Oberlandesgericht Hamm:
Urteil vom 9. Juni 2009
Aktenzeichen: 4 U 222/08
(OLG Hamm: Urteil v. 09.06.2009, Az.: 4 U 222/08)
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 23. Oktober 2008 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Bochum teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, im Zusammenhang mit dem nachfolgend abgelichteten Zeichen den Hinweis „Die große internationale Marke“ zu benutzen, wie nachfolgend wiedergegeben:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 620,00 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 14. Juli 2008 zu zahlen.
Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,00 Euro abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Beklagte ist Inhaberin der Wortmarke D, die am 3. April 1997 auch für die Warenklasse 11 "Kaminöfen" angemeldet und am 5. Juni 1997 eingetragen worden ist. Die Beklagte benutzt die Bezeichnung D in Prospekten und in ihrem Internetauftritt, indem sie das O grafisch gestaltet und ihm im oberen Bereich das Aussehen einer Flamme gegeben hat. Den so gestalteten Begriff versieht die Beklagte mit dem Zeichen ®. Darunter befindet sich schräg auf D zulaufend der Zusatz "Wärmstens Empfohlen!". Außerdem wirbt die Beklagte mit dem Zusatz: "Die große internationale Marke" unter Hinzufügung des Textes in englischer und französischer Sprache (vgl. im Einzelnen die im Tenor des Senatsurteils wiedergegebene Werbung).
Die Klägerin, die ebenfalls seit mehr als 35 Jahren im Bereich der Produktion und des Vertriebes von Kamin- und Kachelöfen tätig ist, hält die Art und Weise, in der die Beklagte ihre Marke werbemäßig einsetzt, für wettbewerbswidrig. Das Sonderzeichen ® weise aus, dass der vorangestellte Begriff so als Marke eingetragen worden sei. Dies stimme nicht. Denn die Marke der Beklagten sei unstreitig nicht als Wort-/Bildmarke, sondern allein als Wortmarke eingetragen worden. Der Verkehr nehme infolge des Sonderzeichens an, dass auch "D" in der grafischen Darstellung der Beklagten eingetragen sei.
Die Werbung der Beklagten erwecke zudem den Eindruck, als gehöre der Zusatz "Wärmstens Empfohlen" ebenfalls zu der eingetragenen Marke, was gleichfalls nicht zutreffe.
Letztlich liege eine Irreführung auch in der Bezeichnung "Die große internationale Marke". Denn die Beklagte verfüge allein über eine deutsche Marke. Über Deutschland hinausgehende Markenrechte stünden der Beklagten nicht zu.
Die Klägerin macht ferner Rechtsanwaltskosten für eine Abmahnung nach einem Gegenstandswert von 150.000,00 Euro geltend.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen,
a) den grafisch gestalteten Schriftzug "D Wärmstens Empfohlen" mit dem Sonderzeichen ® zu benutzen, wie nachstehend wiedergegeben, (Es folgt der entsprechende Werbeaufdruck.)
und/oder
b) im Zusammenhang mit dem unter Ziffer 1 a) genannten Zeichen den Hinweis "Die große internationale Marke" zu benutzen, wie nachfolgend wiedergegeben: (Es folgen die grafischen Darstellungen der Marke wie im Tenor des Senatsurteils wiedergegeben.)
2. an die Klägerin 812,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 14. Juli 2008 zu zahlen.
Das Landgericht hat entsprechend dem Antrag der Beklagten die Klage durch Urteil vom 23. Oktober 2008 als unbegründet abgewiesen. Wegen des Inhaltes des Urteils im Einzelnen wird auf Blatt 63 ff der Akten verwiesen.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt.
Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages rügt die Klägerin, dass das Landgericht der Frage nachgegangen sei, ob die gerügte Benutzungsform von der eingetragenen Marke umfasst sei. Es gehe jedoch nicht um die Frage der rechtswahrenden Benutzung. Zu Unrecht habe das Landgericht die Abweichungen in dem Kombinationszeichen gegenüber der reinen Wortmarke als geringfügig angesehen. Allein entscheidend sei, dass mit dem Sonderzeichen ® der Eindruck erweckt werde, dass es eine Marke gerade mit diesem Inhalt gebe.
