Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 13. September 2001
Aktenzeichen: 18 U 90/01
(OLG Köln: Urteil v. 13.09.2001, Az.: 18 U 90/01)
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 12.4.2001 (15 O 445/00) wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Be-klagte. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicher-heitsleistung in Höhe von 365.000,- DM abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet. Die Sicherheitsleistungen können auch durch eine selbstschuldnerische, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines als Zoll- oder Steuerbürgen im Inland zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden.
Tatbestand
Die Klägerin ist eine in Liquidation befindliche GmbH, deren Geschäftsanteile sich zu je 50 % in Hand der Frau M. sowie der Beklagten befinden. Der zugrundeliegende Gesellschaftsvertrag (im folgenden: GesV) bestimmt u.a., dass für bestimmte Geschäfte ein Gesellschafterbeschluss erforderlich ist. Nach § 4 Zif. 4 GesV gehören dazu:
h) die Entlassung leitender Angestellter
j) die Gewährung von Sicherheiten über 10.000,-- bzw. 40.000,-- DM
l) die Einleitung von Rechtsstreitigkeiten über 50.000,-- DM.
...
Unter Ziffer 5 heißt es:
Dieser Katalog ist nicht formeller, satzungsmäßiger Bestandteil des Vertrages, sondern eine interne bindende Richtlinie für die Geschäftsführung.
Die Beklagte und Frau M. waren ab Oktober 1994 jeweils alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerinnen der Klägerin. Der Tätigkeit der Beklagten lag der Anstellungsvertrag vom 27.9.1994 zugrunde. Ihr Gehalt betrug später jährlich 13 Monatsbeträge zu je 18.000,- DM.
Während die Klägerin Ansprüche aus zwei Darlehensverträgen geltend macht, erhebt die Beklagte widerklagend Forderungen aus dem Anstellungsvertrag.
Unter dem 20.5.1995 schlossen die Parteien einen Darlehensvertrag über 75.000,-- DM. Die Rückzahlung der ausgezahlten Valuta nebst vereinbarter Zinsen von 6 % p.a. war fest für den 31.12.1998 vereinbart. Daneben gewährte die Klägerin der Beklagten mit Darlehensvertrag vom 15.11.1996 weitere 200.000,- DM, die die Beklagte in monatlichen Raten zu 1.500,- DM ab dem 1.1.1999 zurückführen sollte. Eine Rückzahlung auf die Darlehen erfolgte indes nicht. Mit anwaltlichem Schreiben vom 22.9.2000 kündigte die Klägerin die Darlehen und forderte die Beklagte zur sofortigen Zahlung auf. Auch die Mitgesellschafterin M. erhielt von der Gesellschaft Darlehen. Zwischen den Parteien sind der Umfang der Darlehen sowie der Umstand streitig, ob insoweit Rückzahlung erfolgt ist.
Am 26.10.1998 vereinbarten die Parteien, dass die Beklagte aus gesundheitlichen Gründen eine vierwöchige "Auszeit" als Geschäftsführerin nehmen könne, während der Frau M. die Geschäfte allein führen sollte. Die Beklagte nahm ihre Tätigkeit danach nicht mehr auf. Am 6.12.1998 kam es zu einem Gespräch, zwischen den Gesellschafterinnen, dessen Inhalt streitig ist. Mit Schreiben vom 5.1.1999 forderte die Klägerin die Beklagte auf, ihre Tätigkeit wiederaufzunehmen bzw. Gespräche für ein Ausscheiden zu führen. Mit weiterem anwaltlichen Schreiben vom 4.2.1999 wurde der Beklagten die fristlose Kündigung des Anstellungsvertrags erklärt. Die Löschung der Beklagten als Geschäftsführerin im Handelsregister erfolgte unter dem 18.2.1999.
Am 11.11.1999 beschlossen die Gesellschafterinnen die Liquidation der GmbH; am Folgetag schlossen sie vor dem Landgericht in Köln einen "Zwischenvergleich", mit dem sie im wesentlichen vereinbarten, die Liquidation erst am 1.5.2000 durchzuführen, wenn zu diesem Zeitpunkt die vereinbarte Übernahme des Geschäftsanteils der Beklagten durch Frau M. gescheitert sei. Wegen der Einzelheiten wird auf das gerichtliche Protokoll in dem Verfahren LG Köln, 90 O 105/99, Bl. 62 ff. GA, Bezug genommen.
