Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 17. Juli 1995
Aktenzeichen: 26 WF 43/95

(OLG Köln: Beschluss v. 17.07.1995, Az.: 26 WF 43/95)

Voraussetzungen für die Erörterungsgebühr

Das Entstehen einer Erörterungsgebühr nach § 31 I Nr. 4 BRAGO setzt ein Zwiegespräch voraus, entweder zwischen den Prozeßbevollmächtigten (vor Gericht) oder dem Gericht und einem der Prozeßbevollmächtigten.

Gründe

Die Beschwerde ist zulässig, bleibt aber in der Sache im

Ergebnis ohne Erfolg.

1. Allerdings hätte das Amtsgericht nicht selbst über die

Erinnerung des Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß vom

7. 12. 1994 entscheiden dürfen. Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 RpflG

besteht eine Entscheidungsbefugnis des Richters nur insoweit, als

er die Erinnerung für zulässig und begründet erachtet oder, falls

er anstelle des Rechtspflegers entschieden hätte, hiergegen ein

Rechtsmittel nicht gegeben wäre. Keiner dieser Fälle liegt hier

vor. Aus der angefochtenen Entscheidung ist zu ersehen, daß die

Amtsrichterin die Erinnerung für unbegründet erachtet hat. Gegen

die eigene Entscheidung des Richters ist gemäß § 1O4 Abs. 3 ZPO die

sofortige Beschwerde gegeben. Danach hätte das Amtsgericht die

Sache gemäß § 11 Abs. 2 Satz 4 RpflG dem Senat zur Entscheidung

über die Erinnerung des Beklagten vorlegen müssen.

Die fehlerhafte Verfahrensweise führt zur Aufhebung des

angefochtenen Beschlusses, wobei die durch den Beschluß veranlaßten

Kosten gemäß § 8 GKG außer Ansatz bleiben.

Eine Zurückverweisung an das Amtsgericht ist jedoch nicht

erforderlich (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 19. Auflage 1995, Rdn. 16 zu

§§ 1O3, 1O4 mit Rechtssprechungsnachweisen); vielmehr kann der

Senat selbst in der Sache entscheiden. Dagegen bestehen im

vorliegenden Fall umso weniger Bedenken, als die Amtsrichterin den

Beschwerdeführer unter dem 8. 3. 1995 um Mitteilung gebeten hat, ob

die Akte im Hinblick auf die Beschwerde gegen den

Kostenfestsetzungsbeschluß dem Oberlandesgericht noch vorgelegt

werden solle, was der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerdeschrift

vom 14. 3. 1995 ausdrücklich bejaht hat. Damit ist in einer dem

Verfahren der Durchgriffserinnerung ähnlichen Weise sichergestellt

worden, daß eine Entscheidung des Senats in der Sache nicht gegen

den Willen des betroffenen Beschwerdeführers erfolgt.

2. Sachlich bleibt die Beschwerde ohne Erfolg, denn eine

Erörterungsgebühr ist nicht angefallen. Der Begründung, mit der das

Amtsgericht den Ansatz einer Erörterungsgebühr verneint hat, kann

allerdings nicht gefolgt werden. Denn entgegen dem angefochtenen

Beschluß hat der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 21.

September 1994 vor der Berufungsrücknahme sehr wohl rechtliche

Hinweise erteilt. Dies ist in der vom Amtsgericht hierzu

eingeholten Stellungnahme des stellvertretenden Vorsitzenden des

Senats vom 2O. Janaur 1995 ausdrücklich hervorgehoben (Bl. 389

d.A.).

Die Erteilung der rechtlichen Hinweise hatte indessen nicht das

Entstehen einer Erörterungsgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO zur

Folge. Der Senat teilt nicht die Auffassung, daß es für die

Entstehung einer Erörterungsgebühr ausreicht, wenn nach rechtlichen

Hinweisen des Gerichts eine Partei der Anregung, ihr Rechtsmittel

zurückzunehmen, folgt, ohne das sie oder die andere Partei in

irgendeiner Weise zu den gerichtlichen Hinweisen Stellung genommen

hat (so aber Gerold/von Eicken, BRAGO 11. Auflage 1991, Rdn. 156 zu

§ 321 mit zahlreichen Rechtssprechungsnachweisen, auch für andere

Auffassungen; unklar insoweit die Stellungnahme von

Göttlich/Mümmler, BRAGO, 18. Auflage 1994, Stichwort

,Erörterungsgebühr", Anm. 4.3: Vergleiche einerseits unter 4.31, wo

es als ausreichend für das Entstehen der Erörterungsgebühr

angesehen wird, wenn eine Partei nach längeren Rechtsausführungen

des Gerichts die Rücknahme des Rechtsmittels erklärt, andererseits

unter 4.32, wo ausgeführt ist, daß eine Erörterungsgebühr nicht

entsteht, wenn ein Hinweis des Gerichts keine Erwiderung findet

oder die angesprochene Partei eine Anregung des Gerichts sofort

befolgt, ohne sich vorher zu der aufgeworfenen Frage zu

äußern).

Der Senat schließt sich vielmehr der Auffassung an, daß eine

Erörterung im Sinne von § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO nur dann vorliegt,

wenn es zumindest zu einem Zwiegespräch entweder zwischen den

Prozeßbevollmächtigten vor Gericht oder dem Gericht und einem der

Prozeßbevollmächtigten kommt. Bei einseitigen Erklärungen kann

hingegen schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch von einer

Erörterung nicht die Rede sein (vgl. näher dazu Riedel/Sußbauer,

BRAGO, 6. Auflage 1988, Rdn. 8O, 81 zu § 31 mit zahlreichen

Rechtssprechungsnachweisen).

Da ein solches Zwiegespräch im vorliegenden Falle nicht

stattgefunden hat, ist eine Erörterungsgebühr nicht angefallen.

Die als Beschwerde geltende Erinnerung des Beklagten war nach

alledem mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Beschwerdewert: 1.214,63 DM

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Beschluss v. 17.07.1995
Az: 26 WF 43/95


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