Landgericht Frankfurt am Main:
Urteil vom 26. August 2008
Aktenzeichen: 3-5 O 339/07, 3-05 O 339/07, 3-5 O 339/07, 3-05 O 339/07

(LG Frankfurt am Main: Urteil v. 26.08.2008, Az.: 3-5 O 339/07, 3-05 O 339/07, 3-5 O 339/07, 3-05 O 339/07)

Tenor

Der Klagebeitritt der Beteiligten zu 15) und 20) wird als unstatthaft zurückgewiesen

Es wird festgestellt, dass der Beschluss in der Hauptversammlung der Beklagten vom 20.11.2007 zu Punkt 5 der Tagesordnung -Beschlussfassung über die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre der L., auf die A., gegen Gewährung einer Barabfindung (§§ 327a ff AktG) nichtig ist.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtstreits einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Streithelfer der Kläger zu tragen, mit Ausnahme der der Beteiligten zu 15) und 20). Von deren außergerichtlichen Kosten hat die Beklagte nur jeweils 50 % zu tragen. Ihre übrigen außergerichtlichen Kosten haben diese Beteiligten selbst zu tragen.

Ihre außergerichtliche Kosten hat die Streithelferin der Beklagten - die Beteiligte zu 22) € selbst zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleitung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für die Klagen der Kläger beträgt bis zur Verbindung jeweils EUR 150.000,--, und seit Verbindung für alle Klagen insgesamt EUR 150.000,--.

Tatbestand

Mit Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger vom 11.10.2007 lud die Beklagte zu ihrer Hauptversammlung vom 20.11.2007 ein. Gegenstand der Tagesordnung waren unter anderem die Beschlussfassung zu Tagesordnungspunkt 5 über die Übertragung die Aktien der übrigen Aktionäre der Beklagten (Minderheitsaktionäre) auf die Hauptaktionärin gegen Gewährung einer Barabfindung in Höhe von EUR 12,15 je Stückaktie (nachfolgend: "Übertragungsbeschluss"). Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf die zu den Akten gereichte Kopie dieser Bekanntmachung (Anlage B14, Sonderband Anlagen) verwiesen.

In dieser Hauptversammlung der Beklagten vom 20.11.2007 wurde dann ein Beschluss zu TOP 5 gefasst. Wegen der Einzelheiten dieser Hauptversammlung und des vom Versammlungsleiter als gefasst festgestellten Beschlusses wird auf die zu den Akten gereichte Ablichtung des notariellen Protokolls des Notars Dr. L. Ur.-Nr. L €/2007 (Anlage B15, Sonderband Anlagen) verwiesen.

Die Kläger haben jeweils Anfechtungs-/Nichtigkeitsklage gegen den Übertragungsbeschluss erhoben.

Der Kläger zu 8) ist zunächst der Auffassung, dass der Beschluss nichtig sei, da die Beschlussfeststellung von dem Beschlussvorschlag abweiche, der Betrag werde nicht genannt. Weiterhin sind die Kläger zur 10) und 11) der Ansicht, dass in den Bedingungen für die Teilnahme und die Ausübung des Stimmrechts eine unzulässige Beschränkung der Vollmachtserteilung vorliege, da hier die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht zum Verbleib bei der Gesellschaft verlangt werde. Zudem liege eine unzulässige Beschränkung der Vollmacht für Stimmrechtsvertreter vor, da hier Weisungen für erforderlich gehalten würden.

Weiter macht der Kläger zu 7) geltend, der Beschluss sei angreifbar, da das Wort angemessen fehle. Einige Kläger sind der Ansicht, die Hauptaktionärin habe ein Stimmverbot nach § 28 WpHG unterlegen, da die hinter der Stiftung, die ihrerseits hinter der Mehrheitsaktionärin stehe, stehenden Personen ihren Meldepflichten nach § 22 WpHG nicht nachgekommen seien. Die Prüfung der sachverständigen Prüferin sei unzureichend, da die Auflagen des Bestellungsbeschlusses nicht beachtet worden seien. Die Beschlussvorschläge durch Aufsichtsrat und Vorstand für den streitgegenständlichen Beschluss seien fehlerhaft.