Trotz einer dies untersagenden einstweiligen Verfügung des Landgerichts Bonn vom 2.6.2000 (12 O 95/00) führte der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Beklagten (Rechtsanwalt L.) am 8.6.2000 in seinem PKW ohne Beteiligung der Frau M. eine Gesellschafterversammlung durch, auf der u.a. beschlossen wurde, Frau M. als Geschäftsführerin abzuberufen und ihn selber zu berufen.
Mit einstweiliger Verfügung vom 31.1.2001 des Landgerichts Köln ließ die Beklagte der Klägerin verbieten, Geschäfte wie in § 4 des Gesellschaftsvertrages genannt ohne Gesellschafterbeschluss durchzuführen (LG Köln 22 O 58/01).
Am 9.5.2001 fand eine Gesellschafterversammlung statt, bei der sich die Gesellschafterinnen jeweils durch ihre Anwälte vertreten ließen, Bl. 1 ff. Anlagenband (im folgenden: AB). Ausweislich des Protokolls erfolgte keine Einigung darüber, wer Versammlungsleiter bzw. Protokollführer sein soll. Unter T. 10 stimmten die Anwälte gegensätzlich über einen Antrag der Beklagten ab, Frau M. als Liquidatorin abzuberufen und Rechtsanwalt S. zu bestellen. Eine Einigung über die Frage, ob Frau M. ein Stimmrecht zustand und wie das Ergebnis dementsprechend zu werten ist, kam ebenfalls nicht zustande, vgl. Bl. 11 ff. AB.
Die Parteien streiten auch im handelsregisterrechtlichen Verfahren nach §§ 66, 7 GmbHG:
Mit Beschluss des Oberlandesgericht Köln, 2. Zivilsenat, vom 29.12.2000 (2 Wx 47/00) wurde eine Entscheidung des Landgerichts Köln nach § 66 GmbHG vom 26.7.2000 (89 T 17/00) aufgehoben und die Sache zurückverwiesen, Bl. 630 ff. BA. Zur Begründung hat der 2. Zivilsenat ausgeführt, die Klägerin sei in Liquidation, Frau M. sei Liquidatorin. Das Landgericht Köln habe zu entscheiden, ob eine andere Person (zusätzlich) Liquidator werde. Mit sofort wirksamem Beschluss des Landgerichts vom 8.6.2001 wurde sodann Herr Rechtsanwalt Dr. W. D. aus K. zum weiteren, mit Frau M. gesamtvertretungsberechtigten Liquidator bestellt, Bl. 827 ff. BA. Der Liquidator hat sein Amt angetreten und mit am 17.7.2001 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz erklärt, mit der Führung des vorliegenden Prozesses einverstanden zu sein. Mittlerweile ist die entsprechende Eintragung ins Handelsregister erfolgt.
Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, erstinstanzlich durch Frau M. ordnungsgemäß vertreten zu sein. Der Beschluss vom 8.6.2000 sei wegen des Verstoßes gegen die einstweilige Verfügung vom 2.6.2000 nichtig. Die Klägerin hat behauptet, Frau M. habe als Liquidatorin einen Beschluss zur klageweisen Durchsetzung der Darlehensansprüche gefasst. Der Beklagten habe insoweit ein Stimmrecht nicht zugestanden. Ihre eigenen Darlehen habe sie zurückgezahlt.
Zur Widerklage hat die Klägerin behauptet, der Anstellungsvertrag sei am 6.12.1998 einvernehmlich beendet worden. Dies habe die Beklagte auch Dritten gegenüber bestätigt. Die weiteren Kündigungen seien nur zur Vorsicht erfolgt.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 291.250,- DM nebst 8 % Zinsen aus 91.250,- DM seit dem 1.1.1999, sowie jeweils 8 % Zinsen aus 1.500,- DM seit dem 1.2.1999, 1.3.1999, 1.4.1999, 1.5.1999, 1.6.1999, 1.7.1999, 1.8.1999, 1.9.1999, 1.10.1999, 1.11.1999, 1.12.1999, 1.1.2000, 1.2.2000, 1.3.2000, 1.4.2000, 1.5.2000, 1.6.2000, 1.7.2000, 1.8.2000, 1.9.2000 und 8 % Zinsen aus weiteren 168.500,- DM seit dem 1.10.2000 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wiederklagend hat sie beantragt,
die Klägerin zu verurteilen, an sie 216.000,- DM nebst 8 % Zinsen aus 18.000,- DM seit dem 1.2.1999, 1.3.1999, 1.4.1999, 1.5.1999, 1.6.1999, 1.7.1999, 1.8.1999, 1.9.1999, 1.10.1999, 1.11.1999, 1.12.1999 und 1.1.2000 zu zahlen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht gewesen, die Klägerin sei prozessual durch Frau M. nicht ordnungsgemäß vertreten, weil diese durch Gesellschafterbeschluss vom 2.6.2000 wirksam abberufen worden sei. Der Beschluss sei schon deshalb wirksam, weil er - wie unstreitig ist - nicht angefochten worden sei. Aufgrund eines gemäß § 4 des GesV fehlenden Gesellschafterbeschlusses zur Klageerhebung sei die Klage auch unbegründet. Frau M. habe ihre Liquidatorenstellung missbraucht. Dazu hat die Beklagte behauptet, auch Frau M. seien Darlehen gewährt worden, deren Rückzahlung nicht erfolgt sei.
