Verwaltungsgericht Freiburg:
Beschluss vom 13. Juni 2001
Aktenzeichen: 1 K 1756/00

(VG Freiburg: Beschluss v. 13.06.2001, Az.: 1 K 1756/00)

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt.

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Der Streitwert wird auf 8.000,-- DM festgesetzt.

Gründe

Die Entscheidung ergeht durch den Berichterstatter, da dieser gemäß § 87a Abs. 1 Nr. 3 bis 5, Abs. 3 VwGO im vorbereitenden Verfahren sowohl bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache als auch über den Streitwert und die Kosten zu entscheiden hat.

Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 161 Abs. 2 VwGO. Danach ist im Falle der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Streitstandes zu entscheiden. Billigem Ermessen entsprach es hier, die Kosten gegeneinander aufzuheben. Dem liegt folgende Erwägung zugrunde:

Zunächst war der Rechtsstreit durch die Pressemitteilung der Antragsgegnerin vom 03.07.2000 veranlasst, der Vorstand sowie der Habilitationsausschuss der X Fakultät der X Universität X hätten nach Vorliegen der Abschlussberichte der fakultätseigenen Untersuchungskommission und der X in ihren Sitzungen am Donnerstag, den 29.06.2000, die Habilitation des Antragstellers "aberkannt". Diese Aussage war jedenfalls insoweit missverständlich, als durch sie bei einem objektiven Außenstehenden der Eindruck erweckt wurde, die Aberkennung der Habilitation sei bereits wirksam geworden, während sie tatsächlich mangels Bekanntgabe an den Antragsteller nur ein reines Internum der Antragsgegnerin darstellte. Entsprechend dürfte die Antragsgegnerin jedenfalls auf die diesbezügliche Rüge des Antragstellers und seines Bevollmächtigten in deren Schreiben vom 16. und vom 18. Juli 2000 verpflichtet gewesen sein, in geeigneter Form klarzustellen, dass zum damaligen Zeitpunkt eine rechtlich wirksame Entscheidung über die Aberkennung der Habilitation des Antragstellers bislang noch nicht ergangen war. Denn auch wenn der Antragsteller - ungeachtet dessen, dass sich die Antragsgegnerin ihrerseits allenfalls auf eine Berechtigung zur Öffentlichkeitsarbeit, nicht jedoch auf das Grundrecht des Art. 5 Abs. 1 GG berufen kann - grundsätzlich keinen Anspruch darauf haben dürfte, dass die Antragsgegnerin davon absieht, die Öffentlichkeit über den Stand des ihn betreffenden Verfahrens zur Aberkennung der Habilitation zu informieren, so kann er mit Blick auf den hierbei stets betroffenen Persönlichkeitsschutz doch verlangen, dass die Information die tatsächliche Sachlage stets richtig und unmissverständlich wiedergibt. So macht es in seinem Fall bei summarischer Prüfung einen für ihn entscheidenden Unterschied, ob in der Öffentlichkeit der Eindruck vermittelt wird, ihm sei (ungeachtet der hiergegen möglichen Rechtsbehelfe) die Habilitation bereits wirksam aberkannt oder ob sich eine Entscheidung noch in dem Stadium des Verwaltungsverfahrens befindet. Denn auch wenn das eigentlich zur Entscheidung berufene Kollegialorgan seine Aberkennungsentscheidung bereits getroffen hatte und es "nur noch" an der Umsetzung dieser Entscheidung durch die Verwaltung fehlte, so hat doch eine Verwaltungsentscheidung, die nach außen wirksam bekannt gegeben wurde, eine grundsätzlich höhere Vermutung für die inhaltliche Rechtmäßigkeit als ein solcher - und sei es sachlich bindender - interner Beschluss eines Kollegialorgans.

Allerdings hat die Antragsgegnerin durchaus auf die Einwendungen des Antragstellers reagiert und zunächst am 27.07.2000 den Beschluss des Habilitationsausschusses aufgehoben und am 28.07.2000 auch eine entsprechende Pressemitteilung herausgegeben. Aus diesem Grund dürfte - abgesehen von der noch andauernden Veröffentlichung der alten Pressemitteilung im Internet - in diesem Zeitpunkt der Anspruch des Antragstellers auf eine Klarstellung der zuvor gegebenen Sachlage zur Entziehung seiner Habilitation entfallen und ein entsprechender Rechtsschutzantrag mangels Rechtsschutzbedürfnisses deshalb nicht mehr veranlasst gewesen sein. Letzteres gilt - in Hinblick auf die hier vorzunehmende Kostenverteilung im Erledigungsverfahren - jedoch nur dann, wenn der Antragsteller von der Berichtigung des Beschlusses und der entsprechenden Verbreitung dieser neuen Sachlage auch Kenntnis erlangt hat. Hierüber besteht in tatsächlicher Hinsicht ein hier nicht mehr aufzuklärender Streit, denn die Antragsgegnerin macht geltend, sie habe den Antragsteller über den Dekan der XXFakultät , Prof. Dr. B., im Rahmen eines Telefongesprächs am 28.07.2000 über die neue Sachlage informiert, während der Antragsteller entgegenhält, man habe damals nur einen Termin für ein persönliches Gespräch am 18.08.2000 vereinbart.