Der Abfindungswert sei fehlerhaft ermittelt worden. Es seien ein fehlerhafter Börsenkurs und unzutreffende Bewertungsparameter zugrunde gelegt worden. Die Höhe des Übernahmeangebotes von EUR 12,50 hätte der Richtwert sein müssen. In der Hauptversammlung sei es zu Informationspflichtverletzung gekommen. Fragen nach Satzung der Hauptaktionärin und der Stiftung seien nicht beantwortet worden. Auch die Frage nach einer alternativen Berechnung mit einem anderen Basiszinssatz und Risikozuschlag sei nicht beantwortet worden.

Die Dokumentation und Berichterstattung zur Abfindung sei unzureichend. Es läge eine Treuepflichtverletzung vor, da die Hauptaktionärin zu gering kapitalisiert sei um einen erhöhten Abfindungsanspruch Verfahren zahlen zu können. Es fehle jedenfalls ein Hinweis auf die Kündigungsmöglichkeit eines Darlehens nachdem die Hauptaktionärin einen Stimmrechtsanteil von über 95% habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die jeweiligen Klageschriften (Bl. 20 ff, 71 ff, 102 ff, 114ff, 160 ff, 201 ff, 226 ff 255 ff, 282 ff, 312 ff 343 ff, 375 ff d. A.) Bezug genommen.

Die Kläger und ihr Streithelfer beantragen,

den Beschluss in der Hauptversammlung der Beklagten vom 20.11.2007 zu Punkt 5 der Tagesordnung -Beschlussfassung über die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre der L. auf die A., gegen Gewährung einer Barabfindung (§§ 327a ff AktG) für nichtig zu erklären, bzw. festzustellen, dass dieser Beschluss nichtig ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Die Beklagte ist der Meinung, dass eine Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit des streitgegenständlichen Beschlusses nicht vorliege. Durch die Bezugnahme bei der Beschlussfeststellung durch den Versammlungsleiter auf den Vorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat ergebe sich hinreichend eindeutig der Inhalt des gefassten Beschlusses. Auch die in der Bekanntmachung angegebene Bedingung für die Ausübung des Stimmrechts im Hinblick auf die Vollmachtserteilung sei nicht zu beanstanden. Die Abfindung bei dem beschlossenen Ausschluss der Minderheitsaktionäre sei angemessen, zudem könnten die Kläger hiermit im Anfechtungsverfahren nicht gehört werden, da das Gesetz für die Überprüfung der Angemessenheit ein Spruchverfahren vorsehe. Die Hauptaktionärin sei auch zu allen maßgeblichen Zeitpunkten mit über 95% des (zurechenbaren) Aktienbesitzes Aktionärin der Beklagten gewesen. Ein Stimmverbot nach § 28 WpHG sei bei der Hauptaktionär nicht gegeben gewesen, da für die an der Stiftung Beteiligten eine Meldepflicht nach WpHG nicht bestanden habe. Alle erforderlichen Unterlagen hätten in der Hauptversammlung ausgelegen. Die Prüfung der Barabfindung sei in gesetzmäßiger Weise erfolgt, eine unzulässige Auswahl durch die Hauptaktionärin sei nicht erfolgt, das Landgericht Frankfurt am Main sei vielmehr den Vorschlägen der Hauptaktionärin nicht gefolgt. Auch die so genannte Parallelprüfung sei nicht zu beanstanden. Die bestellte Prüferin sei den Auflagen im Bestellungsbeschluss nachgekommen. Der Bericht der Hauptaktionärin enthalte alle wesentlichen und notwendigen Informationen. Weitere Informationen seien nicht erforderlich gewesen. Der Beschlussvorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat sowie sein Zustandekommen seien nicht zu beanstanden. In der Hauptversammlung sei es zu keiner Verletzung des Auskunftsrechts gekommen. Die gestellten Fragen seien beantwortet worden, soweit dies möglich und rechtlich geboten war. Der Klägerin zu 7) seien die bestellten Stimmkarten übermittelt worden. Dieser habe nur zwei bestellt. Die Beklagte bestreitet, dass die Kläger zum Zeitpunkt der Bekanntmachung der Tagesordnung Aktionäre der Beklagten gewesen seien und noch sind.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Klageerwiderung vom 19.2.2008 (Bl. 431 ff d. A.) verwiesen.