Zur Widerklage hat die Beklagte behauptet, in dem Gespräch vom 6.12.1998 sei nicht über ihre Abberufung als Geschäftsführerin gesprochen worden.
Das Landgericht hat der Klage weitgehend in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, die Klägerin sei ordnungsgemäß vertreten, da der Beschluss vom 8.6.2000 nichtig sei. Der Darlehensvertrag vom 20.5.1995 sei ordnungsgemäß und fristlos gekündigt, weil die Beklagte mit der Zahlung der Annuitäten in Verzug gewesen sei. § 4 des Gesellschaftsvertrages entfalte keine Außenwirkung. Wegen § 289 BGB sei der Tenor so zu fassen, dass der Klägerin nicht die von ihr ausgerechneten Darlehenszinsen zustünden, sondern dass auf das Darlehen in Höhe von 75.000,- DM die vertraglichen Zinsen in Höhe von 6 % fortzuentrichten seien. Ein Anspruch aus dem Anstellungsvertrag scheide gemäß § 615 BGB aus. Die Beklagte habe die Leistung nicht angeboten; ein Angebot sei auch nicht entbehrlich gewesen.
Gegen das der Beklagten am 20.4.2001 zugestellte Urteil hat diese am 24.4.2001 Berufung eingelegt und rechtzeitig begründet.
Die Beklagte wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie ist der Ansicht, die Klägerin sei spätestens im Berufungsverfahren nicht mehr ordnungsgemäß vertreten, da Herr Rechtsanwalt S. in der Gesellschafterversammlung vom 9.5.2001 wirksam als neuer Liquidator bestellt worden sei. Frau M. habe sich der in dem Protokoll der Gesellschafterversammlung, T. 10, ausgeführten Verfehlungen schuldig gemacht, sei daher als Liquidatorin nicht mehr haltbar und von der Abstimmung ausgeschlossen gewesen. Da auch eine Anfechtung des Versammlungsbeschlusses vom 9.5.2001 nicht erfolgt sei, sei von seiner Wirksamkeit auszugehen. Die Darlehensforderungen seien noch nicht fällig. Dazu behauptet die Beklagte, es sei vereinbart gewesen, die Rückzahlungen mit künftigen Gewinnausschüttungen im "Schüttaus-Holzurück-Verfahren" zu verrechnen. Die Beklagte bestreitet, dass Frau M. geringere Darlehensbeträge an die Klägerin zurückzuzahlen habe. Zwar sei im Jahrsabschluss zum 31.12.2000 eine Forderung der Gesellschaft gegenüber Frau M. in Höhe von rund 157.000,- DM ausgewiesen, während sie, die Beklagte, der Klägerin angeblich über 452.000,- DM schulde. Sie könne aber den Wahrheitsgehalt dieser Angaben nicht überprüfen, weil die Klägerin ihrer Auskunftspflicht nicht nachkomme. Sie ist weiter der Ansicht, eine Klage könne ohne die nach § 4 GesV erforderliche Zustimmung der Gesellschafterversammlung nicht erhoben werden. Das Beschlusserfordernis stelle keine bloße Formalität dar, sondern sei für sie die einzige Möglichkeit, sich mit gesellschaftsrechtlichen Mitteln, z.B. durch Anfechtungsklage, gegen das missbräuchliche Verhalten der Klägerin bzw. ihrer Mitgesellschafterin zur Wehr zu setzen.
