Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 9. Dezember 1999
Aktenzeichen: 6 W 74/99

(OLG Köln: Beschluss v. 09.12.1999, Az.: 6 W 74/99)

Gibt ein Gewerbetreibender im Rahmen eines von ihm durchgeführten Räumungsverkaufs im Zusammenhang mit den hierbei gegenüber gestellten Preisen erheblich überhöhte Ausgangspreise an (hier: bei einem beträchtlichen Teil angebotener Teppiche etwa das Doppelte des marktüblichen Preises), so dass sich der reduzierte Preis in etwa auf dem Niveau des marktüblichen bewegt, liegt hierin eine missbräuchliche Nutzung dieser Absatzmöglichkeit.

Tenor

1.) Es wird festgestellt, daß das auf den Erlaß einer einstweiligen Verfügung gerichtete Verfahren in der Hauptsache erledigt ist. 2.) Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen hat die Antragsgegnerin zu tragen.

Gründe

Das Verfahren ist durch das Ende des Räumungsverkaufes am 27. 11.1999 in der Hauptsache erledigt, weil der Antrag bis zu diesem Zeitpunkt zulässig und begründet war und die Beschwerde aus diesem Grunde hätte Erfolg haben müssen. Die Erledigung ist auf den Antrag des Antragstellers festzustellen. Dessen Erledigungserklärung im Schriftsatz vom 2.12.1999 ist für den eingetretenen Fall der Einseitigkeit als entsprechender Feststellungsantrag auszulegen, die darin liegende Antragsänderung ist zulässig.

Auf die Beschwerde hätte die begehrte einstweilige Verfügung vorbehaltlich der Beendigung des Räumungverkaufes am 27.11.1999 erlassen werden müssen. Denn der Antragsteller hatte die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruches aus § 8 Abs.6 Ziff.1 UWG glaubhaft gemacht.

Die Antragsgegnerin hat im Rahmen des Räumungsverkaufes wesentlich zu hohe Verkaufspreise als Ausgangspreise angegeben und auf diese Weise von den Möglichkeiten des Räumungsverkaufes im Sinne der Vorschrift mißbräuchlich Gebrauch gemacht. Denn sie hat so trotz der Reduzierung um (etwa) 50 % Preise verlangt, die marktüblichen, nicht reduzierten Preisen entsprachen. Das ergibt sich aus den gutachterlichen Stellungnahmen des Sachverständigen M. vom 17. und 20.11.1999. Diese weisen aus, daß die verlangten herabgesetzten Preise teilweise sogar noch über den Preisen lagen, die der Sachverständige als "leistungsfähigen Verkaufspreis", also als den Preis bezeichnet hat, der in etwa am Markt zu erzielen gewesen wäre. Soweit die Verkaufspreise niedriger lagen, war die Differenz so gering, daß sie den Räumungsverkauf nicht rechtfertigen konnte. Durch die Stellungnahmen des Sachverständigen waren die Anspruchsvoraussetzungen soweit erforderlich glaubhaft gemacht. Die von dem Gutachter angegebenen Verkaufs- und Räumungsverkaufspreise hat die Antragsgegnerin ebensowenig in Abrede gestellt wie die Richtigkeit der "leistungsfähigen Verkaufspreise". Das gilt auch mit Blick auf die von ihr auf S.3 der Beschwerdeerwiderung vom 26.11.1999 dargelegte Vergleichsrechnung. Diese betrifft zunächst überhaupt nur zwei der 13 von dem Sachverständigen dokumentierten Fälle. Im übrigen hat die Antragsgegnerin schon in diesen beiden von ihr ausgewählten Fällen für die Teppiche Preise verlangt, die 400 % oder sogar 411 % ihres Einkaufspreises ausmachten. Diese Zahlen vermögen den Vorwurf gezielt überhöhter Ursprungspreise nicht zu entkräften. Es kommt hinzu, daß die Antragsgegnerin - wie sie auf S.6 ihrer Schutzschrift vom 16.11.1999 vorgetragen hat - die Feststellungen des Gutachters zum Anlaß genommen hat, die Preise neu zu kalkulieren und die Teppiche mit einem niedrigeren Preis auszuzeichnen. Soweit sich die Antragsgegnerin auf die Äußerung des Sachverständigen Sch. beruft, ist diese zu wenig konkretisiert, als daß aus ihr Bedenken gegen die Richtigkeit der Bewertung durch den Sachverständigen M. hergeleitet werden könnten. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß der Sachverständige nur die 13 Teppiche begutachtet hätte, über die die schriftliche Bewertung von ihm vorliegt. Der Gutachter hat erklärt, tatsächlich 50 Teppiche bewertet und fast bei allen den überzogenen Ausgangspreis festgestellt zu haben. Dem steht auch die als Anlage AG 3 zur Schutzschrift vorgelegte eidesstattliche Versicherung nicht entgegen, weil in der Auflistung des Gutachters keineswegs nur persische Teppiche enthalten sind.

Liegen indes die angegebenen Ursprungspreise bei nahezu 50 Teppichen und damit bei einem beachtlichen Anteil aus dem Sortiment der Antragsgegnerin zumindest in etwa doppelt so hoch wie die marktüblichen Preise, so stellt die Reduzierung dieser überzogenen Preise um 50 % bzw. etwa 50 % im Rahmen eines Räumungsverkaufes einen Mißbrauch dar, der nach der genannten Vorschrift zu untersagen ist. Das gilt auch angesichts des Umstandes, daß die Bandbreite der zu erzielenden Preise bei Teppichen größer als bei anderen Einrichtungsgegenständen sein mag. Dabei ist auch unerheblich, ob die Antragsgegnerin diese Preise - wie sie behauptet - "im Vorfeld des Räumungsverkaufes zeitlich nachhaltig und ernsthaft" gefordert hat, weil dies an der bewirkten Irreführung des Verkehrs über eine besondere Preiswürdigkeit des Angebotes nichts ändert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO.

Der Beschwerdewert wird wie folgt festgesetzt:

a. bis zum Eingang der Erledigungserklärung am 6.12.1999 auf: 100.000 DM; a. für die anschließende Zeit auf die Summe der bis dahin angefallenen Kosten, nämlich einen Betrag innerhalb der Spanne von 10.000 DM bis 12.000 DM, die eine Gebührenstufe ausmacht.






OLG Köln:
Beschluss v. 09.12.1999
Az: 6 W 74/99


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