Die Beteiligten zu 15) und 20) haben kurz vor der mündlichen Verhandlung vom 5.8.2008 mit Schriftsätzen vom 30.7.2008 und 18.2008 ihre Beitritt als Kläger auf Seiten der Kläger erklärt. Dem haben die Beklagte und jedenfalls der Kläger zu 8) in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich widersprochen.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 25.8.2008 erklärt, dass sie den Klageanspruch anerkenne.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Gründe

Trotz des Anerkenntnisses der Beklagten im Schriftsatz vom 25.8.2008 war durch streitiges Urteils zu entscheiden.

Diese Erklärung hat nichts daran geändert, dass die Kammer aufgrund der streitigen Anträge zu entscheiden hatte, die die Parteien bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung am 4.8.2008 gestellt hatten. Einer Partei steht es nämlich nicht frei, Sachanträge, die sie bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung wirksam abgegeben hat, ohne erneute mündliche Verhandlung wieder zurückzunehmen und damit die prozessuale Stellung, die die Gegenpartei erlangt hat, wieder zunichte zu machen (OLG Frankfurt, MDR 1982, 153;NJW-RR 1992, 1405; vgl. auch BGH NJW 2004, 2019). In Betracht käme nur die Wiedereröffnung der mündliche Verhandlung gem. § 156 ZPO. Diese war jedoch nicht geboten, da bereits jetzt ein den Klageanträgen stattgebendes Urteil ergehen konnte und im Übrigen auch eine Zustimmung der auf Seiten der Beklagten beigetretenen Streithelferin nicht vorlag, so dass schon deswegen ein Anerkenntnisurteil nicht ergehen konnte (vgl. OLG Schleswig NJW-RR 1993, 931).

Der neben der Nebenintervention erklärte Beitritt als Kläger auf Seiten der Kläger durch die Beteiligten zu 15) und 20) im Wege der nachträglichen Parteierweiterung ist unstatthaft.

Es kann dahin stehen, ob hierzu die Einwilligung der Beklagten (so z. B: Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 263 Rz. 67) oder des Klägers (so z. B: Saenger in HKO-ZPO, 2. Aufl. 2007, § 263 Rz. 27) erforderlich ist, da die Beklagte und jedenfalls ein Kläger dem Klägerbeitritt widersprochen haben.

Auch eine Sachdienlichkeit ist für diesen Beitritt nicht gegeben. Unabhängig von der Frage, ob ein solcher Klägerbeitritt bei der aktienrechtlichen Anfechtungs-/Nichtigkeitsklage (vgl. hierzu auch OLG Stuttgart NZG 2001, 277 = AG 2001, 315) überhaupt wegen der Möglichkeit der streitgenössischen Nebenintervention möglich oder erforderlich ist, oder ob für die Zustellung des Beitrittsschriftsatzes die beitretenden Kläger erst einen Gerichtskostenvorschuss zu zahlen haben, da im aktienrechtlichen Anfechtungs- und Nichtigkeitsverfahren die Vorschusspflicht für alle Kläger in voller Höhe mit der Einreichung der Klageschrift entsteht (vgl. OLG Frankfurt am Main Beschluss vom 13.11.2006 € 5 W 40/06 -; OLG Koblenz NZG 2005, 817 m. w. Nachw.), ist die Sachdienlichkeit schon deswegen zu verneinen, weil ohne Zulassung des Klagebeitritts die Sache entscheidungsreif ist, während bei Zulassung ein neues Prozessrechtsverhältnis zur Beklagten begründet wird und der Beklagten auf ihren Antrag hin eine neue Erwiderungsfrist zu setzen (vgl. Greger in Zöller ZPO, 26. Aufl., § 263 Rz. 269 und erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten wäre (vgl. OLG Stuttgart a.a.O.). Zudem ist für die mangelnde Sachdienlichkeit von Bedeutung, dass die Beteiligten zu 15) und 20) bereits dem Rechtsstreit als streitgenössische Nebenintervenienten beigetreten sind. Sie können daher aus dieser Rechtsstellung heraus durch entsprechenden Sach- und Rechtsvortrag auf die gerichtliche Feststellung der Nichtigkeit des angegriffenen Hauptversammlungsbeschlusses hinwirken. Einer nachträglichen Parteierweiterung durch eigene Klageerhebung bedarf es daher nicht, damit die Beteiligten zu 15) und 20) ihre Rechte im vorliegenden Rechtsstreit wahren können.