Zur Widerklage ist die Beklagte der Ansicht, die Voraussetzungen des § 615 BGB seien gegeben. Ein ausdrückliches Angebot, ihre Dienstleistung zu erbringen, sei entbehrlich gewesen, da die Klägerin ihr mit der behaupteten Abberufung am 6.12.1998 und durch ihr späteres Verhalten die Möglichkeit genommen habe, wieder als Geschäftsführerin zu arbeiten. Eine Tätigkeit in anderer Funktion sei ihr nicht zumutbar gewesen. Jedenfalls stehe ihr eine Abfindung zu.
Sie beantragt,
das am 12.4.2001 verkündete Urteil des Landgerichts Bonn abzuändern und nach den Schlussanträgen der 1. Instanz zu entscheiden.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie behauptet, eine Verrechnungsvereinbarung sei nicht getroffen worden. Eine Kündigung des Darlehens vom 20.5.1995 sei nicht erforderlich gewesen, eine Kündigung des Darlehens über 200.000,-- DM sei zu Recht erfolgt, weil die Beklagte keine Rückzahlung erbracht habe. Auch mit Beschluss vom 9.5.2001 sei eine Abberufung der Frau M. nicht erfolgt. Frau M. sei nicht von der Abstimmung ausgeschlossen gewesen. Dazu behauptet die Klägerin, die unter T. 10 in dem Protokoll vom 9.5.2001 aufgelisteten Verfehlungen seien unzutreffend.
Zur Widerklage ist sie der Auffassung, die Beklagte habe ihre Dienstleistung nicht wirksam angeboten, sondern trotz Aufforderung nicht wieder aufgenommen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des angefochtenen Urteils sowie die Schriftsätze der Parteien nebst eingereichten Unterlagen Bezug genommen.
Gründe
Die formell unbedenkliche Berufung hat keinen Erfolg. Das Rechtsmittel ist in bezug auf Klage und Widerklage unbegründet.
I.
Die Klage ist zulässig. Die Klägerin wird wie aus dem Rubrum ersichtlich wirksam vertreten.
Ob eine Partei ordnungsgemäß vertreten ist, ist grundsätzlich in jeder Lage des Verfahrens, also auch im Rechtsmittelverfahren, von Amts wegen zu prüfen (Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Aufl., § 51 Rd. 8). Die Vertretung der Klägerin als GmbH i.L. richtet sich nach § 66 GmbHG, wobei die wirkliche Rechtslage maßgeblich ist, während die Eintragung in das Handelregister nur deklaratorisch wirkt (Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., § 67 Rd.10; Scholz, GmbHG, 8. Aufl., § 66 Rd. 49).
Wie das Oberlandesgericht Köln, 2. Zivilsenat, zu Recht in dem Beschluss vom 29.12.2000 festgestellt hat, wird die Klägerin seit dem Eintritt in das Liquidationsstadium entsprechend dem Gesellschafterbeschluss vom 11.11.1999 durch die bisherige Geschäftsführerin M. als "geborene" Liquidatorin (mit) vertreten, ohne dass es etwa eines Bestellungsaktes bedurft hätte.
Frau M. wurde nicht durch Gesellschafterbeschluss vom 8.6.2000 gemäß § 66 Abs. 2, 3 GmbHG abberufen. Ein wirksamer Gesellschafterbeschluss liegt nicht vor. Bereits in dem Urteil vom 5.4.2001 hat der Senat in dem Verfahren 18 U 185/00, Bl. 277 ff. BA, ausgeführt, dass die von der Beklagten auf der "Gesellschafterversammlung" vom 08.06.2000 gefassten Beschlüsse, mit denen sie durch ihren Prozessbevollmächtigten, Rechtsanwalt L., die Gesellschafterin M. als Geschäftsführerin/Liquidatorin ab- und ihren Prozessbevollmächtigten zum neuen Interimsgeschäftsführer/Liquidator berief (vgl. S. 4 des Versammlungsprotokolls vom 08.06.2000), nichtig sind. Die Nichtigkeit der Beschlüsse ergibt sich nicht nur aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 136, 135 BGB, weil sie auf einer Gesellschafterversammlung gefasst wurden, die durch eine einstweilige Verfügung verboten worden war, sondern auch aus der analogen Anwendung von § 241 Nr. 1 AktG. Es ist in Rechtsprechung und