbung
von sog. Auslaufmodellen des Mondeo-Grundmodells entnehmen, der zum
Zeitpunkt des Erscheinens der Anzeige wußte, daß seit Januar 1997
eine neue Modellreihe des Mondeo auf dem Markt war, die die
96-Serie abgelöst hat. Eine solche Kenntnis sämtlicher oder
zumindest nahezu aller Verbraucher, damit auch derjenigen, die sich
nicht gezielt über solche Umstände informieren, sondern aufgrund
der Anzeige der Beklagten - von dieser positiv angesprochen -
erstmals für einen Ford-Mondeo interessieren, liegt jedoch fern.
Nicht nur ein nicht unbeachtlicher Teil der von der Beklagten
umworbenen Verbraucher wird daher durch die beanstandete Anzeige
der Beklagten in relevanter Weise irregeführt.
Die Aktivlegitimation des Klägers zur Verfolgung des sich danach
aus § 3 UWG ergebenden Unterlassungsanspruchs gegenüber der
Beklagten bis zu deren strafbewehrten Unterlassungserklärung ergab
sich aus § 13 Abs. 2 Ziff. 2 UWG. Daß die in dieser Vorschrift
geforderten Voraussetzungen erfüllt sind, soweit es die Ausstattung
des Klägers und die Frage betrifft, ob der Kläger über eine
erhebliche Zahl von Gewerbetreibenden als Mitglieder verfügt, die
Waren oder gewerbliche Leistungen wie die Beklagten vertreiben, ist
- wie bereits erwähnt - zu Recht kein Streitpunkt unter den
Parteien. Es ist aber auch davon auszugehen, daß der Verstoß der
Beklagten geeignet war, den Wettbewerb auf dem
streitgegenständlichen Markt wesentlich zu beeinträchtigen, wie
darüber hinaus von § 13 Abs. 2 Ziff. 2 UWG für das Vorliegen der
Aktivlegitimation gefordert. Bei der beanstandete Anzeige geht es
um eine beachtliche Irreführung des Verbrauchers über kaufrelevante
Umstände und damit nicht um einen sog Bagatellverstoß, wie er nach
der aktuellen Fassung des § 13 Abs. 2 Ziff. 2 UWG nicht mehr
geahndet werden soll (vgl. dazu Köhler/Piper, UWG, § 13 Rd. 13 b
mit weit.Nachw.).
War somit die Berufung des Klägers ohne die strafbewehrte
Unterlassungserklärung der Beklagten begründet, entsprach die
Belastung der Beklagten mit den Kosten des Rechtsstreits billigem
Ermessen gem. § 91 a Abs. 1 ZPO.
OLG Köln:
Beschluss v. 17.04.1998
Az: 6 U 173/97
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