Die erhobenen Nichtigkeits-/Anfechtungsklagen sind begründet, wobei es wegen der notwendigen Streitgenossenschaft genügt, wenn nur ein Kläger durchgreifende Anfechtungs- oder Nichtigkeitsgründe vorbringt.

Unabhängig von der Frage, ob die ansonsten vorgebrachten Anfechtungsgründe vorliegen, haben die Kläger zu 10) und 11) und 8) einen die Nichtigkeit des Übertragungsbeschlusses herbeiführenden Grund, jedenfalls die Anfechtbarkeit begründenden Grund zutreffend geltend gemacht.

Alle Klagen sind in der Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG erhoben worden, da sie alle zumindest per FAX bis zum 20.12.2007 fristwahrend beim Landgericht eingingen.

Jedenfalls die Kläger zu 10) und 11) sind nach § 245 Ziff. 1 AktG klagebefugt.

Sie haben durch Vorlage einer Bescheinigung der N. Bank v. 20.2.2008 bzw. 28.2.2008 im Verfahren 3-05 O 339/07 nachgewiesen, dass sie bereits vor dem 1.4.2007 bzw. 1.1.2007 und seitdem ununterbrochen Aktionär der Beklagten sind.

Für eine Nichtigkeitsklage nach § 249 AktG ist es zudem zunächst unerheblich, ob die Kläger ihre die Aktionärsstellung zum Zeitpunkt der Bekanntmachung der Tagesordnung nach § 245 Nr. 3 AktG nachgewiesen haben. Für die Nichtigkeitsklage nach § 249 AktG ist allein genügend, dass der Kläger Aktionär ist oder war (vgl. Schwab in Schmidt/Lutter, AktG, § 249 Rz 4 a. E. m.w.Nachw.). Diese Aktionärsstellung der Kläger hat die Beklagte nicht grundsätzlich bestritten, sondern nur die zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Tagesordnung und zum jetzigen Zeitpunkt. Dass die Kläger zum Zeitpunkt der beschlussfassenden Hauptversammlung nicht Aktionäre der Beklagten gewesen sind, ist aber nicht im Streit.

Die Kläger zu 10), 11) und 8) haben unbestritten gegen den angefochtenen Übertragungsbeschluss Widerspruch zu Protokoll erklärt.

Dieser Beschluss zu TOP 5 ist sowohl nach § 241 Nr. 1 i. V. m. § 121 Abs. 3 AktG als auch nach § 241 Nr. 2 i.V.m. § Abs. 2 AktG nichtig, jedenfalls anfechtbar.

Die Nichtigkeit nach § 241 Nr. 1 AktG i.V.m. § 121 Abs. 3 AktG folgt daraus, dass in der Ladung zur Hauptversammlung am 20.11.2007 die Bedingungen für die Stimmrechtsausübung nicht in einer dem Gesetz und der Satzung entsprechenden Weise angegeben wurden. Gemäß § 121 Abs. 3 AktG muss die Einberufung neben anderen Angaben die Bedingungen angeben, von denen die Teilnahme an der Hauptversammlung und die Ausübung des Stimmrechts abhängen. Diese Bedingungen wurde hier unzutreffend dahingehend angegeben, dass angegeben wurde, dass bei Vertretung durch einen Bevollmächtigten bei der Stimmrechtsausübung der Bevollmächtigte seine Stimmberechtigung durch die Übergabe einer schriftlichen Vollmachtsurkunde ausgestellt durch den vertretenen Aktionär, an die Gesellschaft zu deren Verbleib nachzuweisen habe. Da in der Satzung der Beklagten keinerlei besondere Regelungen über die Art und Weise der Bevollmächtigung bei der Stimmrechtsausübung in der Hauptversammlung enthalten ist, verbleibt bei der gesetzlichen Regelung der §§ 134, 135 AktG für die Form der Vollmachtserteilung. Nach § 135 AktG bedarf aber eine Vollmacht die einem Kreditinstitut oder einem der in § 135 Abs. 9 AktG und § 135 Abs. 12 AktG i. V. m. § 125 Abs. 5 AktG Personen(vereinigungen) erteilt wird nicht der Schriftform durch eine vom Vollmachtsgeber zu unterzeichnende Urkunde, sondern diese nur von dem Bevollmächtigten in nachprüfbarer Form festgehalten werden muss. Das unterschiedslose Verlangen einer schriftlichen Vollmacht zum Verbleib bei der Gesellschaft als Bedingung für die Stimmrechtsausübung durch einen Bevollmächtigten entspricht daher nicht der gesetzlichen Regelung.

Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass Kreditinstitute aufsichtsrechtlich sich schriftliche Vollmachten erteilen lassen müssen. Abgesehen davon, dass dies nur das Verhältnis zwischen dem Kreditinstitut und der Aufsichtsbehörde betrifft und die aktiengesetzliche Regelung nicht abändern kann, erfasst die Bestimmung des § 135 AktG auch ausländische Kreditinstitute (vgl. Willamowski in Spindler/Stilz, AktG § 135 Rz. 1; Spindler in Schmidt/Lutter, AktG, § 135 Rz. 4 m.w.Nachw.) und andere Bevollmächtigte, wie z. B. Aktionärsvereinigungen, die der deutschen Bankenaufsicht nicht unterliegen.

Soweit die Beklagte ausführt, dass sich der Satz über den Nachweis der Vollmacht nur auf das depotführende Kreditinstitut beziehe und nicht auf sonstige Kreditinstitute und Aktionärsvereinigungen ist dies aus Grammatik und Syntax der beiden Sätze heraus nicht nachvollziehbar. In Satz eins wird ausgeführt, dass sich der Aktionär bei der Stimmrechtsausübung durch Bevollmächtigte vertretenlassen kann und es sind als Beispiel wird die depotführende Bank, Aktionärsvereinigungen oder andere Personen genannt. Der sich unmittelbar anschließende Satz spricht dann davon, dass der Bevollmächtigte seine Stimmberechtigung durch Übergabe einer schriftlichen Vollmachtsurkunde nachzuweisen hat. Der in Satz 2 genannte €Bevollmächtigte€ kann daher nur der €Bevollmächtigte€ sein, wie er auch in Satz eins angeführt und benannt wird.

Die Beklagte kann sich für diese gesetzeswidrige Bedingung auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte nach § 174 BGB befugt sei, einen Nachweis der Vollmacht zu verlangen. Die Regelung des § 174 BGB ist im Verhältnis zwischen Gesellschaft, Aktionär und seinem Bevollmächtigten nicht anwendbar, da hier die die aktienrechtlichen Spezialregelungen der §§ 134, 135 AktG eingreifen. Der Gesetzgeber (RegBegr BT.Drucks. 14/4051 S. 15) hat ausdrücklich die Anforderungen zurücknehmen und die Nachweiserfordernisse den Beteiligten überlassen wollen. Dies besagt aber, dass nach § 134 Abs. 3 Satz 1 AktG die Satzung entsprechende Regelungen über die Vollmachtserteilung treffen kann (und ggf. muss), wobei dahingestellt bleiben kann, ob die Erleichterungen des § 135 AktG durch eine Satzungsbestimmung abbedungen werden kann (vgl. zum Meinungsstand über die Frage der satzungsmäßigen Abdingbarkeit: Bunke AG 2002, 57; Holzborn in Bürgers/Körber, AktG § 135 Rz. 10 m.w.Nachw.). Jedenfalls bedarf es hierzu aber einer eindeutigen satzungsmäßigen Bestimmung, an der es hier fehlt. Die Beklagte kann sich hier nicht auf Ziff. 9.5. der Satzung berufen. Abgesehen davon, dass der dort angesprochene Nachweis zur Berechtigung der Teilnahme und der Ausübung des Stimmrechts sich eindeutig auf den im folgenden Satz € insoweit in der Antragsschrift und Klageerwiderung nicht zitiert € angesprochenen Nachweis des Anteilsbesitzes nach § 123 Abs. 3 AktG bezieht und nicht auf die Modalitäten des Vollmachtsnachweises bei Stimmrechtsausübung durch einen Bevollmächtigten, wäre eine Satzungsbestimmung, wie sie die Antragstellerin hier verstehen will, dass auch die Frage des Vollmachtsnachweises ohne nähere Satzungsregelung in der Einladung bekannt gegeben werden kann, nicht mit dem Gesetz vereinbar. Nach dem Wortlaut des § 134 Abs. 3 Satz 2 AktG muss die Satzung selbst Regelungen über die Vollmacht und deren Nachweis enthalten, wenn von den gesetzlichen Bestimmungen abgewichen werden soll. Würde man dies, wie es die Antragsteller sieht, allein dem Vorstand bei der Bekanntmachung der Bedingungen der Teilnahme- und Stimmrechtsausübung überlassen, wäre dies ein Verstoß gegen § 23 Abs.5 AktG mit der Folge, dass die in der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse für nichtig zu erklären wären (vgl. zu einem ähnlichen Sachverhalt LG München WM 2007, 2111, 2113).