Lehre einhellige Meinung, dass wegen des Fehlens einer Regelung im GmbHG die §§ 241 ff. AktG auf Beschlüsse der GmbH sinngemäß Anwendung finden (BGHZ 51, 209, 210 f.; BGHZ 83, 341; Lutter/Hommelhoff, a.a.O., Anhang § 47 Rn. 1). Die Einberufung zu der Versammlung erfolgte durch einen Nichtberechtigten (§ 241 Nr. 1 AktG i. V. m. § 121 Abs. 2 AktG analog). Die Versammlung fand zudem an einem anderen Ort und zu einer anderen Zeit statt, als es in der Einladung angekündigt worden war (§ 241 Nr. 1 AktG i. V. m. § 121 Abs. 3 AktG analog). Die Voraussetzungen für die Einberufung der Gesellschafterversammlung vom 08.06.2000 durch die Beklagte lagen nicht vor, weil ein Selbsthilferecht gemäß § 50 Abs. 3 GmbHG nicht bestand. Wegen der Begründung ist ergänzend auf die Ausführungen zu diesem Punkt im Urteil in der seinerzeitigen Parallelsache 18 U 159/00, Bl. 431 ff. BA, zu verweisen. Die Auffassung des Senats zu diesem Punkt hat sich nicht geändert: Erfolgt die Einberufung zu einer Gesellschafterversammlung durch einen Nichtberechtigten, sind die auf der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse nichtig (BGHZ 87, 1 ff.). Die Gesellschafterversammlung fand zudem - wie bereits in den Urteilen des Senates ausgeführt - nicht, wie aus der Einladung vom 17.05.2000 angegeben, um 16.00 Uhr statt, sondern bereits um 15.00 Uhr. Das Einladungsschreiben vom 17.05.2000 ist in bezug auf die Uhrzeit widersprüchlich. Im ersten Satz des Einladungsschreibens wird die Uhrzeit der Versammlung mit 16.00 Uhr angegeben. An anderer Stelle des Schreibens wird die Uhrzeit mit 15.00 Uhr benannt. Zudem stimmte der Ort, an dem die Gesellschafterversammlung stattfand, nicht mit dem im Einladungsschreiben genannten überein. Nach dem Einladungsschreiben sollte die Versammlung in den Geschäftsräumen der Gesellschaft, B.straße64 - 66 in K., abgehalten werden. Tatsächlich wurde sie im Pkw des Prozessbevollmächtigten der damaligen Verfügungsbeklagten durchgeführt. Sind die Orts- oder Zeitangaben der Einladung nicht richtig angegeben, führt auch dies zur Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse (Lutter/Hommelhoff, a.a.O., Anhang § 47 Rn. 12; Hüffer, AktG, 4. Auflage, § 121 Rn. 11).
Auch durch einen weiteren Gesellschafterbeschluss vom 9.5.2001, Bl. 1 ff. AB, ist die (prozessuale) Vertretungsmacht der Frau M. für die Klägerin nicht erloschen.
Geht man davon aus, dass Gesellschafterbeschlüsse nach Klageerhebung keine Auswirkungen auf die Frage einer prozessual wirksamen Vertretung der Gesellschaft haben (vgl. BGHZ 86, 177, 178), so wäre der Beschluss schon aus diesem Grunde nicht geeignet, eine ordnungsgemäße Vertretung der Klägerin in Frage zu stellen.
Ein Beschluss, Frau M. abzuberufen und Herrn Rechtsanwalt S. als Liquidator zu bestellen, ist des weiteren weder wirksam getroffen noch bindend festgestellt worden.
Auf die entsprechenden Anträge des Rechtsanwalts L. (für Beklagte) erfolgte die Beschlussfassung ausweislich des Protokolls jeweils mit Stimmengleichheit. Bei der Beschlussfassung über die Person des Liquidators ist dieser selber als Gesellschafter allenfalls dann nicht stimmberechtigt, wenn es um seine Abberufung aus wichtigem Grund geht (vgl.: Baumbach/Hueck /Schulze-Osterloh, GmbHG, 17. Aufl., § 66 Rd. 24; Scholz, GmbHG, a.a.O., § 66 Rd. 43; § 47 Rd. 118, 141), nicht aber in Bezug auf die Bestellung eines neuen Liquidators (Hachenburg, GmbHG, 8. Aufl., § 66 Rd. 46, 19). Ein Stimmrechtsausschluss wegen der Berufung des Herrn Rechtsanwalts S. kommt also nicht in Betracht, so dass dieser Beschluss mangels Mehrheit nicht zustande gekommen ist.