Bei dieser offenen Sachlage ist zugunsten des Antragstellers und zu Lasten der Antragsgegnerin zu berücksichtigen, dass auch dann, wenn der Antragsteller über den Beschluss vom 27.07.2000 und dessen Verbreitung informiert gewesen wäre, jedenfalls insoweit eine Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts bestanden hätte, als die ursprüngliche (missverständliche) Mitteilung über die Anerkennung seiner Habilitation zum Zeitpunkt des Antragseingangs am 04.08.2000 noch über die Presseseite der Antragsgegnerin und ab diesem Zeitpunkt ohne von dort aus bestehende Links noch bis zum 17.08.2000, dem Zeitpunkt der endgültigen Löschung, versteckt im Internet abrufbar war. Diese Beeinträchtigung war in ihrer Wirkung sicherlich bereits durch die ebenfalls abrufbare, spätere Mitteilung über den aufhebenden Beschluss des Habilitationsausschusses vom 27/28.07.2000 abgeschwächt, jedoch nicht so weit, dass bereits deshalb ein Berichtigungsverlangen keinen Erfolg mehr versprochen hätte. Denn die Internetrecherche läuft neben dem Abruf der Homepage einer Institution maßgeblich über Suchmaschinen, die über Suchbegriffe den Inhalt der Informationen im Internet erschließen. Dementsprechend dürfte man als an den Vorgängen um den Antragsteller und dessen Habilitation interessierter Internetbenutzer zwar über die Eingabe des Namens des Antragstellers sowohl die alte als auch die neue (quasi berichtigende) Pressemitteilung der Antragsgegnerin über diesen Vorgang gefunden haben. Hätte man jedoch beispielsweise das ebenfalls naheliegende Suchwort "XXXXXXXXX" eingegeben, wäre die Recherche auf die alte, den Antragsteller belastende Pressemitteilung vom 03.07.2000 beschränkt geblieben. Dementsprechend erfordert § 10 Abs. 1 des hier möglicherweise anwendbaren Mediendienstestaatsvertrags (vgl. § 2 Abs. 1, 2 Nr. 4 MDStV bzw. § 2 Abs. 1, 2 Nr. 2, 4 Nr. 3 Teledienstegesetz) für den Gegendarstellungsanspruch im Internet so lange eine Verknüpfung mit der entsprechenden Tatsachenbehauptung, wie diese im Internet selbst abrufbar ist. Dies wird man auf die Notwendigkeit einer Berichtigung, wie sie hier im Raume stand, übertragen müssen.

Schließlich ist allerdings - unabhängig von dessen Wissen über den Beschluss der Antragsgegnerin vom 27.07.2000 im Zeitpunkt der Stellung des Rechtsschutzantrags - zu Lasten des Antragstellers anzuführen, dass dieser - ohne den Beschluss vom 27.07.2000 und dessen Verbreitung - wohl einen Anspruch auf Widerruf (in der Form der Berichtigung) der ursprünglichen Pressemitteilung vom 04.07.2000 gehabt hätte, der ebenfalls geltend gemachte Anspruch auf Untersagung der öffentlichen Verbreitung der Tatsache, dass die Habilitation des Antragstellers aberkannt worden sei, jedoch in seinem Bestehen zumindest zweifelhaft war. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit neben und zusätzlich zu einem auch die Internetseite betreffenden Widerruf eine Wiederholungsgefahr auf Seiten der Antragsgegnerin bestand. Dabei wird man zwar nicht die selben hohen Anforderungen an die Voraussetzungen eines Untersagungsanspruchs stellen können, wie dies mit Blick auf die hier nicht gegebene Pressefreiheit im Bereich der zivilgerichtlichen Rechtsprechung zu Zeitungen getan wird (hierzu ausführlich Steffen in: Löffler, Presserecht, 4. Aufl. 1997, § 6 Rn. 263 ff), doch wird man andererseits grundsätzlich davon ausgehen können müssen, dass die Antragsgegnerin als öffentliche Anstalt rechtliche Wertungen, wie sie sich aus einem gerichtlichen Beschluss ergeben, dauerhaft befolgt.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 13 Abs. 1 Satz 2, 20 Abs. 3 GKG. In Hinblick auf die im Falle einer Stattgabe gegebene Vorwegnahme der Hauptsache wird davon abgesehen, den Streitwert des Verfahrens zu reduzieren.

Die Entscheidung ist hinsichtlich der Einstellung des Verfahrens und der Kostenentscheidung unanfechtbar (§§ 92 Abs. 3; 158 Abs. 2 VwGO). Hinsichtlich der Möglichkeit der Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 25 Abs. 3 GKG verwiesen.






VG Freiburg:
Beschluss v. 13.06.2001
Az: 1 K 1756/00


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