Diese unrichtige gesetzeswidrige Angabe der Bedingungen für die Stimmrechtsabgabe (durch einen Bevollmächtigten) führt zur Nichtigkeit der Beschussfassung gem. § 241 Nr. 1 i.V.m. § 121 Abs. 3 AktG.

Die Beklagte kann sich hier nicht darauf berufen, dass nach § 121 Abs. 3 AktG nur die Bedingungen anzugeben sind, von denen die Teilnahme und die Ausübung des Stimmrechts durch den Aktionär selbst abhängt, während Ausführungen zur Stimmrechtsvertretung nicht erforderlich seien.

Von § 121 Abs. 3 AktG sind alle Modalitäten erfasst, die die Art und Weise oder die Form der Stimmrechtsausübung betreffen, wozu auch Fragen der Vollmacht gehören (so ausdrücklich der von der Beklagten für die Gegenmeinung zitierte Kubis in MünchKomm, AktG, 2. Aufl. § 121, Rz. 21; Ziemons in Schmidt/Lutter, AktG, § 121, Rz. 37). Soweit sich die Beklagte für ihre Auffassung auf Stimmen in der Literatur (Werner in GroßKomm, AktG 4, Aufl. § 121 Rz. 60) bezieht, wonach Angaben zu Stimmrechtsvertretung nicht erforderlich seien, so wird dort lediglich ausgeführt, dass es um Bedingungen zwischen Treuhänder und Treugeber geht, mithin um Bedingungen aus dem Innenverhältnis, nicht jedoch um Bedingungen, in welche Weise die Vertretungsbefugnis für die Stimmrechtsausübung gegenüber der Gesellschaft nachzuweisen ist.

Aber selbst wenn man hier eine Nichtigkeit verneinen wollte, führte der Mangel zur Anfechtbarkeit (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 15.7.2008 € 5 W 15/08 -, BeckRS 2008, 15524; LG Dresden, Beschl. v. 16.3.2007 € 43 OH 354/06, BeckRS 2007, 05044).

Die Einberufungsvorschriften bestehen zugunsten der Aktionäre, die damit die Aufhebung der Beschlüsse in der Hand haben, welche unter Verstoß gegen die Beachtung ihrer Mitgliedschaftsrechte zustande gekommen sind, § 243 Abs. 1 AktG. Dass die Kläger zu 10) und 11) trotz des Einberufungsmangels an der Hauptversammlung teilgenommen haben, beseitigt den Anfechtungsgrund nicht, weil nicht auszuschließen ist, dass andere Aktionäre durch die mangelhafte Einberufung von der Teilnahme (mittels eines Bevollmächtigten) abgehalten worden sind. Dabei kommt es nicht auf eine Relevanz der Teilnahme für das Abstimmungsergebnis an.

Anfechtbarkeit ist schon immer dann gegeben, wenn Gesetz oder Satzung beim Zustandekommen des Beschlusses verletzt werden. Der Begriff des Zustandekommens ist weit auszulegen und erstreckt sich auch auf die Einberufung der Hauptversammlung. Ein solcher anfechtbarer Verfahrensfehler haftet der Einberufung der Hauptversammlung vorliegend jedenfalls an.

Die in der Ladung zur Hauptversammlung zusätzlich angegebenen Teilnahmebedingungen müssen zum Schutz der Aktionärsrechte richtig sein und dürfen die den Aktionären gesetzlich eingeräumten Rechte nicht verletzen.