Frau M. wurde aber auch nicht von ihrem Amt als Liquidatorin abberufen. In der zweigliedrigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung kommt aus Gründen der Rechtssicherheit eine Abberufung des Geschäftsführers (wie des Liquidators) nur in Betracht, wenn die Abberufungsentscheidung mittels rechnerischer Mehrheit erfolgt (Roth/Altmeppen, GmbHG, 3. Aufl., § 38 Rd. 41 f.) oder vom Versammlungsleiter entsprechend festgestellt wird (Baumbach/Hueck/Zöllner, a.a.O., § 38 Rd. 30). Da sich die Parteien wegen ihrer Differenzen schon nicht auf die Person eines Versammlungsleiters einigen konnten und das Protokoll im übrigen auch keinen Beschlussinhalt bindend feststellt, ist von einer Abberufung nicht auszugehen.
Allerdings wird die Klägerin nach dem wirksamen Beschluss des Landgerichts Köln vom 8.6.2001 (89 T 17/00, Bl. 827 ff.) gemäß § 66 Abs. 2, 3 GmbHG nur gemeinsam mit dem weiteren Liquidator vertreten. Rechtsanwalt Dr. D. hat sein Amt angetreten, ausweislich des Schriftsatzes der Klägerin vom 19.7.2001 die Fortführung des Rechtsstreites begehrt und war entsprechend ins Rubrum aufzunehmen.
II.
Die Klage ist begründet. Der Klägerin stehen Darlehensrückzahlungsansprüche in Höhe von insgesamt 275.000,- DM aus § 607 BGB zu.
Zwischen den Parteien sind Darlehensverträge zustande gekommen. Die Forderungen sind auch fällig.
Der Stundungseinwand der Beklagten, es sei vereinbart gewesen, die Rückzahlung mit künftigen Gewinnausschüttungen zu verrechnen, ist auch nach dem Hinweis des Senates in der mündlichen Verhandlung vom 19.7.2001 unsubstantiiert geblieben.
So trägt die Beklagte weder vor, wann und wo die Abrede getroffen sein soll, noch, auf welche Weise der benannte Zeuge B. Kenntnis davon nehmen konnte. Weiterhin ist es der Beklagten nicht gelungen, den sich aufdrängenden und in der Verhandlung angesprochenen Widerspruch zu den schriftlichen Urkunden nachvollziehbar zu erläutern: Die vertraglich vereinbarten festen Fälligkeitszeitpunkte wären bei einer Verrechnungsabrede im "Schüttaus-Holzurück-Verfahren" überflüssig, da in diesem Falle der Darlehensanspruch der Gesellschaft in dem Umfang erlischt, in dem ein (bestimmter) Gewinn entsteht. Weiter trägt die Beklagte auch in der Berufungsinstanz nicht vor, auf welche Weise eine Rückzahlung der Darlehen erfolgen sollte, falls - wie etwa im vorliegenden Fall der Liquidation - keine ausreichenden Gewinnausschüttungen zur Verfügung stehen.
Die Valuta sind auch im übrigen fällig.
Die Rückzahlung aus dem Darlehensvertrag vom 20.5.1995 war gemäß Ziffer 4 kalendermäßig bestimmt, so dass es einer besonderen Kündigung gemäß § 609 Abs. 1, 1. Alt. BGB nicht bedurfte.
Die Kündigung des Darlehens vom 15.11.1996 erfolgte mit Schreiben der Klägerin vom 22.9.2000, Bl. 206, 209 GA. Eine die Gesamtfälligkeit begründende Kündigung ist bei einem Tilgungs- bzw. Annuitätendarlehen auch ohne ausdrückliche Verfallklausel zulässig, wenn ein wichtiger Grund dafür vorliegt. Darlehensverträge können als Dauerschuldverhältnisse aus wichtigem Grunde gekündigt werden, wenn einem Vertragsteil unter Berücksichtigung aller Umstände nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann, das Schuldverhältnis fortzusetzen (BGH, NJW 1981, 1666, WM 1969, 335 (336); DB 1975, 2032; NJW 1978, 947 (948); WM 1979, 1176 (1178); 1980, 380 (381), NJW 1986, 1928, 1930; OLG Hamm, VuR 1999, 16 ff., Palandt/Putzo, a.a.O., § 609 Rd. 15).