Die Beklagte täusche über den Inhalt und den Nutzungsumfang der für sie eingetragenen Wortmarke. Das tatsächlich von der Beklagten benutzte Kombinationszeichen sei in dieser Erscheinung und in diesem Umfang als Marke gerade nicht registriert. Das Sonderzeichen ® vermittle aber den Eindruck, als seien auch die grafischen Bestandteile und der Zusatz "Wärmstens Empfohlen" als Wort-/Bildmarke eingetragen.
Verfehlt sei die Annahme des Landgerichts, der Slogan "Wärmstens Empfohlen" werde vom Verkehr als werbliche Einpreisung verstanden und nicht als Bestandteil der Marke. Aufgrund seiner grafischen Gestaltung beziehe er sich unmittelbar auf das Kombinationszeichen. Zudem beziehe sich das Wort "wärmstens" auf die stilisierte Flamme.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei auch von einer relevanten Irreführung der Verkehrskreise auszugehen. Die gesetzliche Garantiefunktion der Marke komme nur dem geschützten Kennzeichen zu.
Die Klägerin rügt ferner, dass das Landgericht unberücksichtigt gelassen habe, dass die Behauptung einer "internationalen Marke" im Kontext mit dem Kombinations- und Sonderzeichen stehe. Aufgrund dieses Zusammenhangs erwecke die Beklagte den unzutreffenden Eindruck, dass über Deutschland hinausgehende registrierte Markenrechte bestünden, was unstreitig nicht der Fall ist. Nicht zu folgen sei dem Landgericht auch in der Annahme, die Verkehrskreise seien nicht in der Lage zwischen nationalen und internationalen Marken zu differenzieren. Selbst der einfache Konsument sei nicht so unwissend, wie das Landgericht unterstellt habe.
Die Klägerin stellt folgende Anträge:
Unter Abänderung des am 23.10.2008 verkündeten Urteils des Landgerichts Bochum,I-14 O 101/08, wird die Beklagte verurteilt,
1.
es bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, im Geschäftsverkehr zu Wettbewerbszwecken
a)
den grafisch gestalteten Schriftzug "D Wärmstens Empfohlen" mit dem Sonderzeichen ® zu benutzen, wie nachstehend wiedergegeben:
(Es folgt sodann die bildliche Wiedergabe der Bezeichnung D mit dem entflammten O nebst dem ® und dem Zusatz "Wärmstens Empfohlen!", wie im Senatsurteil wiedergegeben.)
und/oder
b)
im Zusammenhang mit dem unter Ziff. 1. a) genannten Zeichen den Hinweis "Die große internationale Marke" zu benutzen, wie nachfolgend wiedergegeben:
(Es folgen sodann die im Senatsurteil wiedergegebenen Ablichtungen.)
2.
an die Klägerin 812,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 14. Juli 2008 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Bochum vom 23. Oktober 2008 (14 O 101/08) zurückzuweisen.
Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages stellt die Beklagte nach wie vor eine Irreführung in Abrede. Die Hinzufügung des Sonderzeichens ® sei berechtigt. Denn die eingetragene Wortmarke genieße tatsächlich registrierten Markenschutz. Die geringfügige grafische Gestaltung des O beeinträchtige die Marke nicht. Denn das O bleibe weiterhin lesbar. Der Zusatz "Wärmstens Empfohlen" sei unbeachtlich, da sich das Sonderzeichen ® ersichtlich nur auf das Wort "D" beziehe. Da die Beklagte ihre Waren in Länder Europas sowie auch nach Russland, Brasilien, Namibia und Südafrika liefere, sei sie international bekannt. Nur diese Bekanntheit verbinde der Verkehr mit dem Zusatz "Die große internationale Marke". Jedenfalls fehle es an einer relevanten Irreführung, weil sich eine Fehlvorstellung nicht auf die Kaufentscheidung des Verbrauchers auswirke.
