Bundespatentgericht:
Beschluss vom 31. Januar 2007
Aktenzeichen: 29 W (pat) 214/04

(BPatG: Beschluss v. 31.01.2007, Az.: 29 W (pat) 214/04)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke Nr. 304 18 133.1 foliosoll für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 38 und 42 in das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung des Zeichens mit Beschluss vom 14. September 2004 teilweise zurückgewiesen, und zwar für die Waren "Druckereierzeugnisse aller Art, insbesondere Zeitungen, Zeitschriften, Bücher, Reiseführer". Das angemeldete Zeichen sei als beschreibende und freihaltebedürftige Angabe für die o. g. Waren von der Eintragung ausgeschlossen. Das Wort "folio" bezeichne ein Buchformat in der Größe eines halben Bogens, was eine Größe von mehr als 35 cm darstelle. Diese Größe spiele bis heute bei der Aufstellung von Büchern und Zeitschriftenbänden in Bibliotheken eine Rolle. Der Begriff könne daher nicht monopolisiert werden.

Die Beschwerdeführerin hat mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2006 das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis in Klasse 16 auf "Druckereierzeugnisse, nämlich Mitarbeiterzeitschriften" eingeschränkt. Sie trägt vor, dass nach der Einschränkung kein Eintragungshindernis mehr bestehe, da die Mitarbeiterzeitschrift einerseits unter dem Format liege, für das "folio" beschreibend sei und daher keine Beschaffenheitsangabe darstellen könne. Andererseits würden einzelne geheftete, nicht gebundene Zeitschriften ohnehin nicht dermaßen bezeichnet, so dass auch deshalb kein Freihaltebedürfnis bestehe.

Die Beschwerdeführerin beantragt daher (Bl. 45 d. A.), den Beschluss der Markenstelle vom 14. September 2004 aufzuheben.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist ohne vorherige Erinnerung statthaft, da sie vor dem 31. Dezember 2004 eingelegt wurde, und auch sonst zulässig (§ 165 Abs. 4 a. F., § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG). In der Sache ist sie allerdings nicht begründet. Auch nach Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses ist das angemeldete Zeichen als beschreibende Angabe von der Eintragung ausgeschlossen.

Gem. § 8 Abs. 2 S. 2 MarkenG ist die Eintragung solcher Marken ausgeschlossen, die nur aus Angaben bestehen, die zur Bezeichnung der Art, Beschaffenheit oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen oder dienen können, wobei ausreichend ist, dass das Zeichen zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (EuGH GRUR 2004, 680 - Rn. 38 - BIOMILD; GRUR 2004, 674 - Rn. 97 - POSTKANTOOR; BGH GRUR 2005, 578, 581 - LOKMAUS). Der Begriff "folio" hat lexikalisch drei Bedeutungen, zum einen "auf dem Blatt [einer mittelalterlichen Handschrift]", zum zweiten ein Buchformat in der Größe eines halben Bogens oder zum dritten die Doppelseite eines Geschäftsbuchs (Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]).

"Buchformat" ist die Maßeinheit, nach der die Größe eines Buches angegeben wird. Neben der Angabe von Breite x Höhe in Zentimetern gibt es, besonders im Papier- und Buchgewerbe, Formatbezeichnungen, die sich vom Vorgang des Falzens des Druckbogens herleiten. Die Zahl der beim Falzen entstehenden Blätter führt zu den Formatbezeichnungen: 1 x gefalzt = 2 Blatt (2¡ Folio), 2 x gefalzt = 4 Blatt (4¡ Quart), 3 x gefalzt = 8 Blatt (8¡ Oktav), 4 x gefalzt = 12 Blatt (12¡ Duodez) usw. (vgl. M. Rehm, Lexikon Buch - Bibliothek - Neue Medien, 1991, S. 61; K. Haller, Katalogkunde, 3. Aufl. 1998, S. 256; Das Buch-Wörterbuch, 2005, S. 50; H. Hiller, Wörterbuch des Buches, 1991, S. 119). Insoweit handelt es sich bei "folio" um einen drucktechnischen, heute noch im Bibliothekswesen verwendeten Begriff. Für die Ordnung des Buchbestandes gibt es drei hauptsächliche Aufstellungsarten (systematisch, mechanisch und in Gruppen), innerhalb deren es weitere Aufstellungsarten gibt, nämlich alphabetisch nach Verfasser und Sachtitel, chronologisch nach Erscheinungsjahr oder nach Größe bzw. Format. Dabei wird zwischen drei Hauptformaten unterschieden, nämlich Oktav (8¡) bis 25 cm Buchhöhe, Quart (4¡) von 25 bis 35 cm Buchhöhe und Folio (2¡) über 35 cm Buchhöhe. Gelegentlich rechnet man Bände mit mehr als 45 cm Buchhöhe zu einer eigenen Formatklasse mit der Bezeichnung Groß-Folio (gr. 2¡) (vgl. R. Hacker, Bibliothekarisches Grundwissen, 6. Aufl. 1992, S. 276). Bücher im Folioformat werden als "Folianten" bezeichnet (vgl. M. Rehm, a. a. O., S. 117).