Nach Auffassung des Senates ist der Klägerin aufgrund der Gesamtsituation die Aufrechterhaltung des Darlehensverhältnisses nicht zuzumuten: Die Parteien sind in zahllose Rechtsstreitigkeiten verwickelt. Die Beklagte ist seit geraumer Zeit aus der Geschäftsführung ausgeschieden und bezieht keine Bezüge aus dem Anstellungsvertrag, mit denen das Darlehen bedient werden kann. Ob sie aufgrund ihrer Vermögenssituation überhaupt in der Lage ist, die Darlehen zu bedienen, ist insbesondere nach ihren Ausführungen zum Einstellungsantrag eher zweifelhaft, vgl. Bl. 354 f., 360 ff. GA. Die Beklagte hat in bezug auf das Darlehen vom 20.5.1995 trotz kalendermäßiger Bestimmung zum 31.12.1998 keine Zahlungen erbracht und keine Sicherheit geleistet oder angeboten. Die Gesellschaft selber befindet sich in Liquidation und es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, ob und ggfs. in welcher Höhe der Beklagten noch ein Auseinandersetzungsguthaben zusteht.
Die Geltendmachung der Darlehensforderung steht nicht ein fehlender Gesellschafterbeschluss nach § 4 GesV entgegen.
Im Schrifttum besteht weitgehend Einigkeit dahingehend, dass das Erfordernis eines Gesellschafterbeschlusses keine Beschränkung der Vertretungsmacht nach außen hin begründet, wobei aber angesprochen wird, dass eine Klage gegen einen Gesellschafter ohne einen nach der Satzung erforderlichen Gesellschafterbeschluss rechtsmissbräuchlich sein kann (vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner, a.a.O., § 37 Rd. 32). Wie das Landgericht aber zu Recht ausführt, steht einer solchen Annahme schon entgegen, dass Frau M. einen entsprechenden Beschluss förmlich ohne Stimmberechtigung der Beklagten fassen konnte, § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG. In einer Gesellschafterversammlung könnte die Beklagte gegen einen entsprechenden Beschluss nur die in beiden Instanzen vorgetragenen Gründe anführen, die aber Frau M. nicht bewogen haben, die Klage zurückzunehmen. Im übrigen verpflichtet § 70 GmbHG Liquidatoren ausdrücklich zur Einziehung von Forderungen, auch soweit sie sich gegen Gesellschafter richten (Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh, a.a.O., § 70 Rd. 7)
Die Geltendmachung der Darlehensforderungen gegen die Beklagte scheitert schließlich nicht am gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
Der für die Aktiengesellschaft in § 53 a AktG normierte Gleichbehandlungsgrundsatz gilt auch in der GmbH. Danach sind die Gesellschafter im Rahmen des Gesellschaftsverhältnisses unter gleichen Voraussetzungen gleich zu behandeln (BGHZ 111, 224, 227; Baumbach/Hueck/Fastrich, a.a.O., § 13 Rd. 36; M.ener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 3, § 31 Rd. 15 f.). Der Grundsatz verbietet allein eine willkürliche Diskriminierung eines Gesellschafters, steht aber einer sachlich gerechtfertigten Differenzierung nicht entgegen (BGH, a.a.O., OLG Hamm, GmbHR 1996, 768, 769, jeweils mit weiteren Nachweisen). So ist eine GmbH beispielsweise bei der Einziehung der Stammeinlage an den Gleichbehandlungsgrundsatz mit der Folge gebunden, dass der Gesellschafter bei Zahlungsfähigkeit der Mitgesellschafter einer höheren als nur anteiligen Inanspruchnahme mit dem Einwand des Gleichbehandlungsgrundsatzes begegnen kann (OLG Köln, NJW-RR 1988, 356). Nicht vom Gleichheitssatz erfasst sind sogenannte Drittgeschäfte zwischen der GmbH und den Gesellschaftern, es sei denn, es kann festgestellt werden, dass die Gesellschaftereigenschaft für den Abschluss oder den Inhalt des Geschäfts (mit-)bestimmend war (BGHZ 111, 224, 227; OLG Hamm, GmbHR 1996, 768, 769; Scholz, a.a.O., § 14 Rd. 43). Ob und welchem Umfang eine Verletzung des gesellschaftsrechtlichen Gleichheitssatzes der Rückforderung eines Darlehens mit der Begründung entgegengehalten werden kann, dass ein entsprechendes Darlehen von einem Mitgesellschafter nicht in gleicher Weise zurückgefordert wird, konnte offen bleiben. Nach Auffassung des Senates ist der Gleichheitssatz nicht berührt.