Wegen des Inhaltes der Parteivorträge im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Gründe
Die Berufung der Klägerin ist nur teilweise begründet.
Das Landgericht hat den Verbotsantrag zu 1 a) zu Recht zurückgewiesen. Die von der Klägerin behauptete Irreführung liegt in Wahrheit nicht vor.
Es stellt zwar grundsätzlich eine Irreführung dar, mit einer nicht existierenden Marke zu werben, und zwar sowohl nach § 5 Abs. 2 Ziff.3 UWG a.F. als auch nach § 5 Abs. 1 S. 2 Ziff. 3 UWG n.F. Nach diesen Vorschriften sind unwahre Angaben über Rechte des geistigen Eigentums wettbewerbswidrig nach § 3 UWG a.F. wie n.F. (BGH GRUR 1990, 364 - Baelz; Fezer/Peifer UWG § 5 Rz. 380; Harte/Henning UWG § 5 Rz. 665 ff; Hefermehl/Köhler/Bornkamm UWG § 5 Rz. 5.122; OLG München GRURRR 2002, 257; OLG Düsseldorf NJWE - Wettbewerbsrecht 1997, 5).
Hier geht es aber nicht um die Werbung mit einer nicht existierenden Marke, sondern um die Werbung mit einer Marke, die anders eingetragen ist. Zu Recht hat das Landgericht in diesem Zusammenhang auf die Wertung des § 26 Abs. 3 MarkenG abgestellt, wonach die Benutzung einer abgeänderten Markenform noch als Benutzung der eingetragenen Form gilt, wenn der kennzeichnende Charakter der Marke nicht verändert ist. Denn in beiden Fällen, sowohl bei der Irreführung wie auch bei der rechtserhaltenden Benutzung, kommt es auf die Verkehrsauffassung an, ob in der abgeänderten Form die Ursprungsform im Wesentlichen erhalten geblieben ist (BGH GRUR 2002, 167 - Bit/Bud). Entscheidend ist, ob der Verkehr in den abgewandelten Zeichen noch das Ursprungszeichen erkennt. Dann wird er durch die Abwandlung nicht irregeführt. Denn die Beklagte benutzt dann auch in der Abwandlung das Ursprungszeichen. Markenrecht und Wettbewerbsrecht können und dürfen hier nicht auseinanderlaufen.
Hier bleibt für den Verkehr auch in der abgewandelten Form das Wort "D" der charakteristische Markenbestandteil, der die Marke auch in ihrer eingetragenen Form prägt. Die Schreibweise ist regelmäßig bedeutungslos (Ingerl/Rohnke MarkenG § 26 Rz. 112), wenn sie nicht gerade das Element bildet, das das eingetragene Zeichen prägt. Hier handelt es sich aber um eine reine Wortmarke. Auch die Flammen über dem "O" sind bedeutungslos (vgl. Ingerl/Rohnke a.a.O. § 26 Rz. 133 ff). Sie stellen lediglich eine Assoziation an die gekennzeichneten Waren dar, nämlich Kamine und Öfen. Sie verstärken damit leidglich die Wortbedeutung ohne eigenen Aussagegehalt.
Schließlich ist auch der Werbespruch "Wärmstens Empfohlen" bedeutungslos. Es stellt sich dem Verkehr lediglich als - vermeintlich - witzige Interpretation des Markenwortes dar, aber nicht als Teil der Marke. Dazu ist es zu wenig in den prägenden Markenbegriff "D" einbezogen. Auch das ® bezieht sich nicht auf den Werbespruch.
Das Ergebnis ist aber auch nicht anders, wenn man den Spruch als Teil der Marke ansieht. Er ist und bleibt auch dann ein bloßer Slogan, der den prägenden Bestandteil "D" lediglich verstärkt (BGH a.a.O. - Bit/Bud; Ingerl/Rohnke a.a.O. § 26 Rz. 123). Was wärmstens empfohlen wird, sind eben Öfen der Marke "Caminos".
Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist dagegen der Antrag zu 1 b) begründet.