Die sich hieraus ergebende Anfechtungsberechtigung ist auch angemessen, da durch die Beschränkung der Vollmachtserteilung entgegen § 135 AktG grundlegende Aktionärsrechte verletzt werden. Die betreffenden Angaben in der Ladung sind geeignet, Aktionäre von der Teilnahme an der Hauptversammlung abzuhalten, weil sie sich gehindert sehen, die Vollmacht nach den Vorgaben der Bekanntmachung zu erteilen und deshalb der Hauptversammlung fern bleiben, bzw. nicht eine der durch § 135 AktG genannten Personen bevollmächtigen, d.h. auf das dem Aktionär zustehende elementare Teilnahmerecht an der Hauptversammlung zu verzichten.

Ausweislich des Protokolls haben nicht alle Aktionäre an der Hauptversammlung teilgenommen. Aus welchen Gründen ist nicht bekannt. Die Nichtteilnahme einzelner Aktionäre infolge der unrichtigen Angaben zur Stimmrechtsvollmacht kann nicht ausgeschlossen werden. Mit dem vorliegenden Einberufungsmangel wird der Kerngehalt des Mitgliedschaftsrechts der Aktionäre verletzt. Der Antragstellerin ist daher unabhängig von den gegebenen Mehrheitsverhältnissen der Nachweis abgeschnitten, die Teilnahme aller Minderheitsaktionäre hätte die getroffenen Beschlüsse nicht beeinflussen können (vgl. OLG Düsseldorf, DB 1991, 1826).

Eine Nichtigkeit des streitgegenständlichen Hauptversammlungsbeschlusses ist weiter gem. § 241 Nr. 2 i. V. m. § 130 Abs. 2 AktG gegeben, zumindest jedoch eine Anfechtbarkeit. Die Kammer folgt der Ansicht des Kammergerichts in seinem Beschluss vom 31.3.2006 -23 W 8/05 € welches in dieser Entscheidung zutreffend darauf abstellt, dass die Feststellung des Versammlungsleiters über den Inhalt des gefassten Beschlusses nicht im Wege der Auslegung dem tastsächlich zur Abstimmung gestellten Beschluss angepasst werden kann. Das Kammergericht fordert, dass durch die Beschlussfeststellung der Inhalt des Beschlusses in nicht mehr interpretierbarer Weise festgelegt wird. Wenn wie vorliegend vom Versammlungsleiter nur festgestellt wird, dass die Hauptversammlung, wie vom Vorstand und Aufsichtsrat vorgeschlagen, mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre der L. , auf die A., gegen Gewährung einer Barabfindung beschlossen hat, so fehlt die Eindeutigkeit. Wenn nicht die Beschlussfassung wörtlich festgestellt wird € wie es bei einem Eingriff in die Eigentumsrechte der Minderheitsaktionäre nach § 327a AktG angebracht erscheint- , hätte es bei einer Bezugnahme auf einen Beschlussvorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat einer entsprechenden Konkretisierung bedurft, dass hier der Beschluss mit dem Inhalt beschlossen wurde, wie er als konkreter Vorschlag in der Bekanntmachung der Tagesordnung angegeben worden ist. Nur dann ist eindeutig klargestellt, dass ein Beschluss mit dem dort konkretisierten Inhalt gefasst wurde. Die allgemeine Bezugnahme auf einen Vorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat lässt die entsprechende Konkretisierung nicht zu, zu verlangen ist bei einer Bezugnahme immer eine auf den in der Tagesordnung enthaltenen und zur Abstimmung gestellten Beschlussantrag (vgl. Ziemons in Schmidt/Lutter, AktG § 13, Rz, 13; Wicke in Spindler/Stilz, AktG, § 130 Rz. 49 m w. Nachw.).

Ob die weiter geltend gemachten Anfechtungsgründe vorlagen, kam es bei dieser Sachlage nicht mehr an.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92, 101 ZPO.

Als Streitwert waren gem. § 247 AktG für die Anfechtungen der Beschlussfassung zu Top 5 EUR 150.000,-- anzusetzen. Angesichts des Volumens der angefochtenen Abfindung für die ausgeschlossenen Aktionäre zu TOP 10 erachtet die Kammer hier 3/10 des höchsten Regelstreitwert des § 247 AktG in Höhe von EUR 500.000,-- für angemessen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.






LG Frankfurt am Main:
Urteil v. 26.08.2008
Az: 3-5 O 339/07, 3-05 O 339/07, 3-5 O 339/07, 3-05 O 339/07


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