Das angemeldete Zeichen "folio" dient daher für die Waren "Druckereierzeugnisse" als Merkmalsbezeichnung der Größe eines Druckerzeugnisses und ist damit gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.

Die Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses durch die Beschwerdeführerin auf "Druckereierzeugnisse, nämlich Mitarbeiterzeitschriften" führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Die Einschränkung auf "Mitarbeiterzeitschriften" ist nicht geeignet, dem angemeldeten Zeichen zur Schutzfähigkeit zu verhelfen. Auch Zeitschriften jeglicher Größe können gebunden werden, was u. a. bei Fachzeitschriften üblich ist und in der Regel jahrgangsweise geschieht. Damit beschreibt "folio" auch bei Zeitschriften das Format des so entstandenen gebundenen Werkes und ist als übliche Größenbezeichnung anzusehen. Es ist muss daher gewährleistet sein, dass Mitbewerber die angemeldete Bezeichnung weiter verwenden können. Dies gilt auch für weniger geläufige beschreibende Bezeichnungen, da an veralteten Ausdrücken, insbesondere dann wenn sie noch gebräuchlich sind, ebenfalls ein Freihaltebedürfnis bestehen kann (BGH GRUR 2001, 732, 733 - BAUMEISTER-HAUS).

Die Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses ist auch deshalb unbehelflich, da sie insbesondere für Mitbewerber nicht eindeutig und ohne weiteres nachvollziehbar ist. Weder der Zusatz "nämlich Mitarbeiterzeitschriften", noch die größenmäßige Bezeichnung derartiger Zeitschriften verändert den wirtschaftlichen Charakter der Ware "Druckereierzeugnisse". Für den Verkehr besteht kein rechtlich relevanter Unterschied zwischen der ursprünglich beantragten und der nachträglich eingeschränkten Ware. Eine Beschränkung auf bestimmte Abnehmerkreise ist nur dann beachtlich, wenn dadurch die Nutzung der Waren durch andere Verkehrskreise ausgeschlossen wird. Damit entbehrt die Einschränkung der für den Verkehr erforderlichen Rechtssicherheit, die der Europäische Gerichtshof fordert (MarkenR 2004, 99 ff. - Rn. 114 f. - Postkantoor; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Auflage, § 8 Rn. 206 f.).

Aus den der Beschwerdeführerin durch den Senat übersandten Rechercheunterlagen ergibt sich im Übrigen, dass nicht nur für Bücher, sondern auch für Zeitschriften der Begriff "folio" Verwendung findet. Die Zeitschrift der Züricher Zeitung führt - ggf. im Hinblick auf ihr Format - die Bezeichnung "NZZ-Folio" (BVB BibliotheksVerbund Bayern http://bvba2.bibbvb.de Stichwort: folio). Ferner gibt es Formathinweise bei "Folio"; "The Folio Diary"; "Verlustliste, Reihe in folio" oder "Vogel folio für Freunde des Vogel-Verlags" (a. a. O.).

Das angemeldete Zeichen kann daher nicht monopolisiert werden, sondern muss Mitbewerbern der Anmelderin ebenfalls zur Verfügung stehen.






BPatG:
Beschluss v. 31.01.2007
Az: 29 W (pat) 214/04


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