Zu Recht weist die Klägerin darauf hin, dass die Werbeaussage "Die große internationale Marke" nicht isoliert verboten werden soll, sondern nur im Zusammenhang mit der Bezeichnung "D". Dann bezieht sich die angegriffene Werbeaussage für den Verkehr mangels einer anderen Anknüpfungsmöglichkeit auf eben die Marke "D".
Bei dieser Marke der Beklagten handelt es sich aber nicht um eine internationale, sondern nur um eine nationale Marke. Dieser Markenunterschied ist jedenfalls einem Teil des Verkehrs auch bekannt. Angesichts des sich immer mehr ausbreitenden Binnenmarktes weiß der Verkehr zumindest, dass es auch Marken gibt, die länderübergreifende Geltung haben.
Die Marke der Beklagten wird auch nicht dadurch zur internationalen Marke, dass die Beklagte ihre Öfen mit ihrer nationalen Marke exportiert. Es geht nicht um das Verbreitungsgebiet der Waren mit der nationalen Marke, sondern um den Geltungsbereich der Marke selbst. Der ist aber eben nicht international, sondern nur national.
Das Attribut "international" in der angegriffenen Werbeaussage bezieht sich aber schon rein sprachlich auf die Marke selbst und nicht auf das Verbreitungsgebiet der markierten Waren.
Damit wird der Verkehr über den Geltungsbereich der beworbenen Marke irregeführt i.S.d. § 5 UWG alter wie neuer Fassung. Es liegt eine falsche Angabe der Beklagten über ihre geistigen Eigentumsrechte i.S.d. § 5 Abs. 2 Ziff. 3 UWG a.F. vor. Nach § 5 Abs. 1 S. 2 Ziff. 3 UWG n.F. liegt eine irreführende geschäftliche Handlung vor, weil die angegriffene Werbeaussage über den Geltungsbereich der Marke eine zur Täuschung geeignete Angabe über die Rechte des geistigen Eigentums der Beklagten darstellt.
Diese Irreführung über die fehlende internationale Geltung der beworbenen Marke ist auch für die Kaufentscheidung relevant (vgl. zum Tatbestandsmerkmal der Relevanz bei einer Irreführung Hefermehl/Köhler/Bornkamm a.a.O. § 5 Rz. 2.179 ff).
Diese Irreführung mag die Kaufentscheidung zwar nicht unmittelbar beeinflussen, weil sich das Kaufgeschäft regelmäßig in Deutschland abspielen wird.
Es liegt aber zumindest eine mittelbare Beeinflussung der Kaufentscheidung vor. Denn für die Reputation eines Unternehmens ist es von Bedeutung, wenn seine Marken auch international geschützt sind. Wer sich aber besser darstellt als er ist, wirkt auf die Kaufentscheidung ein. Immerhin wird dem Verbraucher die große internationale Marke gleich in drei Sprachen deutlich gemacht. Das zeigt, dass es auch nach dem Selbstverständnis der Beklagten auf dieses Attribut ankommt.
Es ist zwar unstreitig, dass die Beklagte auch internationale Geschäfte betreibt. Es hebt aber die Reputation eines Unternehmens, wenn solche internationalen Geschäfte zusätzlich auch noch unter einem eigenständigen Markenschutz betrieben werden. Das spricht für eine besondere internationale Geschäftsausrichtung, die wiederum sich als verstecktes Qualitätssignal darstellt.
Damit war auch die Abmahnung der Klägerin gegenüber der Beklagten insoweit berechtigt, als sie die Werbung mit der internationalen Marke gerügt hat. Allerdings kann sich die Höhe des Gegenstandswertes der Abmahnung nur auf diesen berechtigten Teil beziehen, so dass lediglich von einem Gegenstandswert von 75.000,00 € ausgegangen werden kann. Danach ergibt sich entsprechend der Berechnung in der Klageschrift, die als solche unbestritten geblieben ist, eine gem. § 12 Abs. 1 S. 2 UWG erstattungsfähige Abmahnkostenpauschale in Höhe von 620,00 €.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO.
OLG Hamm:
Urteil v. 09.06.2009
Az: 4 U 222/08
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