Es spricht zunächst sehr viel dafür, dass der Klägerin gegen die Beklagte weit höhere Darlehensforderungen zustehen als gegen ihre Mitgesellschafterin M.. So hat die Beklagte mit ihrer Berufungsbegründung Teile des Jahresabschlusses der Klägerin zum 31.12.2000 vorgelegt, aus denen sich zu ergeben scheint, dass der Gesellschaft Darlehensansprüche gegen Frau M. in einer Höhe von 156.991,48 DM, gegen die Beklagte aber in Höhe von 452.982,95 DM zustehen, vgl. Anlage C 8, Seite 15. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Beklagte die Richtigkeit der Berechnungen bestreitet, andererseits aber andere Darlehensstände nicht vorträgt.
Entscheidend gegen eine Verletzung des Gleichheitssatzes spricht der Umstand, dass der Gesellschaft nach dem Beschluss des Landgerichts Köln vom 8.6.2001 ein gerichtlich bestellter und auch nach Auffassung der Beklagten neutraler Mitliquidator vorsteht. Nach § 70 GmbHG ist ein Liquidator gesetzlich verpflichtet, Forderungen einzuziehen, und zwar auch soweit sie sich gegen Gesellschafter richten (Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh, a.a.O., § 70 Rd. 7). Anhaltspunkte dafür, dass berechtigte Darlehensansprüche der Klägerin gegen Frau M. nicht in gleicher Weise durchgesetzt werden wie auch gegen die Beklagte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
III.
Dem Landgericht ist auch insoweit zu folgen, als die Widerklage unbegründet ist.
Ein Anspruch der Beklagten aus §§ 611, 614, 675 BGB kommt gemäß § 615 Satz 1 BGB nicht in Betracht. Die Klägerin war mangels eines tatsächlichen oder wörtlichen Angebotes nicht im Annahmeverzug, §§ 295 ff. BGB. Ein wörtliches Angebot der Beklagten war auch nicht entbehrlich.
Zwar wird in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung vertreten, dass nach einer (fristlosen) Kündigung durch den Arbeitgeber ein Angebot seitens des Arbeitnehmers entbehrlich ist (BAG, NJW 1985, 935; Staudinger/Richardi, BGB, 13. Bearbeitung, § 615 Rd. 59). Diese Ausnahme von § 615 BGB findet aber auf GmbH-Geschäftsführer (OLG Koblenz, NJW-RR 1994, 1058) wie auch auf andere, die nach Ort und Zeit selbstständige Dienste (BGH, ZIP, 1986 661, 663; OLG M.en, NJW-RR 1994, 507) leisten, im Grundsatz keine Anwendung. Von diesem Personenkreis ist grundsätzlich zu erwarten, dass sie sich gegen eine Kündigung zur Wehr setzen, um ihren Vergütungsanspruch zu erhalten. Ein wörtliches Angebot eines GmbH-Geschäftsführers ist zum Fortbestand seines Vergütungsanspruches erst dann nicht erforderlich, wenn die verpflichtete Gesellschaft erkennen lässt, dass sie unter keinen Umständen bereit ist, den Geschäftsführer weiter zu beschäftigen, etwa weil sie durch seine Abberufung und die anschließende Berufung eines anderen an dessen Stelle zum Geschäftsführer zum Ausdruck gebracht hat, dass für sie eine Geschäftsführertätigkeit nicht mehr in Frage kommt (BGH, NJW 2001, 287).
Die Klägerin hatte die Beklagte mit Schreiben vom 5.1.1999, Bl. 132 f. GA, ausdrücklich aufgefordert, die Arbeit aufzunehmen. Dementsprechend hat nicht die Klägerin der Beklagten die Erfüllung ihrer Dienstleistung durch die Löschung ihrer Geschäftsführungsbefugnis im Handelsregister unmöglich gemacht. Im Gegenteil war die Klägerin verpflichtet, die Löschung vorzunehmen, weil die Beklagte nach ihrer "Auszeit" weder zur Dienstleistung erschienen ist noch ihre Dienstleistung in § 615 BGB entsprechender Weise angeboten hat.
Ansprüche aus § 3 Zif. 1 des Anstellungsvertrages sind nicht substantiiert dargetan, da Art, Beginn und Ende der Krankheit sowie gezahltes Tagegeld nicht vorgetragen werden. Zu einem Abfindungsanspruch fehlt jeder Vortrag.
IV.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Streitwert:
Klage: 275.000,- DM
Widerklage: 216.000,- DM
491.000,- DM
Beschwer für die Beklagte: über 60.000,- DM
OLG Köln:
Urteil v. 13.09.2001
Az: 18 U 90/01
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/125485331a7d/OLG-Koeln_Urteil_vom_13-September-2001_Az_18-U-90-01